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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen eines Algenwachstums in einem Gewässer. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein System, ausgestaltet zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Blaualgen sind Organismen, welche insbesondere in langsam fließenden, stehenden oder rückstauenden Oberflächengewässern leben. Besonders in den Sommermonaten wächst deren Anzahl im Gewässer explosionsartig, was als „Algenblüte“, „Wasserblüte“ oder „Algenpest“ bezeichnet wird. Die Blaualgen erzeugen eine Reihe giftiger Substanzen, welche im Gewässer lebende Organismen wie Fische und Zooplankton schädigen könne, aber auch für den Menschen gesundheitsschädlich sein können. Eine Exposition mit den Substanzen der Blaualgen, beispielsweise bei Verschlucken, kann zu Übelkeit, Erbrechen, Hautreizungen, etc. führen.
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Insbesondere bei der Überwachung von Oberflächengewässern ist die Überwachung der Algenkonzentration daher von hohem Interesse. Die Europäischen Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Überwachung durchzuführen (siehe die entsprechende EU-Rahmenrichtlinie https://eur-lex.europa.eu/legalcontent/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32006L0007&qid=1 613558826590).
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Blaualgen können präzise mit Hilfe von Fluoreszenzsonden detektiert werden. So emittieren die Blaualgen Licht in einem für sie spezifischen Spektrum, dass von anderen Organismen, etwa von dem der harmloseren Grünalgen, verschieden ist. Eine Sonde mit einem Emitter und einer entsprechenden Fotodiode kann die Algendichte daher sortengenau (bspw. Blaualge oder Grünalge) bestimmen. Auch mittels einer Unterwassermikroskopie kann der Algengehalt und deren Sorte präzise bestimmt werden.
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Jedoch ist die Anschaffung und der regelmäßige Betrieb solcher hochgenauen Messmethoden wie Fluoreszenzmessung und Unterwassermikroskopie sehr teuer und gegebenenfalls sehr aufwendig. Die regelmäßige Untersuchung auch von kleineren Gewässern gestaltet sich für die Länder und Kommunen sehr kostspielig. Die kostengünstige Methode, bei welcher ein Sichttiefenmessung mittels einer Secchi-Scheibe durchgeführt wird, liefert zwar gute Ergebnisse - allerdings muss diese Messung manuell von einer Person durchgeführt und dokumentiert werden, so dass eine regelmäßige Messung aufwendig bleibt.
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Ausgehend von dieser Problematik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Überwachung von Gewässern hinsichtlich der Algenkonzentration einfacher und weniger kostenintensiv durchzuführen.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Überwachen eines Algenwachstums in einem Gewässer gelöst, umfassend:
- - Bereitstellen von zumindest einem Sensor, welcher zum Erfassen einer Algenkonzentration ausgestaltet ist, insbesondere ein Fluoreszenzsensor oder ein Lichtemitter-Lichtdetektor-System;
- - Bereitstellen von einem oder mehreren weiteren Sensoren, die ausgestaltet sind, jeweils einer oder mehrere physikalische und oder elektrochemische Messgrößen, insbesondere in pH-Wert, ein Leitfähigkeitswert, ein Wert hinsichtlich eines oder mehrerer ISE-Parameter, ein Temperaturwert, ein Trübungswert, ein Wert einer optischen Dichte, ein Wert einer Ultraschalldichte, ein Spektrometerwert, ein Redoxwert oder ein Wert einer Sauerstoffsättigung, zu erfassen;
- - Simultanes Erfassen der Algenkonzentration mittels des Sensors und der Messgrößen mittels der weiteren Sensoren über zumindest einen vorbestimmten Zeitraum in dem Gewässer oder in einem Trainingsvolumen, insbesondere mit bekannter Algenkonzentration;
- - Vergleichen der erfassten Algenkonzentration mit den erfassten Messgrößen für jeden der erfassten Zeiträume; und
- - Berechnen, bzw. Erstellen eines Regressionsmodells anhand des Vergleichs, wobei das Regressionsmodell eine Korrelation zwischen der erfassten Algenkonzentration und zumindest einer der erfassten Messgrößen enthält.
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Der Kern des Verfahrens besteht darin, ein Regressionsmodell zu erstellen, welches Standardparameter von Wassermessungen mit den spezifischen, hochgenauen Messungen eines Referenzsensors korreliert. Anhand eines konkreten Testvolumens (d.h. eine bekannte Wassermenge in einer abgegrenzten, kontrollierbaren Umgebung) oder in dem Gewässer selbst werden die Standardparameter mittels Sensoren zusammen mit den Messgrößen des Referenzsensors über die Zeit aufgezeichnet. Aus diesen Zeitreihen wird das genannte Regressionsmodell errechnet.
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Als Referenzsensor sind alle Sensoren, bzw. Sensorsysteme einsetzbar, deren erfasste Messgrößen einen direkten Rückschluss auf die aktuelle Algenkonzentration im Wasser erlauben. So sind beispielsweise Fluoreszenzsensoren oder Lichtemitter-Lichtdetektor-Systeme (mit künstlichen Lichtemittern wie LEDs oder Lasern und darauf abgestimmten Lichtdetektoren, oder per Verwendung der Sonne als Lichtemitter und der Kamera eines mobilen Endgeräts als Lichtdetektor (hier erfolgt eine Baseline-Korrektur mittels eines weißen Blatt Papiers)) für das erfindungsgemäße Verfahren verwendbar. Auch manuelle Konzentrationsbestimmungen, wie beispielsweise das Verwenden einer Secchi-Scheibe, oder das Entnehmen einer Probe aus dem Gewässer/dem Testvolumen und dem Detektieren der Algenkonzentration in einem Labor werden im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren als Erfassen der Algenkonzentration mittels eines Referenzsensors verstanden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass das Verfahren weiter umfasst:
- - Erfassen der Messgrößen mittels einem oder mehreren der weiteren Sensoren im Gewässer;
- - Berechnen, insbesondere im Wesentlichen simultanes Berechnen, einer aktuellen Algenkonzentration aus einer oder mehrerer der erfassten Messgrößen unter Verwendung des Regressionsmodells.
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Das berechnete Regressionsmodell wird also im bestimmungsgemäßen Gewässer verwendet, um die Ist-Konzentration der Algen ohne Referenzsensor zu berechnen. Da das Regressionsmodell die Korrelation zwischen den weiteren Sensoren und dem Referenzsensor enthält, genügen die von den weiteren Sensoren erfassten Messgrößen, um die aktuelle Algenkonzentration zu berechnen. Dadurch kann eine regelmäßige und/oder kontinuierliche Messung der Algenkonzentration auch mit kostengünstigen Sensoren auf einfache Art und Weise durchgeführt werden.
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„Simultan“ bedeutet, dass die Algenkonzentration im Wesentlichen in Echtzeit aus den Messgrößen der weiteren Sensoren berechnet wird. So steht die aktuelle Algenkonzentration unmittelbar (bzw. nach einigen Millisekunden) nach dem Erfassen der Messgrößen zur Verfügung.
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Die Verwendung des Testvolumens hat den Vorteil, dass der Messaufbau mit dem Referenzsensor nicht zu dem Gewässer befördert werden muss, sondern lediglich die tatsächlich im Gewässer einzusetzenden weiteren Sensoren (und ggf. einer Auswerteeinheit).
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass im Falle, dass mehrere weitere Sensoren eingesetzt werden, das Regressionsmodell auf Eliminationskandidaten untersucht wird, wobei ein Eliminationskandidat ein weiterer Sensor ist, dessen Messgrößen zum Berechnen der aktuellen Algenkonzentration nicht benötigt wird. Weiter ist vorgesehen, dass die Eliminationskandidaten mittels eines Verfahrens zur Dimensionsreduktion validiert werden und wobei die Messgrößen der Eliminationskandidaten im Falle einer positiven Validierung nicht mehr in die Berechnung der aktuellen Algenkonzentration miteinfließen.
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Beispielsweise kann festgestellt werden, dass nicht alle der weiteren Sensoren für das genaue Berechnen der Algenkonzentration benötigt werden. Es kann u.U. auch festgestellt werden, dass bereits einer der weiteren Sensoren für eine hohe Genauigkeit ausreicht. Die Anschaffungs- und Betriebskosten, sowie der Verwaltungsaufwand können dadurch weiter gesenkt werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass das Regressionsmodell mit historischen Wetterdaten angereichert wird, wobei die historischen Wetterdaten Messgrößen, insbesondere eine Dauer der Sonneneinstrahlung, eine Regenmenge, und/oder eine Lufttemperatur umfassen und wobei die Messgrößen das erste Gewässer, bzw. das zweite Gewässer während den jeweiligen Zeiträumen betreffen. Des Weiteren werden Wettervorhersagedaten verwendet, wobei die Wettervorhersage insbesondere eine voraussichtliche Dauer einer Sonneneinstrahlung am Gewässer, eine voraussichtliche Regenmenge am Gewässer und/oder eine voraussichtliche Lufttemperatur am Gewässer umfassen, wobei eine Vorhersage für eine Entwicklung der Algenkonzentration im ersten Gewässer aus den Wettervorhersagedaten unter Verwendung des mit den Wetterdaten angereicherten Regressionsmodells berechnet werden.
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Gemäß der obig beschriebenen EU-Rahmenrichtlinie ist nicht nur das Bestimmen der Blaualgenkonzentration, sondern auch eine Optimierung der Überwachungsmaßnahmen zur Wasserqualität gefordert. Das Algenwachstum hängt mit einem wesentlichen Anteil vom Wetter am Ort des Gewässers ab. Insbesondere die Sonneneinstrahlung, Regen, und die Lufttemperatur am Ort des Gewässers sind hochrelevante Parameter, welche das Algenwachstum massiv beeinflussen ab. Durch Hinzunahme der historischen Wetterdaten beim Erstellen, bzw. Trainieren des Regressionsmodells und der Verwendung der Wettervorhersagedaten oder Wetterprognosedaten lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren so erweitern, dass nicht nur die aktuelle Algenkonzentration präzise bestimmt werden kann, sondern darüber hinaus auch das Algenwachstum mit hoher Genauigkeit (abhängig von der Qualität der Wettervorhersagedaten) prognostiziert werden kann.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass im Falle, dass ein ungewöhnliches Wachstum der Algenkonzentration vorhergesagt wird, welches unter oder über einem vorbestimmten Schwellwert liegt, eine oder mehrere der folgenden proaktiven Maßnahmen zu einer Verminderung der Algenkonzentration, bzw. zu einer Abschwächung eines Wachstums der Algenkonzentration durchgeführt wird:
- - Erhöhung einer Wasserzufuhr zu dem Gewässer;
- - Reduktion eines Nährstoffzuflusses in das Gewässer;
- - Reduktion eines Fisch- und oder Vogelbestands im, bzw. am, ersten Gewässer;
- - Erhöhen einer Sauerstoffzufuhr zu dem Gewässer, insbesondere durch Etablieren einer aktiven Belüftung des Gewässers;
- - Entnahme von Biomasse aus dem Gewässer, insbesondere durch Entschlammung.
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Die durch die Wettervorhersagedaten ermöglichte Prognose des Algenwachstums unterstützt die Bade- und Baggerseebetreiber darin, die genannten Maßnahmen proaktiv planen zu können. Die genannten Maßnahmen zielen darauf ab, die Algenkonzentration zu reduzieren und/oder das Algenwachstum abzumildern oder ganz zu stoppen. Verschiedene Maßnahmen erzielen dabei verschiedene Wirkungsgrade, haben aber dafür u.U. Auswirkungen auf die Ökologie des Gewässers und/oder sind mit Kosten verbunden. Mittels des Verfahrens kann die optimale Maßnahme, welche ausreicht, den aktuellen Grad des Wachstums abzumildern, vorgeschlagen werden. Hierfür kann ein KI-Modell verwendet werden, was mit Trainingsdaten zu durchgeführten Maßnahmen, deren Wirkung und der jeweils zum Startzeitpunkt der Maßnahmen vorliegenden Algenkonzentration, bzw. Wachstumsrate eintrainiert wurde.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass für die Schritte des Berechnens der aktuellen Algenkonzentration und/oder des Berechnens der Vorhersage für die Entwicklung der Algenkonzentration Verfahren der Regressionsanalyse, insbesondere multivariate lineare System, Lasso-/Ridge-Regressionen, Kernelregressionen, oder Ensemble-Learning-Verfahren, insbesondere Random Forest Trees oder XGBoost, oder neuronale Netzwerke, insbesondere LSTMs, verwendet werden. Das Regressionsmodell verwendet, bzw. besteht aus, ein oder mehrere der vorgenannten Verfahren. Diese Verfahren werden wie beschrieben auf die jeweilige Applikation (Anzahl und Typ der verwendeten weiteren Sensoren, Anzahl und Typ der Referenzsensoren) eingelernt. Der Typ und die Anzahl der verwendeten Verfahren wird abhängig von der konkreten Ausgestaltung und der Komplexität der Applikation gewählt. Auch weitere geeignete, hier nicht aufgeführte, Verfahren, insbesondere weitere Kl- oder Machine Learning-Verfahren, können im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzt werden.
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Es kann vorgesehen sein, die verwendeten weiteren Sensoren nach einer bestimmten Zeit zu rekalibrieren. Dies ist beispielsweise durch einen Drift der Messgrößen von einem oder mehreren Sensoren notwendig, um die Qualität der berechneten Algenkonzentration zu erhalten. Hierfür werden die Verfahrensschritte des simultanen Erfassens der Algenkonzentration mittels des Referenzsensors und der Messgrößen mittels der weiteren Sensoren über zumindest einen vorbestimmten Zeitraum in dem Gewässer oder in einem Trainingsvolumen, das Vergleichen der erfassten Algenkonzentration mit den erfassten Messgrößen für jeden der erfassten Zeiträume und das Berechnen, bzw. Erstellen des Regressionsmodells wiederholt. Der Zeitpunkt für das Rekalibrieren ergibt sich anhand des Typs der verwendeten weiteren Sensoren.
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Des Weiteren wird die Aufgabe durch ein System gelöst, welches zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgestaltet ist. Das System umfasst hierbei einen Sensor, welcher zum Erfassen einer Algenkonzentration ausgestaltet ist, einen oder mehrere weitere Sensoren, die ausgestaltet sind, jeweils einer oder mehrere der Messgrößen pH, Temperatur, Trübung oder Sauerstoffsättigung zu erfassen und eine Auswerteeinheit, welche die Schritte des Erstellens des Regressionsmodells, des Berechnens der aktuellen Algenkonzentration, des Anreicherns des Regressionsmodells mit Wetterdaten und/oder des Berechnens einer Vorhersage des Algenwachstums durchführt.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass das System weiter einen Datenspeicher zum Speichern der erfassten Algenkonzentration und/oder der erfassten Messgrößen umfasst. Der Datenspeicher kann sich vor Ort befinden, oder sich auf der weiter unten genannten cloudbasierten Plattform befinden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass das System weiter eine Datenbank für Wetterdaten umfasst, wobei die Auswerteeinheit ausgestaltet ist, Wetterdaten und/oder Wettervorhersagedaten von der Datenbank abzurufen. Bei der Datenbank handelt es sich beispielsweise um eine Datenbank einer Wetterstation und/oder um Datenbanken/Webdienste von Wetterdiensten, von welchen die Wetterdaten kostenlos oder kostenpflichtig abgerufen werden können.
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Gemäß einer ersten Variante des erfindungsgemäßen Systems ist vorgesehen, dass die Auswerteeinheit in unmittelbarer Nähe des Gewässers, insbesondere in Gestalt eines PCs oder eines Netzwerkgeräts, vorgesehen ist und wobei die Auswerteeinheit drahtgebunden oder drahtlos mit dem Sensor und/oder den weiteren Sensoren in Kommunikationsverbindung steht und wobei der Sensor und/oder die weiteren Sensoren ausgestaltet sind, die Algenkonzentration und/oder die Messgrößen an die Auswerteeinheit zu übermitteln. Das Berechnen des Regressionsmodells erfolgt hierbei entweder vor Ort mittels der Auswerteeinheit, oder wird offline mittels eines weiteren PCs vorgenommen, wobei das berechnete Regressionsmodell anschließend auf den PC oder das Netzwerkgerät vor Ort aufgespielt wird.
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Gemäß einer zweiten Variante des erfindungsgemäßen Systems ist vorgesehen, dass die Auswerteeinheit als Applikation auf einer cloudbasierten Plattform ausgestaltet ist. Eine cloudbasierte Plattform ist insbesondere ein Server, welcher per Internet kontaktiert werden kann. Auf dieser cloudbasierten Plattform können Daten abgespeichert und abgerufen werden. Zudem ist eine Vielzahl von Applikationen auf der cloudbasierten Plattform aufrufbar, welche ein Analysieren und/oder Verarbeiten der gespeicherten Daten erlauben. Die Visualisierung dieser Informationen ist hierbei nahezu beliebig wählbar. So kann beispielsweise auf eine genaue Werteanzeige verzichtet werden und bspw. eine Ampelanzeige mit verschiedenen Zuständen des Gewässers visualisiert werden, welche auch für Laien intuitiv verständlich ist. Es kann hierfür vorgesehen sein, verschiedene Ebene oder Benutzerprofile anzulegen (Behördenprofil, öffentliches Gastprofil, etc.), welche jeweils verschiedene Visualisierungsarten anbieten. Auch eine Kartenanzeige mit verschiedenen Gewässern und deren aktuellen Zuständen, aktuellen Algenkonzentrationen, Algenwachstumsprognosen etc. ist über die Applikation darstellbar.
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Die Verwendung der Auswerteeinheit als Applikation auf der cloudbasierten Plattform erlaubt es dem Benutzer (beispielsweise einer zuständigen Stelle einer Behörde), jederzeit die aktuelle Algenkonzentration im Gewässer und/oder die Prognose des Algenwachstums einsehen zu können.
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Eine Ausgestaltung der zweiten Variante des erfindungsgemäßen Systems sieht vor, dass der Referenzsensor und/oder die weiteren Sensoren ausgestaltet sind, die Algenkonzentration und/oder die Messgrößen per Internet an die cloudbasierte Plattform zu übermitteln. Der Referenzsensor, bzw. die weiteren Sensoren weisen hierfür einen Stromanschluss auf und werden von einer externen Energiequelle mit ihrer zum Betrieb benötigten elektrischen Energie versorgt. Alternativ weisen der Referenzsensor, bzw. die weiteren Sensoren eine Batterie oder einen Akku auf, welche(r) diese mit ihrer zum Betrieb benötigten elektrischen Energie versorgt.
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Eine alternative Ausgestaltung der zweiten Variante des erfindungsgemäßen Systems sieht vor, dass das System weiter ein Netzwerkgerät umfasst, insbesondere ein Edge Device, wobei das Netzwerkgerät drahtgebunden oder drahtlos mit dem Sensor und/oder den weiteren Sensoren in Kommunikationsverbindung steht, wobei der Sensor und/oder die weiteren Sensoren ausgestaltet sind, die Algenkonzentration und/oder die Messgrößen an das Netzwerkgerät zu übermitteln, und wobei das Netzwerkgerät ausgestaltet ist, die Messgrößen per Internet an die cloudbasierte Plattform zu übermitteln. Bei dem Netzwerkgerät handelt es sich um ein Edge Device, ein Gateway oder ein vergleichbares Gerät. Des Weiteren weisen der Sensor und/oder die weiteren Sensoren eine Schnittstelle zum kabelgebundenen Anschluss an das Internet auf oder weisen Schnittstellen auf, welche eine kabellose Funkübertragung erlauben, beispielsweise per Mobilfunk (3G, LTE, 5G, NB-loT, etc.) oder LoRaWAN.
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Das Netzwerkgerät ermöglicht vorteilhafterweise eine Vorverarbeitung der Messgrößen und/oder eine Zusammenfassung oder Reduktion der Messgrößen, um die zu übertragende Datenmenge zu reduzieren und Kosten einzusparen.
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Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Figuren näher erläutert. Es zeigen
- 1: ein Ausführungsbeispiel eines Teilaspekts des erfindungsgemäßen Verfahrens, in welchem das Regressionsmodell erstellt wird;
- 2: ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Systems, mittels welchem unter Verwendung des berechneten Regressionsmodell eine aktuelle Algenkonzentration in einem Gewässer berechnet und/oder vorhergesagt wird; und
- 3: ein zweites Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Systems, mittels welchem unter Verwendung des berechneten Regressionsmodell eine aktuelle Algenkonzentration in dem Gewässer berechnet und/oder vorhergesagt wird.
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In einem ersten Teilaspekt des erfindungsgemäßen Verfahrens, gezeigt in 1, wird ein Regressionsmodell RM erstellt. Hierfür ist ein Testvolumen TV vorgesehen. Bei dem Testvolumen handelt es sich um einen Behälter, welches ein definiertes Volumen einer Flüssigkeit aufweist. Es befindet sich insbesondere in einem Labor. In der Flüssigkeit befinden sich Algen oder ähnliche Organismen. Deren Konzentration, bzw. Wachstum, kann gezielt manipuliert, bzw. gesteuert werden, bspw. durch Einstellen der Temperatur und/oder der Sonneneinstrahlung. Im Testvolumen TV werden ein Referenzsensor RS und mehrere weitere Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 eingesetzt. Bei dem Referenzsensor RS handelt es sich um einen Fluoresenzsensor, welche unmittelbar die aktuell im Testvolumen vorliegende Algenkonzentration feststellen kann. Bei den weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 handelt es sich um Sensoren, welche physikalische Messgrößen der Flüssigkeit erfassen können. Konkret handelt es sich bei dem weiteren Sensor SE1 handelt es sich um einen Trübungssensor. Bei dem weiteren Sensor SE2 handelt es sich um einen Sensor zum Ermitteln einer Sauerstoffkonzentration in der Flüssigkeit. Bei dem Sensor SE3 handelt es sich um einen pH-Sensor. Bei dem Sensor SE4 handelt es sich um einen Leitfähigkeitssensor.
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Der Referenzsensor RS und die weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 sind drahtgebunden mit einem Netzwerkgerät NG oder einem PC verbunden. Teil des Netzwerkgeräts NG, bzw. des PCs sind eine Auswerteeinheit AE und ein Datenspeicher DS.
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Der Referenzsensor RS und die weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 ermitteln nun über einen oder mehrere beliebig lange Zeiträume die aktuelle Algenkonzentration in der Flüssigkeit des Testvolumens TV und die physikalischen Messgrößen bzgl. der Flüssigkeit im Testvolumen TV. Es kann vorgesehen sein, das Wachstum der Algenkonzentration hierbei kontrolliert zu beeinflussen, damit gewünschte Zustände (minimale Algenkonzentration, Sättigungswert der Algenkonzentration, verschiedene Wachstums- und/oder Abklingraten der Algenkonzentration, etc.) währen der Zeiträume erzielt werden. Diese Zeitreihen der aktuellen Algenkonzentration und der physikalischen Messgrößen werden aufgezeichnet und auf dem Datenspeicher DS gespeichert.
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Die Auswerteeinheit AE analysiert anschließend die im Datenspeicher DS gespeicherten Zeitreihen. Durch bspw. eine multivariate Regressionsanalyse der genannten physikalischen Messgrößen und deren wechselseitigen Abhängigkeiten wird eine Korrelation zwischen den Zeitreihen dieser Messgrößen und der vom Referenzsensor erfassten Zeitreihen der Algenkonzentration erstellt und in einem Regressionsmodell RM gespeichert. Neben klassische Verfahren der Regressionsanalyse wie multivariate lineare Systeme, Lasso-/Ridge-Regression und davon abgeleitete Techniken wie Kernelregression können auch neuere Methoden des Ensemble Learnings wie z.B. Random Forest Trees oder XGBoost oder natürlich auch Techniken der Neuronalen Netze, die sich besonders für Zeitreihen eignen (bspw. LSTM's) zum Einsatz kommen. Die Regressionsanalyse dient der Berechnung einer Zeitreihe, die einen konkreten Wert auf einer metrischen Skala zurückliefert. Falls prozessbedingt kein Wert der Algenkonzentration, sondern nur ein Trend oder eine Ordinalskala, wie z.B. eine Ampelbewertung gefragt ist, können ähnliche, aber oftmals einfachere Machine Learning-Verfahren zur Klassifikation eingesetzt werden.
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In einem nächsten Schritt kann das Regressionsmodell historischen Wetterdaten angereichert werden. Die historischen Wetterdaten können mit separaten Sensoren am Ort des Testvolumens erfasst werden, oder von einem Anbieter von Wetterdaten abgerufen werden. Bei den historischen Wetterdaten handelt es sich um Messgrößen, insbesondere eine Dauer der Sonneneinstrahlung, eine Regenmenge, und/oder eine Lufttemperatur, welche am Testvolumen TV während den jeweiligen Zeiträumen vorlagen. Zum Anreichern des Regressionsmodells können die obig genannten Verfahren (Regressionsanalyse, etc.) verwendet werden. Dadurch wird eine Korrelation zwischen den Wetterdaten und den Wachstums- und/oder Abklingraten der Algenkonzentration erstellt.
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In 2 wird das erstellte Regressionsmodell RM in einer konkreten Applikation eingesetzt. Hierfür werden die weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4, aber nicht der Referenzsensor RS in ein Gewässer GW, beispielsweise ein Teich, überführt und mit einem PC oder Netzwerkgerät NG (beispielsweise ein Switch, Router oder Edge Device, verbunden. Die weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 erfassen fortan die jeweiligen physikalischen Messgrößen der Flüssigkeit des Gewässers GW und übermitteln diese an den PC, bzw. das Netzwerkgerät NG. Die Auswerteeinheit AE rechnet die erfassten physikalischen Messgrößen in die gewünschte Größe „Algenkonzentration“ um. Diese kann nahezu simultan, bzw. „live“ vorgenommen werden. Dadurch wird eine Echtzeitüberwachung der Algenkonzentration des Gewässers GW ermöglicht. Es müssen hierbei keine teuren Sensoren, wie beispielsweise Fluoreszenzsensoren, verwendet werden. Mit Hilfe des Regressionsmodells können mittels günstigen Standardsensoren erfasste physikalische Messgrößen mit hoher Genauigkeit in Messgrößen bzgl. der Algenkonzentration umrechnen.
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Ein Betreiber kann diese Werte der Algenkonzentration von dem PC, bzw. dem Netzwerkgerät abrufen. Es kann auch vorgesehen sein, bestimmte Grenzwerte festzulegen, welche bspw. einen kritisch hohen Wert der Algenkonzentration indizieren. Der PC, bzw. das Netzwerkgerät NG kann dann eine Warnmeldung an eine zentrale Stelle aussenden, bspw. per Internet.
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Des Weiteren kann der PC, bzw. das Netzwerkgerät NG Wettervorhersagedaten von von einer Datenbank DB von einem Anbieter von Wetterdaten oder einer Wetterstation (jeweils sind öffentliche oder bezahlte Dienste nutzbar) abgerufen werden. Die Auswerteeinheit AE erstellt anschließend aus diesen Wettervorhersagedaten unter Einbeziehung des Regressionsmodells RM eine Vorhersage des Wachstums, bzw. des Abschwungs der Algenkonzentration.
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In einer weiteren Verfeinerung dieses Verfahrens kann geprüft werden, ob wirklich alle weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 benötigt werden, um die Zielgröße „Algenkonzentration“ berechnen zu können, oder ob bereits eine Teilmenge der weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 hierfür ausreicht. Die Auswerteeinheit AE kann dies nach Erstellung des Regressionsmodells RM (vgl. 1) oder zu einem späteren Zeitpunkt mittels unterschiedlicher „Feature Selection“-Verfahren (vgl. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/B9780444818928500407, https://en.wikipedia.org/wiki/Feature_selection, https://scikit-learn.org/stable/modules/feature_selection.html) durchführen. Mitunter hängt die konkrete Einsetzbarkeit eines „Feature Selection“-Verfahren auch von dem verwendeten Verfahren zu Erstellung des Regressionsmodells RM ab.
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Hieraus ergeben sich ein oder mehrere Eleminationskandidaten. Diese Eleminationskandidaten können zusätzlich durch Verfahren zur Dimensionsreduktion (z.B. Hauptkomponentenanalyse oder „Algenkonzentration“ Faktorenanalyse) validiert werden. Diese beiden Verfahren bewerten multivariate Zeitreihen dahingehend, ob die Gesamtmenge an erfassten physikalischen Messgrößen auf eine Teilmenge zurückgeführt werden kann. Nach der rein statistischen begründeten Auswahl von Eleminationskandidaten kann nun eine zweite prozessspezifischen Auswahl der Eleminationskandidaten stattfinden, die Wirtschaftlichkeitsaspekte wie Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten berücksichtigt. Im vorliegenden Fall werden die weiteren Sensoren SE3, SE4 nicht benötigt, da sich die Algenkonzentration mit hoher Genauigkeit aus den erfassten physikalischen Messgrößen der weiteren Sensoren SE1, SE2 berechnen lässt.
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3 zeigt eine Alternative zu dem bzgl. 2 beschriebenen Aufbau. Hier befindet sich die Auswerteeinheit AE nicht vor Ort auf dem PC, bzw. dem Netzwerkgerät NG, sondern ist als Applikation auf einer cloudbasierter Plattform CP implementiert. Die weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 sind beispielsweise batteriebetrieben und übermitteln ihre erfassten Messgrößen (bspw. per LTE, 5G oder NB-loT) selbstständig an die cloudbasierte Plattform CP.
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Auf die cloudbasierte Plattform CP, bzw. auf die berechneten Algenkonzentrationen kann per Internet zugegriffen werden. Die Visualisierung der aktuellen Algenkonzentration, bzw. deren Zeitreihen, ist hierbei nahezu beliebig wählbar. So kann beispielsweise auch auf eine genaue Werteanzeige verzichtet werden und bspw. eine Ampelanzeige mit verschiedenen Zuständen des Gewässers GW visualisiert werden, welche auch für Laien intuitiv verständlich ist. Es kann hierfür vorgesehen sein, verschiedene Ebene oder Benutzerprofile anzulegen (Behördenprofil, öffentliches Gastprofil, etc.), welche jeweils verschiedene Visualisierungsarten anbieten. Auch eine Kartenanzeige mit verschiedenen Gewässern und deren aktuellen Zuständen, aktuellen Algenkonzentrationen, Algenwachstumsprognosen etc. ist über die Applikation darstellbar.
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Die Verwendung der Auswerteeinheit als Applikation auf der cloudbasierten Plattform CP erlaubt es dem Benutzer (beispielsweise einer zuständigen Stelle einer Behörde), jederzeit die aktuelle Algenkonzentration im Gewässer und/oder die Prognose des Algenwachstums einsehen zu können.
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Es versteht sich von selbst, dass die Erfindung nicht auf die in diesem Ausführungsbeispiel genannte Anzahl und Typen von Referenzsensor RS und weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 beschränkt ist, sondern eine beliebige Anzahl geeigneter Typen von Referenzsensor RS und weiteren Sensoren SE1, SE2, SE3, SE4 gewählt und eingesetzt werden kann. Beispielsweise kann die in der aktuellen Praxis als Low-Cost-Lösung eingesetzte Sichttiefenmessung (Secchi-Scheibe) als Referenzsensor RS eingesetzt werden und durch einen Trübungssensor ersetzt werden. Das nichtlineare und stabile Verhältnis zwischen Sichttiefe und Trübung wird in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben und konnte durch eigene Messreihen bestätigt werden
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Bezugszeichenliste
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- AE
- Auswerteeinheit
- CP
- cloudbasierte Plattform
- DB
- Datenbank für Wetterdaten
- DS
- Datenspeicher
- GW
- Gewässer
- NG
- Netzwerkgerät
- RM
- Regressionsmodell
- RS
- Referenzsensor
- SE1, SE2, SE3, SE4
- weitere Sensoren
- TV
- Trainingsvolumen