STAND DER TECHNIK
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Die Erfindung betrifft ein Querführungssystem für ein Kraftfahrzeug, mit einer
Sensoreinrichtung zur Erfassung der Ist-Position des Fahrzeugs relativ zu den
Grenzen der befahrenen Spur, einer Vorgabeeinrichtung für einen Sollwert der
Querposition und einer Verarbeitungseinrichtung zur Ausgabe eines durch
Soll/Ist-Vergleich bestimmten Ausgangssignals.
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In Kraftfahrzeugen werden zunehmend Systeme eingesetzt, die den Fahrer bei
der Fahrzeugführung unterstützen oder ihm spezielle Fahrmanöver erleichtern
(Advanced Driver Assistance Systems; ADAS). Eine Funktion dieser Systeme ist
die Querführungsunterstützung (Lane Keeping Support; LKS). Unter einem
Querführungssystem soll hier derjenige Teil eines ADAS-Systems verstanden
werden, der sich auf diese Querführungsunterstützung bezieht. Im Rahmen
dieses Querführungssystems werden Daten ermittelt, die den Istzustand des
Fahrzeugs angeben, z. B. die Ist-Position relativ zu der befahrenen Fahrspur, den
Winkel zwischen der Fahrzeugachse bzw. der Bewegungsrichtung und den
Fahrbahnrändern, die Quergeschwindigkeit, etc. Aus den gewonnenen Daten wird
die Fahrzeugbewegung vorhergesagt, und die vorhergesagte Bewegung oder
Position des Fahrzeugs wird mit einer "optimalen" Soll-Bewegung verglichen. Aus
dem Ergebnis dieses Vergleichs wird ein Ausgangssignal generiert. Je nach
Funktionsumfang des Systems kann das Ausgangssignal einfach in einer
Spurverlassenswarnung für den Fahrer bestehen, wenn die Soll/Ist-Abweichung
bestimmte Toleranzgrenzen überschreitet, oder in einem Stellsignal für einen
Aktor, der in der Lenkungssystem des Fahrzeugs eingreift, sei es um den Fahrer
durch ein zusätzliches Lenkdrehmoment oder einen überlagerten Lenkwinkel zu
unterstützen oder um eine völlig autonome Querführung durchzuführen, die
keinen Eingriff des Fahrers mehr erfordert.
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AUFGABE, LÖSUNG UND VORTEILE DER ERFINDUNG
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Querführungssystem zu schaffen, das den
individuellen Wünschen und Vorlieben des Fahrers besser Rechnung trägt.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß bei einem Querführungssystem der
eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß die Vorgabeeinrichtung ein
Einstellelement zur manuellen Einstellung einer lateralen Abweichung des Sollwertes von
der Spurmitte aufweist.
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Bei dem erfindungsgemäßen System muß somit der Sollwert für die
Querposition des Fahrzeugs nicht zwangsläufig der Spurmitte entsprechen, sondern er
kann - zumindest innerhalb gewisser Grenzen - nach beiden Seiten von der
Spurmitte abweichen, wobei diese Abweichung vom Fahrer mit Hilfe des
Einstellelements nach Wunsch gewählt werden kann. Auf diese Weise wird dem Fahrer
die Möglichkeit geboten, je nach Motivation oder Verkehrssituation mehr oder
weniger weit seitlich versetzt zur Spurmitte zu fahren. Dies kommt insbesondere
der bei vielen Kraftfahrern beobachteten Tendenz entgegen, bei Kolonnenfahrten
auf Autobahnen stark seitlich versetzt zu fahren, um am vorausfahrenden
Fahrzeug vorbeischauen zu können.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den
Unteransprüchen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Einstellelement durch ein
Stellrad gebildet, das so am Lenkrad des Fahrzeugs angebracht ist, daß es vom
Fahrer, beispielsweise mit Hilfe des Daumens, verstellt werden kann, ohne daß der
Fahrer die Hand vom Lenkrad zu nehmen braucht.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform enthält das Einstellelement
einen Impulsgeber, der bei Betätigung des Einstellelements eine von dem Ausmaß
oder der Dauer der Betätigung abhängige Anzahl von Impulsen erzeugt, und die
Vorgabeeinrichtung enthält einen Speicher, in dem der aktuelle Sollwert
gespeichert ist, sowie eine Einrichtung zum Erhöhen oder Verringern des
gespeicherten Sollwertes entsprechend der Anzahl der vom Einstellelement gelieferten
Impulse. Auf diese Weise läßt sich mit geringem mechanischen Aufwand eine
genaue und stabile Einstellung des Sollwertes erreichen. Im Prinzip läßt sich so
ein beliebig großer Einstellbereich und eine beliebig hohe Auflösung realisieren,
ohne daß das Einstellelement selbst große Abmessungen zu haben braucht oder
über große Distanzen verstellt werden muß. Beispielsweise kann ein als Stellrad
ausgebildetes Einstellelement endlos in beiden Richtungen gedreht werden. Bei
jeder Drehung des Stellrades um ein bestimmtes Winkelinkrement erzeugt der
Impulsgeber einen Impuls zur Verstellung des Sollwertes in der einen oder
anderen Richtung, je nach Drehrichtung des Stellrades. Wenn der Speicher in der
Vorgabeeinrichtung ein nichtflüchtiger Speicher ist, kann der zuletzt eingestellte
Sollwert auch nach dem Abschalten des Systems oder nach dem Abschalten der
Zündung des Fahrzeugs gehalten werden. Alternativ ist es jedoch auch möglich,
den Sollwert beim Einschalten der Zündung bzw. des Querführungssystems auf
einen fest vorgegebenen Anfangswert zu setzen, beispielsweise auf die
Spurmitte.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform bildet das Einstellelement
zugleich einen Schalter zum Aktivieren und Deaktivieren des
Querführungssystems oder des gesamten ADAS. Beispielsweise kann das durch ein Stellrad
gebildete Einstellelement so ausgebildet sein, daß durch einen Druck auf das
Stellrad (senkrecht zur Achse) ein Schaltimpuls ausgelöst wird, der das System
je nach Betriebszustand entweder aktiviert oder deaktiviert. Stellräder mit
integrierter Schaltfunktion sind als solche bekannt und werden beispielsweise bei
einer Rollmaus für Computer oder bei Funktionswahlrädchen an Geräten der
Unterhaltungselektronik (z. B. Videokameras) eingesetzt. Durch die Kombination
der Schalt- und Einstellfunktion wird eine besonders ergonomische Bedienung
des Systems ermöglicht.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung kann die mit Hilfe des
Einstellelements eingestellte laterale Abweichung auch dynamsich an die mit Hilfe der
Sensoreinrichtung erfaßte Breite der Fahrspur angepaßt werden, so daß bei
einer Spurverengung, beispielsweise an Baustellen, die Spur auch dann nicht
verlassen wird, wenn eine sehr große laterale Abweichung eingestellt war.
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Der mit Hilfe des Einstellelements eingestellte Sollwert kann auch zur Steuerung
anderer Systeme des Fahrzeugs benutzt werden, beispielsweise für Systeme zur
Erfassung und/oder Vermeidung eines toten Winkels bei Rückspiegeln,
Radarsensoren und dergleichen, für ein Spurwechsel-Assistenzsystem oder für ein
radargestütztes Abstandsregelsystem (Automotive Cruise Control; ACC). Im
letzteren Fall kann die Information über die laterale Abweichung von der Spurmitte
dazu beitragen, die Unterscheidung zwischen Fahrzeugen auf der eigenen
Fahrspur und Fahrzeugen auf Nachbarspuren zu verbessern und/oder den
Ortungsbereich des Radarsensors oder die Ortungstiefe (z. B. bei Kurvenfahrten) zu
optimieren.
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Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel anhand der Zeichnungen näher
erläutert.
KURZBESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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Es zeigen:
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Fig. 1 ein Blockdiagramm eines Querführungssystems für ein
Kraftfahrzeug;
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Fig. 2 ein Beispiel für die Anordnung eines Einstellelements für das
Querführungssystem am Lenkrad des Kraftfahrzeugs; und
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Fig. 3 eine schematische Darstellung des Aufbaus des
Einstellelements.
BESCHREIBUNG EINES AUSFÜHRUNGSBEISPIELS
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In Fig. 1 ist schematisch ein Kraftfahrzeug 10 in der Draufsicht dargestellt,
das etwas versetzt zur Spurmitte 12 auf einer durch Grenzen 14 definierten
Fahrbahnspur einer Straße fährt. Die Längsachse 16 des Kraftfahrzeugs 10 ist
strichpunktiert eingezeichnet, und die laterale Abweichung zwischen der
Längsachse 16 und der Spurmitte 12 ist mit Y bezeichnet.
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Das Kraftfahrzeug 10 ist mit einem ADAS-System ausgerüstet, das als
Teilsystem ein Querführungssystem mit den folgenden, in Form eines
Blockdiagramms dargestellten Komponenten umfaßt: eine durch eine Videokamera 18
und ein Bildverarbeitungssystem 20 gebildete Sensoreinrichtung, eine
Vorgabeeinrichtung 22 zur Vorgabe eines Sollwertes für die Querposition des
Kraftfahrzeugs 10, eine Verarbeitungseinrichtung 24 und ein Lenkungsstellglied 26, das
durch ein Ausgangssignal A der Verarbeitungseinrichtung 24 angesteuert wird
und in die Fahrzeuglenkung eingreift, um die Querposition des Kraftfahrzeugs
10 auf den Sollwert zu regeln.
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Die Ist-Position des Fahrzeugs in der Richtung quer zur Längsachse 16 wird im
gezeigten Beispiel mit der durch die Videokamera 18 und die
Bildverarbeitungseinheit 20 gebildeten Sensoreinrichtung erfaßt. (Bei dieser "Ist-Position" kann es
sich auch um die Position zu einem zukünftigen Zeitpunkt handeln, die aus den
Bewegungsdaten vorhergesagt wird.) Dazu wertet die Bildverarbeitungseinheit
20 das von der Kamera aufgenommene Videobild aus, um die Grenzen 14 und
die Lage des Kraftfahrzeugs 10 relativ zu diesen Grenzen zu erkennen. Diese
Ausführungsform der Sensoreinrichtung ist lediglich als Beispiel zu verstehen
und kann beispielsweise durch Magnetsensoren ersetzt werden, die magnetische
Markierungen für die Fahrbahngrenzen erfassen. Ebenso könnten die
Fahrbahngrenzen auch mit Hilfe von Reflektoren markiert werden, die von einem
Radarsystem des Fahrzeugs erfaßt werden.
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Wenn die Lage beider Grenzen 14 relativ zum Kraftfahrzeug 10 bekannt ist, läßt
sich aus diesen Daten auch die Spurbreite sowie die Lage der Spurmitte 12
ermitteln. Die Sensoreinrichtung 20 ist daher in der Lage, die Ist-Position des
Kraftfahrzeugs 10, ausgedrückt durch einen Ist-Wert Yist für die laterale
Abweichung Y, an die Verarbeitungseinrichtung 24 zu übermitteln. Anhand eines
Vergleichs des Ist-Wertes Yist mit dem Sollwert Ysoll bildet die
Verarbeitungseinrichtung 24 dann das Ausgangssignal A, das an das Lenkungsstellglied 26
übermittelt wird. Der Sollwert Ysoll wird ebenfalls als laterale Abweichung von der
Spurmitte 12 ausgedrückt. Beispielsweise entsprechen positive Werte von Ysoll
einer Abweichung nach rechts von der Spurmitte 12 und negative Werte einer
Abweichung nach links von der Spurmitte.
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Die Vorgabeeinrichtung 22 enthält einen Speicher 28, in dem jeweils der
augenblicklich gültige Sollwert gespeichert ist. Zu der Vorgabeeinrichtung 22 gehört
weiterhin ein am Lenkrad des Fahrzeugs angeordnetes Einstellelement 30, mit
dem der gespeicherte Sollwert veränderbar ist. Auf diese Weise kann der Fahrer
des Kraftfahrzeugs 10 die laterale Abweichung Y individuell nach seinen
persönlichen Vorlieben oder Bedürfnissen wählen. Allerdings kann die
Vorgabeeinrichtung 22 so ausgelegt sein, daß sie die vom Fahrer vorgenommene Einstellung
modifiziert oder den Einstellbereich begrenzt. Beispielsweise ist es zweckmäßig,
den Einstellbereich in Abhängigkeit von der mit Hilfe der Sensoreinrichtung
gemessenen Breite der Spur und der bekannten Fahrzeugbreite so zu begrenzen,
daß das Fahrzeug stets einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu den
Spurgrenzen einhält. Ebenso ist es denkbar, daß die mit Hilfe des Einstellelements
30 vorgenommene Einstellung die laterale Abweichung Y nicht in einer festen
Längeneinheit angibt, sondern als Prozentwert bezogen auf die Breite der
Fahrspur oder auf den Breitenüberschuß der Fahrspur, d. h., die Differenz zwischen
Spurbreite und Fahrzeugbreite. In diesem Fall würde der im Speicher 28
gespeicherte Sollwert automatisch angepaßt, wenn sich die Spurbreite ändert, ohne
daß der Fahrer das Einstellelement 30 verstellen muß.
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Fig. 2 und 3 zeigen ein Beispiel für eine ergonomisch besonders günstige
Anordnung und Gestaltung des Einstellelements 30 am Lenkrad 32 des
Fahrzeugs. Bei diesem Beispiel weist das Einstellelement 30 ein Stellrad 36 auf, das
so in eine Speiche 34 des Lenkrads 32 eingelassen ist, daß es vom Fahrer mit
dem Daumen der linken Hand betätigt werden kann, wenn der Fahrer die Hände
in der üblichen Lenkposition am Lenkrad hat. Wenn sich das Lenkrad 32 in der
Geradeaus-Stellung befindet, ist das Stellrad 36 nach rechts oder nach links
drehbar, so daß für den Fahrer sofort intiutiv erfaßbar ist, daß eine Drehung
des Stellrades 36 nach rechts eine Verschiebung des Sollwertes für die laterale
Abweichung Y nach rechts und eine Drehung nach links eine
Sollwertverschiebung nach links bewirkt.
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Wie Fig. 3 zeigt, ist das Stellrad 36 drehbar im Oberteil eines zweiteiligen
Gehäuses 40 gelagert. Im Unterteil 42 des Gehäuses 40 ist ein Impulsgeber 44
angebracht, der eine feinstufige Winkelteilung 46 des Stellrades 36 abtastet. Wenn
das Stellrad 36 in der einen oder anderen. Richtung gedreht wird, liefert der
Impulsgeber 44 bei jedem Durchgang einer Markierung der Winkelteilung 46 einen
Impuls, der über eine Leitung L1 an die Vorgabeeinrichtung 22 übermittelt wird
und dort eine Erhöhung oder Verringerung des Sollwertes um ein bestimmtes
Inkrement bewirkt. Der Impulsgeber 44 ist so ausgelegt, daß er auch die
Drehrichtung des Stellrades 36 erfassen kann und je nach Drehrichtung entweder
einen positiven oder einen negativen Impuls ausgibt, so daß die
Vorgabeeinrichtung 22 entscheiden kann, in welcher Richtung der Sollwert verstellt werden
muß. Wahlweise ist es selbstverständlich auch möglich, die Drehrichtung des
Stellrades 36 gesondert zu erfassen und an die Vorgabeeinrichtung 22 zu
übermitteln.
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Das Oberteil 38 des Gehäuses 40 ist relativ zu dem Unterteil 42 beweglich und
ist durch Federn 48 auf Abstand zu diesem gehalten. Kontakte 50, 52 an dem
Oberteil 38 und dem Unterteil 42 bilden zusammen einen Schalter, der
geschlossen werden kann, indem über das Stellrad 36 ein Druck auf das Oberteil
38 ausgeübt wird. Bei diesem Schalter handelt es sich um einen Tastschalter,
der bei Betätigung einen Schaltimpuls über eine Leitung L2 an die
Vorgabeeinrichtung 22 übermittelt. Dieser Schaltimpuls wird an die
Verarbeitungseinrichtung 24 weitergeleitet und bewirkt die Deaktivierung des Systems, wenn es aktiv
war, oder die Aktivierung des Systems, sofern es inaktiv war. Auf diese Weise
läßt sich das Querführungssystem in besonders ergonomischer Weise mit Hilfe
eines einzigen Bedienelements ein- und ausschalten und hinsichtlich der
lateralen Abweichung Y einstellen. Da der Impulsgeber 44 am unteren Scheitel des
Stellrades 36 angeordnet ist, führt die Relativbewegung zwischen Oberteil 38
und Unterteil 42 beim Schließen des Schalters nicht zur Auslösung von
Impulsen auf der Leitung L1.
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Die Vorgabeeinrichtung 22 und die Verarbeitungseinrichtung 24 sind in Fig. 1
als getrennte Blöcke dargestellt, können jedoch wahlweise durch einen einzigen
Mikrocomputer gebildet werden. Umgekehrt ist es auch möglich, die
Vorgabeeinrichtung 22 mit dem Einstellelement 30 zu einer Einheit zu kombinieren, die am
Lenkrad 32 angeordnet ist. Für die Kommunikation zwischen den verschiedenen
Systemkomponenten wird zweckmäßig ein Bussystem, beispielsweise ein CAN-
Bus eingesetzt.