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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachweis von Nierenschäden in bevorzugter
Weise aus Harnproben auf der Basis einer Kombination von Proteinen,
deren Vorkommen und/oder Fehlen für die frühe Schädigung spezifischer Abschnitte
der Niere charakteristisch sind.
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Chronische
Nierenerkrankungen gehen häufig
mit einer Proteinurie einher. Proteinurien können im allgemeinen anhand
der Quantität
und Qualität der
ausgeschiedenen Proteine in physiologische und pathologische Proteinurien
eingeteilt werden. Bei Mensch und Tier kann der renale Proteinverlust
bei schweren pathologischen Proteinurien weit über das Zehnfache der Normalwerte
betragen. Die Ursache einer pathologischen Proteinurie kann prärenaler,
renaler oder postrenaler Natur sein. Prärenale Proteinurien werden
meist durch eine erhöhte
glomeruläre Filtration
sog. niedrigmolekularer Proteine (Molmasse < 66.000) verursacht, deren Konzentration
im Plasma ansteigt [Schultz, C J, Dalton, R N, Neil, H A, Konopelska-Bahu, T and Dunger,
D B (2001). Markers of renal tubular dysfunction measured annually do
not predict risk of microalbuminuria in the first few years after
diagnosis of Type I diabetes. Diabetologia 44, 224-229.; Segura,
J, Campo, C and Ruilope, L M (2002). Proteinuria: an underappreciated
risk factor in cardiovascular disease. Curr Cardiol Rep 4, 458-462.].
Postrenale Proteinurien werden vorwiegend durch entzündliche
Prozesse im Bereich des unteren Harnapparates verursacht. Diese
sind oft mit einem typischen Harnsediment begleitet, das aus Erythrozyten,
Leukozyten, Bakterien oder degenerativen Urothelzellen besteht.
Renale Proteinurien sind entweder glomerulären oder tubulären Ursprungs. Glomeruläre Proteinurien
werden aufgrund einer erhöhten
Permeabilität
der glomerulären
Filtrationsmembran für
Plasmaproteine verursacht, die normalerweise im Ultrafiltrat nicht
erscheinen. Glomeruläre Proteinurien
entwickeln sich häufig
in Folge systemischer Erkrankungen (z.B. durch an der glomerulären Kapillarmembran
angelagerte Immunkomplexe). Dabei werden Albumin und Proteine mit
einer Molmasse über
66.000 im Urin ausgeschieden. Tubuläre Proteinurien resultieren
aus einer Schädigung
der tubulären
Epithelien, die zu einer verminderten Reabsorption glomerulär filtrierter
Proteine mit geringer Molmasse aus dem Ultrafiltrat führen bzw.
es handelt sich um Proteine aus geschädigten Tubuluszellen, die unter physiologischen
Zuständen
kaum oder gar nicht im Harn erscheinen. Neuere Untersuchungen zeigen, daß die Reabsorption
von glomerulär
filtrierten Proteinen ausschließlich
im proximalen Nierentubulus stattfindet [Christensen, E I and Birn,
N (2002). Megalin and cubilin: multifunctional endocytic receptors. Nat
Rev Mol Cell Biol 3, 256-266.]. Jedoch sind im Harn auch Proteine
bekannt, die im Tubulussystem aktiv sezerniert werden. Hierzu zählt z.B.
das im distalen Nierentubulus ausgeschiedene Tamm-Horsfall-Glykoprotein (THP)
[Zimmerhackl, L B, Rostasy, K, Wiegele, G, Rasenack, A, Wilhelm,
C, Lohnen, M, Brandis, M and Kinne, R K (1996). Tamm-Horsfall protein
as a marker of tubular maturation. Pediatr Nephrol 10, 448-452.].
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Die
Proteinausscheidung ist insbesondere vom Gesamtvolumen des Urins
beeinflußbar.
Sinnvoller ist deshalb die Beurteilung der Proteinurie durch eine
Bezugsgröße, dem
Urin-Protein/Kreatinin-Quotienten (UPC). Wie verschiedene Studien
gezeigt haben, gelingt es mit dem UPC-Quotienten bei mittleren bis
kleinen Werten wegen Überschneidungen
nicht, eine Glomerulopathie von einer interstitiellen Nephropathie
zu differenzieren. Qualitative Harnproteinanalysen, bei der die
Proteine mittels SDS-PAGE in ca. 30 Fraktionen unterschiedlicher Molekülgrösse aufgeschlüsselt werden,
sind hinsichtlich einer Klassifizierung deutlich überlegen.
Die Proteinurie kann durch die SDS-PAGE in ein Muster mit glomerulärer, tubulärer sowie
einer Kombination beider eingeteilt werden. Schwierigkeiten einer
eindeutigen Abgrenzung zur physiologischen Proteinurie treten aber
dann auf, wenn sich die Muster der Gelelektrophorese kaum von einander
unterscheiden.
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Aufgrund
dieser komplexen Zusammenhänge
sollte die diagnostische Beurteilung einer Proteinurie nicht nur
nach quantitativen, sondern auch nach qualitativen Kriterien erfolgen.
Die qualitative Beurteilung beinhaltet dabei den Nachweis von bestimmten Markerproteinen,
mit deren Hilfe es möglich
ist, Rückschlüsse auf
die Lokalisation einer Nierenschädigung
zu geben. Der immunologische Nachweis einer Kombination verschiedener
Harnproteine mittels ELISA oder Western-Blot eröffnet die Möglichkeit, eine Klassifizierung
der Proteinurie vorzunehmen. Markerproteine im Urin eignen sich
darüber
hinaus zur Beurteilung von Verlaufsuntersuchungen sowie des Therapieerfolges
einer renalen Störung.
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Die
Harnproteine Albumin, Transferrin, RBP und DBP sind wegen ihrer
Ligandenfunktion zu Megalin für
den proximalen Tubulsabschnitt des Nephrons spezifisch [Christensen,
E I, Moskaug, J O, Vorum, H, Jacobsen, C, Gundersen, T E, Nykjaer,
A, Blomhoff, R, Willnow, T E and Moestrup, S K (1999). Evidence
for an essential rote of megalin in transepithelial transport of
retinol. J Am Soc Nephrol 10, 685-695; Leheste, J R, Rolinski, B,
Vorum, H, Hilpert, J, Nykjaer, A, Jacobsen, C, Aucouturier, P, Moskaug, J
O, Otto, A, Christensen, E I and Willnow, T E (1999). Megalin knockout
mice as an animal model of low molecular weight proteinuria. Am
J Pathol 155, 1361-1370.].
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Retinolbindungsprotein
(RBP) wird unter physiologischen Bedingungen im Harn, wenn überhaupt,
dann nur in sehr geringen Mengen ausgeschieden. Dies betrifft nicht
nur den Menschen, sondern auch verschiedenen andere Tierarten. Ausnahmen
davon werden neben Nierenerkrankungen auch bei Entzündungsprozessen
beschrieben. In beiden Fällen
kann RBP im Harn beobachtet werden [Hong, C Y, Chia, K S and Ling,
S L (2000). Urinary protein excretion in Type 2 diabetes with complications.
J Diabetes Complications 14, 259-265.; Mitra, A K, Alvarez, J O,
Guay-Woodford, L, Fuchs, G J, Wahed, M A and Stephensen, C B (1998).
Urinary retinol excretion and kidney function in children with shigellosis. Am
J Clin Nutr 68, 1095-1103.; Mitra, A K, Wahed, M A, Chowdhury, A
K and Stephensen, C B (2002). Urinary retinol excretion in children
with acute watery diarrhoea. J Health Popul Nutr 20, 12-17.]. Sein
Auftreten steht im Zusammenhang mit einer Störung der Reabsorption nach
glomerulärer
Filtration im proximalen Tubulus. RBP kann im Plasma und im Harn
in verschiedenen Isoformen auftreten [Jaconi, S, Saurat, J H and
Siegenthaler, G (1996). Analysis of normal and truncated holo- and
apo-retinol-binding
protein (RBP) in human serum: altered ratios in chronic renal failure.
Eur J Endocrinol 134, 576-582].
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Das
Tamm-Horsfall-Protein (THP) wird in den Epithelzellen des dicken
aufsteigenden Astes der Henleschen Schleife sowie im distalen Tubulus exprimiert
und durch Sekretion in den Harn abgegeben. Die genauen Funktionen
des Tamm-Horsfall-Proteins
sind noch ungeklärt.
THP hat eine Molmasse von 100 kDa und besitzt einen hohen Anteil an
Kohlenhydraten, es ist ein Glykoprotein. Durch posttranslationale
Modifikationen kann es in Isoformen im Harn vorkommen. Bei Hunden
bindet THP auch Vitamin A [Schweigert, F J, Raila, J and Haebel, S
(2002). Vitamin A excreted in the urine of canines is associated
with a Tamm-Horsfall like protein. Vet Res 33, 299-311.].
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Erwünscht ist
ein Verfahren, das es ermöglicht,
möglichst
frühzeitig
Nierenschäden
bei Mensch und Tier zuverlässig
und nicht invasiv zu diagnostizieren. Es soll ein schneller, aussagekräftiger,
nicht invasiver und kostengünstiger
Nachweis sein.
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Ziel
der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zum frühzeitigen Nachweis von Nierenschädigungen über eine
Kombination von spezifischen Harnproteine und/oder ihrer Isoformen
zu haben, deren Fehlen oder Auftreten in ihrer Kombination für die Schädigung spezifischer
Nierenabschnitte charakteristisch ist.
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Dieses
Ziel wird durch das Verfahren, wie es in Anspruch 1 definiert ist,
gelöst.
Bevorzugte Ausführungsformen
sind in den abhängigen
Ansprüchen 2
bis 16 dargelegt: Der Wortlaut sämtlicher
Ansprüche
wird hiermit durch Bezugnahme zum Inhalt dieser Beschreibung gemacht.
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Überraschenderweise
wurde gefunden, daß durch
den Nachweis einer bestimmten Kombination spezifischer Proteine
im Harn bzw. im Nierengewebe von Mensch und Tier selektive Hinweise
auf frühe Schädigungen
von spezifischen Nierenabschnitten möglich sind. Ferner wurde überraschenderweise gefunden,
daß die
molekularen Isoformen, auch Mikroheterogenität genannt, insbesondere von
RBP und THP im Harn sich für
die Differentialdiagnostik beispielsweise zwischen Nierenerkrankungen
und Entzündungen
eignen.
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Gegenstand
der Erfindung ist somit ein Verfahren zum Nachweis von Nierenschädigungen.
Dabei wird entnommenes körpereigenes
Material, insbesondere Harn und Nierengewebe, von vom menschlichen
und tierischen Organismus untersucht.
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Methodenbeschreibung
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Gewinnung von Harn- und
Nierenproben
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Bei
dem körpereigenen
Material handelt es sich bevorzugt um Material, das aus dem lebenden Organismus
entnommen wurde, aber auch die post mortem Entnahme ist erfinderisch
vorgesehen. In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei
den körpereigenen
Materialien um Harn und um Nierengewebe. Der Harn kann dabei spontan
oder z. B. durch Punktion der Harnblase gewonnen werden. Die Harngewinnung
erfolgt nach etablierten Verfahren. Sie beinhalten die Punktion
oder die Sammlung in Gefäßen, die
Abtrennung von Zellmaterial, vorzugsweise durch Zentrifugation,
und die Lagerung, vorzugsweise bei -20 bis -80°C. Im Fall einer unmittelbaren
Analyse ist die Probe vorzugsweise bis zur Analyse bei 4°C zu lagern.
Der Harn wird in der Originalkonzentration, verdünnt oder aufkonzentriert untersucht.
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Bei
der Entnahme von Nierengewebe kann entweder eine Biopsie durchgeführt oder
das Gewebe post-mortem entnommen werden. Die Gewebeentnahmen, -konservierung
und -lagerung erfolgt nach etablierten Verfahren.
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Die
Gewebeproben werden nach dem Fachmann bekannten und unter Experiment
3 beschriebenen Verfahren für
die immunhistologischen Untersuchungen vorbereitet.
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Messung
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Die
Messung der spezifischen Proteinkombination im Harn erfolgt in bevorzugter
Weise mittels immunologischen Meßmethoden. Dabei ist die bevorzugte
Form die Messung mittels ELISA. Auch über Western-Blot-Verfahren
ist ein Nachweis möglich.
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Das
Western-Blot-Verfahren nach SDS-PAGE oder nativer PAGE eignet sich
auch bestens zur Darstellung von Isoformen bestimmter Proteine.
Die Isoformen können
ferner mittels isoelektrischer Fokussierung sowie selektiven Anreicherungsverfahren mit
nachfolgender massenspektrometrischer Messung, beispielsweise der
SELDITOF-MS bestimmt werden. Einige dieser Verfahren sind in Experiment
2 umfassend beschrieben.
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Neben
den klassischen immunologischen Verfahren, basierend auf monoklonalen
und polyklonalen Antikörpern
sind aber auch andere Moleküle oder
Strukturen erfinderisch vorgesehen, die eine spezifische Selektivität erlauben.
Dies können
beispielsweise Rezeptoren und Aptamere sein oder Oberflächen, die
eine Anreicherung beispielsweise über einen negativen Molekülabdruck
ermöglichen.
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Geeignete
Nachweisformen sind bekannte Analysenformate, wie beispielsweise
Teststreifen, Plattenlesegeräte
oder Autoanalyser. Auch aktuelle und künftige Formen der Miniaturisierung
im Bereich von μ-
und nano-Technologien auf der Basis von „Point-of-Care-Tests" als „Lab-on-a-Chip" sind erfinderisch
vorgesehen.
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Quantifizierung
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Die
Quantifizierung erfolgt nach dem Fachmann bekannten Verfahren beispielsweise
entweder über
externe Standards oder unter Hinzuziehung von internen Standardisierungsverfahren.
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Bewertung
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Erfindungsgemäß handelt
es sich um eine Bewertung einer spezifischen Markerproteinkombination
im Harn und im Nierengewebe. Dabei wird eine Kombination bevorzugt,
die Aussagen über
die Integrität
bestimmter Nierenabschnitte zuläßt.
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Geeignet
sind hier beispielsweise RBP und THP. Beim Hund konnte beispielsweise
gezeigt werden, daß dieses
Protein (RBP) im Harn von nierengesunden Tieren überhaupt nicht auftritt, sondern
nur bei Tieren mit Nierenerkrankungen. Gleichzeitig ist aber THP
nur bei gesunden Hunden zu beobachten und ist wenn überhaupt
nur in sehr geringen Konzentrationen im Harn von erkrankten Tieren
zu beobachten. Gleichzeitig ist aber RB im Harn bei verschiedenen
Entzündungserkrankungen
zu beobachten ohne daß die
THP-Ausscheidung wesentlich verändert
ist. Deshalb ist eine Einzelbestimmung von RBP als Marker von Nierenerkrankungen
nicht sinnvoll. Daraus ergab sich überraschenderweise der Befund,
daß beispielsweise
die erfindungsgemäße diagnostische Kombination
von RBP und THP wirkungsvoller für
die Diagnose von Nierenschädigungen
ist.
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Ferner
wurde überraschenderweise
auch beobachtet, daß RBP
und THP in unterschiedlichen molekularen Isoformen im Harn von beispielsweise schwangeren
Frauen oder Hunden vorkommen kann. Auch diese Unterschiede sind
alleine oder in Kombination als diagnostische Aussagen geeignet, um
frühzeitige
Veränderungen
zu beobachten.
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Ferner
wurde überraschenderweise
gefunden, daß beispielsweise
die Isoform von RBP beispielsweise eine Unterscheidung zwischen
Nierenerkrankungen und Entzündungserkrankungen
erlaubt.
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Weitere
Einzelheiten und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung der Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und von bevorzugten
Ausführungsformen in
Verbindung mit den Unteransprüchen.
Hierbei können
die jeweiligen Merkmale für
sich alleine oder zu mehreren in Kombination miteinander verwirklicht sein.
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Experiment 1: Untersuchungen
zum Nachweis spezifischer Proteine im Harn von Hunden mit und ohne Nierenerkrankungen
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Als
Probenmaterial diente der Harn von insgesamt 37 Hunden. 16 Hunde
wurden aufgrund klinischer und klinisch-chemischer Parameter der
Gruppe „chronische
Nierenerkrankung" (CNE)
zugeordnet. Hunde, deren Azotämie
prä- oder
postrenal bedingt war, gingen nicht in die Studie ein. Als Kontrollgruppe
dienten 21 gesunde Hunde, die bei der Untersuchung keinen Hinweis
auf eine Nierenerkrankung zeigten (Kontrolle).
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Nach
Bestimmung von Gesamtprotein (Bradford-Methode, dem Fachmann bekannt)
und Kreatinin (modifizierte Jaffe-Reaktion, dem Fachmann bekannt)
wurde mittels SDS-Polyacryamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Western-Blot-Technik
der Harn auf bestimmte Markerproteine, wie Transferrin (Tfn), Albumin
(Alb), Retinol-Bindungsprotein
(RBP) und Vitamin-D-Bindungsprotein (DBP) untersucht. Hierzu wurden
die Proteine durch 12% SDS-PAGE aufgetrennt, auf eine Polyvinyldifluorid
(PVDF)-Membran geblottet und mit den entsprechenden polyklonalen
Antikörpern
(Dako Diagnostika, Hamburg) inkubiert. Die Detektion der Proteine
erfolgte durch Chemiluminescenz [Schweigert, F J, Raila, J and Haebel,
S (2002). Vitamin A excreted in the urine of canines is associated
with a Tamm-Horsfall like protein. Vet Res 33, 299-311.].
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Immunologisch
lassen sich im Harn von gesunden Hunden Albumin und Spuren an DBP,
jedoch nicht RBP nachweisen (1). Dagegen
ist bei den nierenkranken Hunden ein sichtlicher Nachweis von RBP
und DBP zu verzeichnen. Tfn ist bei erkrankten und in Spuren auch
bei gesunden Hunden nachweisbar. Im Harn von vier CNE Hunden tritt
eine Doppelbande des RBP als Hinweis für Isoformen auf (1).
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Experiment 2: Vorkommen
und Mikroheterogenität von
RBP im Harn von Schwangeren
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Von
69 Schwangeren verschiedener ethnischer Gruppen im Alter zwischen
19 und 42 Jahren wurde jeweils eine Harnprobe in den letzten 8 Wochen
vor der Geburt untersucht. Das Probandinnenkollektiv setzte sich
aus 40 gesunden Schwangeren, welche die Klinik zur Entbindung aufsuchten
und 29 Schwangeren mit Erkrankungen im Verlauf der Schwangerschaft,
womit mindestens ein stationärer Klinikaufenthalt
während
der Schwangerschaft verbunden war, zusammen. Die Probandinnen mit Schwangerschaftskomplikationen
wurden nach der Art der Erkrankung in zwei Gruppen unterteilt. Die eine
Gruppe schließt
16 Schwangere mit Erkrankungen ohne Einfluß auf den mütterlichen Stoffwechsel ein,
die andere Probandinnengruppe umfaßt 13 Schwangere mit Erkrankungen,
die den Stoffwechsel der Mutter beeinflussen. Die Urinprobe (10-50
ml) wurde mit Natriumazit (0,02%) und einem Gemisch von Proteinaseinhibitoren
(Sigma, Deisenhofen) versetzt, aliquotiert und bei -20 °C bis zur
weiteren Analyse aufbewahrt.
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Die
Konzentration an RBP wurde im etablierten, dem Fachmann bekannten
ELISA-System ermittelt
[Raila, J, Forterre, S, Kohn, B, Brunnberg, L and Schweigert, F
(2003). The effects of chronic renal disease on the transport of
vitamin A in dogs. Am J Vet Res in press,]. Der Nachweis von holo-RBP
(Retinol-gebunden) und apo-RBP (nicht Retinol-gebunden) wurde mit
allgemein bekannten Verfahren im Western Blot nach vorheriger Auftrennung
der Harnproteine durch Polyacrylamid-Gel-Elektrophorese (PAGE, 12 % SDS und 7,5
% nativ) durchgeführt [Schweigert,
F J, Steinhagen, B, Raila, J, Siemann, A, Peet, D and Buscher, U
(2003). Conentrations of carotenoids, tocopherol and retinol in
serum and follicular fluid of women undergoing IVF. Human Reprod.
18, 1259-1264].
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RBP
ist in allen Harnproben nachweisbar. Die untersuchten Schwangeren
scheiden mehrheitlich (94%) RBP-Konzentrationen von weniger als
70 nmol/g Kreatinin aus. Die RBP-Gehalte im Harn weisen keine signifikanten
Unterschiede zwischen den einzelnen Probandinnengruppen auf. Innerhalb
der Gruppe der gesunden Schwangeren und der Gruppe der Schwangeren
mit Erkrankungen zeigen die Probandinnen, welche RBP und Retinol
ausscheiden, signifikant höhere
RBP-Konzentrationen
im Harn als die Probandinnen, die RBP aber kein Retinol im Harn ausscheiden
Nach elektrophoretischer Auftrennung der Harnproteine im SDS-Gel
zeigt der Western Blot differierende Positionen von Harn- und Serum-RBP (2a). Der Western Blot eines nativen Polyacrylamidgels
(7,5%) läßt vier
Banden im Harn der Schwangeren und zwei im Humanserum erkennen (2b).
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Im
Urin vorkommendes RBP von schwangeren Frauen besitzt eine geringere
Molmasse als im Serum zirkulierendes RBP (21 kDa). Ähnliche
Beobachtungen wurden im Plasma von Patienten im chronischen Nierenversagen
gemacht, bei denen eine um 2 Aminosäuren verkürzte RBP-Form nachweisbar ist
(Jaconi et al., 1996). In nativen Gel sind im Harn neben den zwei
der RBP-Banden, die holo- und apo-RBP darstellen, zwei zusätzliche
Banden detektierbar, deren Funktion bisher nicht bekannt ist.
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Experiment 3: Immunologischer
Nachweis von Retinolbindungsprotein und Tamm-Horsfall-Protein in Nieren
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Die
Verteilung von RBP, DBP, Tfn und THP wurde in Nieren von 5 gesunden
und 4 nierenkranken Hunden mittels Immunhistologie bestimmt [Raila,
J, Neumann, U and Schweigert, F J (2003). Immunochemical localization
of retinol, megalin and Tamm-Horsfal
Protein in the kidney of the dog. Vet Res Commun 27, 125-135].
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Die
Fixierung der Nieren in 4%igem neutral gepufferten Formalin und
die Einbettung der Organe in Paraplast erfolgte nach einem dem Fachmann
bekannten Standardverfahren. Mit Hilfe eines Rotationsmikrotoms
wurden von den eingebetteten Organproben 3–4 μm dicke Schnitte angefertigt,
die anschließend
auf den Objektträgern
im Wärmeschrank bei
37 °C über Nacht
getrocknet wurden. Folgend wurde die Entraffinierung und Rehydrierung
durchgeführt.
Dazu verbleiben die Objektträger
für zunächst 10
min in Rotihistol, anschließend
zweimalig für
3 min in Isopropanol und schließlich
für jeweils
3 min in Alkohol in absteigender Konzentration von 96%, 80% und
70%. Zur Inaktivierung der endogenen Peroxidase wurden die Objektträger 1 Stunde
in eine Methanol-H2O2-Lösung (170
ml Methanol, 4 ml H2O2 30%ig) gegeben.
Nach einer Waschung mit TBS-Puffer über 1 – 2 min wurden die Schnitte
in Coverplates überführt. Durch
ein 30minütiges
Einwirken einer 5%igen BSA-Lösung
wurden unspezifische Bindungen geblockt. Zur Markierung wurden in
die Coverplates jeweils 100 μl
der Primärantikörperlösung (A0040)
pipettiert und bei 4 °C
im Kühlschrank über Nacht
inkubiert. Zwischen den nachfolgend eingesetzten Antikörper erfolgte
eine Waschung der Proben mit jeweils 2 ml einer TBS-Lösung über 10 min.
RBP wurde durch die Peroxidase-anti-Peroxidase Methode nachgewiesen. Dazu
werden die Schnitte mit einem Schwein-anti-Kaninchen IgG (Z0196) und der Peroxidase-anti-Peroxidase
(Z0113) nacheinander über
jeweils 30 min bei Raumtemperatur inkubiert. Nach einem erneuten
Waschschritt mit TBS über
10 min wurden die Objektträger
aus den Coverplates in eine Küvette überführt und
schließlich
1 min in einer Färbelösung (DAB)
unter ständigem
Rühren
bei Raumtemperatur angefärbt.
Es folgten mehrere Waschschritte für jeweils 5 min, dreimaliges
Waschen mit TBS-Puffer und einmal mit destilliertem Wasser. Anschließend wurden
die Proben in Papanicolaou's
Hämatoxylin
nach Sicht gegengefärbt
und unter Leitungswasser gebläut.
In einer aufsteigenden Alkoholreihe wurden die Schnitte entwässert, beginnend
mit 50%igem Rotihistol, bis zu 96%igem Alkohol, folgend Isopropanol,
Rotihistol für
jeweils 3 min und abschließend
für 10
min in Xylol. Zuletzt wurden die Schnitte in Kanadabalsam eingedeckelt
und haltbargemacht.
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Die
Durchführung
der immunhistologischen Färbung
von THP entspricht weitestgehend der für RBP aufgeführten Vorschrift.
Unterschiedlich war die Verwendung der Antikörper, da die indirekte Peroxidase-Methode
gewählt
wurde. Dazu wurde ein Primär-
(AB733) und ein Sekundärantikörper (P0163) bei
gleicher Inkubationszeit wie bei RBP angewendet, so daß die Waschschritte
zwischen den 2. und 3. Antikörper
entfallen konnten. Die Antikörper
wurden 1:100 in TBS-Puffer mit 1 % BSA verdünnt. Außerdem wurde die Einwirkdauer
der Färbelösung auf
30 Sekunden verkürzt.
Alle übrigen
Schritte waren identisch.
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Negativkontrollen
dienten die jeweils mit 1 % BSA in TBS inkubierten Schnitte. Als
Positivkontrolle wurde bereits definiertes Nierengewebe mitgeführt.
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Die
gefärbten
Histoschnitte werden unter einem Lichtmikroskop mit einer 100-fachen
Vergrößerung auf
ihre Vorkommen und Lokalisation von RBP untersucht.
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Zwischen
den Nierenschnitten gesunder und nierenkranker Hunde bestanden eindeutige
Unterschiede in der Verteilung von RBP und THP. Bei den nierenkranken
Tieren waren große
Areale der Niere ohne Expression von RBP und THP was auf eine deutliche
Nierenschädigung
hinweist.
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Durch
diese Erfindung ist es möglich,
durch eine geeignete Kombination von Markerproteinen oder deren
molekularen Isoformen im Harn oder in Nierenbiopsien Nierenerkrankungen
frühzeitig
zuverlässig
zu diagnostizieren. Sie erlaubt ferner die Beurteilung von Verlaufsuntersuchungen
sowie den Therapieerfolg einer renalen Störung. Der Gegenstand der Erfindung
vereinigt Selektivität
und hohe Sensitivität.
Damit können
Nierenerkrankungen früher
nicht invasiv diagnostiziert werden und pharmakologische und nutritive
Therapien früher
und effizienter eingesetzt werden und so die Entwicklung von schweren Schäden verzögert werden.
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1:
SDS-PAGE (oben) und Western-Blot-Analyse (unteres Bild) von Transferrin
(Tfn), Albumin (Alb), Vitamin-D-Bindungsprotein (DBP) und Retinol-Bindungsprotein (RBP)
und Tamm-Horsfall-Protein (THP) im Harn von nierenkranken und gesunden
Hunden.
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2:
Immunologische Detektion von RBP im Harn von Schwangeren (a) 12%
SDS-PAGE, Western Blot und (b) 7,5% native PAGE, Western Blot
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3:
(A) Nachweis entzündlicher
Infiltrate (In) in der Nierenrinde eines Hundes mit tubulärer Proteinurie
(H.-E. Färbung)
(B) Es ist erkennbar, dass in den alterierten Arealen die Megalin-Expression
quantitativ als auch qualitativ vermindert ist. (C) Detektion von
RBP. Immunoreaktives RBP ist vorwiegend innerhalb des Lumens der
proximalen und distalen Nierentubuli erkennbar (Stern). RBP kann
darüber
hinaus innerhalb entzündlicher
Infiltrate (Pfeile) nachgewiesen werden. (D) Der Nachweis von Tamm-Horsfall-Protein
(ein Marker für
Schäden
der distalen Tubuli) ist im Vergleich zum physiologischen Verteilungsmuster
ebenfalls stark vermindert. G, Glomerulum; dT, distaler Tubulus;
In, intersitielle entzündliche
Infiltrate.