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Die Erfindung betrifft ein Spannungsmesssystem für eine Hochspannungsanlage, insbesondere für eine Hochspannungsschaltanlage.
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In einer Hochspannungsanlage wird in der Regel an mindestens einer Messstelle eine Hochspannung überwacht, beispielsweise um Störungen zu erkennen und erforderlichenfalls eine Schutzeinrichtung zu aktivieren. Da eine zu überwachende Hochspannung sehr hoch, beispielsweise mehrere Hundert Kilovolt, sein kann, wird zum Erfassen der Hochspannung in der Regel ein Messwandler verwendet, der ein gegenüber der Hochspannung um ein Vielfaches reduziertes Messsignal an eine Auswerte- oder Verarbeitungseinheit ausgibt, beispielsweise an ein Schutzgerät, ein Leitgerät oder eine so genannte Merging Unit. Spannungsmesswandler sind in konventioneller Bauart als induktive Wandler ausgeführt. In neuerer Zeit kommen vermehrt neue Technologien zum Einsatz, die im Gegensatz zur konventionellen Technik nur Ausgangssignale mit kleiner Leistung zur Verfügung stellen können, sogenannte Kleinsignalwandler. Ein derartiger Kleinsignalwandler kann zum Beispiel ein kapazitiver, ein ohmsch-kapazitiver oder ein rein ohmscher Teiler sein. Aufgrund der anliegenden Hochspannung hat der Kleinsignalwandler notwendigerweise einen hohen Innenwiderstand. Die anzuschließende Auswerte- oder Verarbeitungseinheit hat in der Regel auch einen hohen Eingangswiderstand. Problematisch ist dabei, dass der Kleinsignalwandler und die Auswerte- oder Verarbeitungseinheit in einer Hochspannungsanlage über ein Kabel verbunden sind, das sehr lang sein kann. Da sowohl der Kleinsignalwandler als auch die Auswerte- oder Verarbeitungseinheit hochohmig sind, fließt in dem Kabel nur ein sehr geringer Strom. Dies macht das System sehr anfällig für elektromagnetische Störungen, die in das Kabel zwischen dem Kleinsignalwandler und der Auswerte- oder Verarbeitungseinheit eingekoppelt und dem Messsignal überlagert werden können.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Spannungsmesssystem für eine Hochspannungsanlage anzugeben, das hinsichtlich der Empfindlichkeit eines von dem Spannungsmesssystem bereitgestellten Ausgangssignals für elektromagnetische Störungen verbessert ist.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Spannungsmesssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein erfindungsgemäßes kapazitives Spannungsmesssystem für eine Hochspannungsanlage umfasst einen mit einer Hochspannung verbindbaren kapazitiven Spannungsteiler mit einem Primärkondensator und einem Sekundärkondensator. Der Sekundärkondensator kann konstruktiv als ein separates Bauteil ausgeführt sein oder sich aus Streukapazitäten ergeben, die aus physikalischen Gründen vorhanden sind. Ferner umfasst das Spannungsmesssystem eine zu dem Sekundärkondensator parallel geschaltete Integratoreinheit. Die Integratoreinheit ist mit dem Primärkondensator durch ein Kabel verbunden und stellt eine Spannung als Ausgangssignal des Spannungsmesssystems bereit, das direkt einer Auswerte- oder Verarbeitungseinheit zuführbar ist. Die Integratoreinheit weist einen Eingangswiderstand auf, der hinreichend klein ist, so dass ein Großteil eines Verschiebungsstroms des Primärkondensators durch die Integratoreinheit fließt und nicht durch den Sekundärkondensator.
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Die Integratoreinheit ist eingerichtet, einen in dem Kabel fließenden Strom zu integrieren. Dieser Strom ist proportional zum Verschiebungsstrom durch den Primärkondensator und somit zur Ableitung der an dem Primärkondensator anliegenden Spannung. Die Integration des Stroms durch die Integratoreinheit liefert somit ein Signal, das zu der an dem Primärkondensator anliegenden Spannung proportional ist. Dieses Signal wird von der Integratoreinheit in Form einer Spannung als Ausgangssignal des Spannungsmesssystems bereitgestellt. Das Ausgangssignal des Spannungsmesssystems ist somit eine von der Integratoreinheit bereitgestellte Spannung, die proportional zu der an dem Primärkondensator anliegenden Spannung und damit zu der zu messenden Spannung ist. Der Eingangswiderstand der Integratoreinheit ist so klein gewählt, dass der Großteil des Verschiebungsstroms durch das Kabel und den Integrator fließt und nicht durch den Sekundärkondensator, wie dies im Stand der Technik üblich ist. Dadurch wird das Spannungsmesssystem deutlich unempfindlicher gegenüber elektromagnetischen Störungen.
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Die Verbindung der Integratoreinheit mit der Auswerte- oder Verarbeitungseinheit erfolgt erfindungsgemäß möglichst direkt. Dadurch kann ein langes Verbindungskabel entfallen, durch das die Auswerte- oder Verarbeitungseinheit mit dem Spannungsmesssystem verbunden wird und das anfällig für die Einkopplung elektromagnetischer Störsignale wäre. Insgesamt ermöglicht das Spannungsmesssystem somit eine störungsunempfindliche Erfassung einer Hochspannung in einer Hochspannungsanlage.
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Bei einer Ausgestaltung der Erfindung ist die Integratoreinheit als digitaler Integrator ausgeführt. Eine Digitalisierung des Ausgangssignals durch die Integratoreinheit eröffnet vorteilhaft viele Möglichkeiten zur weitergehenden Verarbeitung des Ausgangssignals.
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Bei einer alternativen Ausgestaltung der Erfindung weist die Integratoreinheit eine analoge Integratorschaltung auf. Dies vereinfacht die Ausführung der Integratoreinheit gegenüber einer Ausführung als digitaler Integrator.
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Insbesondere kann die Integratoreinheit mit einer passiven Integratorschaltung ausgeführt sein. Dadurch wird die Ausführung der Integratoreinheit weiter vereinfacht.
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Bei einer besonders einfachen Ausführung des Spannungsmesssystems weist die Integratoreinheit einen Integrierkondensator als Integrator auf. Der Integrierkondensator wird durch den in dem Kabel fließenden Strom aufgeladen. Daher ist die an dem Integrierkondensator anliegende Spannung proportional zum Integral dieses Stroms und somit zu der an dem Primärkondensator anliegenden Spannung.
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Der Integrierkondensator weist vorzugsweise eine größere Kapazität als der Primärkondensator und der Sekundärkondensator auf. Beispielsweise ist die Kapazität des Integrierkondensators mindestens neunmal so groß wie die Kapazität des Sekundärkondensators. Dann fließen mindestens 90 Prozent des Verschiebungsstroms durch den Integrierkondensator.
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Der Integrierkondensator ist ferner beispielsweise ein Keramikkondensator, insbesondere ein Keramikvielschicht-Chipkondensator. Diese Ausführungen des Integrierkondensators ermöglichen insbesondere durch geeignete Wahl des keramischen Materials vorteilhaft eine langzeitstabile Ausführung des Integrierkondensators mit einem geringen Temperaturgang, das heißt einer geringen Abhängigkeit der Kapazität des Integrierkondensators von der Temperatur.
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Bei einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung weist das Kabel eine Länge von mindestens 1 cm, insbesondere von mindestens 1 m, auf. Diese Ausgestaltung der Erfindung berücksichtigt, dass die Erfindung vor allem für große Entfernungen zwischen einer Messstelle, an der eine Hochspannung erfasst werden soll, und einer Auswerte- oder Verarbeitungseinheit zum Auswerten oder Verarbeiten des Messsignals vorteilhaft ist. Wie oben bereits ausgeführt wurde, besteht in diesem Fall nämlich die Gefahr, dass in ein langes Verbindungskabel zwischen einem an der Messstelle angeordneten Spannungsmesssystem und der Auswerte- oder Verarbeitungseinheit elektromagnetische Störsignale eingekoppelt werden, die dem Ausgangssignal des Spannungsmesssystems überlagert werden. Diese Störsignale werden durch ein erfindungsgemäßes Spannungsmesssystem vermieden, indem die Entfernung durch ein entsprechend langes Kabel überbrückt wird, das den Primärkondensator und die Integratoreinheit verbindet und die direkte Verbindung der Auswerte- oder Verarbeitungseinheit mit der am Ende des Kabels angeordneten Integratoreinheit ermöglicht.
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Bei einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist ein erster Anschluss der Integratoreinheit durch das Kabel mit dem Primärkondensator verbunden und ein zweiter Anschluss der Integratoreinheit ist mit einem Erdpotential verbindbar. Durch die Verbindung des zweiten Anschlusses der Integratoreinheit mit einem Erdpotential wird dem Spannungsmesssystem eine durch das Erdpotential definierte Bezugsspannung zur Verfügung gestellt.
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Bei einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung weist das Spannungsmesssystem einen Ausgang auf, der kompatibel zu der Norm IEC 61869-11 ist. Die Norm IEC 61869-11 ist eine internationale Produktnorm, die Anforderungen an passive Kleinsignal-Spannungswandler für Mess- oder Schutzzwecke betrifft. Die Norm ist daher insbesondere für die Erfassung von Hochspannungen in Hochspannungsanlagen relevant. Die Ausführung des Spannungsmesssystems mit einem zu dieser Norm kompatiblen Ausgang ist daher Hochspannungsanlagen angepasst und ermöglicht in Hochspannungsanlagen eine normkonforme Verbindung des Spannungsmesssystems mit Mess- und Schutzeinrichtungen.
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Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Dabei zeigen:
- 1 ein Blockdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Spannungsmesssystems,
- 2 einen Schaltplan eines Ausführungsbeispiels eines Spannungsmesssystems, das mit einer Auswerte- oder Verarbeitungseinheit verbunden ist.
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Einander entsprechende Teile sind in den Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.
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1 (1) zeigt ein Blockdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Spannungsmesssystems 1 für eine Hochspannungsanlage.
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Das Spannungsmesssystem 1 umfasst einen mit einer Hochspannung verbindbaren kapazitiven Spannungsteiler 2 mit einem Primärkondensator 13 und einem Sekundärkondensator 14 (siehe 2). Ferner umfasst das Spannungsmesssystem 1 eine zu dem Sekundärkondensator 14 parallel geschaltete Integratoreinheit 3. Die Integratoreinheit 3 ist mit dem Primärkondensator 13 durch ein Kabel 4 verbunden.
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Die Integratoreinheit 3 ist eingerichtet, einen in dem Kabel 4 fließenden Strom zu integrieren. Dieser Strom ist proportional zu einem Verschiebungsstrom durch den Primärkondensator 13 und somit zur Ableitung der an dem Primärkondensator 13 anliegenden Spannung. Die Integration des Stroms durch die Integratoreinheit 3 liefert somit ein Signal, das zu der an dem Primärkondensator 13 anliegenden Spannung proportional ist. Dieses Signal wird von der Integratoreinheit 3 in Form einer Spannung als Ausgangssignal des Spannungsmesssystems 1 bereitgestellt. Das Ausgangssignal des Spannungsmesssystems 1 ist somit eine von der Integratoreinheit 3 bereitgestellte Spannung, die proportional zu der an dem Primärkondensator 1 anliegenden Spannung und damit zu der zu messenden Spannung ist.
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Die Integratoreinheit 3 weist beispielsweise eine analoge Integratorschaltung auf. Insbesondere kann die Integratoreinheit 3 mit einer passiven analogen Integratorschaltung ausgeführt sein. Alternativ ist die Integratoreinheit 3 als ein digitaler Integrator ausgeführt.
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Das Kabel 4 weist eine Länge von mindestens 1 cm, insbesondere von mindestens 1 m, auf. Die Verbindung des Primärkondensators 2 mit der Integratoreinheit 3 über das Kabel 4 ermöglicht, eine Auswerte- oder Verarbeitungseinheit 10 (siehe 2) zum Auswerten oder Verarbeiten des Ausgangssignals direkt mit der Integratoreinheit 3 zu verbinden.
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2 (2) zeigt einen Schaltplan eines Ausführungsbeispiels eines Spannungsmesssystems 1, das mit einer Auswerte- oder Verarbeitungseinheit 10 verbunden ist.
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Das Spannungsmesssystem 1 umfasst wiederum einen Spannungsteiler 2 und eine Integratoreinheit 3. Der Spannungsteiler 2 weist einen Primärkondensator 13 und einen Sekundärkondensator 14 auf. Die Integratoreinheit 3 ist parallel zu dem Sekundärkondensator 14 geschaltet.
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Die Integratoreinheit 3 ist mit dem Primärkondensator 13 durch ein Kabel 4 verbunden und eingerichtet, einen in dem Kabel 4 fließenden Strom zu integrieren.
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Das Kabel 4 ist von dem Primärkondensator 13 zu der Auswerte- oder Verarbeitungseinheit 10 geführt.
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Das Spannungsmesssystem 1 weist zwei Hochspannungsanschlüsse 5, 6 auf, über die eine Hochspannung an den Primärkondensator 13 anlegbar ist.
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Die Integratoreinheit 3 des in 2 gezeigten Spannungsmesssystems 1 weist eine passive analoge Integratorschaltung auf. Die Integratorschaltung weist einen Integrierkondensator 7 auf. Der Integrierkondensator 7 wird durch den in dem Kabel 4 fließenden Strom aufgeladen. Daher ist die an dem Integrierkondensator 7 anliegende Spannung proportional zum Integral dieses Stroms und somit zu der an dem Primärkondensator 13 anliegenden Hochspannung.
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Der Integrierkondensator 7 weist eine wesentliche größere Kapazität als der Primärkondensator 13 und der Sekundärkondensator 14 auf.
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Der Integrierkondensator 7 ist beispielsweise ein Keramikkondensator, insbesondere ein Keramikvielschicht-Chipkondensator.
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Das Spannungsmesssystem 1 weist zwei Ausgangsanschlüsse 8, 9 auf, über die die an dem Integrierkondensator 7 anliegende Spannung abgreifbar ist. Diese Spannung ist das Ausgangssignal des Spannungsmesssystems 1 und das Eingangssignal für die Auswerte- oder Verarbeitungseinheit 10. Die Auswerte- oder Verarbeitungseinheit 10 weist eine Spannungsmesseinheit 11 auf, der das Ausgangssignal des Spannungsmesssystems 1 zugeführt wird.
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Die Ausgangsanschlüsse 8, 9 bilden daher den Ausgang des Spannungsmesssystems 1. Das Spannungsmesssystem 1, in diesem Fall insbesondere der Integrierkondensator 7, ist derart ausgelegt, dass der Ausgang 8, 9 kompatibel zu der Norm IEC 61869-11 ist.
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Ein erster Ausgangsanschluss 8 ist ein durch das Kabel 4 mit dem Primärkondensator 13 verbundener erster Anschluss der Integratoreinheit 3. Der zweite Ausgangsanschluss 9 ist ein zweiter Anschluss der Integratoreinheit 3, der, beispielsweise über einen Erdungsanschluss 12 des Spannungsmesssystems 1, mit einem Erdpotential verbindbar ist.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.