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Standard-Roboter (Manipulatoren) bestehen aus mehreren Arm-Segmenten, die jeweils aneinander angelenkt sind. Bei entsprechend vielen Freiheitsgraden kann ein so genannter Tool-Center-Point (TCP) am Ende des letzten Segmentes innerhalb des Arbeitsbereiches des Manipulators in jedem Raumpunkt positioniert werden.
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Speziell beim Manipulieren mit schweren Lasten muss der Roboter spezielle Anforderungen im Hinblick auf Sicherheit erfüllen. Dies gilt in besonderen Maße, wenn der Roboter während des Betriebs mit Menschen interagieren soll (z. B. ein Roboter positioniert die Last, ein Mensch befestigt diese an der Sollposition).
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Bei Standard-Industrierobotern kann das Problem auftreten, dass im Fehlerfall (z. B. bei Stromausfall, oder bei einer Fehlsteuerung des Roboters) alle Antriebe starr gebremst werden müssen, so dass, wenn eine Person eingeklemmt wird, eine Selbstbefreiung der Person praktisch unmöglich ist, da die Gewichtskräfte der Last und des Roboters selbst auf die Person wirken können. Des Weiteren ist wegen der hohen Kräfte, die zur freien Bewegung im Raum notwendig sind, das Risiko ernsthafter Verletzungen hoch.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, einen Roboter zu schaffen der so konstruiert ist, dass auch bei der Manipulation schwerer Lasten die Gefahr des Einklemmens von Personen gering und im Ernstfall eine Selbstbefreiung eingeklemmter Personen möglich ist.
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Diese Aufgabe wird durch einen Roboter gemäß Anspruch 1 gelöst. Beispielhafte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung sind Vertikalbewegung (Hubbewegung) und Horizontalbewegung des Tool-Center-Point (TCP) voneinander entkoppelt. Das Gewicht einer (schweren) Last wird von einer Hubvorrichtung aufgenommen, die ausschließlich eine vertikale Hubbewegung dann ausführt, wenn durch Sicherungsmaßnahmen gewährleistet ist, dass Personen dabei keiner Gefahr ausgesetzt werden. Die Hubvorrichtung weist eine Halterung mit einem Gelenk auf, an dem ein erstes Arm-Segment gelagert ist. An dem anderen Ende des Arm-Segments ist über ein weiteres Gelenk ein zweites Arm-Segment angelenkt. Am freien Ende des zweiten Arm-Segmentes befindet sich z. B. ein End-Effektor mit dem TCP. Beide Gelenke sind derart ausgestaltet, dass die beiden Arm-Segmente ausschließlich eine Bewegung in einer horizontalen Ebene ausführen können. Die vertikale Position dieser Bewegungsebene der Roboterarm-Segmente wird durch die Hubvorrichtung festgelegt, an deren beweglichen Teil die Roboterarm-Segmente angelenkt sind.
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Die oben beschriebene Konstruktion des Roboterarmes hat den Vorteil, dass die Gewichtskraft der tragenden Struktur der Arme und der (schweren) Last, die am TCP angreift, im Wesentlichen von der Hubvorrichtung aufgenommen wird. Die Positionierung der Last in der horizontalen Ebene kann über den Roboterarm (im oben beschriebenen Beispiel bestehend aus zwei Arm-Segmenten) mit sehr geringem Kraftaufwand erfolgen. Im Prinzip müssen die Aktoren, die für die Positionierung in der horizontalen Ebene verantwortlich sind, nur die Reibungskräfte in den Gelenken kompensieren (das gilt bei quasistatischer Bewegung). Das Limit für eine Überlastabschaltung kann daher verhältnismäßig niedrig angesetzt werden. Sofern eine Person durch den Roboterarm eingeklemmt werden sollte, wirken nur geringe Kräfte auf diese. Die Gewichtskraft der Last wird jedenfalls nur von der Hubvorrichtung aufgenommen und kann nicht auf eine eingeklemmte Person wirken.
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Um einer eingeklemmten Person im Fall starr gebremster Antriebe dennoch eine Selbstbefreiung zu ermöglichen umfasst zumindest ein Gelenk eine elastische Kupplung, die dazu ausgebildet ist, eine von dem, dem betreffenden Gelenk zugeordneten, Aktor (z. B. Elektromotor inkl. Getriebe) entkoppelte Bewegung des jeweiligen Arm-Segmentes zu gewährleisten. Dazu kann zwischen Gelenk und Aktor eine Kupplung angeordnet sein, die zwei Kupplungsschalen aufweist und einen dazwischen liegenden elastischen Puffer (z. B. ein Gummipuffer), der in einem vorgebbaren Winkelbereich (z. B. 2°–15°) eine elastisch gefederte Relativbewegung zulässt. Somit ist eine eingeklemmte Person auch bei gebremsten (und damit starren) Aktoren in der Lage, durch Muskelkraft die Arm-Segmente innerhalb eines vorgebbaren Stellbereiches zu bewegen und auf diese Weise die Klemmung zu lösen. Auch bei Unterbrechung der Energieversorgung ist eine Selbstbefreiung auf diese Weise möglich. Ein Fallen der Last wird in jedem Fall durch das selbsthemmende Getriebe der Hubvorrichtung verhindert.
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Zum besseren Verständnis soll die vorliegende Erfindung anhand von in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispielen erläutert werden. In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen gleiche oder äquivalente Komponenten. Es zeigt:
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1 eine schematische räumliche Darstellung der wesentlichen Komponenten des Manipulators; und
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2 ein Ausführungsbeispiel eines Gelenks mit einer elastischen Kupplung und einem Aktor.
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Erfindungsgemäß wird nahezu die gesamte Gewichtskraft der (schweren) Last von einer Hubvorrichtung 10 (siehe 1) aufgenommen.
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In 1 ist als Beispiel eine mögliche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung schematisch gezeigt. Die dargestellte Anordnung orientiert sich an kartesischen Koordinaten (x, y, z). Die Halterung 11 einer Hubvorrichtung 10 ist auf einem (nicht näher dargestellten) Schlitten so gelagert, dass sie auf geeignete Weise vertikal in der (x, z)-Ebene 1 entlang einer in der z-Achse ausgerichteten Führungseinheit 13 gleiten kann. Es ist möglich, dass die Vertikalbewegung der Hubvorrichtung 10 über einen pneumatischen Antrieb, einen elektrischen Antrieb, mittels eines Keil- oder Zahnriemens oder einen elektrischen Direktantrieb, beispielsweise mittels einer Linearmotoranordnung, realisiert wird. Unabhängig von dem für die Vertikalbewegung verwendeten Antriebstyp muss sicher gestellt sein, dass im Falle einer Fehlfunktion des vertikalen Antriebs die Halterung 11, welche die Gewichtskraft der zu positionierenden aufnehmen muss, abgebremst bzw. blockiert wird. Wird beispielsweise kein Direktantrieb, z. B. eine Linearmotoranordnung, verwendet, so lässt sich eine Blockierung der Haltung zum Beispiel über ein geeignetes selbsthemmendes Getriebe (z. B. Spindelgetriebe) realisieren. Es ist hierbei aber auch jede andere geeignete Vorrichtung denkbar.
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Die 1 zeigt weiter eine beispielhafte Ausführungsform eines Roboterarms 20, der erfindungsgemäß zumindest über ein erstes Gelenk 31 ausschließlich in einer horizontalen (x, y)-Ebene 2 beweglich ist. Das erste Gelenk 31 kann an der Halterung 11 angebracht oder auf geeignete Weise in die Halterung 11 integriert sein. Das erste Gelenk 31 kann (muss jedoch nicht zwangsläufig) so ausgeführt sein, dass eine 360° Drehung um die z-Achse möglich ist. Am ersten Gelenk 31 ist ein erstes Arm-Segment 21 des Roboterarms 20 befestigt.
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Ein Roboterarm 20 mit nur einem Arm-Segment 21 an einem ersten Gelenk 31 erlaubt die Positionierung einer an einem „Tool Center Point” (TCP) angebrachten Last lediglich entlang einer Kreisbahn. In 1 hingegen ist eine Anordnung gezeigt, die zwei Freiheitsgrade in der horizontalen (x, y)-Ebene 2 aufweist. Der erste Freiheitsgrad in der Horizontalen wird durch das erste Gelenk 31 ermöglicht, der zweite Freiheitsgrad entsprechend durch ein am ersten Arm-Segment 21 angebrachten zweites Gelenk 32, an dem ein weiteres (zweites) Arm-Segment 22 schwenkbar gelagert ist. Im beispielhaft dargestellten Ausführungsbeispiel ist der TCP an dem die (Nutz-)Last angebracht ist an der vom zweiten Gelenk 32 abgewandten Seite des zweiten Arm-Segments 22 angeordnet. Obwohl in der Abbildung der 1 lediglich zwei Freiheitsgrade in der Horizontalen 2 über ein erstes und ein zweites Gelenk 31, 32 realisiert sind, können gemäß auch beliebig viele Freiheitsgrade in der horizontalen Ebene 2 möglich sein, die durch die Anordnung entsprechender zusätzlicher Gelenke im Roboterarm 20 realisiert werden können. Sämtliche Freiheitsgrade, die eine Bewegung des Roboterarmes 20 außerhalb der Ebene 2 zulassen würden sind jedoch durch die Gelenke 31 und 32 gesperrt.
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Das Gelenk 31 ermöglicht eine Bewegung des ersten Arm-Segments 21 um den Winkel α, wobei der Winkel von der x-Achse und der Symmetrieachse des ersten Arm-Segments aufgespannt wird. Das Gelenk 32 ermöglicht eine Bewegung des zweiten Arm-Segments 22 relativ zum ersten Arm-Segment um den Winkel β, wobei der Winkel β von der Symmetrieachse des ersten Arm-Segments 21 sowie der Symmetrieachse des zweiten Armsegments 22 aufgespannt wird.
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Die Gelenke im Roboterarm 20, beispielsweise das dargestellte erste oder zweite Gelenk 31, 32, lassen keine Bewegungskomponenten des TCP und/oder des gesamten Roboterarms 20 in der vertikalen Achse z zu. Gerade auf diese Weise wird die Gewichtskraft der schweren am TCP angebrachten Last sowie die Gewichtskraft des Roboterarmes 20 in die Halterung 11, von der Halterung 11 in die Führungseinheit 13 und von der Führungseinheit 13 in das Fundament 12 der Hubvorrichtung 10 eingeleitet. Bewegungen in der horizontalen Ebene (z. B. durch den Roboterarm 20), und in der Vertikalen (z-Achse) durch die Hubvorrichtung 11) sind damit voneinander entkoppelt. Das gilt auch für die am TCP angreifenden Kräfte. Kräfte auf den TCP in vertikaler Richtung werden vollständig von den Gelenken 31, 32 und der Hubvorrichtung 11 aufgenommen werden, wohingegen Kräfte auf den TCP in der horizontalen Ebene 2 eine entsprechende Bewegung zur Folge haben können.
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Durch diese Entkoppelung wird ein Vorteil der vorliegenden Erfindung erreicht. Die an den Gelenken 31, 32 des Roboterarms 20 angreifenden Aktoren (Antriebe) müssen bei Durchführung einer Bewegung in der horizontalen (x, y)-Ebene 2, über die Trägheit hinaus, lediglich die Reibung in den Gelenken, Lagern, und im Antriebsstrang überwinden, nicht aber die Gewichtskraft der Last und des Roboterarms tragen. Diese werden von der Hubvorrichtung 10 aufgenommen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung weist zumindest eines der Gelenke im Roboterarm 20, beispielsweise das Gelenk 32, eine elastische Kupplung 33 auf (siehe 2). Diese elastische Kupplung 33 ermöglicht es, die Position des Roboterarms 20 bzw. des TOP durch äußere mechanische Einwirkung geringfügig in der Horizontalen 2 zu verändern (z. B. durch Muskelkraft einer Person), da die Gewichtskraft der Last und des Roboterarmes zu jedem Zeitpunkt von der Hubvorrichtung 10 aufgenommen wird.
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Beim industriellen Einsatz einer erfindungsgemäßen Manipulator-Anordnung wie sie exemplarisch in 1 dargestellt ist, kann es dazu kommen, dass durch einen Unfall oder einen Fehler eine Person durch den Roboterarm 20 eingeklemmt wird. Ein Gelenk, beispielsweise das Gelenk 32, ist in der 2 näher dargestellt. Eine im Gelenk 32 angeordnete elastische Kupplung 33 erlaubt es dieser Person, den Roboterarm 20 in der horizontalen Ebene 2 geringfügig zu bewegen und sich so zu befreien, da er, um diese geringfügige Bewegung durchzuführen, lediglich die Reibung und die elastischen Rückstellkräfte der Kupplung 33 überwinden muss.
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Eine wichtige Komponente einer elastischen Kupplung 33 ist ein elastischer Puffer 34, der zwischen zwei ineinander greifenden Kupplungsschalen angeordnet sein kann. Wird im Normalbetrieb nicht mechanisch auf den Roboterarm 20 eingewirkt (d. h. keine externen Kräfte außer der Last), so befindet sich der elastische Flansch 34 in einer definierten Ruhelage. Dieser Puffer 34 ist so in der Kupplung 33 angeordnet, dass der Puffer 34 im Falle einer äußeren mechanischen Einwirkung eine elastische Verformung erfährt, wodurch die Kupplung auch bei einem statischen Roboterarm 20 eine Bewegung des Gelenks 32 ermöglicht. In der Regel erlauben erfindungsgemäß eingesetzte elastische Kupplungen im Falle einer äußeren mechanischen Einwirkung eine Auslenkung um ca. 2° aus ihrer Ruhelage (wobei die Ruhelage jene Lage sei, in der die der elastische Puffer 34 nicht verformt wird). Je nach Konstruktion kann durch die elastische Kupplung 33 auch einen Auslenkung um 5°, 10° oder sogar 15° ermöglicht werden. In der einschlägigen Literatur werden die Begriffe elastischer Flansch oder elastischer Puffer gleichermaßen verwendet.
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In der 2 sind weitere Komponenten eines Gelenks 32 gezeigt. So sind exemplarisch Aktoren 41, insbesondere elektrische und/oder pneumatische Aktoren, dargestellt, die Arm-Segmente 21, 22 über Keil- und/oder Zahnriemengetriebe 42 relativ zueinander bewegen. Die 2 zeigt anschaulich, wie zwei Armsegmente 21, 22 eines Roboterarms 20 über eine elastische Kupplung 33 in einer (horizontalen) Ebene zueinander verdrehbar angeordnet sein können. Eine derartige oder ähnliche Gelenkanordnung kann für beliebig viele Gelenke im Roboterarm 20 verwendet werden.
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Eine Überlastung der erfindungsgemäßen Manipulator-Anordnung ist z. B. im industriellen Betrieb nicht auszuschließen. Es kann vorkommen, dass durch ein Hindernis eine gewünschte Bewegung in eine vertikale und/oder horizontale Richtung nicht vollendet werden kann. In einem derartigen Überlast-Fall sollen die Aktoren abgeschaltet und/oder starr geschaltet werden. Wenn beispielsweise ein Elektromotor ein Stoßmoment durch Kollision des Roboterarms 20 mit einem Hindernis erfährt, so steigt in gleichem Maße der Ankerstrom des Motors an. Auch bei einer einfachen Steuerung des Motors können Schwellwerte für den Ankerstrom festgelegt werden, bei deren Überschreiten die Regelung den Strom zurückregelt oder den Antrieb durch eine Bremse starr in Position hält. Bei Verwendung pneumatischer Antriebe in den Aktoren, kann zu diesem Zweck ein Drucksensor realisiert werden, bei dem entsprechend Schwellwerte für den angelegten Druck festgelegt werden. Es sind darüber hinaus im Falle elektrischer wie pneumatischer Antriebe eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Handhabung des Überlastbetriebs denkbar. Die vorliegende Erfindung erschöpft sich nicht in den explizit erwähnten Optionen.