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Die additive Fertigung beinhaltet eine Fülle von Fertigungsverfahren, die sich aufgrund ihres Wirkprinzips sehr stark voneinander unterscheiden. Insbesondere bei der Herstellung metallischer Bauteile werden sehr unterschiedliche Verfahren eingesetzt, die zwar in der traditionellen Fertigungstechnik bekannt sind, aber hier eine andere Anwendung finden, die viele zum Teil bekannte, aber auch neue Herausforderungen und Probleme mit sich bringen.
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Ein besonders produktives Verfahren ist das Wire and Arc Additive Manufacturing Verfahrenkurz WAAM oder verwandte Verfahren wie das Laserstrahl-Auftragsschweißen. Bei diesem Verfahren erfolgt ein lagenweiser Bauteilaufbau mittels einer Wärmequelle wie bspw. einem Laserstrahl oder auch einem Lichtbogen unter Zuhilfenahme einem permanent zugeführten und in der Aufbauzone aufgeschmolzenen Zusatzmaterial in Form von Pulver oder Draht, aus dem das Bauteil gebildet wird. Positiv ist bei diesem Verfahren, dass die Produktivität im Vergleich zu Pulverbett basierten Verfahren erheblich größer ist. Allerdings birgt die Aufhäufung von Schweißgut metallurgisch betrachtet schlechte resultierende Eigenschaften infolge der großen eingebrachten Streckenenergie und der langen Einwirkzeit durch immer neu eingebrachte Schweißwärme der darüberliegenden Lagen, in der Diffusionsvorgänge stattfinden und die inneren Strukturen hin zu ungünstigwirkenden großen Körnern verändern. Hieraus wiederum resultieren schlechte mechanisch technologische Eigenschaften, die zudem in Aufbaurichtung andere Werte annehmen als quer dazu. Diese Anisotropien sind allerdings nicht erwünscht und führen zu veränderten Gebrauchseigenschaften.
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Ein weiteres Problem bei der schweißtechnisch basierten additiven Fertigung sind verunreinigte Oberflächen infolge des Schweißprozesses. Hierdurch werden sowohl der Energieeintrag durch Lichtbogen oder Laserstrahl beeinflusst als auch die werkstofflichen Eigenschaften. Hier besteht Bedarf während der Herstellung des Produktes immer wieder eine Säuberung der Oberflächen zur Sicherung der Prozess- und Produktqualität durchzuführen.
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Neben der Problematik der Festigkeitseinbußen infolge der Anhäufung von Schweißgut ist in vielen Anwendungsfällen die Qualitätseinbuße durch Verunreinigungen auf der Oberfläche, die eingetragen in die Schmelze aufgrund ihres unterschiedlichen Charakters zu Imperfektionen sowie Eigenschaftsverschlechterungen führen können. In vielen Fällen ist deshalb eine Reinigung der Oberfläche vor dem Aufschweißen der nächsten Lage notwendig. Ähnliche oder gleiche Problemstellungen treten auch bei normalen Verbindungschweißungen in Mehrlagenausführung auf, weshalb die Erfindung auch hier hilfreich sein kann.
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Um die beiden oben beschriebenen Effekte zu mildern oder sogar zu verhindern gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Zur Entfernung von Verunreinigungen gibt es verschiedene Verfahren, die es ermöglichen metallisch blanke Oberflächen zu gewinnen. Alle haben dabei die Einschränkung, dass zwar ein Entfernen der obersten Schicht möglich ist, eine Verformung mit Erzeugung von mikroskopischen Imperfektionen in Tiefen bis zu einigen Millimetern findet jedoch nicht statt. Hierin liegt der Grund, weshalb ein stärkeres Einwirken auf die Schweißstruktur notwendig ist, um den der Erfindung zugrundeliegenden Effekt zu erzielen.
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Woraus entsteht Festigkeit in einem metallischen Kristall?
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Verformungen und Versagen basieren auf dem Verschiebungs- und Trennprozess in Gleitebenen auf der Verschiebung von Versetzungen. Es gibt werkstofftechnisch Verfestigungsmechanismen bei Metallen, die alle auf der Behinderung von Versetzungen basieren:
- 1. Verfestigung durch Versetzungen (Verformungsverfestigung) Aufgrund ihres Spannungsfeldes behindern sich die Versetzungen gegenseitig (anschaulich: Verfilzung). Eine Verfestigung kann somit durch Steigerung der Versetzungsdichte erreicht werden (Quelle http://www.mb.uni-siegen.de/lot/studium/lehrveranstaltungen/wt1/wt1-5 2012w.pdf, Stand 20.05.2019). Beispiele sind Hämmern, Schmieden,-Umformen etc.
- 2. Mischkristallbildung durch Legierungsbildung - Ist durch die Wahl des Zusatzwerkstoffes festgelegt und im Verfahren schwierig anzupassen, Einfluss weiterhin durch Abkühlraten und Zeit-Temperatur-Zyklen, die im Rahmen des Prozesses durchlaufen werden.
- 3. Ausscheidungsbildung - auch hier entscheidet der Werkstoff, ähnliche Einflüsse wie bei 1.
- 4. Hall Petch-Bildung vieler, kleiner Körner - möglichst viele, feine Körner erhöhen die Festigkeit
- - die Kornfeinung lässt sich legierungstechnisch durch die Einbringung von sogenannten Feinkornbildnern sowie durch eine thermomechanische Behandlung erzielen. Hierbei wird das gezielte Einbringen von Fehlstellen in Form von Versetzungen durch Umformung des Bauteils vor oder während einer Wärmebehandlung genutzt. Die Fehlstellen wirken als Keime bei einer Neuordnung des Gefüges bei einer Rekristallisationswärmebehandlung, die gezielt im Rahmen einer Fertigungsstraße, aber auch ungezielt im Rahmen der Überschweißung von Nähten erfolgen kann. Die Erfindung setzt auf diesem Effekt auf und schafft durch Schlagimpulse auf die Oberfläche lokale Verformungen, mit denen Verdichtungen des Werkstoffes, Schmiedeeffekte sowie die Bildung mikroskopischer Fehlstellen im Gefüge als Keimbildner und eine geometrische Umformung und Glättung der Oberfläche hinsichtlich des Auftretens von Kerben einhergehen.
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In einer Fertigungsstraße ist die Umsetzung des Effektes vergleichsweise einfach, da genau definierte Prozesse aufeinanderfolgen, die exakt in Zeit, Kraft und Temperatur steuerbar sind. Im Rahmen des Auftragsschweißprozesses ist es nur möglich eine Verformung einzubringen, wenn die Wärmequelle gerade kein Material dort deponiert. Durch die Notwendigkeit eine plastische Verformung einzuleiten, in deren Folge Versetzungen entstehen, ist es wichtig hohe Kräfte zu realisieren. Dies wird in der Literatur beispielsweise durch eine Walze realisiert, die auf der frischen Schweißnaht entlangfährt und diese mit einer hohen statischen Kraft beaufschlagt (www. https://waammat.com/documents, HIGH-PRESSURE ROLLING OF_TI-6AL-4V, Website vom 08.05.2019). Die Dimensionierung der Führungsmaschine muss darauf ausgelegt sein und bedingt eine sehr stabile Ausführung mit großer Störkontur.
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Erfindung
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Demgegenüber macht sich Erfindung die aus einer Rotation von Massen resultierende Zentrifugalkraft zunutze. Ein Werkzeug mit einem oder mehreren exzentrisch angebrachten Schlagelementen (1) wird über die Oberfläche bewegt. Aufgrund der Drehbewegung des Werkzeuges wird durch das Auftreffen des Schlagelementes auf die zu bearbeitende Oberfläche ein starker mechanischen Impuls ausgelöst mit einer daraus resultierenden plastischen Verformung. Dabei ist das Schlagelement, beispielsweise ein weiteres Kettenglied, beweglich am fest am Zentralelement installierten Basisglied (9) montiert. Die Anzahl der Versetzungen sowie der Grad der Umformung hängen dabei von der Drehzahl der Schlagkettenbürste und Masse der Schlagelemente ab. Aus der Behandlung mit der Schlagkettenbürste folgen mehrere Effekte, die sich ergänzen. Zum einen erfolgt die Umformung der Körner, wodurch ein direkter Verfestigungseffekt erzielt wird, der insbesondere auf der obersten Schicht zum Tragen kommt, da hier nicht zwangsläufig noch eine Wärmebehandlung in Form einer erneuten Überschweißung stattfindet. Zweitens werden Druckeigenspannungen in den Werkstoff eingebracht, der als Oberflächeneffekt die Festigkeit steigert. Drittens erfolgt eine Verdichtung des Werkstoffes, der zu einem Schließen von Poren und Imperfektionen hilft. Und zu guter Letzt erfolgt durch die Umformung und Initiierung von Versetzungen die Erhöhung von Wachstumskeimen zur Kornneubildung bei einer Rekristallisation. Je mehr Versetzungen erzeugt wurden, desto mehr Körner werden gebildet und desto höher ist die Festigkeit. Die Reaktionskräfte auf das Werkzeug und seine Antriebsspindel sind dabei vergleichsweise niedrig und das System ist unabhängig von der Geometrie.
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Gleichzeitig verfügt die Erfindung (1 und 2) über Borsten/Bürsten (2), die neben dem oder den Schlagelementen auf dem wirksamen Umfang der Schlagkettenbürste angebracht sind und infolge der Rotation mittels der Borsten Verunreinigungen entfernen. Neben dem zeitgleichen Reinigungseffekt kann bei sinnvoller Gestaltung der Schlagkettebürste auch ein akustischer Dämpfungseffekt sowie eine Führung der Schlagelemente erfolgen. Die Vorrichtung bestehend aus Bürsten (2) und Schlagelementen (1) wird dabei von einem Zentralelement (3) zusammengehalten an der sich in der Rotationachse der Schaft (4) zur Befestigung in der Spindel oder einem Bohrfutter befindet.
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Die Vorrichtung erzielt in ihrer Anwendung auf geschweißte Oberflächen (8) zum einen ein lokales plastisches Umformen (5), dort wo ein Schlagelement auf die Oberfläche trifft. Zum anderen reinigen die Büsten im gleichen Arbeitsgang dieselbe Oberfläche (6, 7). Zudem kann ein Schlagelement helfen hochfeste Verunreinigungen zu lösen und ggf. zu zerstören. Somit erfolgt in nur einem Arbeitsgang eine Umformung der Oberfläche sowie ein Reinigen durch Entfernung von Anhaftungen. Die darauffolgende Wärmebehandlung durch die Schweißwärme ermöglicht die Rekristallisation des Gefüges und die Bildung neuer, kleiner Körner.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Schlagelement
- 2
- Bürstenelement
- 3
- Schaft
- 4
- Zentralelement
- 5
- umgeformte Oberflächenzone
- 6
- Verschmutzung auf der Oberfläche
- 7
- abgebürstete Schmutzpartikel
- 8
- Werkstück/Schweißnähtoberfläche
- 9
- Am Zentralelement fest installiertes Basisglied