DE19750198A1 - Enteisung von Flugzeugen mit Mikrowellen - Google Patents

Enteisung von Flugzeugen mit Mikrowellen

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Description

Die Erfindung betrifft ein avionisches Enteisungssystem zur prä­ ventiven Verhinderung von Vereisung oder zur Enteisung an verei­ sungsgefährdeten Zonen eines Flugzeugs mittels Mikrowellen.
Während eines Fluges kann aufgrund meteorologischer Bedingungen eine Vereisungssituation für das Flugzeug auftreten. Der Ansatz von Eis am Flugzeug beeinträchtigt insbesondere bei den aerody­ namisch tragenden, d. h. auftriebswesentlichen Strukturen das Flugverhalten durch eine Verringerung des laminaren Strömungs­ flusses bis zum Abreißen des Luftstromes bei niedrigen Geschwin­ digkeiten.
Besonders kritische Stellen des Eisansatzes sind die Vorflügel - das sind ausfahrbare, profilverlängernde Kanten an den Tragflü­ gelvorderkanten, die eine Profilverlängerung bewirken und den Auftrieb bei niedrigen Geschwindigkeiten unterstützen -, Flügel- und Leitwerksnasen, Außenflügel, Triebwerkseinläufe, Vorderkan­ ten der Höhen- und Seitenruder, Cockpitfenster PAX-Türen und Frachttore.
Wegen dieser für die Flugsicherheit hochbedeutsamen Bereiche existieren verschiedene Standardverfahren für die Enteisung:
  • - Warmluftenteisung - dabei wird den Triebwerken Warmluft entnom­ men, die über ein Rohrsystem und Ventilen an die gefährdeten Stellen geleitet wird.
  • - Flüssigkeitsenteisung - aus einem Reservoir wird Enteisungs­ flüssigkeit über ein Rohrsystem mit Pumpen und Ventilen aus ei­ nem porösen Stahlblech ausgeströmt.
  • - Elektrische Enteisung - an den gefährdeten Stellen sind in der Oberfläche Enteisungsmatten (eine Art Heizmatten) aufgebracht, die ohmsche Wärme erzeugen.
Die erste und zweite Enteisungstechnik zeichnen sich durch eine hohe Leistungsentnahme während des Fluges sowie durch die verlo­ rene Wärmeenergie durch thermische Diffusion in das umgebende metallische Tragflächenmaterial aus. Im zweiten Fall besteht ein System, das nicht beliebig lange zur Verfügung steht weil die Enteisungsflüssigkeit in der Menge begrenzt ist.
Anforderungen an die Flugzeugweiterentwicklung entstehen aus der Bewältigung steigender Passagierzahlen, der Überbrückung größe­ rer Reichweiten, der Senkung des Treibstoffverbrauchs und der Einschränkung der Emission. Stets von höchster Bedeutung ist die Flugsicherheit, woraus sich u. a. die Forderung an eine lei­ stungsfähige Enteisung ergibt.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Enteisungssystem für vereisungsgefährdete Zonen an Flugzeugen bereit zustellen, das zuverlässig mit minimalem Energieaufwand solche Zonen wäh­ rend des Fluges durch problematische Wettergebiete eisfrei hält bzw. in kurzer Zeit eisfrei macht. Dabei müssen neue, für die Avionik voll taugliche Verbundmaterialien in die Konstruktion mit aufgenommen werden.
Die Aufgabe wird durch ein Enteisungssystem gemäß dem Anspruch 1 gelöst. Dielektrische Verbundwerkstoffe, die im genutzten Fre­ quenzbereich hochpermeabel sind, werden zur Gestaltung der ver­ eisungsgefährdeten aerodynamischen Bereiche verwendet. Diese Zo­ nen werden entsprechend ihres Auftriebsbeitrags von einem Mikro­ wellenleitersystem angefahren, in dem die von einer Mikrowellen­ quelle ausgehende Mikrowelle geführt wird. Der Innen- und Mit­ telflügel trägt z. B. maßgebend zum Auftrieb bei. Die Auskoppel­ vorrichtung oder die Antenne an jedem Ende eines Wellenleitersy­ stems ist optimal seiner Enteisungszone angepaßt. Im Falle meh­ rerer Mikrowellenquellen besteht noch ein System an redundanten Wellenleiterverbindungen, die durch Zu- und Wegschalten eine oder gar mehrere ausgefallene Mikrowellenquelle/n überbrücken.
Der Unteranspruch 2 kennzeichnet geeignete, spezielle Verbundma­ terialien wie CFK-/GFK-Strukturmaterialien, die avionisch als auch mikrowellentechnisch geeignet sind.
Weiter wird ein Gyrotron als Mikrowellenquelle gekennzeichnet, weil es für Dauerbetrieb unter Abgabe hoher Leistung besonders geeignet und zuverlässig ist, aber auch für den Pulsbetrieb ohne Abstriche tauglich ist (Anspruch 3). Das Magnetron kann bei nicht großer Leistungsanforderung für den Dauerstrichbetrieb in Betracht gezogen werden. Für den Pulsbetrieb ist es unter Be­ rücksichtigung der geringeren Leistungsabgabe ebenfalls geeignet (Anspruch 4).
Monochromatischer Betrieb der eingesetzten Mikrowellenquelle ist die einfachste technische Betriebsweise und daher auf jeden Fall für die Enteisung ausreichend (Anspruch 5), da sie dafür ohnehin in der optimalen Frequenz betrieben wird.
Anspruch 6 kennzeichnet eine Art Antennenstruktur (Leckwellenantenne) an wirklich großen Tragflügeln zur Enteisung großflächiger, nicht direkt frontal angeströmter, gewissermaßen nur überströmter Bereiche wie den Außenflügel.
Einerseits sind CFK/GFK-Materialien dielektrische Kunststoffe und haben eine erheblich schlechtere thermische Leitfähigkeit als Metalle. Andrerseits sind solche Kunststoffe für elektroma­ gnetische Wellen im Bereich von 20 bis 40 GHz nahezu durchsich­ tigt, d. h. hochpermeabel aber dennoch regulierbar erwärmen. Als laminierte Strukturmaterialien sind sie extrem leicht, können aber zu mechanisch extrem steifen Formen verarbeitet werden. Sie können im Verbund mit im Flugzeugbau herkömmlichen Metallen (Aluminium/Aluminiumlegierungen) zu aerodynamisch äquivalenten Strukturen verarbeitet werden.
Da das CFK/GFK-Strukturmaterial für elektromagnetische Wellen extrem permeabel ist - Messungen zwischen 22-40 GHz zeigen das - wird ebenfalls das an den Grenzflächen dieser Materialien an­ setzende Eis bei Mikrowelleneinfall instantan selbst erwärmt. Die Art der Heizung ist eine Volumenheizung, dadurch entfallen Wärmeleitungsverluste, wie sie bei der ohmschen bzw. Warmluftbe­ heizung zwangsläufig bestehen. Die notwendige Heizleistung ist dadurch in erster Näherung der Masse des Eises und der erforder­ lichen Heizrate proportional. Wirkungsgradmindernde Effekte die­ ses Systems können lediglich durch Verluste im Wellenleitersy­ stem bzw. in der Mikrowellenquelle selbst auftreten. Daher führt eine konsequente Optimierung und Auslegung der mikrowellentech­ nischen Komponenten zu einer bestmöglichen Ausnutzung der zur Verfügung stehenden elektrischen Leistung aus den Triebwerken.
Ein weiterer Vorteil, bedingt durch diesen hohen Frequenzbe­ reich, liegt in den niedrigen Transmissionsverlusten bei der Übertragung durch überdimensionierte Hohlleiter und in der hohen Homogenität der elektromagnetischen Felder, die anlagetechnisch damit erreicht werden. Damit besteht keine Gefahr, daß eine Hot Spot/Cold Spot-Bildung am CFK/GFK-Strukturmaterial erfolgt, also lokale Überhitzungen und daraus folgende Materialermüdung bzw. -deformation bzw. Gebiete, die ungleichmäßig abtauen, entstehen. Vielmehr wird das Eis sofort, gleichmäßig und kontrollierbar er­ wärmt, in seiner Struktur zerstört und dann rasch von den pro­ blematischen Zonen weggerissen.
Die Mikrowellenquelle wird monochromatisch oberhalb 20 GHz be­ trieben. Bei einer solchen Frequenz ergeben sich keine Störungen mit Funk- und Navigationssystemen (ATC, VOR, ADF, Transceicer: 100 MHz-1 GHz-Bereich, Transponder: <8 GHz). Gefährdete Ver­ eisungszonen am Flugzeug können durch lokales Anschalten des Enteisungssystems vorbeugend eisfrei gehalten werden, d. h. die sehr kleinen Eistropfen (ca. 15-40 Micron groß) werden im HF-Feld durch direkten Wärmeübergang abgehalten, auf diesen Zonen zu kondensieren. Das ist vom Leistungsbedarf her verhältnismäßig gering, da dieser für den kontinuierlichen Betrieb unterhalb der zur tatsächlichen Enteisung notwendigen Leistung liegt.
Die getrennte Speisung der verschiedenen Wellenleitersysteme er­ laubt eine selektive Kontrollierbarkeit und Steuerung des Entei­ sungsprozesses. Die verschiedenen Zonen können einzeln mit ge­ ringer bis sehr hoher kontinuierlicher Leistung gespeist werden, womit Eisfreihaltung (präventive Enteisung) bis zur plötzlich notwendigen Enteisung wahlweise je nach Bedarf durchgeführt wer­ den kann.
Ein überdimensionierter Redundanzwellenleiter, der den Ausgang zweier Mikrowellenquellen verbindet, minimiert die Leitungsver­ luste im Falle des Ausfalls einer Gyrotroneinheit. Die noch funktionstüchtige andere Gyrotroneinheit übernimmt die Speisung auch des anderen Leitersystems. Die Redundanz der Enteisungsan­ lage kann bei mehr als zwei Mikrowellenquellen entsprechend aus­ gebaut werden.
Die Gewichtsanforderungen für das Mikrowellen-Enteisungssystem sind zur Erzeugung elektromagnetischer Wellen im erwähnten Fre­ quenzbereich im Vergleich zu herkömmlichen Systemen als gering anzusehen. Der wesentliche Gewichtsbeitrag kommt von dem Netz­ teil und einem Magnetspulensystem der Mikrowellenquelle her, die übrigen Komponenten wie Wellenleiter und Auskoppeleinrichtungen sind Rohrsysteme, die keinen maßgebenden Gewichtsanteil bedeu­ ten.
Die Erfindung wird in folgendem für den Tragflügelbereich anhand der Zeichnung näher erläutert.
Es zeigen:
Fig. 1 Tragfläche mit CFK-Einsatz,
Fig. 2a über ein Gyrotron mikrowellengespeistes Enteisungssystem an der Tragfläche,
Fig. 2b Enteisungssystem ohne Außenflügelenteisung,
Fig. 3 Auftriebsverteilung am Tragflügel.
Fig. 3 zeigt den Tragflügel eines Flugzeugs mit der qualitati­ ven Auftriebsverteilung während des Starts bzw. der Landung. Bei großen Tragflächen muß zum einen für die optimale aerodynamische Form während des Fluges der äußere Mittelteil des Flügels bzw. der Außenteil strukturell der Erhöhung von Biegemomenten entge­ genwirken. Zum andern muß während dieser Flugsituation insbeson­ dere am Mittel- und Innenteil des Tragflügels einer Vereisung der Vorflügel (Slats) vorgebeugt werden, um einen maximalen Auf­ trieb zu gewährleisten. Diese Zonen sind in Fig. 1 angedeutet, die CFK-substituierten drei Vorflügelbereiche an der Vorderkante des Flügels und die großflächige CFK-Beplankung im Außenflügel­ bereich sind schraffiert angedeutet. Im hinteren Tragflächenbe­ reich befindet sich das kritische Flügelprofil, das über die Wölbklappen erzeugt wird.
Das Mikrowellen-Enteisungssystem ist in Fig. 2 schematisch in den Tragflügelbereich von Fig. 1 eingezeichnet. Die Mikrowel­ lenquelle befindet sich im Rumpf des Flugzeugs in Ansatzbereich der Tragfläche. Es ist ein Gyrotron, das bei 24,15 GHz (entspricht einer Wellenlänge von 1,225 cm) betrieben wird. Vom Gyrotron führt das Wellenleitersystem mit den drei Wellenleitern weg, wovon einer nur den auftriebsrelevanten Innen- und Mittel­ bereich am Vorflügel versorgt, der zweite endet im weniger auf­ triebsrelevanten Vorflügel des Außenflügels und der dritte im Außenflügelbereich. Die Wellenleiter für den Vorflügel enden in Auskoppeleinrichtungen, die für den Außenflügelbereich zur flä­ chigen Enteisung spezielle Leckwellen-Antennenstrukturen sind. Die Hohlleiterverlegung ist nicht maßstabsgerecht sondern der Übersichtlichkeit halber nur schematisch dargestellt.
Eis besitzt im Frequenzbereich von 20-40 GHz ein Absorptions­ vermögen, das oxydischen Keramiken wie Al2O3 vergleichbar ist, nämlich tan δ=10-4-10-5. Somit ist ein besonders effektiver Heizmechanismus gegeben, da die elektromagnetische Welle in das Eis eindringt und im gesamten Volumen sofort eine Erwärmung her­ vorruft. Sämtliche thermischen Verzögerungen entfallen, wie sie durch Heizen über eine Oberfläche entstehen und primär durch das Aufheizen der Oberfläche selber, über die ein Wärmeübergang letztlich erreicht werden soll. Der Volumenheizmechanismus kom­ pensiert zudem die extrem schlechte Wärmeleitung von Eis, die im Fall eines Abschmelzens an einer Grenzschicht das Abtauen des Materials im gesamten nur langsam vonstatten gehen läßt.
An der Grenzflächenschicht Eis/Tragfläche setzt bei der Mikrowel­ len-Enteisung zudem ein Abtauen ein, da das CFK/GFK-Material selber in kürzester Zeit auf eine Temperatur zwischen 60 und 90°C gebracht wird. Ein Sprung der dielektrischen Eigenschaften um über vier Größenordnungen auf tan δ=1,6 der abgetauten Wasserschicht an der Tragfläche hat zur Folge, daß, nachdem das Eis im gesamten Volumen erwärmt wurde, verstärkt an der Grenzschicht Eis/Wasser geheizt wird. Das führt zu einer sehr schnellen Zerstörung der anliegenden Eisstruktur und dem Abfallen der Eisfragmente von der Tragfläche.

Claims (6)

1. Enteisungssystem zur Verhinderung eines Eisansatzes oder zur Enteisung an vereisungsgefährdeten Zonen eines Flugzeugs mit­ tels Mikrowellen,
dadurch gekennzeichnet, daß
vereisungsgefährdete Zonen am Flugzeug aus dielektrischen, avionisch einsetzbaren Strukturen und Verbundwerkstoffen beste­ hen, die für elektromagnetische Wellen in einem Frequenzbereich oberhalb 20 GHz dielektrisch hochpermeabel sind,
im Flugzeug mindestens eine Mikrowellenquelle untergebracht ist, die gepulst oder kontinuierlich in einem Frequenzbereich außerhalb avionisch genutzter Frequenzen abstrahlt,
von jeder Mikrowellenquelle autark schaltbare Wellenleitersy­ steme ausgehen und zu unterschiedlich vereisungsgefährdeten Zo­ nen führen, (wo über an die Struktur dieser Zonen angepaßte Mikrowellenauskoppelvorrichtungen (Antennen) die entsprechend ihrer Bedeutung für den Auftrieb des Flugzeugs unter Einbezie­ hung der gegenwärtigen meteorologischen Situation Mikrowelle­ nenergie bedarfs- und leistungsgerecht auskoppeln) und der be­ sonders auftriebsrelevante Innen- und Mittelflügel durch ein ei­ genes autarkes Wellenleitersystem zur Verhinderung der Kondensa­ tion von Wassertröpfchen schon frühzeitig oder ständig mit niedriger Leistung (stand by modus) bestrahlt wird,
jedes Wellenleitersystem aus hochmodigen, flexiblen Wellenlei­ tern mit abschnittsweise leistungskonstanter, flächenhomogener, regelbarer Hochfrequenz-Auskopplung (Antenne) besteht, wodurch im Strukturverbundwerkstoff und im gegebenenfalls an der Grenz­ fläche angesetzten Eisvolumen eine instantane und gleichmäßige Erwärmung eintritt,
die Mikrowellenquellen über Redundanzwellenleiter miteinander verbunden sind, die zu und abschaltbar sind, um den Ausfall mindestens einer Mikrowellenquelle durch die noch funktionie­ rende/funktionierenden zu überbrücken.
2. Enteisungssystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbundwerkstoffe Kohlefaserkunststoff (CFK)-/Glasfaser­ kunststoff (GFK)-Strukturmaterialien sind.
3. Enteisungssystem nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Mikrowellenquelle ein Gyrotron ist.
4. Enteisungssystem nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Mikrowellenquelle ein Magnetron ist.
5. Enteisungssystem nach Anspruch 3 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Mikrowellenquelle monochromatisch abstrahlt.
6. Enteisungssystem nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß zur großflächigen und gleichmäßigen HF-Beaufschlagung an den Außenflügeln und anderen flächig vereisungsgefährdeten Berei­ chen eine sogenannte Leckwellenantennenstruktur besteht.
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