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1 Einordnung
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Die Erfindung betrifft ein mobiles und automatisches Anreicherungsgerät zur kombiniert chemisch-mechanischen Anreicherung von Mikroorganismen (z. B. Viren, Bakterien und Protozoen) aus vorzugsweise bis zu 1000 Liter flüssigen Mediums. Bei der Vorrichtung handelt es sich um ein kombiniertes Gerät aus Crossflow-Filtration (CFF) und monolithische Affinitätsfiltration (MAF) zur automatisierten Anreicherung von Mikroorganismen aus flüssigen Proben auf ein Endvolumen von 10 μL–10 mL. Dabei wird in einem ersten Schritt eine flüssige Probe mit Volumina von vorzugsweise bis zu 1.000 L mittels einer CFF-Anlage auf ein Volumen von vorzugsweise 100 ± 50 mL reduziert. Dieses Volumen wird in einem zweiten Schritt mittels MAF auf ein Volumen von 0,1 mL–10 mL angereichert. Das Verfahren betrifft alle denkbaren Mikroorganismen, die aus jeder möglichen flüssigen Probe (z. B. Trink-, Roh-, Oberflächen-, Bade, Tränkwasser, Milch, andere Getränke, Sammelwasser aus Bioaerosolsammlern) angereichert werden können. Dabei ist entscheidend, dass alle Mikroorganismen simultan, oder sequentiell angereichert werden können, die bei der CFF größenspezifisch zurückgehalten werden. Durch MAF können ebenfalls jegliche Mikroorganismen durch Einstellen von geeigneten Affinitätsbedingungen angereichert und zudem von der Matrix abgetrennt werden, um die Mikroorganismen für die entsprechenden Analysemethoden (z. B. Zellkulturverfahren, Polymerase-Kettenreaktion, analytische Mikroarray, ELISA, Raman-Spektroskopie oder Durchflusszytometrie) zugänglich zu machen.
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Eine Vielzahl an Methoden zur Anreicherung von Viren und anderen Mikroorganismen arbeitet aufgrund von Ladungsunterschieden zwischen Mikroorganismus und Filtermaterial. Diese werden als Adsorptions- oder Elutionsverfahren bezeichnet. Dazu zählen negativ geladene Filter, Filter die durch Vorbehandlung positive Ladung aufweisen, sowie Glaswolle-Filtration. Die aus diesen Anreicherungsmethoden erhaltenen Eluate sind in der Regel zu groß, um daraus quantifizieren zu können, was einen sekundären Anreicherungsschritt, wie z. B. organische Flockung, nach sich ziehen muss. Des Weiteren ist die Ultrazentrifugation eine Methode zur Anreicherung von Viren aus flüssigen Proben. Hierbei ist allerdings das durch Ultrazentrifugen bedingte kleine Probenvolumen ein großer Nachteil. Zudem muss eine hohe Virenkonzentration vorliegen, was z. B. nur in Abwasserproben der Fall ist und für z. B. Trinkwasser nicht geeignet ist. Alternativ werden Ultrafiltrationsmembranen zur Anreicherung von Viren und Mikroorganismen verwendet. Dabei sind Crossflow-Ultrafiltration (CUF) und vortex flow filtration (VFF) die dominanten Methoden zur Anreicherung von großen Wasservolumina im Bereich von 20–400 L. Es werden sowohl Flachmembranen als auch Hohlfasermembranen verwendet. Hohe Wiederfindungsraten wurden bei Einsatz von Hohlfasermembranen in einem CUF-System gefunden. Die Anreicherung von Mikroorganismen wird mit automatisierten Geräten einfacher und reproduzierbarer. Garin et al. (1996) haben dies erstmals mit einem portablen Virenanreicherungsgerät gezeigt. Eine automatisierte Crossflow-Mikrofiltrationsanlage zur schnellen Anreicherung von Bakterien wurde von Peskoller et al. (2009a), veröffentlicht. Dabei wurde E. coli von 10-L-Wasserproben mit Wiederfindungen von 91% auf 50 mL in 15 min angereichert. Keines der Systeme ermöglichte aber bisher eine Anreicherung von Mikroorganismen von großen auf sehr kleine Volumina, mit gleichzeitiger Abtrennung von Matrixbestandteilen.
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Neben der immunomagnetischen Separation kann dies durch eine monolithische Affinitätsfiltration geschehen. Eine erste monolithische Affinitätsfiltrationssäule (MAF-Säule) wurde zur Anreicherung von E. coli verwendet, indem auf einem Polyepoxid-basierten makroporösen Trägermaterial Polymyxin immobilisiert wurde (Peskoller et al. 2009b). Mit dieser MAF-Säule wurde des Weiteren eine Immunfiltration von S. aureus publiziert (Ott et al., 2011). S. aureus wird von 1 L Wasser auf 1 mL innerhalb von 145 min. angereichert und dann mittels Durchflusszytometrie analysiert. Mit dieser Methode konnten S. aureus ab einer Konzentration von 42 Zellen/ml nachgewiesen werden.
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In dem hier beschriebenen Anreicherungsgerät (1), werden erstmals zwei Anreicherungsmethoden (CFF und MAF) miteinander in einem fluidisch geschlossenen System miteinander gekoppelt. Mit dem automatisierten Anreicherungsgerät werden Mikroorganismen aus flüssigen Proben von großen Volumina auf ein sehr kleines Volumen konzentriert und gleichzeitig die Matrixbestandteile abgetrennt. Es entsteht aus einer Wasserprobe ein hochreines Zellkonzentrat, das direkt einem bioanalytischen Verfahren zugeführt werden kann.
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Die CFF-Einheit besteht aus einem CFF-Filtrationsmodul (2) (z. B. Hohlfaser-Ultrafiltrationsmodul, Flachmembran), Schläuchen (3), Schlauchführungen (14), Magnetventilen (4), einer Schlauchpumpe (5) und Messsensoren für Druck (6) und Durchfluss (7). Pumpe, Ventile und Sensoren werden über einen Computer (20) angesteuert bzw. ausgelesen. Die Schläuche der CFF-Einheit (3) haben vorzugsweise einen Innendurchmesser von 6,3 mm und eine Schlauchwandstärke von 1,6 mm. Der fluidische Aufbau beinhaltet ebenfalls einen 3-Wege- (17), sowie einen 4-Wege-Schlauchverbinder (18). Am oberen Ausgang des 4-Wege-Schlauchverbinders befindet sich ein selbstschließender Schnellkupplungsanschluss (19) zum Anschluss eines weiteren Schlauches, der zur Entlüftung des CFF-Systems dienen kann. Die Schlauchpumpe hat vorzugsweise eine wechselbare Drehrichtung und eine maximale Pumprate von 100–300 L/h. Mit der Schlauchpumpe wird die flüssige Probe tangential durch die Membran gepumpt. Die Membran (2) muss eine kleinere Porengrößenverteilung als der anzureichernde Analytpartikel haben. Vor, nach, sowie am Filtratausgang der Filtrationsmembran befinden sich die Drucksensoren (6), durch die sich der Prozessparameter Transmembrandruck (TMP) berechnen lässt. Der Durchflussmesser (7) befindet sich ebenfalls am Filtratausgang der Filtrationsmembran. Mit ihm lasst sich der Filtratfluss und damit über die Zeit das filtrierte Volumen ablesen. Die Magnetventile (4) lassen sich einzeln schalten und sind so arrangiert, dass sich zwischen verschiedenen Prozessschritten (Filtration, Spülschritt, Elution und andere) umschalten lässt. Diese CFF-Einheit ist fluidisch mit einem Behälter (Sterilbeutel oder ähnliches) (8) verbunden, in dem das Eluat der CFF gesammelt und dann mittels einer zweiten Schlauchpumpe (9) und einem Schlauch (10) über die monolithische Säule (11) geleitet wird. Das Filtrat wird in einem Behälter (12) gesammelt. Die Behälter (8) und (12) sind steril und autoklavierbar. Vorzugsweise handelt es sich um Sterilbeutel mit einem Volumen von bis zu 150 mL. Die zweite Schlauchpumpe (9) wird ebenfalls über den Computer gesteuert, so dass sich ein vollständig automatisches Anreicherungssystem ergibt. An der Vorderseite des Anreicherungsgeräts (1) befinden sich 2 Schlauchdurchführungen (13) und (16). Von (13) wird der Saugschlauch und von (16) der Filtratschlauch im Inneren des Gerätes zur Seite geführt. Vorzugsweise werden beide Schläuche an der Seite des Gerätes befestigt und mit selbstschließenden Schnellkupplungsanschlüssen versehen. Nach Einfüllen bzw. Anschließen der flüssigen Proben an das Anreicherungssystem (vorzugsweise über Schnellkupplungsanschlüsse) werden vollautomatisch Mikroorganismen zuerst mittels CFF auf ein Volumen von 100 ± 50 mL aufkonzentriert und anschließend weiter auf der monolithischen Säule angereichert.
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Die monolithische Säule besteht vorzugsweise aus einem makroporösen Polymer auf Polyepoxydbasis, welches mittels Schwefelsäure hydrolysiert wurde. Das Polymer wird vorzugsweise in eine Glasvorrichtung einpolymerisiert oder in Kunststoffvorrichtungen verklebt. Während der MAF werden die Mikroorganismen von störender Matrix befreit. Die gesamte Anreicherungsanlage (1) ist ein mobiles Gerät, das sowohl in Laboratorien als auch direkt vor Ort verwendet werden kann. Schläuche, Filtrationsmodul sowie die monolithische Säule können vorzugsweise sowohl chemisch gereinigt und wieder verwendet werden, als auch nach Benützung ausgetauscht werden.
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Literatur:
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- Garin, D.; Fuchs, F.; Bartoli, M.; Aymard, M., A new portable virus concentrator for use in the field. Water Research 1996, 30, 3152–3155.
- Ott, S., Niessner, R., Seidel, M., Preparation of epoxy-based macroporous monolithic columns for the efficient immunofiltration of Staphylococcus aureus. Journal of Separation Science 2011, 34, 2181–2192.
- Peskoller, C.; Niessner, R.; Seidel, M., Cross-flow microfiltration system for rapid enrichment of bacteria in water. Analytical and Bioanalytical Chemistry 2009a, 393, 399–404.
- Peskoller, C.; Niessner, R.; Seidel, M., Development of an epoxy-based monolith used for the affinity capturing of Escherichia coli bacteria. Journal of Chromatography A 2009b, 1216, 3794–3801.
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2 Beschreibung des Verfahrens
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Die anzureichernde flüssige Probe wird an die Vorrichtung angeschlossen oder aber auch in einen dafür vorgesehenen Behälter gefüllt. Mit Hilfe der Schlauchpumpe wird die flüssige Probe dann in die CFF-Einheit geleitet und über die Filtrationsmembran filtriert. Die Filtration erfolgt hier aufgrund von Größenexklusion, welche abhängig von der Porengrößenverteilung der Membran ist. Die Filtration kann bei geöffneten CFF-Ventils (4b) im Crossflow-Modus sowie bei geschlossenen CFF-Ventils im Deadend-Modus betrieben werden. Dabei wird reines Wasser als Filtrat in einen externen Behälter geleitet, während das Retentat nach einem Spülschritt in einen separaten Behälter (Sterilbeutel oder ähnliches) überführt wird. Diese Lösung wird anschließend durch Vorlegen oder Zudosierung von Säure auf den zur Anreicherung mit Hilfe der monolithischen Säule optimalen pH-Wert eingestellt. Das Vorlegen oder Zudosieren der Säure verlauft vorzugsweise durch Injektion der Säure mittels einer Spritze durch ein Septum (15) am Behälter. Mit einer weiteren Schlauchpumpe wird diese Lösung über die monolithische Säule (11) geleitet, wobei die Mikroorganismen in der Säule zurückgehalten werden, während die Matrix entfernt wird. Die Kräfte, welche die Mikroorganismen auf der Säule zurückhalten, können dabei vielfältig sein (z. B. Antikörper-Antigen-Wechselwirkungen, elektrostatische Kräfte, Ligand-Akzeptor-Wechselwirkung). Abschließend kann die monolithische Säule aus dem Gerät entnommen werden und die Mikroorganismen mit einem geeigneten Elutionspuffer in einem möglichst kleinen Volumen eluiert werden. Die Elution erfolgt dabei vorzugsweise manuell durch Anschließen einer Spritze und händischer Elution. Dieses Eluat ist geeignet, um zur Quantifizierung in PCR, Zellkulturverfahren, Mikroarrays, Durchflusszytometrie oder andere Nachweisverfahren eingesetzt werden zu können.
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3 Anwendungsbeispiele
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können unterschiedliche Analyten wie zum Beispiel Viren, Bakterien, und andere Mikroorganismen angereichert werden. Die Analyten können in verschiedenen flüssigen Matrices vorliegen. Beispiele hierfür sind Trinkwasser, Oberflächenwasser, Prozesswasser, Abwasser und andere wässrige Medien wie z. B. Milch, andere Getränke oder Sammelwasser aus Bioaerosolsammlern. Für jede konkrete Anwendung müssen geeignete Prozessparameter wie Pumpgeschwindigkeit, TMP und maximales Filtrationsvolumen gewählt werden.
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Die Gesamtheit der Mikroorganismen kann simultan mittels CFF aufgrund von Größenexklusion angereichert werden. Für die MAF muss für jeden Analyten, bzw. Analytgemisch ein geeigneter Rezeptor, pH-Wert und Elutionspuffer gewählt werden.
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Der Vorteil dieser Vorrichtung und dieses Verfahrens besteht in der automatischen, schnellen Aufkonzentrierung von verschiedenen Analyten aus verschiedenen Medien mit gleichzeitiger Abtrennung von Matrixbestandteilen.
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4 Ausführungsbeispiel
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In diesem Ausführungsbeispiel wird der Bakteriophage MS2 als Modellvirus mit Hilfe der vorgestellten Vorrichtung und des Verfahrens aus Trinkwasserproben angereichert. Die Anreicherungseffizienz wurde durch Quantifizierung des Bakteriophagen mittels PCR bestimmt.
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Anreicherung
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Es wurden 10-L-Trinkwasserproben mit verschiedenen Konzentrationen (c = 24.90, 7.42, 0.95, 0.04 und 0 PFU/mL) an Bakteriophagen MS2 hergestellt und mittels des hier beschriebenen Verfahrens auf 1 mL reduziert. Jede Probe mit einer definierten Konzentration wurde dabei dreimal angereichert. Die CFF wurde bei einem TMP von 0.2 bar und einer Pumpgeschwindigkeit von 219 L/h durchgeführt. Dadurch resultierte eine Filtrationsgeschwindigkeit von 504 ± 21 mL/min. Nach Beendigung der Filtration wurde nach einem Spülschritt das Retentat in 100 mL Wasser eluiert. Dieses wurde mit 500 μL 1 M HCl auf einen pH-Wert von 3 eingestellt und bei einer Filtrationsrate von 10 mL/min über die monolithische Säule gepumpt. Die Elution erfolgte mit 1 mL Elutionspuffer (0.5 M Glycin Puffer mit 3% Fleischextrakt).
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Analyse
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Die Quantifizierung von MS2 erfolgte mit Hilfe vom quantitativer Real Time PCR (qPCR) und liefert die Wiederfindung als prozentualen Wert. Nach einer RNA-Extraktion mit dem Viral Xpress Nucleic Acid Extraction Kit von Chemicon und einer cDNA-Synthese mit dem DyNAmo cDNA Synthesis Kit von Finnzymes erfolgte die qPCR auf dem Light Cycler 480 mit Hilfe des SYBR Green I Mastermix von Roche und den Primern MS2-2717F und MS2-3031R [Dreier et al. (2005)]. Alle Reagenzien wurden nach Herstellerangaben verwendet.
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Ergebnis
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Für die verschiedenen Konzentrationen an MS2 (c = 24.90, 7.42, 0.95 und 0.04 PFU/mL) wurden Wiederfindungen von 18.5 ± 0.3, 16.5 ± 4.9, 60.0 ± 7.1 und 95.9 ± 23.1% erreicht. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass das Eluat geeignet ist, um daraus MS2 mittels PCR zu quantifizieren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Garin et al. (1996) [0002]
- Peskoller et al. (2009a) [0002]
- Peskoller et al. 2009b [0003]
- Ott et al., 2011 [0003]
- Garin, D.; Fuchs, F.; Bartoli, M.; Aymard, M., A new portable virus concentrator for use in the field. Water Research 1996, 30, 3152–3155 [0007]
- Ott, S., Niessner, R., Seidel, M., Preparation of epoxy-based macroporous monolithic columns for the efficient immunofiltration of Staphylococcus aureus. Journal of Separation Science 2011, 34, 2181–2192 [0007]
- Peskoller, C.; Niessner, R.; Seidel, M., Cross-flow microfiltration system for rapid enrichment of bacteria in water. Analytical and Bioanalytical Chemistry 2009a, 393, 399–404 [0007]
- Peskoller, C.; Niessner, R.; Seidel, M., Development of an epoxy-based monolith used for the affinity capturing of Escherichia coli bacteria. Journal of Chromatography A 2009b, 1216, 3794–3801 [0007]
- Dreier et al. (2005) [0014]