DE19542261A1 - Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgröße eines dynamischen Systems - Google Patents
Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgröße eines dynamischen SystemsInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Gewinnung des
Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgröße eines dyna
mischen, insbesondere nichtlinearen Systems. Bei komplexen
dynamischen Systemen sind interessierende physikalische Größen
oft nicht oder nur mit sehr hohem meßtechnischem Aufwand direkt
meßbar. So müssen beispielsweise Meßeinrichtungen für die Ma
schinenüberwachung mit einer sehr großen Anzahl von Meßkanälen
ausgestattet sein, um eine ausreichende Erfassung von Betriebs
zuständen sicherzustellen. Bei der Ermittlung von meßtechnisch
schwer zugänglichen Systemgrößen, wie beispielsweise Drehmomen
ten an rotierenden Maschinenwellen kommt zu dem Problem der
hohen Anzahl von Meßwertaufnehmern noch der hohe apparative
Aufwand als solcher hinzu.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
vorzuschlagen, welches die Ermittlung von Zustandsgrößen kom
plexer dynamischer Systeme, insbesondere nichtlinearer Systeme,
mit besonders geringem meßtechnischem Aufwand ermöglicht. Dies
soll zum einen eine deutliche Verringerung der Anzahl der benö
tigten Meßwertaufnehmer ermöglichen und es sollen darüberhinaus
auch nicht direkt meßbare Größen ermittelbar sein.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren nach dem
Patentanspruch 1 gelöst.
Die Erfindung nutzt die Erkenntnis, daß es mit Methoden der
nichtlinearen Dynamik möglich ist, mehrere physikalische Größen
aus einer gemessenen Zeitreihe zu rekonstruieren, wenn in die
ser Zeitreihe die Systemdynamik ausreichend repräsentiert ist.
Hierdurch kann auf ein systembeschreibendes mathematisches
Modell verzichtet werden. Gemäß der Erfindung wird also eine
Trainingsdatenbasis zunächst im Phasenraum erstellt und an
schließend nach der Time-delay-Technik nach Takens im rekon
struierten Phasenraum abgebildet (Takens, F. Detecting strange
attractors in turbulence. Dynamical Systems and Turbulence,
898, 1981).
Während der Phasenraum durch verschiedene Größen aufgespannt
ist, die den Systemzustand kennzeichnen, ist der rekonstruierte
Phasenraum die Darstellung von der Meßgröße X in Abhängigkeit
von XT, das ist der Wert der Meßgröße X zu einem um ein defi
niertes Maß verschobenen Zeitpunkt. Die in der Meßphase ermit
telte Meßgröße wird nun ebenfalls im rekonstruierten Phasenraum
dargestellt. Da diese Darstellung die gesamte benötigte System
dynamik enthält, kann nach Inter- bzw. Extrapolation im rekon
struierten Phasenraum die gesuchte Systemgröße aus der Trai
ningsdatenbasis bestimmt werden.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vor
gesehen, daß die Inter- bzw. Extrapolation mittels aller näch
sten trainierten Nachbardynamiken erfolgt. Dieses Verfahren ist
mit einem relativ geringen Rechenaufwand verbunden und liefert
zumindest für feste Systemparameter sehr gute Ergebnisse.
Eine andere Weiterbildung der Erfindung sieht vor, daß die
trainierten Dynamiken über Zugehörigkeitsfunktionen in Bezug
auf die gemessene Dynamik gewichtet werde, und daß die
Inter- oder Extrapolationen mittels dieser gewichteten Dynamiken er
folgen. Dabei werden gemäß der Methoden der Fuzzy-Logik den
trainierten Dynamiken Werte zwischen 0 und 1 zugeordnet, die
angeben, wie ähnlich eine gemessene Dynamik einem Trainings
datensatz ist. Dadurch läßt sich die Schätzgenauigkeit und
insbesondere Extrapolationsergebnisse deutlich verbessern.
Diese Ausführungsform der Erfindung arbeitet auch bei einer
weiten Parametervariation sehr genau.
Die Erfindung wird im folgenden anhand eines Anwendungsbei
spiels näher dargestellt. Hierzu zeigt Fig. 1 Zustandsräume im
Trainings- und Rekonstruktionsmodus, Fig. 2 einen Meßaufbau und
Fig. 3 eine Darstellung von mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
bestimmten Werten und ihre Fehlerabweichung.
Ein dynamisches, insbesondere nichtlineares System bei defi
niert durch die Gleichung.
= Fµ(X)
wobei X = (X₁, X₂₁ . . . ) den Systemzustand als Punkt im Phasen
raum S repräsentiert (Fig. 1). Das Vektorfeld F ist dabei ab
hängig von den Systemparametern µ. Die Lösung der oben genann
ten Gleichung ergibt die Trajektorie.
Das Ausführungsbeispiel bezieht sich auf eine Anwendung des
erfindungsgemäßen Verfahrens auf die Ermittlung von Wellenbah
nen rotierender Maschinen, wobei eine zweidimensionale Bewegung
durch Messung nur einer einzigen Koordinate, beispielsweise der
Horizontalbewegung, ermittelt wird.
In der Trainingsphase werden bei unterschiedlichen Para
metereinstellungen die Koordinaten X₁ und X₂ gemessen und als
Orbit im Phasenraum S dargestellt. Anschließend wird aus einer
Meßgröße, in diesem Fall der Horizontalkoordinate X₁, eine Pha
senraumrekonstruktion nach der Time-delay-Technik (Takens)
abgeleitet.
Ein Punkt im rekonstruierten Phasenraum RT ergibt sich gemäß
der Gleichung
zT(t) = (₁(t),₁(t - T),₁(t - 2T), . . . ,₁(t - (m - 1)T) ∈ RT = R m
mit m potentiellen Freiheitsgraden. Bei geeigneter Wahl von m
und T ist die Abbildung zwischen tatsächlicher und rekonstru
ierter Dynamik umkehrbar (Φ; Φ-1).
Die Trainingsdatenbasis ergibt sich also durch Ablage der Or
bits bei verschiedenen Parametereinstellungen im Phasenraum und
der Darstellung dieser Orbits im rekonstruierten Phasenraum.
Nach Abschluß der Trainingsphase wird nur noch die Meßgröße
(Horizontalkoordinate X₁) gemessen und die Systemgröße (Ver
tikalkoordinate X₂) wird mit Hilfe der Meßgröße und der Trai
ningsdatenbasis vorausgesagt.
Hierzu wird mit den Meßgrößen eine Phasenraumrekonstruktion Zr
in den rekonstruierten Phasenraum RR durchgeführt. Anschließend
werden die nächsten Nachbarn von Zr im trainierten rekonstru
ierten Phasenraum RT gesucht und man erhält die Übertragungs
funktion ψ vom rekonstruierten Phasenraum RR zum trainierten
rekonstruierten Phasenraum RT. Weil die genannten Nachbarn
Bestandteile der Trainingsdatenbasis sind, sind auch die zu
gehörigen Werte der zu ermittelnden Systemgröße X₂ bekannt.
Um die nicht gemessene Systemgröße möglichst genau bestimmen zu
können, wird jedem Trainingsorbit ein Maß zwischen 0 und 1
zugeordnet, welches die Ähnlichkeit des gemessenen Orbit (2)
bezüglich des betreffenden Trainingsorbits angibt. Hierfür
werden Zugehörigkeitsfunktionen gemäß der Fuzzy-Logik verwendet
und bei der Interpolation berücksichtigt.
Die Fig. 2 zeigt ein Anwendungsbeispiel anhand eines Meßaufbaus
zur Wellenbahnbestimmung. Hierbei wird an einer durch einen
Motor M angetriebenen Welle W in der Trainingsphase sowohl die
vertikale, als auch die horizontale Koordinate aufgenommen.
Dabei werden wie in nachstehender Tabelle angegeben 6 Trai
ningsdatensätze angelegt.
Die Trainingsdatensätze enthalten 1024 Datenpunkte und wurde
mit einer Abtastfrequenz von 2500 Hz bei den aufgeführten ver
schiedenen Motordrehzahlen aufgenommen. Anschließend wurde aus
der X₁-Koordinate eine Phasenraumrekonstruktion mit m = 3 vor
genommen. In der eigentlichen Meßphase wird die Welle mit einer
Drehzahl von 1480 U angetrieben und es wird die Koordinate X₂
aus der Koordinate X₁ rückgewonnen. Als Einbettungszeit wurde
jeweils der in der Tabelle 1 angegebene Wert gewählt. Pro Trai
ningsdatensatz wurde nur ein nächster Nachbar berücksichtigt.
Die wichtenden Zugehörigkeitsfunktionen zur gemessenen Dynamik
sind in nachstehender Tabelle angegeben.
Der Trainingsdatensatz mit der höchsten Zugehörigkeit ist ver
ständlicherweise der Datensatz Nr. 3 (Drehzahl 1600 U/min).
In Fig. 3 ist die gemessene Vertikalkoordinate X₂ (Kurve 10)
über der rückgewonnenen vertikalen Koordinate X₂ (Kurve 11),
die durch die gemessene horizontale Koordinate X₁ ermittelt
wurde, dargestellt. Als Schwingung mit der sehr kleinen Ampli
tude (12) erkennt man den Fehler zwischen der gemessenen und
der rückgewonnen Koordinate.
Es sei abschließend darauf hingewiesen, daß die Erfindung in
keiner Weise auf das oben geschilderte Ausführungsbeispiel der
Maschinenüberwachung eingeschränkt ist, sondern daß mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren auch ganz andere physikalische Grö
ßen auf anderen technischen Anwendungsgebieten bestimmt werden
können. So wäre dies beispielsweise bei der Motorenprüfung die
Bestimmung von Drehmomenten, Drücken, Ölviskositäten und so
weiter aus einer anderen zu messenden Größe. Ein anderes Anwen
dungsbeispiel ist die Bestimmung der Zusammensetzung und des
Mischungsverhältnisses unterschiedlicher Materialien in einem
Mischer durch Messung von beispielsweise Schwingungen oder
Stromaufnahme des Antriebsmotores. Generell wird die Hauptan
wendung der Erfindung in Diagnoseeinrichtungen sein, bei wel
chen die intressierenden Systemgrößen nicht mit vertretbarem
Aufwand direkt ermittelt werden können.
Claims (3)
1. Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nicht
gemessenen Systemgröße eines dynamischen, insbesondere
nichtlinearen Systems, mittels mindestens einer Meßgröße,
wobei in einer Trainingsphase bei einer geeigneten Anzahl
von Betriebszuständen unterschiedlicher Systemdynamik die
Meßgröße und die Systemgröße gemessen und im Phasenraum
zugeordnet werden, in einem weiteren Schritt eine rekon
struierte Dynamik aus der Meßgröße nach dem Takens-Verfah
ren im rekonstruierten Phasenraum gebildet wird, wobei in
der Meßphase lediglich die Meßgröße ermittelt wird, diese
zunächst im rekonstruierten Phasenraum dargestellt wird und
im nächsten Verfahrens schritt eine Inter- oder Extrapola
tion im rekonstruierten Phasenraum mittels der trainierten
Dynamiken erfolgt, und wobei mittels dieser inter- oder
extrapolierten Dynamik der Wert der zu schätzenden System
größe aus dem Phasenraum rückgewonnen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
Inter- oder Extrapolation mittels aller nächsten trainier
ten Nachbardynamiken im rekonstruierten Phasenraum erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
trainierten Dynamiken über Zugehörigkeitsfunktionen zur
gemessenen Dynamik gewichtet werden, und daß die
Inter- oder Extrapolationen mittels dieser gewichteten Dynamiken
erfolgt.
Priority Applications (3)
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---|---|---|---|
DE19542261A DE19542261A1 (de) | 1995-11-13 | 1995-11-13 | Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgröße eines dynamischen Systems |
DE59609329T DE59609329D1 (de) | 1995-11-13 | 1996-11-12 | Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgrösse eines dynamischen Systems |
EP96118120A EP0773501B1 (de) | 1995-11-13 | 1996-11-12 | Verfahren zur Gewinnung des Wertes mindestens einer nichtgemessenen Systemgrösse eines dynamischen Systems |
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DE (2) | DE19542261A1 (de) |
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Also Published As
Publication number | Publication date |
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EP0773501A1 (de) | 1997-05-14 |
EP0773501B1 (de) | 2002-06-12 |
DE59609329D1 (de) | 2002-07-18 |
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