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1. Das Problem
und das Prinzip seiner Lösung
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Technische Antriebe dienen zur kontrollierten
Bewegung von Massen und Gewichten. Sie müssen deshalb Kräfte erzeugen
und diese so steuern, dass eine definierte Bewegung erfolgt. Die
wichtigsten Begrenzungsdaten für
die Leistung eines Antriebs sind die Größe der erzeugbaren Kraft und
die Exaktheit, als auch die Distanz der Bewegung, wobei sich diese
Spezifikationen gegenseitig negativ beeinflussen. Antrieb können umso
schneller und exakter in der Bewegung sein, je geringer die aufzuwendenden
Kräfte
sind und umgekehrt. Einen Sonderfall stellen mechatronische Antrieb
dar, die zwar äußerst genau
und stark sind, dafür
aber nur sehr kleine Wege erzeugen können. Eine Trennung beider
sich widersprechender Leistungskomponenten auf kooperierende Teilantriebe
ist in der Technik nach momentanem Stand nicht realisiert. Es gibt
lediglich Einrichtungen, die als reine Zusatzhilfen (Gegengewichte, Gegenfedern)
separat einen Großteil
der benötigten Kraft
zum eigentlichen Antrieb beisteuern – z. B. bei Garagentoren, Klappen
für Kofferräume, Gegengewichte
bei Roboterarmen u. ä.
Diese Zusatzhilfen sind aber kein eigener (steuerbarer) Teilantrieb,
sondern lediglich eine Maßnahme,
die den Arbeitsbereich für
den eigentlichen Antrieb günstig
verschiebt, indem ein vordefinierter Kraftbeitrag geliefert wird. Weiterhin
gibt es aktive Hebehilfen, die von Menschenhand gesteuert werden.
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Die vorliegende Erfindung besteht
darin, einen Antrieb aus zwei Teilantrieben zu kombinieren, die
beide – gesteuert – sowohl
Kraft als auch Bewegung erzeugen, diese Komponenten jedoch mit jeweils
gegensätzlichen
Leistungsspezifikationen aufweisen: Während der eine Teilantrieb
große
Kräfte erzeugen
kann, aber in seiner Bewegungsweise weniger gut zu definieren ist,
ist der andere Teilantrieb verhältnismäßig schwach
(bzw. nur für
kleine Wege geeignet), dafür
aber sehr exakt in seiner Bewegungsweise. Die Kombination beider
Antriebe zu einem „Kompositantrieb" vereinigt beide
Aspekte: Kraft und Genauigkeit der Bewegung, ohne sich gegenseitig
zu beeinträchtigen,
wie dies für
einen einzelnen Antrieb gilt.
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Da Bewegungs- und Antriebssysteme
in besonders anspruchsvoller Weise bei mehrgliedrigen Arbeitsarmen
(Roboter) realisiert sind, sei im folgenden dieses Prinzip der Komponententrennung
am Beispiel eines Roboterarmes erläutert. Im folgenden wird der
Aspekt der Bewegungsteuerung als Positionssteuerung bezeichnet,
da im typischen Fall die Exaktheit der Bewegung als Positioniergenauigkeit charakterisiert
wird.
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2. Das Prinzip der weitgehenden
Trennung von Kraft- und Positionssteuerung
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Im folgenden sollen die in dieser
Beschreibung und den Patentansprüchen
verwendeten Begriffe Kraftantrieb und Positionierantrieb und ihre Kennlinie
definiert werden. Der größte Teil
der Kraft eines Antriebs wird für
die Beschleunigung und Abbremsung der Massen und das Tragen der
Gewichte benötigt.
Mit Hilfe der Kraft soll in der Regel ein Gegenstand von einer Raumposition
in eine andere überführt werden.
Ein kleinerer Kraftanteil wird für
die exakte Positionierung benötigt
und zwar so, dass bei einer Abweichung von der Sollposition eine
Kraft erzeugt wird, welche der Abweichung entgegenwirkt. Diese korrigierende
Kraft kann auch als Positionierkraft bezeichnet werden. Zur Erreichung
möglichst hoher
Genauigkeit ist dabei die Kennlinie, nach welcher die Positionierkraft
in Abhängigkeit
von der Abweichung erzeugt wird, möglichst steil, d. h. kleine Abweichungen
erzeugen große
(korrigierende) Positionierkräfte.
Daraus resultieren sehr "steife" Antriebe.
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Im Gegensatz dazu könnte der
Großteil
der übrigen,
hauptsächlich
für den
Transfer notwendigen Kräfte über einen
weichen, "elastischen" Antrieb erzeugt
werden, einen Antrieb also, in dem die Positionierkräfte von
der Positionsabweichung mit einer flachen Kennlinie abhängen. Allerdings
wird in Antrieben nach dem Stand der Technik zwischen den Bewegungs-
oder Transferkräften,
welche die Massen grob beschleunigen (bzw. die Gewichte tragen)
und den Positionierkräften,
die zur Feineinstellung der Position benötigt werden, nicht unterschieden.
Beide werden von den selben Komponenten eines einzigen Antriebes
erzeugt. In der vorliegenden Erfindung dagegen werden beide Kraftkomponenten
von zwei unterschiedlichen, parallel geschalteten Antrieben erzeugt.
Die Transfer- und Tragekräfte
werden von einem Antrieb mit flacher Positionierkraftkennlinie erzeugt,
dem Kraftantrieb, wobei die Maximalkräfte den Maximalkräften des
gesamtem Antriebs entsprechen, also groß sind. Die Positionierkräfte dagegen werden über einen
Antrieb mit sehr steiler Kennlinie, dem Positionierantrieb, erzeugt,
wobei jedoch dessen Maximalkräfte
sehr eng begrenzt sein können. Die
beiden zu kombinierenden Teilantriebe, Kraftantrieb und Positionierantrieb
unterscheiden sich also durch die Steilheit und die Ausdehnung der
Kennlinie für
die Kraft, die sie als Funktion der Positionsabweichung erzeugen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform
entspricht der Kraftantrieb dem in der Deutschen Patentanmeldung
Nr. 197 19 931.3, vom 13. 5. 1997 „Arbeitsarm, insbesondere
für eine
Roboter", beschriebenen
Antrieb, der eine (weiche) elastische Komponente besitzt und damit
die flache Kennlinie für
die Positionierkraft aufweist. Dieser Antrieb ist zwar geeignet,
große
Kräfte
zu erzeugen, kann aber die Position des Armes wegen der flachen
Kennlinie nur entsprechend ungenau vorgeben. Diese Eigenschaft wird
im folgenden auch als Positionstoleranz bezeichnet, d. h. der Arm
gibt gegenüber
kleinen, von außen
wirkenden Kräften
nach. Um die Schwingungsneigung eines solchen Armes zu beherrschen, hat
er in einer bevorzugten Ausführungsform
eine Schwingungskompensation, die als aktive Kompensation wirkt,
vorzugsweise über
eine Geschwindigkeitsrückführung (wie
in der Patentanmeldung beschrieben). Denkbar ist allerdings auch
eine passive Schwingungsdämpfung
z. B. über
eine Fluiddämpfung.
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Nur wegen der Positionstoleranz des
Kraftantriebes kann der parallel geschaltete Positionierantrieb
die Feineinstellung der Position übernehmen. In einer bevorzugten
Ausführungsform
kann der Positionierantrieb über
eine Kupplung zu- oder ausgekoppelt werden. Diese schaltbare Kupplung
ermöglicht eine
als „fly & catch" bezeichnete Bewegungsform, die
folgendermaßen
abläuft:
Die Überwindung
eines größeren Weges
erfolgt nur mit Hilfe des Kraftantriebes, während der Positionierantrieb
entkoppelt ist (fly-Phase). Kurz vor Erreichen der Zielposition
wird der Positionierantrieb hinzugeschaltet (catch-Phase), um die
exakte Positionierung zu übernehmen.
Vor dem Zuschalten wird der Positionierantrieb noch auf die Geschwindigkeit
der momentanen Bewegung hochgefahren, so dass infolge der synchronen
Bewegung von Kraft- und Positionierantrieb das Einkuppeln erschütterungsfrei
erfolgt. Der Arm ist in dieser Phase über den Kraftantrieb und seine
Schwingungsdämpfung
schon soweit abgebremst, dass der Positionierantrieb mit seinen
begrenzten Kräften
die Führung
des letzten Teils der Bewegung übernehmen
kann. Der Kraftantrieb dagegen erzeugt gegebenenfalls weiterhin
den Hauptanteil der Kraft, der z. B. für das Tragen eines Gewichtes
noch notwendig ist.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante
besteht darin, dass der Positionierantrieb als Piezomotor (z. B.
der Firma Elliptec Resonant Actuator AG, Postfach 700 159, 44371
Dortmund) ausgebildet ist. Weiterhin kann der Positionierantrieb
eine Einrichtung zur Messung der von ihm ausgeübten Kraft (bzw. des Drehmomentes)
erhalten, mit welcher der Kraftantrieb dann auch als reine Servo-Unterstützung gesteuert
werden kann (s. 5. Weitere mögliche Betriebsarten).
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3. Eine reale
Ausführungsform
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Eine beispielhafte Ausführungsform
für die Konstruktion
des Positionierantriebes und seine Kombination mit dem Kraftantrieb
an dem zweiten Armglied (1) eines zweigelenkigen Roboterarmes
ist in 1 und 2 dargestellt. 1 zeigt für den zweiten Arm (1)
den Kraftantrieb, der aus einem Elektromotor mit Getriebe (2),
und einem offenen Zahnriemen (3) besteht. Der Zahnriemen
besitzt an beiden Enden je eine Zugfeder (4) und (5)
und ein Zugseil (6) und (7). Beide Zugseile sind über eine
frei bewegliche Umlenkrolle (8) um das Gelenk geführt und
an den Punkten (9) und (10) des Armes (1)
befestigt. Der Arm wird durch diese antagonistisch verspannte Seilführung biegeentlastet.
Die Zugfedern erzeugen dabei die Positionstoleranz, die für die Funktion
des Positionierantriebes notwendig ist. Die Armstellung und die
Motorstellung wird über
geeignete Winkelsensoren registriert. Damit entspricht die Anordnung
dem in der Deutschen Patentanmeldung Nr. 197 19 931.3 beschriebenen
Prinzip.
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2 zeigt
den Positionierantrieb, der aus einem konventionellen DC-Mikromotor
(11) mit einem integrierten inkrementalen Winkelgeber auf
der Motorwelle und einem hochuntersetzenden Getriebe (in der vorliegenden
Ausführung
1:1.024) besteht. Der Motor treibt über ein Ritzel (12)
und ein Großrad (13)
die Umlenkrolle (8) für
die Antriebsseile (6) und (7, 1)) des Armes an. Zwischen Großrad und Umlenkrolle
ist noch die elektromagnetische Kupplung (14) geschaltet.
Die Umlenkrolle ist wegen der starken elastischen Verspannung durch
Zugseil (6) und Zugfeder (4) kraftschlüssig mit
dem Arm (1) verbunden. Ritzel (12) und Großrad (13)
besitzen ein Untersetzungsverhältnis
von 1:10, so dass sich insgesamt eine Untersetzung von Motor- zu
Armachse von 1:10.240 ergibt. Die Auflösung des an der Motorachse
befindlichen inkrementalen Winkelsensors in Bezug auf die Armbewegung
ist rein rechnerisch (unter Berücksichtigung
der Getriebeuntersetzung) 409.600 Pulse pro Umdrehung des Armes
(40 Pulse pro Motorumdrehung). Bei einer Armlänge von
ca. 300 mm ergibt das (rechnerisch) eine Bewegung an der Armspitze
von ca. 4,7 μm
pro Schritt. Der Motor ist über
seinen Winkelsensor (unter Einsatz des Signalprozessors) positionsgesteuert.
Der Positionierantrieb ist so weit wie möglich starr ausgelegt, allerdings
nur für
relativ kleine Kräfte
(verglichen mit dem Kraftantrieb). Bei größeren Kräften kann als Kraftbegrenzung
ein Durchrutschen der Kupplung erfolgen.
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4. Betriebsbeispiel
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3 stellt
ein Bewegungsbeispiel dar, und zwar für den oben beschriebenen fly & catch-Betrieb. Zu
Beginn der Bewegung sind nur die groben Stufen des Armwinkelsensors
(15) erkennbar. Solange der Positioniermotor steht, werden
dessen Winkelwerte rechnerisch ständig auf die Werte des Armwinkelsensors
zurückgesetzt,
d. h. die Zeitkurve für
die Winkel des Positioniermotors ist identisch mit der des Armes (obwohl
der Positioniermotor in Ruhe ist). Kurz vor Erreichen der Zielposition
zum Zeitpunkt (16) fährt der
Positioniermotor auf die (schon weitgehend abgebremste) Geschwindigkeit
des Armes hoch, seine Winkel (17) heben sich nun als Werte
zwischen den Schritten (15) des Armsensors ab. Das Schließen der Kupplung
erfolgt innerhalb des Zeitbereichs (18). Nach dem Schließen sind
also beide Antriebe mit ihren unterschiedlichen Funktionen parallel
an den Arm gekoppelt: 1. der Kraftmotor, der elastisch den Hauptteil
der Kraft generiert, die erforderlich ist, den Arm in der gewünschten
Position zu halten, ohne ihn selbst zu bewegen und 2. der Positioniermotor,
der bei hoher Wegauflösung
aber geringer Kraft die nunmehr langsame Bewegung und exakte Endposition des
Armes bestimmt. 4 zeigt
die letzte Phase der Bewegung in vergrößerter Darstellung, in welcher
die Schritte des Armsensors (15) und die hohe Auflösung des
Motorsensors (17) deutlich zu erkennen sind.
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5. Weitere mögliche Betriebsarten
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Die Trennung von Kraft- und Positionierantrieb
ist nicht nur auf Punkt-zu-Punkt-Bewegungen beschränkt. So
zeigt die Erfahrung mit dem bisher existierenden, rein elastischen
Arm, dass er mit einer gewissen Genauigkeit auch für eine vorgegebene Bahn
trainiert werden kann. Einem so "vortrainierten" elastischen Antrieb
kann der starre Feintrieb für
die endgültige
Bewegung parallel hinzugeschaltet werden, so dass nun beide Antriebe
miteinander die exakte Bahn erzeugen. Dabei korrigiert der Positionierantrieb
nur noch die (kleinen) Abweichungen von der genauen Bahn im Bereich
der elastischen Nachgiebigkeit (Ungenauigkeit) des Kraftantriebes.
Die hierzu notwendigen Korrigierkräfte sind klein, da sie mit einer
flachen Kennlinie proportional zu den (kleinen) Bahnabweichungen
erzeugt werden. Der ü berwiegende
Anteil der zur Bewegung notwendigen Kraft wird vom elastischen Antrieb
mit seiner "groben" Bahn erzeugt. In
diesem Fall könnte
man von "carry & guide" sprechen.
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Wenn der Positionierantrieb zusätzlich eine Einrichtung
zur Messung der von ihm ausgeübten Kraft
(bzw. des Drehmomentes) erhält,
ergeben sich für
die Steuerung des Kraftantriebes in einem carry & guide-Betrieb weitere, entscheidende
Vorteile: Der Kraftantrieb kann dann als reine Servo-Unterstützung für den Positionierantrieb
arbeiten. Hierzu würde
die vom Positionierantrieb gemessene Kraft (bzw. das Drehmoment)
dem Kraftantrieb ständig
als Rückmeldung
zugeführt
und von ihm über
ein Regelsystem auf einem kleinen, weitgehend konstanten Wert gehalten
werden, während
der Positionierantrieb die Bewegung selbst exakt, aber mit geringen
Kräften, "führen" kann. In dieser Kombination wäre eine schaltbare
Kupplung sogar entbehrlich, oder nur noch als Überlastschutz erforderlich.
An die Messung der Kraft (bzw. des Drehmomentes) des Positionierantriebes
müssten
keine hohen Anforderungen bezüglich
der Genauigkeit gestellt werden, da die Kraft nur innerhalb der
Krafttoleranz des Positionierantriebes gehalten werden muss.
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Einen günstigen Sonderfall für einen
carry & guide-Betrieb
stellen piezoelektrische Antriebe dar, die über hochfrequente Schwingungen „Schreitbewegungen" oder „Wanderwellen" zwar nur geringe Kräfte, dafür aber unbegrenzt
lange Wege und diese mit äußerster
Genauigkeit und relativ hoher Geschwindigkeit erzeugen können (z.
B. Firma Elliptec Resonant Actuator AG, Postfach 700 159, 44371 Dortmund,
www.elliptec.com).
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Im Unterschied zu der eben beschriebenen Bahnbewegung
wird bei einer Punkt-zu-Punkt-Bewegung
der Positionierantrieb nur für
den letzten Teil des Weges benötigt,
er muss also nur kleine Wege erzeugen. Das bedeutet, dass im "fly & catch" auch ein piezoelektrischer
oder magnetostriktiver Positionierantrieb mit kurzem Weg denkbar
ist. Die Stärken dieser
mechatronischen Bauteile – extrem
hohe Reaktionsgeschwindigkeit, Positioniergenauigkeit und Starrheit – können so
voll zum Tragen kommen, während
ihre geringe Weglänge
in diesem Zusammenhang keinen Nachteil bedeutet. Die notwendigen Weglängen für den Positionierantrieb
liegen im Bereich der Ungenauigkeiten des rein elastischen Armes.
Bei der vorliegenden Konstruktion betragen diese an der Armspitze
Werte unterhalb eines Millimeters – also Weglängen, die über entsprechende Hebelverhältnisse
im Armgelenk auch mit mechatronischen Bauelementen realisierbar
wären.
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Schließlich ist es auch denkbar,
als Positionierantrieb eine Feststellbremse vorzusehen. Wenn der
Arm bei Erreichen der Zielposition eine hinreichend kleine Winkelgeschwindigkeit
hat, kann das schnelle Blockieren mit einer Bremse wie ein Anstoß an einen
Anschlag (zum Positionieren) aufgefasst werden. In Verbindung mit
einer geeigneten Zeitsteuerung ergäbe sich daraus ein programmierbar
veränderlicher
mechanischer Anschlag zur exakten Positionierung des Armes. Ein
solcher Positionierantrieb hätte
eine äußerst steile
Kennlinie für
die Erzeugung der Positionierkräfte.
Die von ihm aktiv erzeugte Weglänge
wäre zwar
null, die exakte Position wäre dafür aber durch
den Bremszeitpunkt – also
eine Zeitsteuerung – definierbar
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6. Grundlegende Vorteile
des Kompositantriebs
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Die Trennung von Kraft- und Positionssteuerung
bietet konstruktive Vorteile gegenüber dem Stand der Technik,
in welchem praktisch nur die Einheit von Kraft- und Positionssteuerung
in einem einzigen Antrieb bekannt ist. Der Vorteil einer Trennung beider
Komponenten besteht zum einen darin, dass Kräfte auf elastischer (nachgiebiger)
Basis mit weniger Aufwand zu erzeugen sind als auf starrer Basis. Dies
wird an folgender Überlegung
deutlich: Ein konventioneller starrer Roboter muss einer von außen einwirkenden
Kraft eine gleich große
Kraft unter minimaler Änderung
seiner Position entgegensetzen. Dies gilt für den gesamten Kraftbereich
im Rahmen seiner maximalen Tragfähigkeit,
was die, für
konventionelle Roboter typische, massige Konstruktion erfordert.
Für den
elastischen Roboter dagegen gilt, dass er zwar auch die für ein Gewicht
erforderliche Gegenkraft erzeugen muss, dabei aber nachgiebig sein
kann (und muss), was eine erheblich leichtere Bauweise ermöglicht.
Die Nachgiebigkeit erfolgt in der bevorzugten Ausführungsform
mit antagonistisch verspannten Seilen ausschließlich durch Rotation in den
Gelenken, also in einer geometrisch sehr exakten Mechanik und das
im Rahmen einer niedrigen Eigenfrequenz. Hochfrequente Biegeschwingungen
im festen Material, eines der gravierenden Probleme in der "konventionellen" Robotik, werden
so unterbunden.
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Alle diese mechanischen Vorteile
werden allerdings dadurch erkauft, dass im Gegensatz zum konventionellen
starren Roboter die Kraft "explizit" gesteuert (und eventuell
geregelt) werden muss. Letztendlich wird damit der bisher notwendige
materielle Aufwand für
eine steife Mechanik ersetzt durch die "Intelligenz" einer eigenen Kraftsteuerung. Der Mehraufwand
in der Hard- und Software für
die Steuerung erschließt
im Gegenzug Vorteile für
die mechanische Konstruktion. Lediglich in Sonderfällen, in
denen eine absolut starre Position im gesamten Kraftbereich erforderlich
ist, wie zum Beispiel bei der Materialbearbeitung (Fräsen, Sägen), versagt
das Prinzip einer eigenen Kraftsteuerung.
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Ein kleiner Restanteil der Kräfte muss
allerdings für
die Positionssteuerung weiterhin starr bleibend erzeugt werden – und das
führt zu
dem anderen konstruktionstechnischen Vorteil. Er liegt darin begründet, dass
der für
die Genauigkeit maßgebliche, starre
Positionierantrieb nur kleine Kräfte
und kleine Wege erzeugen muss. Komplementär zum Kraftantrieb gilt hier
entsprechend, dass unter der Bedingung kleiner Kräfte bzw.
kleiner Wege (mechatronische Antriebe) nach dem Stand der Technik
mit verhältnismäßig geringem
Aufwand hervorragend exakte Antriebe realisiert werden können. Auch
unter diesem Gesichtspunkt bringt die funktionelle Trennung von
Kraft- und Positionssteuerung Vorteile für die erreichbare Gesamtleistung.
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Schließlich sei noch der Sicherheitsaspekt hervorgehoben,
der bei Robotern nach dem Stand der Technik wegen ihrer großen Starrheit
so gravierend ist. Der Kompositantrieb ist nur in Hinblick auf kleine
Kräfte
starr. Diese sind durch die Haltekraft der Kupplung begrenzt und
somit einstellbar. Bei Überlastung
würde die
Kupplung durchrutschen, wodurch auch der empfindliche Positionierantrieb
geschützt wäre. Der
Kraftantrieb würde
eine Kollision – nach Durchrutschen
der Kupplung – mit
seiner Nachgiebigkeit momentan auffangen, und die Steuerung hätte Zeit, über die
Winkelsensoren der Arme die Störung
zu detektieren und darauf zu reagieren.
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7. Bevorzugte Einsatzfelder
und Ausblick
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Das Prinzip des "fly & catch" (bzw. "carry & guide") bietet sich in
erster Linie für
Anwendwlgen an, in denen es auf schnelle und sehr exakte Positionierung
von Werkstücken
oder Werkzeugen ankommt, deren Gewicht konstant oder zumindest vorher
bekannt ist, was für
die aktive Kraftsteuerung günstig ist.
Zum Beispiel ließen
sich Bestückungsautomaten, Schweißroboter
oder Roboter zur Laserbearbeitung mit dem beschriebenen Prinzip
vorteilhaft antreiben. Weiterhin ergibt sich die einfache Möglichkeit,
zwischen Positions- und Kraftsteuerung umzuschalten, was zusätzlich zu
der exakten Positionierung auch noch die Erzeugung von Montage-
oder Fügekräften ermöglicht (nach Öffnen der
Kupplung). Schließlich sind
auch Anwendungen im Bereich exakter Sensorführung denkbar, wobei hier die
Konstanz der zu führenden
Gewichte wieder besonders vorteilhaft wäre.