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Die vorliegende Erfindung betrifft ein computerimplementiertes Verfahren zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs sowie ein Verfahren zur Vorwärtssteuerung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs, eine Steuerungseinheit, einen Antriebsstrang eines Fahrzeugs, ein Computerprogramm und ein computerlesbares Medium basierend auf dem Verfahren.
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Jüngste gesellschaftliche, politische und technologische Entwicklungen beeinflussen die Weiterentwicklung der Antriebsstrangsteuerung von Fahrzeugen erheblich. Einerseits impliziert die Forderung nach einer Verringerung des Energieverbrauchs und der Emissionen im realen Fahrbetrieb und nicht nur für einige vordefinierte Fahrzyklen die Notwendigkeit, den Fahrzeugbetrieb im realen Betrieb laufend zu optimieren. Andererseits sind in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Fahrzeugfunktionen entstanden, wie beispielsweise autonomes Fahren, ADAS, vorausschauende Funktionen oder Flottenmanagement. Neue zusätzliche Faktoren und eine komplizierte Kombination von Zielen beeinflussen die Optimierungsentscheidungen erheblich.
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Dieses Optimierungsproblem kann durch konventionelle regelbasierte Steuerungen mit offline kalibrierten Regeln insbesondere aus den folgenden Gründen nicht mehr gelöst werden.
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Der Ansatz der Kalibrierungsregeln basiert im Allgemeinen auf Offline-Optimierungen, die für einige wenige Fahrzyklen durchgeführt werden. Eine Optimierung im davon regelmäßig stark abweichenden realen Fahrbetrieb ist nicht möglich.
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Der bei wenigen Kalibrierungsregeln bestehende Vorteil von Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Regelung bei einfachen geschlossenen Regelkreisen mit beispielsweise statischer Vorsteuerung ohne Querentkopplung verschwindet weitgehend bei einem Multi-Input-Multi-Output-System, wenn die Anzahl der notwendigen Kalibrierungsregeln und deren gegenseitige Beeinflussung stark ansteigt. Hierdurch wird der Aufwand und die Kosten für die Kalibrierung steigen mit der Anzahl der Optimierungsparameter exponentiell an.
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Im Unterschied dazu reagiert ein Steuersystem, das nur über eine Vorwärtssteuerung verfügt, auf sein Steuersignal in einer vordefinierten Weise, ohne auf die Art und Weise zu reagieren, wie die Regelgröße reagiert. Dies steht im Gegensatz zu einem System, das auch über eine Rückkopplung verfügt, die den Eingang anpasst, um zu berücksichtigen, wie er sich auf die Regelgröße auswirkt und wie die Regelgröße selbst unvorhersehbar variieren kann; die Regelgröße wird als Teil der externen Umgebung des Systems betrachtet.
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In einem System mit Vorwärtssteuerung ist die Anpassung der Regelgröße nicht fehlerabhängig. Stattdessen basiert sie auf dem Wissen über den Prozess in Form eines mathematischen Modells des Prozesses und dem Wissen über die Prozessstörungen bzw. deren Messung.
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Modelle zur Vorwärtssteuerung eines Antriebsstrangs können überall da verwendet werden, wo Systeme sich näherungsweise linear in der Nähe von einem Betriebspunkt verhalten, die Anzahl der Eingangsdaten und der Ausgangsdaten gleich sind und eine gewünschte Trajektorie der Ausgangsdaten verfügbar ist oder berechnet werden kann.
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Die Vorteile einer Vorwärtssteuerung gegenüber anderen Steuerungen liegen unter anderem in einer höheren Steuergenauigkeit höheren Zuverlässigkeit und einer geringeren Leistungsaufnahme, wodurch die Steuereinheit mit geringeren Kosten hergestellt werden kann und einer hohen Geschwindigkeit operieren kann. Ferner sind Hysterese-Effekte bei Vorwärtssteuerungen reduziert.
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Da Störungen bei einem zu steuernden System nicht ausgeschlossen werden können und dadurch, dass das Modell zur Vorwärtssteuerung nicht perfekt die Dynamik des Systems repräsentiert, ist eine Steuereinheit mit einer dynamischen Feedbackschleife vorteilhaft für eine praktische Anwendung. Die dynamische Feedbackschleife kann als ein bekannter Regler, wie zum Beispiel ein PI-Regler, ein PID-Regler, ein statischer Feedback Regler oder ein regelbasierte Regler sein.
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Die Anwendung von Vorratssteuerungen ist an verschiedenen Stellen im Antriebsstrang eines Fahrzeugs besonders hilfreich.
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Mögliche Anwendungen in einem Verbrennungsmotor sind die Steuerung des Lufteinlasses oder des Mischverhältnisses von Frischluft und rückgeführtem Abgas (exhaust gas recirculation, EGR) eines Dieselmotors. Hierzu gehören die Steuerung der Abgasrückführung und des Turboladers mit variabler Turbinengeometrie (VTG Turbolader), eine Steuerung des Ausgangs z.B. Abgasdrucks/NOx oder des Drucks am Ansaugkrümmer (P2) und des Frischluftmassenstroms.
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Eine weitere mögliche Anwendung ist die Benzin-Luftpfadsteuerung und Lambda-Vorsteuerung durch Einspritzmasse. Hierbei können für die Steuereingänge der Drosselklappe, Abgasrückführung und/oder Turboposition genutzt werden sowie für die Ausgänge Ansaugkrümmerdruck, Ladedrucks und/oder EGR-Massenstrom.
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Wird die Vorwärtssteuerung für das Temperaturmanagement eines Dieselmotors verwendet kann damit beispielsweise die Steuerung der Motor-Ausgangstemperatur und/oder des Katalysators in Abhängigkeit von Anforderungen der selektiven katalytischen Reduktion prädiktiv geregelt werden.
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Eine weitere Steuermöglichkeit besteht darin, die Temperatur eines Diesel-Partikelfilters zu steuern. Hierbei kann am Eingang eine Kohlenwasserstoff-Dosierung und am Ausgang eine Vorlauftemperatur des Partikelfilters geregelt werden.
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Eine weitere Anwendungsoption besteht in der Brennstoffzellen-Luftpfadsteuerung beispielsweise für einen Kompressor und eine Drosselklappe einer Polymerelektrolytbrennstoffzelle (PEMFC-Kompressor). Bei dieser Anwendung sind die Steuereingänge Drosselklappe und Kompressordrehzahl, die Steuerausgänge Ausgänge Druck und Luftmassenstrom.
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Bisher bekannte Methoden zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung basieren darauf, dass ein System analysiert wird und aus den erhaltenen Daten eine Invertierung eines Modellsystems vorgenommen wird, aus der wiederum die Steuerungsparameter abgeleitet werden. Nachteilig an dieser Methode ist, dass eine Invertierung nicht bei allen Systemen möglich ist und häufig mit hohem Aufwand verbunden ist.
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Klassische Verfahren zur Bestimmung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung basieren auf einer Identifizierung eines regelungsbasierten Modells und dessen Invertierung. Diese Methode ist mit einem hohem Rechenaufwand verbunden und führt nicht bei allen Modellen zum gewünschten Erfolg, da sich nicht alle Modelle invertieren lassen.
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Aus dem Stand der Technik ist beispielsweise das Europäische Patentdokument
EP3330812 A1 bekannt. Dieses offenbart ein Verfahren zur Steuerung eines technischen Systems, wie z.B. eines Prüfstands, mit einem Zwei-Freiheitsgrad-Regler (2DoF-Regler), der aus einem Vorwärts- und einem Rückwärtsregler besteht. Der Vorwärtsregler verwendet dabei die Inverse des Systems, um die Steuerungsvariable aus den Ausgängen beider Regler zu berechnen, damit ein Sollwert einer Ausgangsvariablen des Systems erreicht wird, abhängig von einer Zustandsvariablen des Systems.
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Ferner offenbart das Dokument
JP 2011115943 A Verfahren zur Bestimmung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung (Feedforward-Control) für die Gangbewegung von zweibeinigen Bewegungsrobotern. Die Verfahren sollen eine präzisere und dynamisch stabilere Steuerung der Gangbewegung von zweibeinigen Robotern durch Vorwärtssteuerung ermöglichen, indem sie die Gelenkpositionen und die daraus resultierenden Trägheitskräfte berücksichtigen.
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Die Identifizierung regelungsbasierter Modelle ermöglicht grundsätzlich keine automatische Kalibrierung eines Modells für ein System, das als Black-Box fungiert, also eines Systems, bei dem lediglich dessen Eingangsdaten und Ausgangsdaten bekannt sind.
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Eine der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe ist es, diese Nachteile zu überwinden und damit die Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs zu vereinfachen.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird diese Aufgabe gelöst durch ein neues computerimplementiertes Verfahren zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs, umfassend die Schritte:
- - Ermitteln von Prozessdaten, umfassend ein Eingangssignal und ein Ausgangssignal, an einem Antriebsstrangprüfstand oder einer Simulation eines Antriebsstrangprüfstands oder einem Motorprüfstand oder einer Simulation eines Motorprüfstands;
- - Modellieren des Eingangssignals und des Ausgangssignals als gewichtete Linearkombination aus zeitabhängigen Basisfunktionen;
- - Bestimmen von wenigstens einer zeitlichen Ableitung des modellierten Eingangssignals und wenigstens einer zeitlichen Ableitung des modellierten Ausgangssignal als Ableitung der zeitabhängigen Basisfunktionen;
- - Bestimmen von ersten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen zwischen dem modellierten Eingangssignal und den zeitlichen Ableitungen des modellierten Eingangssignals wobei erste Modellparameter zur Gewichtung genutzt werden und zweiten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen zwischen dem modellierten Ausgangssignal und den zeitlichen Ableitungen des modellierten Ausgangssignals, wobei zweite Modellparameter zur Gewichtung genutzt werden; und
- - Bestimmen der ersten Modellparameter aus den ersten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen und der zweiten Modellparameter aus den zweiten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen mittels der Methode der kleinsten Quadrate.
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Eine Vorwärtssteuerung ist ein Element oder ein Pfad innerhalb eines Steuersystems, das ein Steuersignal von einer Quelle an eine Regelgröße weiterleitet. Eine Vorwärtssteuerung reagiert auf das Steuersignal in einer vordefinierten Weise, ohne auf die Art und Weise zu reagieren, wie die Regelgröße reagiert. Dies steht im Gegensatz zu einem System, das auch über eine Rückkopplung verfügt, die den Eingang anpasst, um zu berücksichtigen, wie er sich auf die Regelgröße auswirkt und wie die Regelgröße selbst unvorhersehbar variieren kann; die Regelgröße wird als Teil der externen Umgebung des Systems betrachtet.
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Unter dem Antriebsstrang eines Fahrzeuges werden in der Kraftfahrzeugtechnik alle Bauteile verstanden, die im Fahrzeug die Leistung für den Antrieb erzeugen und bis auf den Boden übertragen. Ein Steuerungsparameter des Antriebsstrangs kann ein Steuerungsparameter des Motors oder eines anderen Teils des Antriebsstrangs sein.
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Die ersten und zweiten Modellparameter dienen als Steuerungsparameter des Antriebsstrangs.
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Vorzugsweise kann bei dem Verfahren vorgesehen sein, dass das Ausgangssignal ein Aktuatorsignal des Antriebsstrangs und/oder ein Sensorsignal des Antriebsstrangs umfasst.
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In einer weiteren vorteilhaften besonderen Ausführungsform der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die zeitlichen Ableitungen der modellierten Eingangssignale zeitliche Ableitungen erster, zweiter und dritter Ordnung umfassen.
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Weiter vorzugsweise können die zeitlichen Ableitungen der modellierten Ausgangssignale zeitliche Ableitungen erster, zweiter und dritter Ordnung umfassen.
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Gemäß einer weiteren besonders vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung sind die zeitlichen Ableitungen der modellierten Ausgangssignale auf zeitliche Ableitungen erster, zweiter und dritter Ordnung beschränkt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung umfassen die Basisfunktionen Polynomfunktionen und/oder Gaußsche radiale Basisfunktionen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt liefert die Erfindung ein computerimplementiertes Verfahren zum Konfigurieren eines vorwärtsgesteuerten Reglers mit Modellparametern, die mit einem Betriebspunkt eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs variieren, umfassend die Schritte:
- - Bestimmen von zu einem ersten Betriebspunkt zugehörigen Modellparametern mittels eines Verfahrens gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche;
- - Bestimmen von zu einem zweiten Betriebspunkt zugehörigen Modellparametern mittels eines Verfahrens gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der zweite Betriebspunkt sich von dem ersten Betriebspunkt unterscheidet; und
- - Konfigurieren des vorwärtsgesteuerten Reglers mit den zu dem ersten Betriebspunkt zugehörigen Modellparametern und den zu dem zweiten Betriebspunkt zugehörigen Modellparametern.
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Gemäß einem dritten Aspekt liefert die Erfindung ein computerimplementiertes Verfahren zur Vorwärtssteuerung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs umfassend die Schritte:
- - Bestimmen von ersten und zweiten Modellparametern mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7; und
- - Steuern des Antriebsstrangs mit den ersten und zweiten Modellparametern.
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Gemäß einem vierten Aspekt liefert die Erfindung eine Steuerungseinheit, umfassend einen Vorwärtssteuerungs-Regler zur Durchführung des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7.
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Die Steuerungseinheit kann vorzugsweise ferner einen Feedback-Regler umfassen, dessen Ausgang mit einem Ausgang des Vorwärtssteuerungs-Reglers zusammengeschaltet ist.
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Gemäß einem fünften Aspekt liefert die Erfindung einen Antriebsstrang eines Fahrzeugs mit einer Steuerungseinheit gemäß dem vierten Aspekt der Erfindung.
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Gemäß einem sechsten Aspekt liefert die Erfindung ein Computerprogramm, umfassend Anweisungen, die, wenn das Programm von einem Computer ausgeführt wird, den Computer veranlassen, das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7 auszuführen.
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Gemäß einem siebten Aspekt liefert die Erfindung ein computerlesbares Medium, umfassend Befehle, die, wenn sie von einem Computer ausgeführt werden, den Computer veranlassen, das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7 auszuführen.
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Bei mit den Verfahren gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung kann vorzugsweise vorgesehen sein, dass neben den zu dem ersten Betriebspunkt zugehörigen Modellparameter und zu dem zweiten Betriebspunkt zugehörigen Modellparametern noch zu ein oder mehreren weiteren Betriebspunkten zugehörige Modellparameter nach einem der Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 bestimmt werden. Der vorwärtsgesteuerte Regler kann in diesem Fall auch mit diesen zu ein oder mehreren weiteren Betriebspunkten zugehörigen Modellparametern konfiguriert werden.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Es zeigen schematisch:
- 1 einen Überblick über die Unterschiede zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung in klassischer und erfindungsgemäßer Weise;
- 2 ein computerimplementiertes Verfahren zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs, gemäß einer besonderen Ausführungsform der Erfindung;
- 3 ein Betriebsbereich eines Steuerparameters eines Verbrennungsmotors mit mehreren Betriebspunkten, und
- 4 eine schematische Darstellung eines Antriebsstrangs, gemäß einer besonderen Ausführungsform der Erfindung.
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1 zeigt einen Überblick über die Unterschiede zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs in klassischer und erfindungsgemäßer Weise. Ein technisches System 10 reagiert entsprechend seiner Konfiguration auf eine Anregung. Die Anregung kann als eine zeitabhängige Funktion beschrieben werden und wird als Eingangssignal u bezeichnet. Die Reaktion des Systems kann ebenfalls als eine zeitabhängige Funktion beschrieben werden und wird als Ausgangssignal y bezeichnet.
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In einem ersten Schritt 12 wird das Eingangssignal u und das Ausgangssignal y ermittelt.
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Der in 1 auf der linken Seite dargestellte Pfad zeigt das klassische Verfahren zur Bestimmung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung. In einem auf den ersten Schritt 12 folgenden Schritt 14 wird hierbei das Eingangssignal u und das Ausgangssignal y dazu genutzt, um ein rückwärtsgesteuertes Modell durch Abschätzung von y bei gegebenem u vorzunehmen. Anschließend wird in Schritt 16 eine Invertierung des Modells vorgenommen, um aus dem rückwärtsgesteuerten Modell ein Modell zur Vorwärtssteuerung abzuleiten, bei dem u durch y abgeschätzt wird. Problematisch ist an dieser Vorgehensweise, dass eine Invertierung grundsätzlich in der Regel eine Matrixinversion erfordert, welche zu numerischen Problemen führen kann und daher nicht in jedem Fall möglich ist.
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Sofern die Ableitung des Modells zur Vorwärtssteuerung erfolgreich ist, wird in Schritt 18 das Modell zur Vorwärtssteuerung erhalten, mit dem aus einem Ausgangsreferenzsignal yref ein Vorwärtssteuerungs-Eingangssignal uff abgeleitet werden kann.
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Erfindungsgemäß wird stattdessen nach dem ersten Schritt 12 das Modell zur Vorwärtssteuerung aus dem bekannten Eingangssignal u und dem bekannten Ausgangssignal y in Schritt 20 direkt abgeleitet. Eine potenziell problematische Matrixinversion ist nicht Teil des Verfahrens gemäß Schritt 20. Stattdessen wird lediglich eine Anpassung mit der Methode der kleinsten Quadrate für jedes Eingangssignal und jedes Ausgangsignal vorgenommen, sowie, um die Modellparameter zu identifizieren. Hierbei können keine numerischen Probleme auftreten. Weitere Details zu diesem Verfahren werden in Zusammenhang mit 2 erörtert.
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2 zeigt ein computerimplementiertes Verfahren zur Identifizierung eines Gesetzes zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs, gemäß einer besonderen Ausführungsform der Erfindung. Es ist grundsätzlich möglich, das Verfahren automatisiert durchzuführen.
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In einem ersten Schritt 20a werden Prozessdaten ermittelt. Die Prozessdaten umfassen ein Eingangssignal u und ein Ausgangssignal y. Die Ermittlung kann an einem Antriebsstrangprüfstand oder einer Simulation eines Antriebsstrangprüfstands erfolgen. Sowohl das Eingangssignal u als auch das Ausgangssignal y werden als Zeitserien ermittelt. Bei dem Eingangssignal u handelt es sich um eine zu X Abtastzeitpunkten aufgezeichnete Trajektorie. Bei dem Ausgangssignal y handelt es sich um eine zu Y Abtastzeitpunkten aufgezeichnete Trajektorie. Die Abtastzeiten X und Y können gleich oder unterschiedlich sein.
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In einem zweiten Schritt 20b werden das Eingangssignals u und das Ausgangssignal y als gewichtete Linearkombination û
i und ŷ
i aus zeitabhängigen Basisfunktionen φ
k modelliert. Die Modellierung erfolgt gemäß der Formeln (1) und (2).
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Die Basisfunktionen φk werden so gewählt, dass sie eine Annäherung an den unendlich dimensionalen Raum bilden, in dem der Input und der Output liegt. Durch die Wahl von N Basisfunktionen wird u als Summe dieser Basisfunktionen angenähert. Die Basisfunktionen werden als universelle Funktionsapproximatoren gewählt. Klassischerweise kommen hierfür Gaußsche Basisfunktionen oder Polynome in Frage. In Schritt 20b wird die Ausgabe u durch eine Summe dieser Basisfunktionen approximiert. Die Ermittlung der Gewichtungskoeffizienten der Basisfunktionen erfolgt automatisch durch Minimierung der Summe der quadratischen Differenz zwischen dem Eingangssignal u und dem modellierten Eingangssignal ûi. Die Approximation des Ausgangssignals y mit dem modellierten Ausgangssignal ŷi erfolgt entsprechend. Jedes der modellierten Signale ûj und ŷi hat seine eigenen Koeffizienten γui, k und γyi, k, die der jeweiligen Gewichtung der Basisfunktionen φk entsprechen, die das entsprechende gemessene Signal u am besten approximieren.
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Die Koeffizienten γui, k und γy, k werden identifiziert, um das Eingangssignal u und das Ausgangssignal y als Summe der Basisfunktionen φk darzustellen. Jeder Satz von Koeffizienten γui, k und γyi, k ist ein Vektor von N Komponenten, die N Basisfunktionen φk gewichten.
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Die Koeffizienten γui, k und γyi, k sind jedoch keine Modellparameter, sondern lediglich ein Zwischenergebnis zur Identifizierung der Modellparameter.
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In einem dritten Schritt 20c wird wenigstens eine zeitlichen Ableitung des modellierten Eingangssignals û
i' und wenigstens einer zeitlichen Ableitung des modellierten Ausgangssignal ŷ
i' als Ableitung der zeitabhängigen Basisfunktionen φ
k bestimmt. Die Bestimmung erfolgt gemäß den nachfolgenden Formeln (3) und (4).
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In einem vierten Schritt 20d werden erste unabhängige gewichtete Linearkombinationen zwischen dem modellierten Eingangssignal û
i und den zeitlichen Ableitungen des modellierten Eingangssignals û
i' sowie zweite unabhängige gewichtete Linearkombinationen zwischen dem modellierten Ausgangssignal ŷ
i und den zeitlichen Ableitungen des modellierten Ausgangssignals ŷ
i' erstellt, wobei erste und zweite Modellparameter θ
u, θ
y jeweils zur Gewichtung genutzt werden. Die Zusammenhänge sind in den Gleichungen (5), bzw. (6) dargestellt.
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Die ersten und zweiten Modellparameter sind Matrizen θui, k und θyi, k mit den jeweiligen Dimensionen (p,m) und (δ,m).
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Die Größe ’p’ ist ein Vektor mit m Elementen, der festlegt, wie oft jedes der m Eingangssignale differenziert wird. Die Größe ‚δ‘ hat ebenfalls m Elemente und legt die Anzahl der Ableitungen von jedem der Ausgangssignale fest. Die Werte von ‚p‘ und ’δ’ sind im Allgemeinen unbekannt. Wenn sie auf niedrige Werte gesetzt werden, kann die Systemdynamik schlecht geschätzt werden. Der Vorteil dieser Methode ist, dass p und δ ohne numerische Schwierigkeiten groß gewählt werden können. Außerdem kann man mit Hilfe der Eigenschaften der kleinsten Quadrate die singulären Werte betrachten und feststellen, wie viele davon nicht aussagekräftig sind, um eine Schätzung der Anzahl der benötigten Eingangs-/Ausgangsableitungen zu erhalten. Eine weitere mögliche Methode besteht darin, mehrere Modelle mit unterschiedlichen p und δ zu erstellen und das Modell mit den niedrigsten Werten von p und δ bei akzeptabler Genauigkeit und/oder Leistung auszuwählen. Für die Größe p kann minimal der Wert 0 (Null) ausgewählt werden. Für die Größe δ kann minimal der Wert 1 ausgewählt werden. Die Anzahl der maximalen Differenzierungen einer Größe wird auch als Ordnung des Modells bezeichnet.
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In einem fünften Schritt 20e werden die ersten Modellparameter θu aus den ersten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen und die zweiten Modellparameter θy aus den zweiten unabhängigen gewichteten Linearkombinationen mittels der Methode der kleinsten Quadrate bestimmt.
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Durch die Bestimmung der Modellparameter ist eine Trajektorie des Eingangssignals u so festgelegt, dass sie einer vorgegebenen Trajektorie des Ausgangssignals y folgt. Hierdurch ist ein Gesetz zur Vorwärtssteuerung eines Steuerungsparameters eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs beschrieben. Mit der Modellordnung erhöht sich die Genauigkeit des Modells sowie der Rechenaufwand zu dessen Bestimmung und gegebenenfalls auch zu dessen Anwendung.
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3 zeigt eine schematische Darstellung eines Betriebsbereichs 30 eines Steuerparameters eines Antriebsstrangs mit mehreren Betriebspunkten 22a-22k. Die Betriebspunkte 22a-22k unterscheiden sich voneinander in Drehzahl Nice und/oder Drehmoment Tice eines Verbrennungsmotors.
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Für jeden Betriebspunkt 22a-22k werden die Modellparameter θ
u und θ
y mit einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 ermittelt. Jeder Betriebspunkt 22a-22k hat eigene Modellparameter
und
Die Modellparameter
und
verschiedener Betriebspunkte 22a-22k haben dahingehend die gleiche Funktion, dass jeder Parameter dazu vorgesehen ist, ein Eingangssignal u oder ein Ausgangssignal y oder ein abgeleitetes Eingangssignal u' oder ein abgeleitetes Ausgangssignal y' zu multiplizieren. In diesem Sinne können die Modellparameter
und
der einzelnen Betriebspunkte miteinander kombiniert werden, um ein parametervariierendes Modell als Gewichtungssumme der lokalen Modellparameter
und
zu bilden.
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Die Art der Gewichtungssumme kann manuell festgelegt werden, beispielsweise als eine Euklidische Norm. Alternativ kann die Gewichtungssumme aus Messdaten in anderer Form ermittelt werden.
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Mathematisch lässt sich dieser Zusammenhang derart ausdrücken, dass zu den n, zu Betriebspunkten zugehörigen, lokalen Betriebsparametern
und
kombinierte Betriebsparameter θ
u(x̃) und θ
y(x̃), nach den folgenden Gleichungen (7), (8), (9) und (10) ermittelt werden können.
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4 zeigt eine schematische Darstellung eines Antriebsstrangs 31 gemäß einer besonderen Ausführungsform der Erfindung.
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Die Hauptaufgabe der Steuerung eines Antriebsstrangs 31 besteht darin, Betriebspunkte für die Komponenten des Antriebsstrangs 31 zu finden, die den gewünschten Optimierungszielen gerecht werden und gleichzeitig bestimmte Vorgaben in Bezug auf Sicherheit, Diagnose und Schutz der Antriebsstrangkomponenten erfüllen. Als Optimierungsziele kommen ein bestimmter Kraftstoffverbrauch, ein Gesamtwirkungsgrad des Systems, Emissionen, oder die Haltbarkeit verschiedener Komponenten infrage. Die Komponenten dieses Antriebsstrangs 31 umfassen einen Verbrennungsmotor 32, ein Getriebe 40, eine Kupplung 42 und eine Steuerungseinheit 44.
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Die Steuerungseinheit 44 umfasst einen vorwärtsgesteuerten Regler 46 und einen Feedback-Regler 48 mit einer Rückkopplungssschleife. Der Feedback-Regler 48 kann ein beliebiger klassischer Regler sein und als solcher beispielsweise mit einer PI-Regelung, einer PID-Regelung, einer Zustandsrückführung oder einer anderen regelbasierten Steuerung konfiguriert sein. In einer praktischen Implementierung kann es vorteilhaft sein, die beiden Regler 46, 48 zu kombinieren, um auf Systemstörungen reagieren zu können, oder um auf eine nicht perfekte Abbildung der Systemdynamik durch den Vorwärtssteuerungs-Regler 46 mit dem Feedback-Regler 48 reagieren zu können.
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Der vorwärtsgesteuerte Regler 46 erhält ein Ausgangsreferenzsignal yref und gibt ein Vorwärtssteuerungs-Eingangssignal uff aus. Ein Ausgangssignal y wird vom Verbrennungsmotor 32 an den Feedback-Regler 48 übertragen. Ferner erhält der Feedback-Regler 48 ebenfalls das Ausgangsreferenzsignal yref. Aus beiden Ausgangssignalen y, yref ermittelt der Feedback-Regler 48 ein Feedback-Eingangssignal uPI, welches in diesem Beispiel mit einer proportional-integral-Regelung (PI-Regelung) ermittelt wird. Aus dem Vorwärtssteuerungs-Eingangssignal uff' und dem Feedback-Eingangssignal uPI wird in einer Additionseinrichtung 50 ein Eingangssignal u berechnet und/oder ausgewählt, welches anschließend zur Steuerung an den Eingang des Verbrennungsmotors 32 übertragen wird.
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Eine derartige Steuerung kann für unterschiedliche Einrichtungen des Verbrennungsmotors 32 oder des Antriebsstrangs 31 durchgeführt werden.
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Die voranstehenden Erläuterungen zu den Ausführungsformen beschreiben die vorliegende Erfindung ausschließlich im Rahmen von Beispielen.