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Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur aktiven Geräuschminderung
in Strömungskanälen von
Turbomaschinen.
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Konventionelle passive Geräuschminderungsverfahren
für Gasturbinen,
Flugtriebwerke und Ventilatoren unterliegen in den meisten Fällen einer
Reihe von einschränkenden
Randbedingungen wie beispielsweise Größen- und Gewichtsbeschränkungen
der Gesamtanlage. Andererseits können
moderne Turbomaschinen mit Hilfe der bekannten konventionellen,
passiven Geräuschbekämpfungsmaßnahmen
nicht in dem Maße akustisch
verbessert werden, wie es für
die Einhaltung neuer abgesenkter Geräuschgrenzwerte erforderlich wäre. Aus
diesem Grund muß nach
neuen, aktiven Geräuschminderungsmethoden
gesucht werden.
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Aus der
US-5,748,750 ist ein im Zeitbereich
arbeitendes Verfahren zur aktiven Geräuschverminderung in Strömungskanälen bekannt.
Hierzu werden Wechseldrucksensoren in einer Ebene angeordnet, die
senkrecht zur Längsachse
des Kanals ist. Die Wechseldrucksensoren sind dabei derart in der
Ebene angeordnet, dass diese möglichst
optimal an Orten der einzelnen auftretenden Moden angeordnet sind.
Die Signale der Wechseldrucksensoren werden dann mittels eines bekannten
multi-channel-Filtered-X LMS-Algorithmus aufbereitet, mittels dessen
Ergebnis die Aktuatoren angesteuert werden. Der Hauptaspekt liegt
in der Anordnung der Wechseldrucksensoren, wobei jedoch das Schallfeld
nur bezogen auf den Ort der Wechseldrucksensoren optimiert reduziert
wird.
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Aus der
DE 40 27 511 C1 ist ein
hybrider Schalldämpfer
bekannt, bei dem eine passive Absorberauskleidung mit einem aktiven
elektroakustischen System derart kombiniert wird, dass die Schalldämpfung verstärkt wird,
indem das aktive Subsystem auf die passive Absorberauskleidung einwirkt,
um eine optimierte kanalseitige akustische Impedanz und dadurch
eine bessere Schalldämpfung
in einem breiten Frequenzbereich zu erhalten. Derartige aktive Schallbekämpfungen von
ebenen Wellen sind nicht zur Unterdrückung höherer Moden, wie sie in Strömungskanälen von
Turbomaschinen auftreten, geeignet.
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Aus der
DE 44 21 803 C2 ist eine
Vorrichtung zur aktiven Schalldämpfung
in einem an einer Lärmquelle
angekoppelten oder solchen enthaltende endseitig offenen, luftdurchströmten Kanal
bekannt, mit mindestens einem Referenzmikrofon zum Erfassen des
von der Lärmquelle
ausgehenden, in Kanal sich ausbreitenden Störschalls und mit mindestens
einem auf der von der Lärmquelle
abgekehrten Seite des Referenzmikrofons in Kanallängsachse
gesehen im Abstand von diesem angeordneten Lautsprecher, der in
Abhängigkeit von
einem aus dem Mikrofonausgangssignal abgeleiteten Steuersignal in
den Kanal Antischall derart einspeist, dass der Antischall mit dem
Störschall
quasi auslöschend
interferiert, wobei das Referenzmikrofon getrennt vom Lautsprecher
seitlich außerhalb
der im Kanal geführten
Luftströmung
angeordnet und an den Kanal über
ein perforiertes Flächenelement
akustisch angekoppelt ist. Auch hier werden nur ebene Wellen gedämpft, so
dass diese Vorrichtung nicht zur Unterdrückung höherer Moden geeignet ist.
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Die bisher bekannten Algorithmen
zur aktiven Geräuschminderung
werden entweder im Zeitbereich oder im Frequenzbereich angewandt.
Sie weisen den Nachteil auf, das Schallfeld nur an den Orten zu
reduzieren, an denen sich die so genannten "Fehlersensoren" befinden. Bei den Schallfeldern in
Strömungskanälen, die
sich über
einen weiten Frequenzbereich in Form höherer akustischer Moden ausbreiten,
ist die Wirksamkeit der erwähnten
konventionellen Methoden fraglich.
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Die tonalen Komponenten im Geräuschspektrum
axialer Turbomaschinen werden entweder durch die Rotorschaufeln
allein, durch die Wechselwirkung des Rotors mit der Einlaufströmung oder
durch die Wechselwirkung des Rotors mit Leitvorrichtungen (Eintritts-
und/oder Austrittsleiträder)
erzeugt. Diese Tonkomponenten, im Folgenden als Primärschallfeld
durch den hochgestellten Index "p" gekennzeichnet,
breiten sich in den angeschlossenen kreiszylindrischen Kanälen in Form
von Azimutal- und Radialmoden aus, die im Frequenzbereich mathematisch
wie folgt beschrieben werden können:
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p ~(x, r, φ, ?) ist eine Frequenzkomponente
des Schalldruckes im Kreiskanal und A p / m(x, r, ω) die Amplitude
der Azimutal- oder Umfangsmode der Ordnung m.
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Jede komplexe Umfangsmode A p / m(x, r,
?) setzt sich aus einer Reihe von Radialmoden mit den Amplituden
A + / inn(ω), A / inn(?) zusammen, wobei das hochgestellte "+" die von der Quelle abgehenden und das
hochgestellte "–" die z. B. vom Rohrende
reflektierten Modenamplituden bezeichnet. Die zugehörigen axialen
Wellenzahlen werden mit k+
inn,
k–
inn bezeichnet; ra ist
der lichte Außenradius
des Strömungskanals,
und fmn sind die mathematischen Zylinderfunktionen,
die die radiale Verteilung des komplexen Schalldrucks im Kreiskanal
beschreiben. Eine detaillierte Beschreibung der Wellenzahlen k+
mn, k–
nm und der Funktionen fmn ist
in "Holste, F., Neise,
W.: Acoustic near field measurement on a profan model for noise
source identification, Proc. 1 st CEAS/AiAA Aeroacustics Conference
(16th AiAA Aeroacustics Conference), Munich, Germany, Paper CEAS AiAA-95-178,
1995" zu finden. p~(x,
r, φ, ?)
ist eine Lösung
der Wellengleichung für
kreiszylindrische Rohre mit überlagerter
gleichförmiger
Strömung.
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Ist die Drehzahl der betrachteten
Turbomaschine konstant und wird ein Kreisrohr fester Geometrie betrachtet,
dann sind die Modenamplituden A+
mn(?) und A–
mn(ω) Konstanten. Gelänge es,
diese Modenamplituden durch ein überlagertes sekundäres Schallfeld
im Kanal zu verringern, dann würde
nicht nur das Schallfeld in dem der Turbomaschine angeschlossenen
Kanal reduziert, sondern auch das vom Kanalende in das Freifeld
abgestrahlte Schallfeld.
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Eine direkte, das heißt gezielte,
Reduzierung der Radialmoden eines primären Schallfeldes ist aufgrund
nachfolgender Probleme sehr schwierig:
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Als erstes ist zu nennen, daß eine unabdingbare
Voraussetzung für
die direkte Radialmodenkontrolle eine schnelle, genaue und numerisch
stabile Radialmodenanalyse ist, um das primäre Schallfeld in seiner räumlichen
Struktur in allen Einzelheiten zu erfassen. Es ist sehr schwierig,
die komplexen Amplituden, das heißt Betrag und Phasenwinkel,
der vorhandenen Radialmoden aus den Meßdaten zu berechnen, weil während der
Messung die Temperatur, die Rotordrehzahl und die Strömungsgeschwindigkeit
unter Praxisbedingungen nicht genau konstant gehalten werden können. Die
zeitliche Veränderung
dieser Größen hat
einen großen
Einfluß auf
die Genauigkeit der berechneten Daten für die Modenamplituden. Darüber hinaus
ist die Bestimmung der Radialmodenverteilung aus Meßdaten ein
zeitaufwendiger Prozeß,
der eine Matritzeninvertierung beinhaltet. Die Rechenzeit für diese
Operationen steigt mit dem Quadrat der Anzahl N der aufzulösenden Radialmoden,
das heißt
mit N2.
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Zweitens muß der Regelalgorithmus für eine erfolgreiche
Radialmodenkontrolle eine große
Zahl von Variablen verarbeiten, was sehr oft zu numerischen Instabilitätsproblemen
in dem Schallfeldminimierungsprozeß führt.
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Drittens stellt sich die Frage nach
der optimalen Positionierung der Sekundärschallquellen (Lautsprecher),
die nicht leicht zu beantworten ist.
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Aus dem Fachartikel „Pla, F.
G., Hu, Z.: Avtive Control of Fan Noise: Feasibility Study, Vol.
3: Active Fan Noise Cancellation in the NASA Lewis Active Noise Control
Fan Facility, NASA Contractor Report NAS 3-26617, September 1996" ist ein aktives
Geräuschminderungsverfahren,
das auf der Reduzierung von akustischen Azimutalmoden (Umfangsmoden)
beruht, bekannt. Bei diesem Verfahren werden eine ringförmige Anordnung
von Wechseldruckaufnehmern als Fehlersensoren in einer Ebene des
Strömungskanals
und eine ringförmige
Anordnung von Sekundärschallquellen
(z.B. Lautsprecher) in einer zweiten Ebene des Kanals eingesetzt.
Mit dieser Anordnung konnte die Amplitude einer dominanten Azimutalmode
an der axialen Position der Drucksensoren effektiv reduziert werden.
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Die mathematisch komplexe Amplitude
einer Azimutalmode ist eine Funktion der axialen und radialen Position
im Kanal. Wird wie bei dem Verfahren der NASA die Modenamplitude
nur an einer axialen Position reduziert, ist damit nicht sichergestellt,
daß die
Amplitude dieser Azimutalmode gleichzeitig auch an anderen Axialpositionen
verringert wird.
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Der Erfindung liegt daher das technische
Problem zugrunde, ein Verfahren zur aktiven Geräuschminderung in Strömungskanälen von
Turbomaschinen zu schaffen, mit denen einfach und wirkungsvoll eine
Radialmodenunterdrückung
erreicht werden kann.
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Die Lösung des technischen Problems
ergibt sich durch die Merkmale des Patentanspruchs 1. Weitere vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Durch die indirekte Radialmodenunterdrückung mittels
Unterdrückung
der Azimutalmoden wird die Anzahl der Anpassungsparameter erheblich
reduziert. Während
bei den konventionellen Systemen zur aktiven Geräuschbekämpfung, die entweder im Zeitbereich
oder im Frequenzbereich arbeiten, die Zahl der zu optimierenden
bzw. anzupassenden Parameter gleich der Zahl der verwendeten Aktuatoren
und Sensoren ist, ist bei Verwendung der indirekten Radialmodenunterdrückung (IRMC)
die Zahl der Anpassungsparameter gleich der Zahl der Lautsprecherringe,
also deutlich kleiner als bei konventionellen Systemen. Dies verringert
die Komplexität
des einzusetzenden Regler-Algorithmus.
Bei Anwendung der erweiterten indirekten Radialmodenunterdrückung (EIRMC)
trifft dies auf jedes Regler-Modul zu.
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Es ist nicht notwendig, die radiale
Modenverteilung für
die verschiedenen Frequenzkomponenten und deren Azimutalmoden zu
bestimmen, weil die Amplituden der dominanten Radialmoden indirekt
(implizit) über die
Anordnung der Lautsprecher in mehreren axial versetzten Ringen reduziert
werden. Die notwendige Zahl der Lautsprecher in jedem Ring ist abhängig von
der größten Umfangsordnung
aller interessierenden, das heißt
zu dämpfenden,
Azimutalmoden.
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Durch die Verwendung mehrerer parallel
arbeitender Regler-Module ist es möglich, mehrere Frequenzkomponenten,
die sich jeweils in Form mehrerer akustischer Moden ausbreiten,
gleichzeitig im Pegel zu reduzieren. Die Zahl von Mikrofonen und
Lautsprechern bleibt dabei ungeändert.
Die notwendige Zahl der Regler-Module ist gleich dem Produkt aus
der Zahl der Frequenzkomponenten und der maximalen Zahl der Azimutalmoden,
die bekämpft
werden soll.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand
eines bevorzugten Ausführungsbeispiels
näher erläutert. Die Figuren
zeigen:
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1 einen
schematischen Querschnitt durch eine Turbomaschine und deren Strömungskanal
und
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2 ein
Blockschaltbild einer Regelstrecke zur indirekten Radialmodenunterdrückung.
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In der
1 ist
eine Turbomaschine
1 im Querschnitt dargestellt. Die Turbomaschine
1 umfaßt eine Welle
, einen Rotor
3, ein Leitrad
4 und einen Strömungskanal
5.
In der Wandung
6 des Strömungskanals
5 sind
jeweils wandbündig
Wechseldrucksensoren
7 und Aktuatoren
8 angeordnet.
Die Wechseldrucksensoren
7 und Aktuatoren
8 sind
jeweils ringförmig
und gleichmäßig auf
der Wandung
6 verteilt. Im dargestellten Ausführungsbeispiel
sind jeweils vier Ringe von Wechseldrucksensoren
7 und
Aktuatoren
8 dargestellt. Die Anzahl der Wechseldrucksensoren
7 pro
Ring muß mindestens
doppelt so groß sein,
wie die größte interessierende Umfangsordnung
m
max der Azimutalmoden des Primärschallfeldes
der Turbomaschine
1, um das Nyquist-Kriterium einzuhalten.
Die Anzahl der Aktuatoren
8 je Ring wird etwas größer als
die größte interessierende
Umfangsordnung m
max der Azimutalmoden des
Primärschallfeldes
gewählt.
Der axiale Abstand Δx
= |x
j – x
j–1|
der einzelnen Ringe der Wechseldrucksensoren
7 muß dabei
folgender Bedingung genügen:
wobei m und n die azimutale
und radiale Ordnung der interessierenden akustischen Mode mit der
größten axialen
Wellenzahl bedeuten.
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Der axiale Abstand L zwischen dem
ersten und dem letzten Ring mit Wechseldrucksensoren
7 muß dabei
folgender Bedingung genügen
wobei M die Zahl der Ringe
mit Wechseldrucksensoren
7, Δx der axiale Abstand zweier
benachbarter Ringe und m und n die azimutale und radiale Ordnung
der interessierenden akustischen Moden mit der kleinsten axialen
Wellenzahl bedeuten.
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Die Wechseldrucksensoren 7 sind
in diesem Beispiel als Mikrofone und die Aktuatoren 8 als
Lautsprecher ausgebildet.
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Für
eine übersichtliche,
leicht verständliche
Darstellung des der indirekten Radialmodenunterdrückung zugrunde
liegenden Regelalgorithmus wird zunächst der Fall einer einzelnen
Tonkomponente betrachtet, die als eine einzige Azimutalmode mit
der Umfangsordnung m = μ angeregt
wird. Es wird später
gezeigt, daß von
der erweiterten indirekten Radialmodenunterdrückung bei jeder interessierenden
Frequenz so viele Radialmoden bearbeitet werden können, wie
von dem zur Verfügung
stehenden Schallmeßsystem
erfaßt
und bestimmt werden können.
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Es läßt sich durch eine numerische
Simulationsrechnung zeigen, daß man
die radiale Modenverteilung eines Schallfeldes durch Messungen mit
wandbündigen,
in jeder Meßebene
gleichmäßig über den
Umfang verteilten Mikrofonen an verschiedenen Axialpositionen ermitteln
kann. Für
jede Axialposition xj erhält man aus
der Analyse die Umfangsmodenverteilung am Außenradius r = ra,
das heißt
die Modenamplitude A p / (xj, ra, ω).
Der Vorteil dieser Meßanordnung
ist, daß keine
Mikrofone in das Kanalinnere eingebracht werden müssen, die
vor allem im Ansaugkanal eine Störung
der Strömung
und somit in Wechselwirkung mit den Rotoren zusätzliche Schallfeldanteile verursachen
können.
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Dem Verfahren zur indirekten Radialmodenunterdrückung (IRMC)
liegt dabei folgender Gedanke zugrunde:
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Die Amplituden aller dominanten Azimutalmoden
A p / (xj, r, ?) an einer Reihe von Axialpositionen ⎨xj?, j = 1, 2, ... M werden gleichzeitig reduziert.
Damit werden automatisch auch die Amplituden der Radialmoden indirekt
(implizit) vermindert, das heißt,
die Leistung des gesamten Schallfeldes im Kanal wird herabgesetzt. Auf
diese Weise wird auch eine Beeinflussung der dominanten Radialmoden
erreicht, ohne daß eine
experimentelle Bestimmung ihrer komplexen Modenamplituden erforderlich
ist.
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Das mathematische Konzept der IRMC
läßt sich
wie folgt beschreiben: Die Summe aller primären Azimutalmoden A p / (x, r
a, ?), die von der Turbomaschine
1 angeregt
werden, und die der sekundären
Azimutalmoden, welche von den Lautsprechern
8 über eine
Reihe von Axialpositionen erzeugt werden, soll minimiert werden:
wobei A
μ(x
j, r
a, ω)
die aus der Überlagerung
des primären
und sekundären
Schallfeldes resultierenden Azimutalmoden im Kanal
5 sind,
die in jedem Iterationsschritt analysiert werden müssen. ξ
μh(?)
ist einer der iterativen Anpassungsparameter des Reglers und c
ih ein Koeffizient der modalen Transfermatrix
C
μ, die
eine Funktion der Umfangsmodenordnung μ und der Kreisfrequenz ω ist.
Die modalen Transferfunktionen in
C
μ für die Umfangsmode μ müssen durch
eine vorbereitende Messung bestimmt werden, was später noch
näher erläutert wird.
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Es gibt verschiedene Methoden, folgende
vektorielle Lösung
von Gleichung (3) zu erhalten:
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Die Funktion I
μ nimmt
für diese
Lösung
ihren Minimalwert an. Zur Vereinfachung der Schreibweise wird die
Abhängigkeit
von der Kreisfrequenz ? im folgenden nicht mehr mitgeschrieben.
Die Gleichung (3) ist äquivalent
dem folgenden linearen Gleichungssystem:
wobei die modale Übertragungsfunktion
C
μ als
Matrix erscheint. Ihre Elemente c
jh können durch
eine Vorabmessung (Kalibrierungsmessung) bestimmt werden.
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C T* / bezeichnet
die komplex konjugierte Transponierte der Matrix C
μ.
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Bevor das aktive Geräuschminderungssystem
in Betrieb genommen wird, müssen
die Amplituden der primären
Umfangsmoden in einer weiteren Vorabmessung bestimmt werden, was
ebenfalls später
noch näher erläutert wird.
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Die exakte Lösung von Gleichung (3) ergibt
sich nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate wie folgt:
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Das lineare Gleichungssystem (8)
kann für
eine numerische Simulationsrechnung oder für einfache Prinzipexperimente
exakt gelöst
werden, ohne daß die
im realen Experiment zwingend erforderliche Echtzeitbedingung eingehalten
werden müßte. In
der praktischen Anwendung ergeben sich jedoch für aktive Geräuschminderungssysteme,
die auf diesem direkten Lösungsansatz
basieren, eine Reihe von Problemen, so daß vorzugsweise ein iterativer
Lösungsansatz
zur Anwendung kommt.
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Es sind viele iterative Näherungs-Algorithmen
für dieses
Minimierungsproblem bekannt, die schnell, stabil und effizient arbeiten,
auf die beispielsweise „Kuo,
S. M., Morgan, D. R.: Active Noise Control Systems, Wiley-Interscience
Publ. 1996" verweisen.
Hier soll die Gauss-Newton-Methode als ein Beispiel für einen
solchen iterativen Algorithmus angewandt werden. Die iterative Lösungsvorschrift
für Gleichung
(8) lautet damit:
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k bedeutet den zeitlichen k-ten Iterationsschritt, μ
s ist
die Schrittweite und
A
d / die
durch die Regelungswirkung erwünschte
Azimutalmodenverteilung, die in diesem Fall zu Null gesetzt werden
kann. λ
1 und λ
2 sind Wichtungsfaktoren und die
A
μ die nach jedem Iterationsschritt
gemessenen Amplituden der Azimutalmoden an den Axialpositionen j
= 1, 2, ... M, die als Eingangsgrößen für den Regler dienen.
ξ
μ beinhaltet
die iterative Anpassungsvariable des Regelprozesses. Die Vektoren
A
μ und ξ
μ lassen
sich für
den k-ten Iterationsschritt wie folgt darstellen:
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Bevor Gleichung (9) auf den Iterationsprozess
angewendet werden kann, muß die
modale Übertragungsfunktionsmatrix C
μ bestimmt
werden. Weder kann das Eingangssignal des Reglers A
μ(k) durch die Messung
direkt bestimmt werden, noch kann das Ausgangssignal ξμ(k)
direkt den Aktuatoren (8) zugeführt werden. Es ist weiterhin
notwendig, die Übertragungsfunktion
jedes einzelnen Aktuators (8) experimentell zu bestimmen.
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Das bedeutet, daß eine Reihe vorbereitender
Messungen notwendig sind, bevor der iterative Regelvorgang in Gang
gesetzt werden kann. Diese Messungen werden im folgenden erläutert.
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Es ist in der Praxis nahezu unmöglich, einen
Satz von Lautsprechern mit identischen elektromechanischen Übertragungseigenschaften,
das heißt Übertragungsfunktionen,
herzustellen. Deshalb ist es notwendig, die Übertragungsfunktionen T
n(n, ?) der einzusetzenden Lautsprecher experimentell
zu bestimmen. Dazu speist man alle Lautsprecher mit demselben Eingangssignal
(z.B. Weißes
Rauschen) und mißt
jeweils das akustische Ausgangssignal Z(n, t). Nach einer Fouriertransformation
erhält
man im Frequenzbereich
wobei N die Anzahl der axial
positionierten Lautsprecherringe mit jeweils Na Lautsprechern bedeutet. Y ~(ω)
ist eine Frequenzkomponente des Lautsprecher-Eingangssingals und Z ~(n, ω)
die zugehörige
Frequenzkomponente des Ausgangssignals.
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Durch Multiplikation der Lautsprecher-Eingangssignale
mit der zugehörigen
inversen Übertragungsfunktion
T 1 / h(n, ω) können
die individuellen Übertragungseigenschaften
der einzelnen Aktuatoren kompensiert werden.
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Der iterative Algorithmus, der in
Gleichung (9) dargestellt ist, benötigt als Vorabinformation die
modale Übertragungsfunktion C
m zwischen
den Eingangssignalen der Lautsprecher und dem resultierenden Schalldruck
an den Orten der Fehlersensoren bzw. Mikrofone. Die experimentelle
Bestimmung von C erfolgt, indem man die Lautsprecher einer jeden
axialen Ebene mit einem Signal so anregt, daß eine bestimmte Azimutalmode
im Kreiskanal erzeugt wird und den sich dabei ergebenden Schalldruck
in jeder Fehlermikrofonebene mißt. Diese
Messung muß ohne
Vorhandensein des Primärschallfeldes
gemacht werden. Das eigentliche Untersuchungsobjekt darf bei dieser
Messung nicht in Betrieb genommen werden. Die während des Regelprozesses später überlagerte
Gleichströmung
sollte in diesem Fall von einem Hilfsgebläse aufgebracht werden.
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Steuert man n Lautsprecher mit Hilfe
der Eingangssignale
an, wobei ξ
mn(ω)
die Amplitude des Eingangssignals für die Azimutalmode der Umfangsordnung
m ist, dann wird eine solche Schallmode im Kanal angeregt und breitet
sich als Schallwelle aus. Es sei hier angemerkt, daß zusätzlich zu
der gewünschten
Azimutalmode auch noch andere entstehen können, die aber bei der hier beschriebenen
Meßmethode
nicht stören.
Die Meßsignale
der Fehlermikrofone werden nun einer Umfangsmodenanalyse unterzogen
und man erhält
für jede
Axialposition χ
j die Amplituden
der Azimutalmode m, die mit χ
m
j(?), j = 1, 2, ..., M bezeichnet werden.
Auf diese Weise können
alle notwendigen Elemente c
jh der Transfermatrix
C
m bestimmt
werden, die durch folgende Beziehung definiert sind:
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Das Element cjh(m,
?) wird beispielsweise bestimmt, indem der Aktuatorring h mit der
Mode m angeregt wird und die Modenamplituden des Fehlermikrofonringes
an der Axialposition xj aus der Umfangsmodenanalyse
ermittelt wird. Es sei betont, daß keine direkten Beziehungen
zwischen einzelnen Lautsprechern und Fehlermikrofonen hergestellt
werden.
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Nachfolgend wird die Umrechnung in
akustische Azimutalmoden näher
erläutert,
was auch als Umfangsmoden- bzw. Azimutalmodenanalyse bezeichnet
wird.
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Es ist bekannt, daß die tonalen
Geräuschkomponenten
einer Turbomaschine, das heißt
ihre Schaufel(passier)frequenz(en) und deren Harmonische, im angeschlossenen
Kanal in Form von Azimutalmoden angeregt werden. Hat die Maschine
mehr als einen Rotor, dann entstehen zusätzliche Frequenzkomponenten aus
der Kombination der Schaufelfrequenzen der vorhandenen Rotoren.
Das Schallfeld in einem kreiszylindrischen Kanal kann daher als
eine doppelte Fourierreihe von Frequenzkomponenten und Umfangsmoden
dargestellt werden:
mit
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Die komplexe Größe p(x, r, ?, t) beschreibt
die Amplitude und die Phase des Schalldrucks im Zeitbereich. Am(x, r, ωh)
ist die komplexe Amplitude der Azimutalmode der Umfangsordnung m.
Die Kreisfrequenzen wh sind diskrete Werte,
die durch die oben erwähnten
Wechselwirkungen verschiedener Schallquellen physikalisch erzeugt
werden.
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Die Azimutalmodenanalyse besteht
mathematisch gesehen aus zwei Fouriertransformationen: Zunächst vom
Zeitbereich in den Frequenzbereich und danach vom Umfangswinkelbereich
in den Umfangsmodenbereich. In der Praxis werden diese Transformationen
als „diskrete
Fouriertransformationen (DFT)" ausgeführt, worauf
hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.
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Die Azimutalmodenanalyse ist also
im Prinzip nicht kompliziert, jedoch wird die dafür zur Verfügung stehende
Zeit in der vorliegenden Anwendung sehr stark von dem Takt des iterativen
Regelprozesses begrenzt. Die Rechenzeit für die Modenanalyse an allen
vorhandenen Axialpositionen x
j darf maximal
ein Drittel der Taktzeit der Iteration betragen, weil für jeden
Schritt neue Eingangsdaten von den Fehlermikrofonen benötigt werden.
In jedem Iterationsschritt müssen
die Ausgangssignale des Reglers ⎨ξ
mh(k)?,
h = 1, 2, ..., N, hinsichtlich der Übertragungseigenschaften der
einzelnen Aktuatoren korrigiert und in Bezug auf die gewünschte anzuregende
Mode moduliert werden, bevor sie den Aktuatoren an der Stelle ⎨x
h⎬, h = 1, 2, ..., N als Eingangssignal
p in / m(x
h, r
a, φ
n, t
k) zugeführt werden
können:
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Dabei bedeutet φn die
Umfangsposition eines einzelnen Aktuators innerhalb eines Ringes
an der Axialposition xh und tk ist
die Zeitverschiebung relativ zum Triggersignal (ein Puls pro Umdrehung).
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Die von den Lautsprechern an den
Axialpositionen ⎨x
j?, j = 1, 2,
..., M zu erzeugenden Azimutalmoden des Sekundärschallfeldes ergeben sich
damit zu
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Die Gleichung (17) zeigt, daß der letzte
Schritt des Iterationsprozesses nur drei Multiplikationen pro Aktuatorsignal
beinhaltet und deshalb nur wenig Rechenzeit braucht.
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In der 2 ist
das komplette Regelungsschema zur indirekten Radialmodenunterdrückung dargestellt.
Dabei stellt das zu minimierende resultierende Schallfeld die Regelgröße, das
primäre
Schallfeld die Störgröße und das
sekundäre
Schallfeld der Aktuatoren die Stellgröße dar. Das resultierende Schallfeld
wird durch die Wechseldrucksensoren 7 erfaßt und wie
zuvor beschrieben in Azimutalmoden umgerechnet. Der Regler führt dann
einen weiteren Iterationsschritt gemäß Gleichung (9) durch, dessen
Ausgangssignal vor der Zuführung
zu den Aktuatoren 8 rekonstruiert werden muß, um das
Eingangssignal für
die Aktuatoren 8 gemäß Gleichung
(17) zu erzeugen. Aufgrund der Anregung der Aktuatoren 8 mit
dem rekonstruierten Eingangssignal erzeugen diese ein verändertes
sekundäres
Schallfeld, das in Überlagerung
mit dem primären
Schallfeld ein weiter reduziertes resultierendes Schallfeld erzeugt.
Bisher wurde der einfache Fall des aus einer einzigen Frequenzkomponente
bestehende Primärschallfeldes
betrachtet, das sich in Form einer einzelnen Azimutalmode im Strömungskanal
ausbreitet. Ein aktives Geräuschminderungsverfahren,
das sich auf solch vereinfachte Fälle beschränkt, wäre in der Praxis nur bedingt
einsetzbar, weil die real auftretenden Schallfelder sehr viel komplizierter
sind. In den meisten Fällen
treten mehrere dominante Tonkomponenten mit vergleichbaren Schalleistungspegeln
auf. Das aktive Reglersystem muß diese
Situation mit ein und derselben Anordnung von Fehlermikrofonen und
Aktuatoren gerecht werden. Wegen der Superponierbarkeit von Frequenzkomponenten
und akustischen Moden läßt sich
das Prinzip der indirekten Radialmodenunterdrückung (IMRC) sehr leicht auf
den allgemeinen Fall des aus mehreren Tonkomponenten und Moden bestehenden
Primärschallfeldes
erweitern.
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Wir betrachten das aus einer Reihe
von Tönen
der Frequenz ω = ω1, ω2, ... ωH bestehende
Schallspektrum, wobei jede Tonkomponente aus m = m1,
m2, .... mG Azimutalmoden
besteht. Im folgenden wird gezeigt, daß für die aktive Bekämpfung dieses
Schallfeldes weder die Zahl der Fehlermikrofone und Aktuatoren erhöht werden
muß, noch
ihre Positionen verändert
werden müssen.
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Bei der Erläuterung der Azimutalmodenanalyse
wurde gezeigt, wie aus den Meßsignalen
der Fehlermikrofone die Amplitude der dominanten Azimutalmoden Am(k) mit den Umfangsordnungen m = m1, m2, .... mG bestimmt werden. Dies kann für beliebige
Frequenzkomponenten ω = ω1, ω2, ... ωH angewandt
werden. Der in Gleichung (9) beschriebene Minimierungsprozeß für das aus
Primär-
und Sekundärsignalen
bestehende Schallfeld kann offensichtlich in jedem Iterationsschritt
nicht nur für
eine, sondern für
eine ganze Reihe von Umfangsmoden durchgeführt werden. Das heißt, für jede interessierende
Azimutalmode ist ein eigenständiges Regler-Modul
erforderlich, wie es zuvor für
eine einzige Azimutalmode beschrieben wurde. Für den hier angenommenen Fall
würden
also H × G Regler-Module benötigt. Weitere Anforderungen,
beispielsweise was die Zahl der Fehlermikrofone und Aktuatoren betrifft,
bestehen nicht. Durch Anwendung des Superpositionsprinzips wird
die komplexe Aufgabe, ein kompliziertes Schallfeld mit einem aktiven
Kompensationsverfahren abzuschwächen
oder gar auszulöschen,
durch die Parallelschaltung von H × G Regler-Modulen gelöst. Jedes Modul
hat M Eingangssignale ⎨Amj(k, w)?,
j = 1, 2, ..., M und N Ausgangssignale ⎨ξnm(k, ω)⎬, h = 1, 2, ...
N, und führt
eine Minimierungsaufgabe für
eine einzige Azimutalmode Am(k, ω)
durch.
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Durch die Aufteilung des gesamten
Regelprozesses auf eine Reihe parallel arbeitender Unterprozesse vermeidet
man im übrigen
auch die bekannten Instabilitätsprobleme
großer
adaptiver Systeme. Bei der Anwendung der erweiterten indirekten
Radialmodenunterdrückung
müssen
in jedem Regler-Modul lediglich N Variable (Zahl der Aktuatorringe)
angepaßt
werden.
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Nach der Vollendung eines Iterationsschrittes
k erhält
man in jedem Regler-Modul die Anpassungsvariable ⎨ξmh(k, ?)?, h = 1, 2, ... N. Daraus werden
die „kompensierenden" Eingangssignale
der Aktuatoren p in / m(xh, ra, φnω, tk)
berechnet.
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Wenn H × G individuelle
Regler-Module parallel arbeiten, liegen Aktuatoreingabesignale p in / m(x
h, r
a, φ
nω, t
k)
für die
Frequenzen ω = ω
1, ω
2, ... ω
H mit
den Modenordnungen m = m
1, m
2,
..., m
G vor. Ihre Summe läßt sich schreiben
als:
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Das Summensignal pin(xh, ra, φnω, tk)
nach Gleichung (19) kann den einzelnen Aktuatoren direkt zugeführt werden,
um das für
die Abschwächung
des Primärschallfeldes
erforderliche Sekundärschallfeld
zu erzeugen. Wie schon erwähnt,
lassen sich somit durch Anwendung der erweiterten indirekten Radialmodenunterdrückung (EIRMC)
eine ganze Reihe von Tonkomponenten, die sich in Form unterschiedlicher
akustischer Moden im Strömungskanal
ausbreiten, in ihrer Amplitude reduzieren.