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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen eines Massenstroms eines Fluids, der maximal in ein Abgassystem einer Brennkraftmaschine ablagerungsfrei eingebracht werden kann, sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Hintergrund der Erfindung
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Bei der Nachbehandlung von Abgasen in Kraftfahrzeugen kann zur Reduktion von Stickoxiden (NOx) das sog. SCR-Verfahren (engl.: Selective Catalytic Reduction) zum Einsatz kommen. Dabei wird eine Harnstoff-Wasser-Lösung (HWL) als Reduktionsmittellösung in das typischerweise sauerstoffreiche Abgas eingeführt. Hierfür kann als Bestandteil eines Fluidversorgungssystems ein Dosiermodul bzw. Dosierventil verwendet werden, das eine Düse umfasst, um die Harnstoff-Wasser-Lösung in den Abgasstrom einzusprühen bzw. einzubringen. Stromaufwärts eines SCR-Katalysators reagiert die Harnstoff-Wasser-Lösung zu Ammoniak, welcher sich anschließend am SCR-Katalysator mit den Stickoxiden verbindet, woraus Wasser und Stickstoff entstehen.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Bestimmen eines Massenstroms eines Fluids sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Die Erfindung beschäftigt sich mit der Nachbehandlung von Abgasen in Kraftfahrzeugen und dabei insbesondere dem Einbringen von Fluid wie Harnstoff-Wasser-Lösung in ein Abgassystem. Hierbei wird typischerweise ein Fluidversorgungssystem eingesetzt, um das Fluid in den Abgasstrang einbringen, in dem z.B. ein SCR-Katalysator vorgesehen ist.
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Sog. SCR-Katalysatoren speichern Ammoniak an der Katalysatoroberfläche. Eine Speicherfähigkeit zum Speichern des Ammoniaks hängt maßgeblich von der Temperatur des Substrates der Katalysatoroberfläche ab und nimmt bei Anstieg der Temperatur ab. Die NOx-Konvertierung im SCR-Katalysator ist umso erfolgreicher, je größer das Reduktionsmittelangebot an der Katalysatoroberfläche ist, d.h., je mehr Ammoniak am Katalysator gebunden ist. Solange die Speicherfähigkeit des SCR-Katalysators noch nicht ausgeschöpft ist, wird zu viel in das Abgassystem eingebrachtes bzw. eindosiertes Reduktionsmittel gespeichert; stellt das Dosiermodul weniger Reduktionsmittel zur Verfügung, als für die Konvertierung der aktuell im Abgas vorliegenden Stickoxide notwendig wäre, so wird durch die weiterhin an der Katalysatoroberfläche stattfindende NOx-Konvertierung der Ammoniak-Füllstand verringert.
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Dosierstrategien für SCR-Systeme können z.B. über eine Füllstandsregelung verfügen, die einen Arbeitspunkt in Form eines Sollwertes für den Ammoniak-Füllstand im SCR-Katalysator einstellt. Dieser Arbeitspunkt kann derart gewählt werden, dass der Ammoniak-Füllstand hoch genug ist, um sowohl eine hohe NOx-Konvertierungsrate als auch einen Puffer für kurzfristig auftretende NOx-Spitzen vor dem SCR-Katalysator zu gewährleisten. Dabei kann der Füllstand so weit wie möglich von der maximalen Speichermenge entfernt gewählt werden, um Ammoniak-Schlupf bei schnellen Temperaturanstiegen des Substrats zu vermeiden.
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Voraussetzung für eine gute NOx-Reduktion ist damit also eine ausreichende Versorgung mit Ammoniak, welche durch eine gute Verdampfung des Reduktionsmittels und somit hohe Umsatzraten bei Thermolyse und Hydrolyse sichergestellt werden sollte. Neben der optimalen Temperatur kommt es dabei auch auf eine gute homogene Verteilung des Reduktionsmittels im Abgas an. Diese Anforderung kann in der Regel nur durch eine optimale Zerstäubung bei der Eindüsung und eine sich anschließende gute Mischstrecke oder einen Mischer erfüllt werden. Die Qualität der homogenen Verteilung des Reduktionsmittels im Abgas und damit der Anteil an Abgasenthalpie, der für die Verdampfung von Reduktionsmittel genutzt werden kann, kann z.B. über einen sog. „Load Index“ bzw. Lastindex beschrieben werden.
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Somit kann mit Hilfe des Lastindex, des Abgasmassenstroms und der Abgastemperatur ein Reduktionsmittelmassenstrom definiert werden, welcher aktuell vollständig in der Mischstrecke oder dem Mischer verdampfen kann.
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Die Ermittlung der gewünschten Solldosiermenge an Reduktionsmittel, welche nötig ist, um den erwähnten Arbeitspunkt für eine gute NOx-Reduktion einzustellen, erfolgt z.B. in einer elektronischen Steuereinheit. In dieser sind dann z.B. auch die Strategien für den Betrieb und die Überwachung des SCR-Systems hinterlegt.
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Bei bestimmten Betriebspunkten kann es allerdings dazu kommen, dass die gewünschte Menge an Reduktionsmittel bzw. Reduktionsmittellösung höher ist als die Menge, die aktuell im Abgassystem verdampft werden kann. Wird diese erhöhte Menge an Reduktionsmittel bzw. Reduktionsmittellösung trotzdem eingebracht, wird sie nicht vollständig im Abgasstrom verdampft und es bildet sich lokal im Abgassystem ein flüssiger Wandfilm aus Reduktionsmittellösung. Vor allem bei Temperaturen unter 160°C besteht dann, wie sich herausgestellt hat, das Risiko, dass ein Wasseranteil als Komponente der Reduktionsmittellösung schneller wieder verdampft als der Reduktionsmittel- bzw. Harnstoffanteil. Somit kommt es zu einer Aufkonzentration von Reduktionsmittel, das sich schließlich als Feststoff an einzelnen Stellen der Innenwand (oder Rohrwand) im Abgassystem ablagern kann. Sind diese festen Ablagerungen einmal entstanden, besteht ein hohes Risiko, dass sie sich vergrößern und den für das Abgas nutzbaren Querschnitt des Abgassystems verringern. Dies führt zu einer weiteren Abnahme der möglichen Reduktionsmittel-Aufbereitung und damit NOx-Reduktion. Darüberhinaus steigt der Druckverlust über das Abgassystem, was den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeuges erhöht. Im Extremfall kann das Abgassystem so stark zugesetzt werden, dass das Fahrzeug komplett ausfällt.
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Aufgrund dessen können z.B. Funktionen vorgesehen werden, die z.B. ebenfalls auf der Steuereinheit laufen und die angeforderte Dosiermenge bzw. den Massenstrom begrenzen. Diese Begrenzungen bzw. Limitierungen können z.B. über ein Kennfeld oder eine Berechnungsformel z.B. basierend auf dem Lastindex definiert werden und hängen im Wesentlichen direkt von der Abgastemperatur und dem Abgasmassenstrom ab. Ziel einer solchen Limitierung ist es, in jedem Betriebspunkt eine nahezu vollständige Verdampfung von Reduktionsmittel zu gewährleisten und Ablagerungen von Reduktionsmittel zu vermeiden.
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Funktionen zur Limitierung des Massenstroms des Fluids bzw. der Reduktionsmittellösung können im Wesentlichem den Abgasmassenstrom und die Abgastemperatur nutzen, um abzuschätzen, wie viel Reduktionsmittel bzw. Reduktionsmittellösung im aktuellen Betriebspunkt aufbereitet werden kann.
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Im Rahmen der Erfindung wird hier nun vorteilhaft auch die Wandtemperatur der Mischstrecke oder des Mischers, d.h. des Bereichs der Innenwand im Abgassystem, in dem sich das Reduktionsmittel bzw. die Reduktionsmittellösung im Falle einer zu hohen Dosiermenge bzw. eines zu großen Massenstroms ablagert (einen Wandfilm bildet), berücksichtigt. Bei ausreichend hoher Wandtemperatur kann, wie sich herausgestellt hat, auch eine erhöhte Dosiermenge eingebracht werden, da ein an der Wand des Abgassystems entstehender Wandfilm sehr schnell wieder verdampft werden kann. Insbesondere bei einer Wandtemperatur von über 160°C kommt es zu keiner Aufkonzentration von Reduktionsmittel und damit festen Ablagerung. Durch eine Erhöhung der Einspritzung von Reduktionsmittel bzw. Reduktionsmittellösung bei hohen Wandtemperaturen kann dem SCR-Katalysator mehr Ammoniak zur Verfügung gestellt werden, was dessen NOx-Reduktion verbessern kann.
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Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, dass ein Massenstrom (bzw. eine Dosiermenge) des Fluids, z.B. der Reduktionsmittellösung, der in das Abgassystem eingebracht wird bzw. einzubringen ist, unter Berücksichtigung einer Wandtemperatur eines Bereichs im Abgassystem bestimmt wird, in dem sich das Fluid bei einer zu hohen Dosierrate bzw. einem zu großen Massenstrom zu einem Wandfilm formieren würde. Insbesondere handelt es sich bei dem zu bestimmenden Massenstrom um ein Limit (Grenzwert), das nicht überschritten werden sollte, wenn die lokale Rohrwandtemperatur niedriger als 160°C ist, um feste Ablagerungen zu vermeiden, also ein Maximalwert. Typischerweise handelt es sich bei dem Bereich der Innenwand um einen Bereich zwischen dem Dosiermodul und dem Katalysator. Die Wandtemperatur kann insbesondere basierend auf einem Modell ermittelt werden.
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Das vorgeschlagene Verfahren bietet damit die Möglichkeit, insbesondere einem SCR-Katalysator temporär eine höhere Menge Ammoniak zur Verfügung zu stellen und damit die NOx-Reduktion zu verbessern, ohne das Risiko von Ablagerungen von Reduktionsmittel zu erhöhen. Gleichzeitig kann z.B. bei einem Kaltstart die Dosiermenge effektiver begrenzt werden, so lange die Wandtemperatur zu niedrig ist, um Ablagerungen zu vermeiden.
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Wenn die Wandtemperatur oberhalb eines Schwellwerts wie z.B. den erwähnten 160°C liegt, kann also der Massenstrom über den erwähnten Grenzwert hinaus erhöht werden; liegt die Wandtemperatur hingegen unterhalb des Schwellwerts, kann der Massenstrom weiterhin auf diesen Grenzwert begrenzt werden.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät, insbesondere ein Motorsteuergerät oder ein Abgasnachbehandlungssteuergerät, eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Schließlich ist ein maschinenlesbares Speichermedium vorgesehen mit einem darauf gespeicherten Computerprogramm wie oben beschrieben. Geeignete Speichermedien bzw. Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich. Ein solcher Download kann dabei drahtgebunden bzw. kabelgebunden oder drahtlos (z.B. über ein WLAN-Netz, eine 3G-, 4G-, 5G- oder 6G-Verbindung, etc.) erfolgen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch ein Fluidversorgungssystem, bei dem ein erfindungsgemäßes Verfahren durchführbar ist.
- 2 zeigt schematisch das Abgassystem aus 1 detaillierter.
- 3 zeigt schematisch einen Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform.
- 4 zeigt einen Vergleich zwischen Anwendung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform und ohne Anwendung der Erfindung.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist schematisch ein Fluidversorgungssystem 100, insbesondere in Form eines SCR-Versorgungssystems, dargestellt, bei dem ein erfindungsgemä-ßes Verfahren durchführbar ist. Das SCR-Versorgungssystem 100 weist eine als Pumpe ausgebildete Fördereinheit 130 mit einem Filter 132 auf. Die Pumpe 130 ist dazu eingerichtet, Fluid bzw. Reduktionsmittel 121 (z.B. eine Harnstoff-Wasser-Lösung) aus einem Fluidtank 120 über eine Druckleitung 122 zu einem Dosiermodul bzw. Dosierventil 140 zu fördern. Das Fluid 121 wird dann mittels des Dosierventils 140 in ein Abgassystem 170 bzw. einen Abgasstrang einer Brennkraftmaschine eingebracht bzw. eingesprüht.
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Weiterhin ist ein Drucksensor 142 (dieser kann auch in die Pumpe integriert sein) vorgesehen, der dazu eingerichtet ist, einen Druck zumindest in der Druckleitung 132 - und damit im Fluid - zu messen. Eine Recheneinheit 150, beispielsweise in Form eines Abgasnachbehandlungssteuergeräts oder eines Motorsteuergeräts, ist mit dem Drucksensor 142 verbunden und erhält Informationen über den Druck in der Druckleitung 122. Außerdem ist die Recheneinheit 150 mit der Pumpe 130 und dem Dosierventil 140 verbunden, um das SCR-Versorgungssystem 100 zu steuern oder zu betreiben.
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Weiterhin umfasst das SCR-Versorgungssystem 100 beispielsweise eine Rücklaufleitung 160, über die das Fluid in den Fluidtank 120 zurückgeführt werden kann. In dieser Rücklaufleitung 160 ist beispielsweise eine Blende oder Drossel 161 angeordnet, die einen lokalen Strömungswiderstand bietet. Insbesondere bei einer Pumpe mit aktiv gesteuerten Ventilen kann auf einen solchen Rücklauf auch verzichtet werden.
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Die Recheneinheit 150 ist dazu eingerichtet, relevante Daten, die beispielsweise von Sensoren für Temperatur, Druck und Stickoxidgehalt (z.B. Sensor 172) im Abgas empfangen wurden, zu verwenden, um das SCR-Versorgungssystem 100 zu betreiben und insbesondere die Pumpe 130 und das Dosierventil 140 anzusteuern, um die Harnstoff-Wasser-Lösung 121 (Fluid) dem Abgassystem 170 vor einem SCR-Katalysator 174 zuzuführen.
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In 2 ist das Abgassystem 170 aus 1 detaillierter dargestellt. Hierbei sind insbesondere eine Innenwand 176 des Abgassystems 170 mit Abgasrohr 178 dargestellt. Ein Teil des Fluid 121 (Reduktionsmittellösung), vermischt und verdampft bereits im Abgasstrom 180 bevor es auf die Innenwand 176 trifft. Im Falle höherer Fluidmassenströme 121 trifft die Fluidmenge, welche nicht im Abgastrom verdampft, im Bereich 184 auf die Innenwand und kann einen Wandfilm 182 bilden. Somit kann das Fluid 121 an unterschiedlichen Stellen verdampfen, bevor es auf den Katalysator 174 trifft.
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In 3 ist ein Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens in bevorzugter Ausführungsform dargestellt, der insbesondere auch in Bezug auf 2 näher erläutert werden soll.
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In einem ersten Schritt wird derjenige Massenstrom an Reduktionsmittellösung bestimmt, welcher eingebracht und gleichzeitig vollständig im Abgasstrom verdampft werden kann, ohne dabei auf die Innenwand 176 (Rohrwand) zu treffen. Bei diesem Massenstrom bildet sich somit kein Wandfilm 182.
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Dieser Massenstrom kann als stationäres Limit ṁLim,stat bezeichnet werden, da er auch bei einem langen Verharren des Abgassystems in einem Betriebspunkt eingebracht werden kann, ohne dass Ablagerungen entstehen. Definiert wird dieser Massenstrom bzw. das stationäre Limit ṁLim,stat - es handelt sich also um einen Grenzwert - z.B. über den erwähnten Load Index bzw. Lastindex LIstat, wobei der Wert des Lastindex gerade so niedrig ist, dass es sicher zu keiner Wandfilmbildung im Stationärbetrieb kommt.
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Der Lastindex beschreibt das Risiko, dass sich bezogen auf den Betriebspunkt der Brennkraftmaschine und die erforderliche Menge (Massenstrom) an Reduktionsmittellösung (feste) Ablagerungen bilden. Es handelt sich dabei um ein dimensionsloses Verhältnis zwischen der Leistung (Energie pro Zeit), die nötig ist, um das Reduktionsmittel zu verdampfen, und dem Wärmestromanteil im Abgas oberhalb der Grenztemperatur. Der Lastindex LI
stat kann z.B. wie folgt definiert sein:
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Dabei sind ṁDos,akt der Massenstrom an Reduktionsmittellösung, hvap die Verdampfungsenthalpie der Reduktionsmittellösung, ṁA der Abgasmassenstrom, cp A die Wärmekapazität des Abgases, T die Abgastemperatur und Tmin die minimale Temperatur für ausreichende Verdampfung, also der Grenzwert.
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Darüber hinaus kann ein maximaler Massenstrom an Reduktionsmittellösung definiert werden, der kurzfristig zugelassen werden kann und deshalb als dynamisches Limit ṁ
Lim,dyn bezeichnet werden soll - es handelt sich damit um einen weiteren Grenzwert. Dieser Massenstrom kann ebenfalls über einen Load Index bzw. Lastindex definiert werden, dessen Wert dann jedoch höher ist. Im folgendem wird die Annahme getroffen, dass erst eine Einspritzung von Reduktionsmittellösung mit einem Massenstrom, der größer als das stationäre Limit ṁ
Lim,stat ist, zu einer Wandfilmbildung führt. Der Anteil der Menge bzw. des Massenstroms ṁ
F an Reduktionsmittellösung, der auf die Rohrwand trifft, entspricht somit der Differenz zwischen stationären Limit ṁ
Lim,stat und aktuellem Massenstrom ṁ
Dos,akt an Reduktionsmittel, das eindosiert wird, entsprechend der Formel:
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Diese Formel gilt nur unter der Bedingung ṁLim,stat - ṁDos,akt < 0, wodurch auch für die folgenden Berechnungen dieser Massenstrom mit einem negativen Vorzeichen versehen ist.
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Um im nächsten Schritt sicherzustellen, dass es trotz einer temporären Ausbildung eines Wandfilmes mit Reduktionsmittellösung nicht zu kristallinen (festen) Ablagerungen von Reduktionsmittel kommt, sollte die Temperatur Tw der Rohrwand (Wandtemperatur) an der jeweiligen Stelle - und damit insbesondere im Bereich 184, nicht unter einen Schwellwert Tmin (der erwähnte Grenzwert) von insbesondere 160°C fallen. Somit ist eine Größe zur Limitierung des Massenstroms diese lokale Temperatur der Rohrwand, die für eine Interpolation zwischen stationärem Limit ṁLimstat und dynamischem Limit ṁLim,dyn genutzt wird, um eine aktuelle Limitierung ṁLim,akt des Massenstroms - der maximal eingebracht werden kann, ohne das Risiko von festen Ablagerungen mit sich zu bringen - zu berechnen.
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Außerdem kann eine optimale Verdampfungstemperatur T
opt von z.B. 210°C definiert werden, ab welcher der maximale Massenstrom entsprechend dem dynamischen Limit ṁ
Lim,dyn eingebracht werden kann. Dieser Faktor F zur Interpolation ergibt sich aus der Formel
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Dieser Faktor sollte jedoch auf Werte zwischen 0 und 1 für alle folgenden Berechnungen normiert werden. Anschließend kann die erwähnte Interpolation unter Nutzung der Formel
durchgeführt werden, um eine aktuelle Limitierung ṁ
Lim,akt des Massenstroms der Reduktionsmittellösung zu bestimmen.
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Zur Berechnung der notwendigen lokalen Temperatur T
w der Rohrwand kann ein Bilanzraum definiert werden, indem der erste Hauptsatz der Thermodynamik zum Einsatz kommt. Der Bilanzraum wird um das lokale Rohrwandstück oder den Bestandteil des Mischers, d.h. den Bereich 184, gezogen, an dem sich der Wandfilm bilden kann.. Entsprechend der Formel
ergibt sich somit der bereits vereinfachte erste Hauptsatz der Thermodynamik für ein instationäres System. Dabei sind die Wärmemengenströme durch die Verdunstung der Reduktionsmittellösung, sowie vom Abgas in die Wand bzw. von der Wand an die Umgebung umfasst.
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Die in dieser Formel getroffenen Vereinfachungen umfassen die Vernachlässigung der Änderungen von kinetischer oder potentieller Energie der beteiligten Stoffmassenströme. Die Energieströme werden bereits als Wärmestrom bezeichnet und in den folgenden Formeln näher definiert, außerdem wird dem Bilanzraum keine mechanische Leistung zugeführt.
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In der Formel
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Ist der instationäre Term der vorhergehenden Formel weiter aufgelöst, der die Temperaturänderung des lokalen Rohrwandsegments (der Bereich) über die Zeit beschreibt. Die mögliche Geschwindigkeit der Temperaturänderungen, wird wesentlich von der applizierbaren lokalen Rohrwandmasse mW und der spezifischen Wärmekapazität cp W beeinflusst. Die hier verwendeten Indizes 1 und 2 stehen für Angangs- und Endzustand des betrachteten Zeitintervalls t2 - t1. Die Ausgangstemperatur der Rohrwand zu Beginn eines Fahrzyklus wird z.B. einmalig über den ersten vom Temperatursensor vor dem SCR-Katalysator zu Verfügung gestellten Wert definiert.
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Mit der Formel
kann der Wärmeverlust beschrieben werden, der durch die Verdampfung des Massenstroms ṁ
F an der Rohrwand auftritt; dabei ist mit Δh
F die Änderung er Enthalpie bezeichnet. Entsprechend der Formel (1) oben wird die Differenz zwischen stationärem Limit ṁ
Limstat und aktuellem Massenstrom ṁ
Dos,akt an Reduktionsmittellösung angesetzt, da nur dieser Anteil auf die Rohrwand trifft. Anschließend wird der gesamte Massenstrom mit der Verdampfungsenthalpie multipliziert. Bei diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass der Wandfilm aus Reduktionsmittellösung sofort wieder verdampft und damit dessen Größe theoretisch bei null bleibt. In der Realität wird es jedoch zu einer kurzzeitigen Wandfilmbildung kommen, welcher jedoch schnell wieder verdampft wird.
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In einem nächsten Schritt kann über die Formel
die Wärmeübertragung zwischen Abgasmassenstrom ṁ
A und lokalem Rohrwandsegment definiert werden. Diese hängt unter anderem vom Wärmeübergangskoeffizient a
A/w ab, der in vereinfachter Weise über eine lineare Funktion (Faktor a
A/W,Fak und konstanter Term a
A/W,konst) abhängig vom Abgasmassenstrom frei applizierbar ist. Außerdem wird die Wärmeübertragung durch die applizierbare lokale Rohrwandfläche A
Wand (d.h. der Fläche des Bereichs, in dem sich der Wandfilm bilden könnte) und die aktuelle Temperaturdifferenz zwischen Abgasmassenstrom und Rohrwandsegment beeinflusst.
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Der Wärmeverlust an die Umgebung stellt den letzten Einflussfaktor entsprechend der Formel
dar. Dieser hängt von der Temperaturdifferenz zwischen dem Rohrwandsegment und der Umgebung ab. Ebenso ist ein Kriterium, ob das Abgassystem isoliert ist oder nicht. Sobald eine Isolation vorhanden ist, wird dessen Dicke über den Parameter d
W/ISO appliziert, gleiches gilt für die Wärmeleitfähigkeit λ
W/ISO· In diesem Fall ist der Wärmeverlust sehr gering. Sollte jedoch keine Isolation vorhanden sein, werden die Dicke und die Wärmeleitfähigkeit der Rohrwand eingetragen, wodurch der Wärmeverlust deutlich höher ist. In diesem Fall steigt auch der Einfluss des Wärmeübergangskoeffizient a
W/U,der ebenfalls zur Vereinfachung über eine lineare Funktion (Faktor a
U/W,Fak und konstanter Term a
U/W,konst) abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit v
Fzg frei applizierbar ist. Auch die Fläche des lokalen Rohrwandsegments A
W geht wieder in die Berechnung ein.
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In 4 werden Simulationsergebnisse für die Massenströme von Reduktionsmittellösung basierend auf einem kalt gestarteten PKW über einen Fahrzyklus dargestellt, und zwar im Vergleich zwischen Anwendung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform und ohne Anwendung der Erfindung.
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Gezeigt sind die Limitierung des Massenstroms ṁLim,akt in Abhängigkeit von der Temperatur Tkat vor dem SCR-Katalysator, dem Abgasmassenstrom und der aktuellen Füllstandsabweichung des SCR-Katalysators (gezeigt ist der Füllstand G). Die zugehörigen Kurven sind in 4 als durchgängige Linien und mit gestrichenen Bezugszeichen für die Situation ohne Anwendung der Erfindung dargestellt und verdeutlichen im oberen Diagramm einen sehr schnellen Füllstandsaufbau des SCR-Katalysators im hervorgehobenen Bereich, obwohl die zugehörige modellierte Wandfilmtemperatur TW im unterem Diagramm sehr deutlich unter dem Schwellwert Tmin von hier 160 °C liegt.
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Die ebenfalls in 4 dargestellten gepunkteten Linien und nicht gestrichenen Bezugszeichen zeigen die Limitierung der Dosiermenge bei Anwendung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform und damit basierend auf der lokalen Rohrwandtemperatur.
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In dem zu Beginn des Fahrzyklus hervorgehobenen Bereich im oberen Diagramm kommt es zu einer deutlich langsameren Befüllung des SCR-Katalysators. In diesem Bereich ist der im unterem Diagramm dargestellte Interpolationsfaktor F in beiden Fällen bei null, was bedeutet, dass der zulässige Massenstrom ṁLim,akt durch die stationäre Limitierung ṁLim,stat geben ist, um zu verhindern, dass Reduktionsmittel auf die Rohrwand trifft. Allerdings wird bei einer Limitierung ohne Anwendung der Erfindung diese Interpolation bzw. Limitierung nicht genutzt. Aus diesem Grund ist der Aufbau eines großen Wandfilms ohne Anwendung der Erfindung sehr wahrscheinlich; dieser verdampft aufgrund der geringen Wandtemperatur nur sehr langsam.
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Außerdem verdampft das Wasser aus der Reduktionsmittellösung deutlich schneller als das Reduktionsmittel (Harnstoff) und der daraus folgende Anstieg des Reduktionsmittelanteils begünstig das Entstehen fester Ablagerungen. Nachdem die Befüllung des SCR-Katalysators abgeschlossen ist, sind die Füllstandsverläufe beider Simulationen deckungsgleich. Damit ist das erfindungsgemäße Verfahren in bevorzugter Ausführungsform sehr gut geeignet, um einerseits das Akkumulieren von Ablagerungen während der Kaltstartphasen zu verhindern und andererseits einen ausreichenden Massenstrom an Reduktionsmittel bereitzustellen, wenn das Abgassystem aufgewärmt ist.