DE19940415A1 - Verzweigtkettige Fettsäuren als fettabbauende Wirkstoffe - Google Patents
Verzweigtkettige Fettsäuren als fettabbauende WirkstoffeInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft verzweigtkettige Fettsäuren, dadurch gekennzeichnet, daß sie mit einem der Peroxisomen Proliferator aktivierter Rezeptoren (PPAR) Isoformen oder strukturverwandter, ligandaktivierter Kernrezeptoren und/oder mit einem Lipidbindungsprotein vom Strukturtyp der 14-15 kDa Fettsäurebindungsproteine, direkt wechselwirken, als Wirkstoffe mit einem fettdepotreduzierenden Effekt. Zu diesen verzweigtkettigen Fettsäuren gehören die als Beispiele aufgeführten verzweigtkettigen Fettsäuren vom Isoprenoid- und Acetogenintyp. Weiterhin betrifft diese Erfindung den Einsatz dieser verzweigtkettigen Fettsäuren als Zusatzstoffe zu Diätetika, Nahrungsmitteln und Genußmitteln zur Vermeidung von Übergewicht und zur Reduktion bestehender Fettdepots.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft natürliche Fettsäuren des Isoprenoid- und Acetogenintyps
mit Methyl- und Ethylverzweigung und synthetische verzweigtkettige Fettsäuren als Diätetika
und Zusatzstoffe zu Nahrungs- und Genußmitteln zur Förderung des Fettabbaus bei
Menschen.
Der Anspruch erstreckt sich auf natürliche und synthetische verzweigtkettige Fettsäuren,
deren Struktur angepaßt ist für die Bindung dieser Fettsäuren durch Isoformen des
Peroxsiomen Proliferator aktivierten Rezeptors (PPAR) sowie durch Lipidbindungsproteine
vom Strukturtyp der 14-15 kDa Fettsäurebindungsproteine.
Die Lipidhomöostase in Menschen und in Säugetieren wird durch die Balance zwischen
Energiezufuhr (Nahrungsaufnahme) und -verbrauch reguliert. Aus diesem Grund existieren
Kontrollmechanismen in Bezug auf die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten und Fetten, ihren
Transport, Stoffwechsel, Einbau und Mobilisation. Übersteigt die Energiezufuhr den
Energieverbrauch so wird dieses Gleichgewicht gestört und bedingt Gewichtszunahme, deren
größter Anteil auf die Bildung von Fettdepots zurückzuführen ist (Woods et al. (1998)
Science 280, 1378-1383).
Unter die Isoformen ligandaktivierter Kernrezeptoren des PPAR Typs fallen die bis heute
bekannten PPARα, PPARβ (auch NucI oder FAAR) und PPARγ1-2 (Wahli et al. (1999) Adv.
Exp. Med Biol. 447, 199-209). Der katabole Fettstoffwechsel unterliegt der Kontrolle der
PPARs, die als Zielmoleküle für hypolipidämische Medikamente fungieren und über die
Steuerung mehrerer Schlüsselenzyme des peroxisomalen und mitochondrialen Stoffwechsels
sowie der Lipoproteinlipase und verschiedener Apolipoproteine den katabolen
Fettsäurestoffwechsel in Eukaryoten transkriptionell regulieren (Hashimoto et al. (1999) J.
Biol. Chem. 274, 19228-19236). Die hypolipidämischen Medikamente werden unter dem
Begriffe der peroxisomaler Proliferatoren zusammengefaßt; der Name dieser Stoffe leitet sich
aus der Fähigkeit ab, ausschließlich in Nagern die peroxisomale Proliferation, d. h. Größe und
Menge der Peroxisomen, zu induzieren. Bezogen auf den Menschen führt die Aktivierung
dieser Rezeptoren zu einer gesteigerten Expression der lipidabbauenden Enzyme, die sich
zum Beispiel in einer Verringerung der Triacylglycerinkonzentration im Blut auswirkt und
das Risiko einer Fettleibigkeit damit verbundenen Typ II Diabetes verringert. In jüngerer Zeit
wurden geradkettige Fettsäuren als natürliche Agonisten der PPARs identifiziert (Bocos et al.
(1995) J. Steroid Biochem. Mol. Biol. 53, 467-473).
Unter den Begriff Lipidbindungsproteine vom Strukturtyp der 14-15 kDa
Fettsäurebindungsproteine (FABPs) fallen die bis heute bekannten 19 Mitglieder dieser
Familie, die ein Strukturmotiv bestehend aus zwei orthogonalen β-Faltblättern sowie zwei α-
Helices aufweisen (Hohoff und Spener (1998) Fett/Lipid 100, 252-263). Diese Proteine
binden geradkettige Fettsäuren, manche Vertreter binden jedoch auch die hypolipidämischen
Medikamente. Den erstmals 1972 beschriebenen Proteinen (Ockner et al. (1972) Science 177,
56-58) wird eine Rolle im intrazellulären Fettsäuretransport und Fettstoffwechsel einerseits
und in der Regulation von Genen des Fettstoffwechsels andererseits zugeschrieben (Glatz et
al. (1995) Prostaglandins Leukot. Essent. Fatty Acids 52, 121-127). Unsere Untersuchungen
haben ergeben, daß die Lipidhomöostase durch die PPAR-vermittelte Genregulation durch
Interaktion des Rezeptors und Lipidbindungsprotein sowie durch Interaktion beider Proteine
mit geradkettigen Fettsäuren beeinflußt werden kann.
Erstmals konnten wir nun zeigen, daß die Lipidhomöostase auf die verzweigtkettige
Phytansäure äußerst empfindlich reagiert (Ellinghaus et al. (1999) J. Biol. Chem. 274, 2766-
2772). Dabei fungieren die Fettsäurebindungsproteine als cytosolische Diskriminator- und
Transportproteine für die PPAR-Agonisten in den Kern, die dort über PPAR-Transaktivierung
die Genexpression der Enzyme des katabolen Fettstoffwechsels steuern. Die Erfindung
erstreckt sich auf verzweigtkettige Fettsäuren, die über diesen Mechanismus die
ligandaktivierten Kernrezeptoren besser transaktivieren als gesättigte und ungesättigte
geradkettige Fettsäuren und daher einen verstärkten Abbau der Fettdepots bewirken. In
pathologisch hohen Konzentrationen von Phytansäure in Sera und Lebern, wie in sterol
carrier protein 2 defizienten Mäusen gezeigt, kommt es sogar zu einem Totalabbau der
Fettdepots (Seedorf et al. (1998) Genes Dev. 12, 1189-1201). Bei Patienten mit bestimmten
genetischen Stoffwechseldefekten, wie z. B. dem Refsum-Syndrom, kann der Spiegel der
Phytansäure bei 1,3 mM liegen und langfristig neurologische Schäden bedingen (Kahlke et al.
(1964) Klin. Wochenschr. 42, 1011-1018). Die verzweigtkettigen Fettsäuren sind jedoch als
Minorkomponenten Bestandteil der menschlichen Nahrung, beispielsweise beträgt der
Phytansäurespiegel im Serum Gesunder zwischen 0,5 und 10 µM.
Zu den natürlich vorkommenden, verzweigtkettigen Fettsäuren gehören Isoprenoidfettsäuren,
wie die Phytansäure und Pristansäure, Acetogenin-abgeleitete Fettsäuren wie iso- und anteiso-
Fettsäuren und die von der Uropygialdrüse der Vögel sezernierten Fettsäuren (Jacob und
Ziswiler (1982) Avian Biology 6, 199-314), einschließlich der α- und β-Oxidationsprodukte
aller verzweigtkettigen Fettsäuren soweit sie von den Kernrezeptoren und
Lipidbindungsproteinen gebunden werden. Verzweigtkettige Fettsäuren die von der
Uropygialdrüse produziert werden, haben Methyl- und Ethylverzweigungen in variierender
Anzahl an ungeradzahligen oder geradzahligen Kohlenstoffatomen der Fettsäurekette.
Beispiele für verzweigtkettige Fettsäuren, die für die Erfindung relevant sind, sind in Abb. 1
dargestellt.
Der Anspruch bezieht sich auf den Einsatz der verzweigtkettigen Fettsäuren in reiner Form,
als Mischung mehrere verzweigtkettiger Fettsäuren und als Proform. Zu letzteren zählen
metabolische Vorstufen, die im Organismus zum Wirkstoff umgewandelt werden, zum
Beispiel Phytol zu Phytansäure, und in Estern gebundene verzweigtkettige Fettsäuren, aus
denen der Wirkstoff im Organismus freigesetzt wird, zum Beispiel aus Triacylglycerinen.
Die Erfindung wird nun werter mit Bezug auf die nachfolgenden Beispiele beschrieben.
Das Transaktivierungspotential der Fettsäuren und Medikamente für PPARs und damit für die
Kapazität, fettabbauende Enzyme verstärkt zu induzieren, wird in Transaktivierungsassays
deutlich. Immortalisierte humane Leberzellen (HepG2) wurden mit einem PPARα-sensitiven
CAT-Reportergen, einem Expressionsvektor für humanen PPARα und einem β-Gal
Normierungsvektor transient transfiziert und mit den in Abb. 2 bezeichneten Agonisten für 24
h inkubiert. Die CAT- und β-Gal-Konzentration wurde jeweils durch ELISAs bestimmt, das
Verhältnis beider Werte spiegelt die PPARα-Transaktivierung wider. Das Ergebnis zeigt, daß
die verzweigtkettige Phytansäure und Pristansäure den humanen PPARα etwa 2-4 mal stärker
als die geradkettigen Fettsäuren transaktivieren. Im Vergleich zum potenten
hypolipidämischen Medikament Bezafibrat liegt die Aktivierungskapazität der Pristansäure
etwa doppelt so hoch (Abb. 2).
Wir zeigen in Abb. 3, daß neben PPAR das Fettsäurebindungsprotein ebenfalls ein
Zielmolekül für PPAR-Agonisten ist, da die Transaktivierung von der intrazellulären
Konzentration an Fettsäurebindungsprotein, das die Agonisten ebenso bindet, abhängt.
HepG2-Zellen, die stabil mit antisense Leber (L-)FABP transfiziert wurden, haben je nach
Klon einen geringeren L-FABP Gehalt als normale HepG2-Zellen. Diese Zellklone wurden
wie unter Beispiel 1 beschrieben transfiziert, mit verzweigt- und geradkettigen Fettsäuren für
24 h inkubiert und die CAT-, β-Gal- und L-FABP-Konzentration durch ELISAs bestimmt.
Die beobachtete positive Korrelation von PPARα-Aktivierung und intrazellulärer L-FABP-
Konzentration beweist, daß L-FABP am Transport der Agonisten zum Kernrezeptor PPARα
beteiligt ist (Abb. 3), eine Extrapolation auf den Nullwert der L-FABP Konzentration ergibt,
daß ohne L-FABP keine PPARα-Aktivierung durch Agonisten möglich ist. Auch dieses
Beispiel zeigt, daß verzweigtkettige Fettsäuren das höhere Transaktivierungspotential als
geradkettige Fettsäuren besitzen.
In vivo Untersuchungen an der Maus weisen die Bedeutung der verzweigtkettigen Fettsäuren
für die Genexpression und die Gewichtsabnahme nach. Mäusen wurden mit Normalfutter,
dem 0.5 Gew.-% Pristansäure zugesetzt wurde, für 2 Wochen ad libitum gefüttert und das
Gewicht dieser Mäuse kontrolliert. Nach der Fütterung wurde die RNA aus der Leber isoliert
und der Gehalt der mRNAs für die Enzyme des peroxisomalen katabolen
Fettsäurestoffwechsels, der Acyl-CoA-Oxidase (ACO), des peroxisomalen bifunktionellen
Enzyms (PBE) sowie der peroxisomalen Thiolase (pTHIOL) durch Northern-Blotting
quantifiziert, normalisiert auf die stetige Expression der mRNA für Glycerinaldehyd-3-
phosphat-dehydrogenase (GAPDH). Es zeigt sich eine 2-4facher Anstieg in der mRNA-
Konzentration der untersuchten Enzyme (Abb. 4) in der Leber der mit Pristansäure-Zusatz
gefütterten Mäuse. Zusätzlich zu dem Effekt auf die Enzyme war nach Fütterung dieser
Fettsäure bei den Mäusen einen Gewichtsverlust von 2%, einhergehend mit einer teilweisen
Reduktion des Fettgewebes zu beobachten. Dieser Versuch zeigt direkt am Organismus den
Einfluß der verzweigtkettigen Fettsäuren auf den katabolen Lipidstoffwechsel.
Claims (13)
1. Natürliche isoprenoid- und acetogeninabgeleitete Fettsäuren mit Methyl- oder
Ethylverzweigung, dadurch gekennzeichnet, daß sie mit einem der PPAR Isoformen und/oder
mit einem Lipidbindungsprotein vom Strukturtyp der 14-15 kDa Fettsäurebindungsproteine,
direkt wechselwirken.
2. Synthetische Fettsäuren mit Verzweigungsmustern, die natürlich nicht vorkommen,
dadurch gekennzeichnet, daß sie mit einem der PPAR Isoformen und/oder mit einem
Lipidbindungsprotein vom Strukturtyp der 14-15 kDa Fettsäurebindungsproteine, direkt
wechselwirken.
3. Verzweigtkettige Fettsäuren gemäß Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß sie
die Expression lipidabbauender Enzyme und die von Lipidbindungs- und -transportproteinen
verstärken.
4. Proformen der verzweigtkettigen Fettsäuren gemäß Ansprüche 1 und 2, wie die
metabolischen Vorstufen der verzweigtkettigen Fettsäuren und wie die estergebundenen
verzweigtkettige Fettsäuren, dadurch gekennzeichnet, daß sie nach Umwandlung in die
Wirkstoffe die Expression lipidabbauender Enzyme und die von Lipidbindungs und
-transportproteinen verstärken.
5. Verwendung der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 1 bis
4 als Diätetikum zur Reduktion der Fettdepots.
6. Verwendung der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 1 bis
4 als Diätetikum zur Vermeidung von Übergewicht.
7. Applikation der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 5 und
6 als Einzelkomponenten oder im Gemisch gelöst in Trägerölen oder in stabilen Emulsionen.
8. Applikation der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 5 und
6 als Einzelkomponenten oder im Gemisch in Kapseln, Dragees, Tabletten oder Pellets, oder
als Zusatz zu festen oder flüssigen diätetischen Lebensmitteln.
9. Verwendung der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 1 bis
4 als Zusatzstoffe zur Reduktion der Fettdepots.
10. Verwendung der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 1
bis 4 als Zusatzstoffe zur Vermeidung von Übergewicht.
11. Applikation der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 9
und 10 als Einzelkomponenten oder im Gemisch als Zusatzstoffe in Fetten, Ölen oder
Fettemulsionen, wie beispielsweise Margarinen, für die menschliche Ernährung.
12. Applikation der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 9
und 10 als Einzelkomponenten oder im Gemisch als Zusatzstoffe in übrigen Lebensmitteln
und Materialien zur Herstellung von Lebensmitteln.
13. Applikation der verzweigtkettigen Fettsäuren und ihrer Proformen gemäß Ansprüche 9
und 10 als Einzelkomponenten oder im Gemisch als Zusatzstoffe in Genußmitteln und in
Materialien zur Herstellung von Genußmitteln.
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---|---|---|---|
DE19940415A DE19940415A1 (de) | 1999-08-26 | 1999-08-26 | Verzweigtkettige Fettsäuren als fettabbauende Wirkstoffe |
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DE19940415A Withdrawn DE19940415A1 (de) | 1999-08-26 | 1999-08-26 | Verzweigtkettige Fettsäuren als fettabbauende Wirkstoffe |
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