DE19716120A1 - Verwendung von cholesterinsenkenden Mitteln - Google Patents
Verwendung von cholesterinsenkenden MittelnInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von cholesterinsenkenden
Mitteln zur Prophylaxe oder Behandlung von Erkrankungen, die mit einer
Konformationsänderung von Prionen einhergehen, oder von Alzheimer'scher
Krankheit.
Für die meisten Molekularbiologen, die sich mit Membranproteinen beschäftigen,
liegt die Funktion von Lipiden hauptsächlich in ihrer Eigenschaft, als Solvens für
Proteine zu dienen (Singer & Nicolson, Science 175 (1972), 720-731). Dies ist
jedoch sicher nicht ihre einzige Rolle. Die verschiedenen Lipidarten sind nicht nur
in einer fluiden Doppelschicht angeordnet, sondern sie sind auch über die
exoplasmatischen und cytoplasmatischen Membranbereiche asymmetrisch verteilt
(Bretscher und Raff, Nature 258 (1975), 43-49; Roelofsen & Op den Kamp,
Plasma Membrane Phospholipid Asymmetry and its Maintencance: The Human
Erythrocyte as a Model 1-7-46 (1994)). Außerdem hat man festgestellt, daß die
Lipide auch in bestimmter Weise organisiert sind und damit mehr
Regulierungsaufgaben erfüllen als bisher bekannt (Glaser, Curr. Op. Struct. Biol.
3 (1993), 475-481, Thomas et al., J. Cell Biol. 125 (1994), 195-802, Kusumi
& Sako, Curr. Opin. Cell Bio. 8 (1996), 566-574). Es hat sich nun gezeigt, daß
eine laterale Organisation von Lipiden entsteht durch Verbindung von
Sphingolipiden und Cholesterin zu sich bewegenden Schollen oder Flößen, an
welche sich Proteine innerhalb der Doppelschicht spezifisch anlagern können. Die
Existenz solcher Sphingolipid-Cholesterin-Flöße führt zu einer grundsätzlich
anderen Beurteilung der Membranorganisation und erlaubt neue Einblicke in die
Funktion von Zellmembranen.
Auf Basis von Untersuchungen zu solchen Sphingolipid-Cholesterin-Flößen sind
die in Fig. 1B gezeigten Modelle entstanden. Man geht davon aus, daß die
Sphingolipidkopfgruppen, welche größere Bereiche der Ebene des
exoplasmatischen Teils der Membran belegen als die Kohlenwasserstoffketten der
Lipide in der Membranschicht, Zwischenräume entstehen lassen, die durch
Cholesterinmoleküle gefüllt werden, die sozusagen als Abstandhalter fungieren
(Fig. 1B). Eine dichte Aneinanderfügung dieser Sphingolipid-Cholesterinklaster
auf dem exoplasmatischen Teil der Membran läßt sie als Gesamtanordnung
innerhalb der Membrandoppelschicht fungieren. Es ist dabei wichtig,
festzustellen, daß die Sphingolipide normalerweise eine lange Fettsäure (C20-C26)
aufweisen, die über eine Amidbindung an die Sphingosinbasis angeheftet ist,
wobei aufgrund der Länge der Fettsäure diese mit dem cytoplasmatischen Teil
der Doppelschicht der Membran in Verbindung treten kann. Da Cholesterin in
beiden Membranschichten vorhanden ist, ist es auch möglich, daß das Molekül
als Spacer im cytoplasmatischen Teil der Membran fungiert und dabei
Zwischenräume ausfüllt zwischen dort vorhandenen Fettsäuren (Fig. 1B). Die
neuen Erkenntnisse über die Organisation von Sphingolipiden und Cholesterin in
der Zellmembran führten nun zu der Erkenntnis, daß hierin auch eine Grundlage
liegen könnte für die Behandlung oder Verhinderung von Krankheiten, welche mit
einer Konformationsänderung von Prionproteinen einhergehen, oder aber der
Alzheimer'schen Krankheit. Derartige Krankheiten sind bisher noch nicht
behandelbar, meist ist auch ihre Erkennung sehr schwierig, eine letztendliche
Sicherheit kann meist nur durch Autopsie nach dem Tode des Patienten erhalten
werden. Insofern besteht ein dringendes Bedürfnis an einer Möglichkeit, derartige
Krankheiten, zumindest im Verdachtsfall, zu behandeln oder ihre Entstehung zu
verhindern.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, eine Möglichkeit
bereitzustellen, auf Krankheiten wie die Alzheimer'sche Krankheit oder andere
Krankheiten, bei welchen eine Veränderung von Proteinen an
Sphingolipid-Cholesterin-Flößen stattfindet, positiv einwirken zu können.
Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch die Verwendung von
cholesterinsenkenden Mitteln zur Prophylaxe oder Behandlung von Erkrankungen,
die auf einer Konformationsänderung von Prionen beruhen, oder von
Alzheimer'scher Krankheit. Als cholesterinsenkende Mittel können alle Mittel
verwendet werden, welche den Cholesteringehalt im Blut senken und zu diesem
Zweck zur Prophylaxe anderer Erkrankungen, vor allem der Arteriosklerose und
des Herzinfarkts eingesetzt werden oder werden können.
Als Krankheiten, die auf einer Konformationsänderung von Prionproteinen
beruhen, wird derzeit vor allem die beim Schaf auftretende Krankheit Scrapie
angesehen. Auch für die BSE-Problematik könnte die vorliegende Erfindung von
Bedeutung sein, wenn sich erhärtet, daß der auslösende Faktor für die
letztendlich zum Tode führende Krankheit ebenfalls die Konformationsänderung
von Prionproteinen ist und diese Erkrankung der Rinder auf den Menschen
übertragbar ist. Somit wäre auch die Behandlung der Creutzfeld-Jacob-Krankheit
ein Gegenstand der vorliegenden Erfindung.
Das Scrapie-Prionenprotein (PrPSC) ist die bisher einzige bekannte Komponente
eines übertragbaren Prions. Es ist abgeleitet von einem normalerweise an
Glycosylphosphatidylinositol (GPI) verankerten Protein PrPC, das in Neuronen
exprimiert wird, wobei durch eine Konformationsänderung des PrPC das
Prionprotein PrPSC entsteht, welches proteaseresistent ist. Vermutlich findet diese
Konformationsänderung an Sphingolipid-Cholesterin-Flößen statt. Die
Konformationsänderung scheint abhängig zu sein von der GPI-Verankerung, da
chimäre Proteine, die eine eigene Transmembrandomäne enthalten, nicht der
Konformationsänderung unterliegen. PrPC ist unlöslich in Triton X-100 bei 4°C
während der Konformationsänderung und eine Verarmung an zellulärem
Cholesterin verhindert die Bildung von PrPSC. Interessanterweise kann PrPC durch
clathrinbeschichtete Vesikel mittels Endocytose in die Zelle eingeschleust
werden, vermutlich aufgrund von Bindung an ein bisher unbekanntes
Transmembranprotein mit einem sogenannten coated pit-Signal. Diese Bindung
hält PrPC möglicherweise von den Flößen entfernt, wo die bisher noch ungeklärte
PrPC-PrPSC-Transformation stattzufinden scheint.
Eines der wichtigen Merkmale der Pathogenese der Alzheimer'schen Krankheit
ist die fortschreitende zerebrale Anhäufung des Amyloid-β-Peptids (Aβ), einem
proteolytischen Spaltprodukt aus einem Amyloidvorläuferprotein (APP). Neu
synthetisiertes APP wird in den Neuronen in die Axone geleitet und dann durch
Transzytose an die Dendriten weitergeführt. Wo genau die Aβ-Produktion
stattfindet, ist nicht klar, jedoch weisen kürzlich erhaltene Resultate darauf hin,
daß Aβ komplexiert an ein Lipid in Sphingolipid-Cholesterin-Flößen, das
GM1-Gangliosid, vorgefunden wird in den frühesten Krankheitsmanifestationen im
Gehirn. Interessanterweise wird ein kleiner Teil APP auch in detergensunlöslichen,
glycolipidangereicherten Komplesxen, sogenannten DIGs (Brown & Rose, J. Cell
68 (1992), 533-544; Parton & Simons, Science 269 (1995), 1398-1399)
aufgefunden. Möglicherweise wird APP durch die Bindung an GM1 an die Flöße
fixiert und die Proteolyse könnte möglicherweise in den Sphingolipid-Cholesterin-
Mikrodomänen stattfinden, wobei Aβ entsteht, das an GM1 gebunden ist. Das
Aβ-Peptid ist im APP-Molekül genau dort lokalisiert, wo es auch zu erwarten ist,
wenn man davon ausgeht, daß diese Region an ein Glycosphingolipid bindet.
Eine weitere interessante Verbindung zu den Sphingolipid-Cholesterin-Flößen ist
die kürzlich erhaltene Erkenntnis, daß Aβ an den Rezeptor für
Glycanisierungsendprodukte bindet (Yan et al., Nature 382 (1996), 685-691),
von denen festgestellt wurde, daß sie mit DIGs und Caveolen in Endothelzellen
assoziieren (Lisanti et al., Developm. Biol. 6 (1995), 47-58).
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde festgestellt, daß die Verwendung
cholesterinsenkender Mittel einen positiven Effekt auf die obengenannten
Krankheiten ausübt. Dies beruht möglicherweise auf einer Verringerung der Zahl
der Flöße in den Plasmamembranen und damit einer Verringerung der Anzahl an
möglichen Ankerpunkten, an denen dann eine Konformationsänderung von
Proteinen stattfindet.
Die erfindungsgemäße Erkenntnis, daß cholesterinsenkende Mittel sich positiv
auf die Alzheimer'sche Krankheit oder Krankheiten, wie z. B. Creutzfeld-Jacob-Krank
heit, auswirkt, läßt erstmals eine Behandlungsmöglichkeit entstehen, die
an der Ursache der Krankheit angreift.
Des weiteren erscheint durch die erfindungsgemäße Verwendung
cholesterinsenkender Mittel auch allgemein eine Einflußnahme auf
Signaltransduktionsvorgänge von außen in Zellen möglich. Kürzlich konnte
gezeigt werden, daß zahlreiche Proteine, die in Sphingolipid-Cholesterin-Flößen
enthalten sind, in der Signaltransduktion eine wichtige Rolle spielen (Parton &
Simons, Science 269 (1995), 1398-1399; Anderson, Proc. Natrl. Acad. Sci. USA
90 (1993), 10909-10913; Lisanti et al., Trends Cell Biol. 4 (1994), 231-235).
Durch die Entstehung von Sphingolipid-Cholesterin-Flößen wird auf der
Zellmembran eine Subkompartimentierung bewirkt, die dazu führt, daß
unterschiedliche Strukturen entstehen, also Flöße verschiedener Größe, und
Zwischenräume ohne Floßstruktur.
Ohne Cholesterin ist die Floßbildung nicht möglich und insofern sind also viele
Signaltransduktionsvorgänge abhängig von der Anwesenheit von Cholesterin.
Beispielhaft für solche Vorgänge können genannt werden: Signaltransduktion
über Heterotrimere G Proteine (Li et al., J. Biol. Chem. 270 (1995),
15693-15701), Ras (Song et al., J. Biol. Chem. 271 (1996), 9690-9697; Mineo et al.,
J. Bio. Chem. 217 (1996), 11930-11935) und Ceramide (Liu & Anderson, J.
Biol. Chem. 270 (1995), 27179-27185).
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist daher die Verwendung
cholesterinsenkender Mittel zur Beeinflussung von Singaltransduktionsvorgängen
an der Zellmembran.
Claims (2)
1. Verwendung von cholesterinsenkenden Mitteln zur Prophylaxe oder
Behandlung von Erkrankungen, die auf einer Konformationsänderung von
Prionen beruhen, und von Alzheimer'scher Krankheit.
2. Verwendung von cholesterinsenkenden Mitteln zur Beeinflussung von
Signaltransduktionsvorgängen an der Zellmembran.
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