-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines elektropneumatischen ABS-Bremssystems in einem Zugfahrzeug, eine Funktions-Steuereinrichtung zur Durchführung des Verfahrens und ein Zugfahrzeug, insbesondere Nutzfahrzeug.
-
Zur Umsetzung einer Streckbremsfunktion und einer Parkbremsfunktion werden in Zugfahrzeugen normalerweise zwei Bedienelemente zusätzlich zum Bremspedal eingesetzt. Ein Bedienelement dient der Streckbremsung und das andere Bedienelement der Parkbremsung während über das Bremspedal eine normale Betriebsbremsung durchgeführt werden kann. Alternativ dazu ist auch bekannt, nur ein Bedienelement zu verwenden, dessen elektrisch und pneumatische Ausgänge zur Umsetzung der Streckbremsfunktion bzw. der Parkbremsfunktion verwendet werden, wobei dies lediglich in elektronisch gesteuerten EBS-Bremssystemen zum Einsatz kommen kann, die auch eine Druckregelung aufweisen. Nur so kann gleichzeitig auch eine gesetzlich geforderte Hilfsbremsfunktion im Falle einer Beeinträchtigung der Betätigung der Betriebsbremsen über das Bremspedal umgesetzt werden. In ABS-Bremssystemen hingegen ist eine solche Druckregelung nicht vorgesehen, weshalb bisher auf zwei Bedienhebel auszuweichen ist, was aufwendiger ist.
-
In
DE 10 2016 010 461 A1 ist vorgesehen, die Radbremsen im Anhänger anzusteuern, d.h. einen Anhänger-Steuerdruck gezielt zu verändern, wenn eine Ist-Beschleunigung des Zugfahrzeuges nicht einer gewünschten Soll-Bremswirkung entspricht. In
DE 10 2017 011 802 A1 ist ferner vorgesehen, die Radbremsen im Anhänger anzusteuern, d.h. einen Anhänger-Steuerdruck zu verändern, wenn eine Stabilisierung der Fahrzeugkombination gewünscht ist. In
EP 2 108 555 B1 ist wiederum vorgesehen, bei Durchführung einer Streckbremsfunktion über eine Beobachtung einer Ist-Beschleunigung des Zugfahrzeuges den Anhänger-Steuerdruck zu erhöhen, wenn die Bremswirkung im Zugfahrzeug über die jeweiligen Radbremsen gleichzeitig unterdrückt wird. Es findet also eine gezielte Anpassung des Anhänger-Steuerdruckes im Rahmen einer Verzögerungsregelung statt. In
EP 2 123 528 B1 ist ferner vorgesehen, die Ansteuerung der Radbremsen im Anhänger bzw. eine Aussteuerung des Anhänger-Steuerdruckes in Abhängigkeit einer Bremsentemperatur anzupassen.
-
Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren anzugeben, mit dem in einem ABS-Bremssystem eines Zugfahrzeuges in einfacher und zuverlässiger Weise unterschiedliche Bremsfunktionen über den Anhänger dargestellt werden können. Aufgabe ist weiterhin, eine Funktions-Steuereinrichtung sowie ein Zugfahrzeug bereitzustellen.
-
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren, eine Funktions-Steuereinrichtung sowie ein Zugfahrzeug gemäß den unabhängigen Ansprüchen gelöst. Die Unteransprüche geben bevorzugte Weiterbildungen an.
-
Erfindungsgemäß ist demnach ein Verfahren zum Steuern eines elektropneumatischen ABS-Bremssystems in einem Zugfahrzeug mit einem Anhänger-Steuerventil vorgesehen, wobei ein im Zugfahrzeug erzeugter Anhänger-Steuerdruck über das Anhänger-Steuerventil auf einen an das Zugfahrzeug angekuppelten Anhänger übertragen werden kann, um in Abhängigkeit des Anhänger-Steuerdruckes Radbremsen des Anhängers anzusteuern,
wobei der Anhänger-Steuerdruck zur Umsetzung einer Streckbremsfunktion (Strecken der Kombination aus Zugfahrzeug und Anhänger) oder einer Hilfsbremsfunktion (hilfsweises Abbremsen des Fahrzeuges bei einer beeinträchtigten Betätigung des Bremsventils/Bremspedals) in Abhängigkeit einer Stellposition eines (einzigen) manuell betätigbaren Bedienelementes, das sich vorzugsweise von dem Bremsventil/Bremspedal des Zugfahrzeuges unterscheidet, ausgesteuert wird, mit mindestens den folgenden Schritten:
- - Ermitteln einer Stellposition des Bedienelementes, beispielsweise über einen entsprechenden Stellungssensor;
- - Ermitteln eines Anhänger-Soll-Druckes in Abhängigkeit der ermittelten Stellposition des Bedienelementes, insbesondere aus hinterlegten Kennlinien;
- - Erzeugen eines dem Anhänger-Soll-Druck entsprechenden Anhänger-Steuerdrucks und Aussteuern des Anhänger-Steuerdruckes an das Anhänger-Steuerventil zum Umsetzen einer Bremsung durch den Anhänger gemäß der Stellposition;
- - Ermitteln einer Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges, zumindest dann, wenn die Streckbremsfunktion aktiviert ist, d.h. über das Bedienelement eine Streckbremsung durch Abbremsung des Anhängers bewirkt werden soll, wobei die Ist-Verzögerung zum Sparen von Rechnerkapazitäten vorzugsweise lediglich bei aktivierter Streckbremsfunktion ermittelt wird;
- - Einlesen einer der ermittelten Stellposition zugeordneten Mindest-Verzögerung für das Zugfahrzeug, insbesondere aus einer dritten Kennlinie, die der ermittelten Stellposition eine Mindest-Verzögerung zuordnet; und
- - Ansteuern der Radbremsen des Zugfahrzeuges, wenn die Ist-Verzögerung die eingelesene Mindest-Verzögerung unterschreitet derartig, dass sich der an das Anhänger-Steuerventil ausgesteuerte Anhänger-Steuerdruck nicht verändert und sich die Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges erhöht.
-
Vorteilhafterweise wird also eine Verzögerungsregelung vorgeschlagen, bei der sich die Bremswirkung am Anhänger nicht verändert. Der vorgegebene Anhänger-Steuerdruck wird also in Abhängigkeit der Betätigung des Bedienelementes bzw. in Abhängigkeit der Stellposition weiter beibehalten. Eine zu geringe Bremswirkung (Ist-Verzögerung < Mindest-Verzögerung) wird dann lediglich durch eine Beaufschlagung der Radbremsen im Zugfahrzeug bewirkt, vorzugsweise derartig, dass die Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges die Mindest-Verzögerung erreicht oder überschreitet.
-
Dadurch wird vorteilhafterweise erreicht, dass bei einer Streckbremsung und unter Umständen auch bei einer Hilfsbremsung, die lediglich über die Radbremsen am Anhänger durchgeführt werden, eine gewisse Mindest-Verzögerung sichergestellt werden kann, wenn tatsächlich kein Anhänger vorhanden ist oder dessen Bremswirkung beeinträchtigt ist. Die Differenz zur Mindest-Verzögerung kann dann durch die Ansteuerung der Radbremsen im Zugfahrzeug zumindest kompensiert werden. Dies ist insbesondere bei elektropneumatisch gesteuerten ABS-Bremssystemen der Fall, bei denen keine Überwachung auf einen angekuppelten Anhänger stattfindet oder eine Kommunikation zwischen den ABS-Steuereinheiten im Zugfahrzeug und Anhänger gestört ist, so dass nicht sicher festgestellt werden kann, ob ein Anhänger angekuppelt ist bzw. dieser korrekt angesteuert werden kann. In dem Fall kann durch die kompensierte Ansteuerung der Radbremsen im Zugfahrzeug eine fehlende Bremswirkung, die vom Fahrer gezielt durch die Stellposition für eine Hilfsbremsung angefordert wird, in einfacher und zuverlässiger Weise erreicht werden.
-
Die Ansteuerung der Radbremsen im Zugfahrzeug (bei zlst < zMin) kann dazu beispielsweise derartig stattfinden, dass ABS-Bremsventile, die in dem ABS-Bremssystem den Radbremsen des Zugfahrzeuges vorgeschaltet sind (separat oder als Bestandteil eines Achsmodulators), elektrisch ansteuert werden, um einen den Radbremsen zugeleiteten Bremsdruck entsprechend der fehlenden Bremswirkung zu modulieren. Dazu kann den Fahrzeugachsen zugeordneten Ventileinheiten (z.B. Relaisventil oder Achsmodulator) ein erhöhter Steuerdruck, insbesondere ein Vorratsdruck aus den Druckvorratsbehältern, zugeleitet werden, der dann durch die ABS-Bremsventile entsprechend reduziert bzw. angepasst wird, um im Rahmen der Verzögerungsregelung die fehlende Bremswirkung umzusetzen, wenn der Fahrer eine Hilfsbremsung beabsichtigt. Vorteilhafterweise wird also auf bereits vorhandene Komponenten im Fahrzeug zurückgegriffen, um dies zu erreichen.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass das Ermitteln der Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges und/oder das Ansteuern der Radbremsen des Zugfahrzeuges, wenn die Ist-Verzögerung die eingelesene Mindest-Verzögerung unterschreitet, nur dann durchgeführt wird, wenn die Streckbremsfunktion aktiviert ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine normalerweise im Streckbremsbetrieb unterdrückte Hilfsbremsfunktion in vergleichbarer Weise zur Verfügung steht, d.h. das Fahrzeug bei aktivierter Streckbremsung und fehlendem oder beeinträchtigtem Anhänger dennoch abgebremst werden kann, wenn dies über das Bremspedal bzw. das Bremsventil nicht mehr zuverlässig möglich ist.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass das Ermitteln der Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges und/oder das Ansteuern der Radbremsen des Zugfahrzeuges, wenn die Ist-Verzögerung die eingelesene Mindest-Verzögerung unterschreitet, nur dann durchgeführt wird, wenn ergänzend die Stellposition eine Mindest-Stellposition überschreitet, z.B. eine Mindest-Stellposition von 70%. Dadurch wird berücksichtigt, dass der Fahrer über die Hilfsbremsfunktion normalerweise eine sehr hohe Bremswirkung erreichen möchte und das Bedienelement dementsprechend auch stärker betätigt. Unterhalb der Mindest-Stellposition des Bedienelementes hingegen ist eher nicht zu erwarten, dass der Fahrer eine Hilfsbremsfunktion umsetzen möchte, sondern lediglich an einer Streckung der Fahrzeugkombination interessiert ist, weshalb die Ermittlung und Auswertung der Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges nicht nötig ist. Dadurch können zusätzlich Rechnerkapazitäten gespart werden.
-
Vorzugsweise kann weiterhin vorgesehen sein, dass das Ansteuern der Radbremsen des Zugfahrzeuges bei aktivierter Streckbremsfunktion ausschließlich dann erfolgt, wenn die Ist-Verzögerung die eingelesene Mindest-Verzögerung unterschreitet. Dadurch wird sichergestellt, dass die Radbremsen im Zugfahrzeug lediglich dann angesteuert werden, wenn dies im Rahmen der Verzögerungsregelung, insbesondere während der Fahrt, wenn der Fahrer eine Hilfsbremsung beabsichtigt, benötigt wird. Für den Fall, dass es aus fahrdynamischen Gesichtspunkten nötig oder ratsam ist, bei aktivierter Streckbremsfunktion dem Fahrer die volle Kontrolle über alle Radbremsen, d.h. auch die Radbremsen an der Vorderachse, zu geben, kann auch eine gezielte Unterdrückung der Streckbremsfunktion vorgesehen sein. In dem Fall werden aus Sicherheitsgründen geeignete Maßnahme ergriffen, so dass bei einer Betätigung des Bremsventils/Bremspedals durch den Fahrer der Fahrerwunsch an allen Radbremsen sicher umgesetzt werden kann.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass der Anhänger-Soll-Druck
- - aus einer ersten Kennlinie ermittelt wird, wenn die Streckbremsfunktion aktiviert ist zum Umsetzen der Streckbremsfunktion bei Betätigung des Bedienelementes, und
- - aus einer zweiten Kennlinie ermittelt wird, wenn die Streckbremsfunktion deaktiviert ist zum Umsetzen der Hilfsbremsfunktion bei Betätigung des Bedienelementes,
wobei die erste Kennlinie und die zweite Kennlinie jeweils einer Stellposition des Bedienelementes einen Anhänger-Soll-Druck zuordnen, beispielsweise in einer linearen oder einer nichtlinearen Kennlinie. Es findet also eine Trennung statt, so dass die Streckbremsung unabhängig von der Hilfsbremsung parametriert werden kann. Gleichzeitig wird die Hilfsbremsfunktion, die gemäß der zweiten Kennlinie umgesetzt wird, unterdrückt, wenn die Streckbremsung, die gemäß der ersten Kennlinie umgesetzt wird, aktiv ist.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass die Streckbremsfunktion und die Hilfsbremsfunktion auf eine Betätigung des Bedienelementes hin nur dann umgesetzt werden, wenn sich das Zugfahrzeug bewegt, und sonst auf eine Betätigung des Bedienelementes hin eine Parkbremsfunktion umgesetzt wird, wobei die Parkbremsfunktion umgesetzt wird, indem die Fahrzeugbremsen des Zugfahrzeuges angesteuert werden, insbesondere über ein Parkbrems-Ventil, wobei eine Ansteuerung des Parkbrems-Ventils bei einer Aktivierung der Streckbremsfunktion unterdrückt wird. Daher kann das Bedienelement für eine Reihe von Bremsfunktionen genutzt werden, wobei die entsprechende Logik dahinter, insbesondere die Verzögerungsregelung, in einfacher Weise dafür sorgt, dass die jeweiligen Bremsfunktionen in der jeweiligen Fahrsituation zur Verfügung stehen, um die Fahrsicherheit zu erhöhen.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass die Stellposition des Bedienelementes und/oder eine Aktivierung der Streckbremsfunktion über einen Schalter aus einem Fahrzeug-Datenbus ausgelesen werden. Dadurch ist das System einfach nachrüstbar und die jeweiligen Informationen können in einfacher Weise auch anderen Fahrzeugsystemen zur Verfügung gestellt werden.
-
Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass das Erzeugen eines dem Anhänger-Soll-Druck entsprechenden Anhänger-Steuerdrucks zur Umsetzung der Streckbremsfunktion und/oder der Hilfsbremsfunktion dadurch erfolgt, dass ein Stellventil in einer zu dem Anhänger-Steuerventil führenden Zusatz-Leitung elektrisch angesteuert wird, wobei durch die elektrische Ansteuerung des Stellventils ein dem Stellventil über eine Ventileinrichtung, insbesondere ein 3/2-Wegeventil, zugeführter Vorratsdruck aus einem Zusatz-Druckvorratsbehälter derartig moduliert wird, dass ein dem Anhänger-Soll-Druck entsprechender Anhänger-Steuerdruck ausgesteuert wird. Demnach findet in einfacher Weise eine Anpassung des Druckes aus dem Druckmittelvorrat statt, um die Bremswirkung am Anhänger im Rahmen der Streckbremsfunktion oder der Hilfsbremsfunktion zu erreichen. Das Stellventil kann dazu beispielsweise eine Kombination aus einem Einlassventil und einem Auslassventil aufweisen, um den Druck in einfacher Weise vergleichbar zu einem ABS-Bremsventil zu modulieren.
-
Dabei kann auf ein elektropneumatisches ABS-Bremssystem zurückgegriffen werden, bei dem vorzugsweise durch eine Betätigung eines Bremsventils des ABS-Bremssystems im Zugfahrzeug ein betätigungsabhängiger Steuerdruck sowohl für die Hinterachse des Zugfahrzeuges als auch für die Vorderachse des Zugfahrzeuges bereitgestellt wird, wobei über eine Ventileinheit an der Hinterachse des Zugfahrzeuges, beispielsweise über einen Achsmodulator, und bei Deaktivierung der Streckbremsfunktion und Nicht-Umsetzung der Hilfsbremsfunktion auch über eine Ventileinheit an der Vorderachse des Zugfahrzeuges, beispielsweise über ein luftmengenverstärkendes Relaisventil, ein vom jeweiligen Steuerdruck abhängiger Bremsdruck an die Radbremsen an der Hinterachse des Zugfahrzeuges und bei Deaktivierung der Streckbremsfunktion auch an die Radbremsen an der Vorderachse jeweils im Zugfahrzeug ausgesteuert wird, wobei den Radbremsen jeweils ABS-Bremsventile vorgeschaltet sind (separat oder als Bestandteil des Achsmodulators) zum Modulieren des ausgesteuerten Bremsdruckes, insbesondere im Rahmen einer Antriebsschlupf-/Bremsschlupfregelung. Für den Fall, dass im Rahmen der Verzögerungsregelung (bei aktivierter Streckbremsfunktion) die Radbremsen der Vorderachse und/oder der Hinterachse mit einem entsprechenden Bremsdruck zu beaufschlagen sind, kann über diese ABS-Bremsventile der jeweils aus dem Druckvorratsbehälter der Vorderachse bzw. der Hinterachse bereitgestellte Bremsdruck moduliert werden.
-
Erfindungsgemäß ist auch eine ABS-Steuereinrichtung für ein Zugfahrzeug mit einem elektropneumatischen ABS-Bremssystem, insbesondere zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, sowie auch ein Zugfahrzeug mit der ABS-Steuereinrichtung vorgesehen, wobei die ABS-Steuereinrichtung ausgebildet ist,
- - eine Stellposition eines Bedienelementes zu ermitteln;
- - einen Anhänger-Soll-Druck in Abhängigkeit der ermittelten Stellposition des Bedienelementes zu ermitteln;
- - ein Stellventil-Signal an ein Stellventil derartig auszugeben, dass ein dem Anhänger-Soll-Druck entsprechender Anhänger-Steuerdruck erzeugt und über eine Zusatz-Leitung an das Anhänger-Steuerventil des ABS-Bremssystems ausgesteuert werden kann, wobei der erzeugte Anhänger-Steuerdruck über das Anhänger-Steuerventil auf einen an das Zugfahrzeug angekuppelten Anhänger übertragen werden kann, um in Abhängigkeit des Anhänger-Steuerdruckes Radbremsen des Anhängers zur Umsetzung einer Streckbremsfunktion oder einer Hilfsbremsfunktion anzusteuern;
- - eine Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges zu ermitteln, zumindest dann, wenn eine Streckbremsfunktion aktiviert ist;
- - eine der ermittelten Stellposition zugeordnete Mindest-Verzögerung für das Zugfahrzeug einzulesen; und
- - Radbremsen des Zugfahrzeuges derartig anzusteuern, dass sich der an das Anhänger-Steuerventil ausgesteuerte Anhänger-Steuerdruck nicht verändert und sich die Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges erhöht, wenn die Ist-Verzögerung die eingelesene Mindest-Verzögerung unterschreitet.
-
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Ansicht eines ABS-Bremssystems eines Fahrzeuges aus einem Zugfahrzeug und einem Anhänger; und
- 2 eine erste Kennlinie zur Umsetzung einer Streckbremsfunktion;
- 3 eine zweite Kennlinie zur Umsetzung einer Hilfsbremsfunktion; und
- 4 eine dritte Kennlinie zur Überwachung einer Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges.
-
In 1 ist ein Fahrzeug 1 aus einem Zugfahrzeug 1a und einem Anhänger 1b dargestellt, wobei sowohl im Zugfahrzeug 1a als auch im Anhänger 1 b ein elektropneumatisch steuerbares ABS-Bremssystem 100a, 100b vorgesehen sind. Über ein Bremspedal 2 eines elektropneumatischen Bremsventils 3 (2-kreisig) kann ein betätigungsabhängiger Steuerdruck pSV, pSH an Ventileinheiten 4V, 4H, die einer Vorderachse VA und einer Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a zugeordnet sind, ausgegeben werden. Die Ventileinheiten 4V, 4H steuern dann einen dem Steuerdruck pSV, pSH entsprechenden Bremsdruck pBV, pBH an die Radbremsen 5a an der Vorderachse VA bzw. an der Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a aus. Die Ventileinheiten 4V, 4H können beispielsweise luftmengenverstärkende Relaisventile sein oder solche aufweisen, wobei die Luftmengenverstärkung über Druckvorratsbehälter 6V, 6H, die der Vorderachse VA bzw. der Hinterachse HA zugeordnet sind, erfolgt.
-
Zur bremsschlupfgeregelten Abbremsung weist das ABS-Bremssystem 100a im Zugfahrzeug 1a ferner eine ABS-Steuereinrichtung 50a auf, die den Radbremsen 5a des Zugfahrzeuges 1 a jeweils vorgelagerte ABS-Bremsventile 7 elektrisch ansteuert, wobei die ABS-Bremsventile 7 jeweils aus einer Kombination aus einem Einlassventil 8 und einem Auslassventil 9 bestehen. Die ABS-Bremsventile 7 der Hinterachse HA sind dabei in der Ventileinheit 4H (Achsmodulator), die der Hinterachse HA zugeordnet ist, integriert. In Abhängigkeit eines erfassten Bremsschlupfes des jeweiligen Rades 10 können die jeweiligen ABS-Bremsventile 7 radindividuell gepulst angesteuert werden, um den an die Radbremsen 5a der jeweiligen Fahrzeugachse VA, HA des Zugfahrzeuges 1a ausgesteuerten Bremsdruck pBV, pBH zu halten oder zu reduzieren. Diese Bremsschlupfregelung kann radindividuell erfolgen. Eine vergleichbare Bremsschlupfregelung ist auch im Anhänger 1b vorgesehen, wobei diese über eine ABS-Steuereinrichtung 50b im Anhänger 1b durchgeführt wird, mit entsprechenden ABS-Bremsventilen 7, die den Radbremsen 5b im Anhänger 1b vorgeschaltet sind.
-
Die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a ist ferner über eine elektrische Leitung 11 mit einer Ventileinrichtung 12, vorzugsweise einem 3/2-Wegeventil 12a, verbunden, wobei die Ventileinrichtung 12 je nach Schaltstellung wahlweise entweder den vom Bremsventil 3 ausgesteuerten Steuerdruck pSV für die Vorderachse VA oder einen Vorratsdruck pZ (beispielsweise 8,5 bar) eines Zusatz-Vorratsbehälters 6Z an die Ventileinheit 4V der Vorderachse VA aussteuert. Der Bremsdruck pBV an den Radbremsen 5a der Vorderachse VA kann dadurch wahlweise auch erhöht werden, wenn die Ventileinrichtung 12 in der jeweiligen Schaltstellung den Vorratsdruck pZ aussteuert. Dadurch können über die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a auch anderweitige Bremsfunktionen umgesetzt werden.
-
Vorrangig dient dies im beschriebenen Ausführungsbeispiel jedoch dazu, den Vorratsdruck pZ des Zusatz-Vorratsbehälters 6Z in eine Zusatz-Leitung 13 einzusteuern, die ebenfalls mit der Ventileinheit 4V der Vorderachse VA verbunden ist und zu einem Anhänger-Steuerventil 14 führt. In der Zusatz-Leitung 13 ist zudem ein elektrisch steuerbares Stellventil 15 angeordnet, das vergleichbar zu einem ABS-Bremsventil 7 eine Kombination aus einem Einlassventil 8 und einem Auslassventil 9 aufweist, so dass sich der in die Zusatz-Leitung 13 eingesteuerte Vorratsdruck pZ halten oder stufenlos reduzieren lässt. Dadurch kann dem Anhänger-Steuerventil 14 ein individuell modulierter Anhänger-Steuerdruck pS1b zugeführt werden, um wie nachfolgend beschrieben eine Streckbremsfunktion FS, eine Parkbremsfunktion FP oder eine Hilfsbremsfunktion FH im Fahrzeug 1 umsetzen zu können.
-
Im ABS-Bremssystem 100a des Zugfahrzeuges 1a sind dazu ferner ein manuell betätigbares Bedienelement 16, beispielsweise ein stufenlos (zwischen 0% und 100%) verstellbarer Hebel, mit einem Stellungssensor 16a, ein Schalter 17 sowie eine Funktions-Steuereinrichtung 18 vorgesehen, die jeweils an einen Fahrzeug-Datenbus 70, beispielsweise einen CAN-Datenbus, angebunden sind. Über die Funktions-Steuereinrichtung 18 können die Streckbremsfunktion FS, die Hilfsbremsfunktion FH sowie eine Parkbremsfunktion FP im Fahrzeug 1 umgesetzt werden, wobei die Funktions-Steuereinrichtung 18 dazu insbesondere situativ entscheidet, welche der genannten Funktionen (FS, FH, FP) aktiviert werden soll bzw. darf. Die Funktions-Steuereinrichtung 18 kann dabei beispielsweise Bestandteil einer Parkbrems-Steuereinheit 19 sein oder aber durch diese ausgebildet sein.
-
Die Parkbrems-Steuereinheit 19 bzw. die Funktions-Steuereinrichtung 18 kann im Stillstand des Fahrzeuges 1 bei einer Aktivierung der Parkbremsfunktion FP dafür sorgen, dass das Fahrzeug 1 dauerhaft sicher gehalten wird, beispielsweise auch auf einer Steigung oder auf einem Gefälle. Die Parkbrems-Steuereinheit 19 bzw. die Funktions-Steuereinrichtung 18 kann dazu im Stillstand des Fahrzeuges 1 ein Parkbrems-Ventil 19a elektrisch ansteuern, das wiederum durch eine pneumatische Ansteuerung bewirkt, dass Federspeicherbremszylinder in den Radbremsen 5a an der Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a zugespannt werden, wobei die Federspeicherbremszylinder nachfolgend mechanisch gesichert werden. Gleichzeitig kann die Parkbrems-Steuereinheit 19 bzw. die Funktions-Steuereinrichtung 18 im Stillstand des Fahrzeuges 1 bei Aktivierung der Parkbremsfunktion FP auch dafür sorgen, dass der Anhänger 1b abgebremst wird, wobei dazu wie nachfolgend noch beschrieben ein entsprechender Anhänger-Steuerdruck pS1b an das Anhänger-Steuerventil 14 ausgesteuert wird.
-
Die Streckbremsfunktion FS dient dazu, das Fahrzeug 1 während der Fahrt zu strecken, d.h. den Anhänger 1b in gewissen Situationen gegenüber dem Zugfahrzeug 1a stärker abzubremsen, um stabilitätskritische Situationen während der Fahrt zu vermeiden. Die Hilfsbremsfunktion FH sorgt ferner dafür, dass das Fahrzeug 1 während der Fahrt auch dann sicher abgebremst werden kann, wenn eine Betätigung des Bremsventils 3 verhindert oder beeinträchtigt ist, d.h. das Fahrzeug 1 nicht mehr wie gewünscht durch eine manuelle Betätigung des Bremspedals 2 durch den Fahrer verzögert werden kann.
-
Die Steuerung der einzelnen Funktionen FH, FS, FP erfolgt jeweils über das Bedienelement 16, wobei von der Funktions-Steuereinrichtung 18 entsprechend zu entscheiden ist, welche der Funktionen FH, FS, FP in der jeweils vorliegenden Situation umzusetzen ist. Dies geschieht nach den folgenden Kriterien:
- Um die Streckbremsfunktion FS zu aktivieren oder zu deaktivieren, ist der Schalter 17 vom Fahrer in die entsprechende Stellung zu bringen. Die Stellung des Schalters 17 kann von der Funktions-Steuereinrichtung 18 bzw. der Parkbrems-Steuereinheit 19 über den Fahrzeug-Datenbus 70 ausgelesen werden, so dass auch diese ermitteln kann, ob eine Streckbremsfunktion FS gewünscht ist oder nicht. Daraufhin kann diese entscheiden, ob die Streckbremsfunktion FS aktiviert werden darf und kann dies auch der ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a mitteilen, beispielsweise über den Fahrzeug-Datenbus 70.
-
Ist die Streckbremsfunktion FS während der Fahrt des Fahrzeuges 1 über den Schalter 17 aktiviert und erlaubt die Funktions-Steuereinrichtung 18 eine Umsetzung einer solchen Streckbremsfunktion FS, wird von der ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a ein Anhänger-Soll-Druck p1bSoll in Abhängigkeit einer Stellposition P (zwischen 0% und 100%) des Bedienelementes 16 ermittelt. Die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a ist dazu über den Fahrzeug-Datenbus 70 sowohl mit dem Bedienelement 16 als auch mit dem Schalter 17 verbunden. Die Stellposition P wird dabei über den Stellungssensor 16a ermittelt, der beispielsweise einen Weg oder einen Winkel des stufenlos verstellbaren Hebels des Bedienelementes 16 erfasst und an den Fahrzeug-Datenbus 70 ausgibt. Über eine erste Kennlinie K1, die beispielhaft in 2 dargestellt ist, kann aus der Stellposition P, die in der ersten Kennlinie K1 beispielsweise zwischen 0% (unbetätigt) und 100% (voll betätigt) aufgetragen ist, der Anhänger-Soll-Druck p1bSoll ermittelt werden. Die erste Kennlinie K1 kann parametrierbar in der ABS-Steuereinrichtung 50a hinterlegt sein.
-
Nachfolgend wird basierend auf dem ermittelten Anhänger-Soll-Druck p1bSoll von der ABS-Steuereinrichtung 50a über ein Stellventil-Signal S15 das Stellventil 15 elektrisch angesteuert, wobei dazu auf hinterlegte und vorher ermittelte Ventil-Kennlinien für das Einlassventil 8 und das Auslassventil 9 des Stellventils 15 zurückgegriffen wird, aus denen die Ansteuerzeiten für das Einlassventil 8 bzw. das Auslassventil 9 folgen, um den Anhänger-Soll-Druck p1bSoll zu erreichen. Dies erfolgt vorzugsweise unter Berücksichtigung des in der Zusatz-Leitung 13 vorherrschenden Vorratsdruckes pZ. Darauffolgend wird also idealerweise der Anhänger-Soll-Druck p1bSoll als Anhänger-Steuerdruck pS1b an das Anhänger-Steuerventil 14 ausgesteuert, um den Anhänger 1b im Rahmen der Streckbremsfunktion FS entsprechend einzubremsen.
-
Da für die Druckbeaufschlagung der Zusatz-Leitung 13 im Rahmen der Streckbremsfunktion FS die Ventileinrichtung 12 über die ABS-Steuereinrichtung 50a derartig umgeschaltet wird, dass der Vorratsdruck pZ des Zusatz-Vorratsbehälters 6Z an die Ventileinheit 4V der Vorderachse VA ausgesteuert wird, ist während einer Streckbremsung keine Bremsung des Fahrzeuges 1 über die Radbremsen 5a an der Vorderachse VA des Zugfahrzeuges 1a durch den Fahrer über den vom Bremsventil 3 ausgesteuerten Steuerdruck pSV möglich. Die Radbremsen 5a an der Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a bleiben aber unter Kontrolle des Fahrers (über die Ventileinheit 4H (Achsmodulator) an der Hinterachse HA).
-
Bei deaktivierter Streckbremsfunktion FS (entsprechende Stellung des Schalters 17) kann die Hilfsbremsfunktion FH durch eine entsprechende Betätigung des Bedienelementes 16 durch den Fahrer umgesetzt werden, wobei dies vergleichbar zur Streckbremsfunktion FS erfolgt, insofern die Funktions-Steuereinrichtung 18 eine Umsetzung der Hilfsbremsfunktion FH erlaubt. Basierend auf der vom Stellungssensor 16a ermittelten Stellposition P des Bedienelementes 16 wird dazu ebenfalls von der ABS-Steuereinrichtung 50a ein Anhänger-Soll-Druck p1bSoll ermittelt. Nachfolgend wird über eine zweite Kennlinie K2, die beispielhaft in 3 dargestellt ist, aus der Stellposition P, die zwischen 0% (unbetätigt) und 100% (voll betätigt) aufgetragen ist, der für die Hilfsbremsfunktion FH auszusteuernde Anhänger-Soll-Druck p1bSoll ermittelt. Auch die zweite Kennlinie K2 kann parametrierbar in der ABS-Steuereinrichtung 50a hinterlegt sein.
-
Nachfolgend wird basierend auf dem ermittelten Anhänger-Soll-Druck p1bSoll von der ABS-Steuereinrichtung 50a über ein Stellventil-Signal S15 das Stellventil 15 unter Berücksichtigung der Ventil-Kennlinien für das Einlassventil 8 und das Auslassventil 9 elektrisch angesteuert, um den Anhänger-Soll-Druck p1bSoll zu erzeugen und an das Anhänger-Steuerventil 14 auszusteuern und dadurch die vom Fahrer gewünschte Hilfsbremsung (allein) durch eine Abbremsung des Anhängers 1b umzusetzen.
-
Gemäß einer optionalen Ausführungsform kann bei deaktivierter Streckbremsfunktion FS und aktivierter (und erlaubter) Hilfsbremsfunktion FH ergänzend eine elektrische Ansteuerung des Parkbrems-Ventils 19a durch die Parkbrems-Steuereinheit 19 erfolgen, um bei einer Betätigung des Bedienelementes 16 durch den Fahrer die Hilfsbremsfunktion FH während der Fahrt durch eine zusätzliche Abbremsung des Fahrzeuges 1 über die Federspeicherbremszylinder am Zugfahrzeug 1a zu erreichen. Dazu ist die zweite Kennlinie K2 in der ABS-Steuereinrichtung 50a derartig festzulegen, dass über den dann ausgesteuerten Anhänger-Soll-Druck p1bSoll in etwa dieselbe Bremswirkung erzielt wird wie über die Federspeicherbremszylinder im Zugfahrzeug 1a, um den Zug nicht unnötig zu strecken bzw. zu stauchen. Um kritische Fahrsituationen zu vermeiden, wenn beispielsweise der Anhänger 1b im Rahmen der Hilfsbremsfunktion FH nicht wie oben beschrieben über die Ansteuerung des Stellventils 15 abgebremst werden kann, sind ggf. zusätzliche Sicherheitsroutinen zu implementieren.
-
Ist die Streckbremsfunktion FS während der Fahrt aktiviert, wird eine solche pneumatische Ansteuerung der Federspeicherbremszylinder im Zugfahrzeug 1a über das Parkbrems-Ventil 19a sowie auch eine Umsetzung der Hilfsbremsfunktion FH über das Stellventil 15 wie oben beschrieben unterdrückt, indem die Funktions-Steuereinrichtung 18 dies entsprechend unterbindet bzw. nicht erlaubt. Lediglich wenn sich das Fahrzeug 1 im Stillstand befindet und die Parkbremsfunktion FP durch eine Betätigung des Bedienelementes 16 angefordert wird, kann eine Ansteuerung des Parkbrems-Ventils 19a bzw. der Federspeicherbremszylinder im Zugfahrzeug 1a und ggf. auch des Stellventils 15 für eine Anhängerbremsung unabhängig von einer Aktivierung der Streckbremsfunktion FS erfolgen, dann allerdings nur im Rahmen der Parkbremsfunktion FP, durch die das Fahrzeug 1 sicher im Stillstand gehalten werden soll. Dies kann bei Aktivierung der Parkbremsfunktion FP von der Funktions-Steuereinrichtung 18 entsprechend festgestellt und ggf. der ABS-Steuereinrichtung 50a auch mitgeteilt werden, so dass eine entsprechende Umsetzung erfolgen kann.
-
Für die Streckbremsfunktion FS und die Hilfsbremsfunktion FH kann ferner eine gezielte Unterdrückung der entsprechenden Ansteuerung, beispielsweise durch die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a, vorgesehen sein, wenn es aus fahrdynamischen Gesichtspunkten nötig oder ratsam ist, auch bei aktivierter Streckbremsfunktion FS oder Hilfsbremsfunktion FH dem Fahrer die volle Kontrolle über alle Radbremsen 5a im Zugfahrzeug 1a, d.h. auch die Radbremsen 5a an der Vorderachse VA, zu geben. In dem Fall werden aus Sicherheitsgründen geeignete Maßnahme ergriffen, so dass bei einer Betätigung des Bremsventils 3 bzw. des Bremspedals 2 durch den Fahrer der Fahrerwunsch an allen Radbremsen 5a des Zugfahrzeuges 1a sicher umgesetzt werden kann. Auch für den Fall, dass über die ABS-Steuereinrichtung 50a, 50b im Zugfahrzeug 1a bzw. im Anhänger 1b gemeldet wird, beispielsweise über den Fahrzeug-Datenbus 70, dass eine ABS-Regelung an den Rädern 10 des Zugfahrzeuges 1a und/oder des Anhängers 1b aktiv ist, kann eine solche Unterdrückung vorgesehen sein.
-
Um sicherzustellen, dass bei einer über den Schalter 17 aktivierten Streckbremsfunktion FS dennoch eine der Hilfsbremsfunktion FH entsprechende Abbremsung des Fahrzeuges 1 ermöglicht werden kann, beispielsweise wenn bei einer Aktivierung der Streckbremsfunktion FS tatsächlich kein Anhänger 1b an das Zugfahrzeug 1b angekuppelt ist oder über diesen nicht die gewünschte Abbremsung erreicht werden kann, ist gemäß der Erfindung ergänzend eine Überwachung einer Ist-Verzögerung zlst (negative Ist-Beschleunigung) des Zugfahrzeuges 1a vorgesehen. Dass tatsächlich kein Anhänger 1b angekuppelt ist oder dieser nicht die gewünschte Bremsleistung bringen kann, kann dabei vom vorliegenden ABS-Bremssystem 100a im Zugfahrzeug 1a nicht immer sicher festgestellt werden, beispielsweise wenn eine solche Funktionsüberwachung nicht vorgesehen ist, da das ABS-Bremssystem 100b im Anhänger 1b z.B. darauf nicht ausgelegt ist, oder eine Kommunikation zwischen beiden ABS-Steuereinrichtungen 50a, 50b nicht funktioniert.
-
Ist also die Streckbremsfunktion FS aktiviert und folglich die oben genannte Hilfsbremsfunktion FH über das Stellventil 15 (Anhängerbremsung) und ggf. das Parkbrems-Ventil 19a (Zugfahrzeugbremsung) durch die Funktions-Steuereinrichtung 18 unterdrückt und gleichzeitig ist eine Betätigung des Bremsventils 3 verhindert oder beeinträchtigt, d.h. das Fahrzeug 1 kann nicht mehr wie gewünscht durch eine manuelle Betätigung des Bremspedals 2 durch den Fahrer verzögert werden, wird durch die zusätzliche Überwachung der Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a ein ausreichendes hilfsweises Abbremsen des Fahrzeuges 1 wie folgt auch weiterhin ermöglicht bzw. sichergestellt:
- Dazu wertet die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a anhand einer dritten Kennlinie K3 (s. 4) aus, ob die gemessene Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a eine der aktuellen Stellposition P des Bedienelementes 16 zugeordnete Mindest-Verzögerung zMin erreicht oder überschritten hat. Diese Prüfung erfolgt dabei zeitlich verzögert zur Betätigung des Bedienelementes 16, um das Ansprechverhaltung der Radbremsen 5b des Anhängers 1b bei Vorliegen einer Streckbremsung zu berücksichtigen.
-
Der betätigungsabhängige Verlauf der Mindest-Verzögerung zMin ist dabei parametrierbar, wobei sich die Mindest-Verzögerung zMin vorzugsweise erst ab einer festgelegten Mindest-Stellposition PMin des Bedienelementes 16 von Null unterscheidet. Nutzt der Fahrer das Bedienelement 16 bei aktivierter Streckbremsfunktion FS zum Umsetzen einer Hilfsbremsfunktion FH, ist zu erwarten, dass er das Bedienelement 16 zumindest bis zu der jeweiligen Mindest-Stellposition PMin, beispielsweise 70% oder 80% oder einem Wert dazwischen, bewegt. Die Überwachung der Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a kann bzw. könnte also faktisch auch erst bei Erreichen dieser Mindest-Stellposition PMin beginnen und eine Überwachung davor kann entfallen, um Rechnerkapazitäten zu sparen. Ab der Mindest-Stellposition PMin steigt die Mindest-Verzögerung zMin im gezeigten Ausführungsbeispiel linear mit steigender Stellposition P an. Die Mindest-Verzögerung zMin bei einer Stellposition P von 100% beträgt dabei mindestens 2,2 m/s2, in den dargestellten Beispielen 2,5m/s2 bzw. 3 m/s2, insbesondere um gesetzliche Vorgaben für die Hilfsbremsfunktion FH zu erfüllen.
-
Erreicht oder übersteigt die Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a die Mindest-Verzögerung zMin für die jeweilige Stellposition P, ist davon auszugehen, dass ein Anhänger 1b angekuppelt ist und die Ansteuerung der Radbremsen 5b im Anhänger 1b bei aktivierter Streckbremsfunktion FS entsprechend funktioniert. Der Fahrer ist also in der Lage, das gesamte Fahrzeug 1 aus Zugfahrzeug 1a und Anhänger 1b entsprechend seinem Wunsch abzubremsen, auch dann, wenn eine Betätigung des Bremsventils 3 verhindert oder beeinträchtigt ist, d.h. das Fahrzeug 1 nicht mehr wie gewünscht durch eine manuelle Betätigung des Bremspedals 2 durch den Fahrer verzögert werden kann.
-
Unterschreitet die Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a jedoch die Mindest-Verzögerung zMin für die jeweilige Stellposition P, ist von einer Beeinträchtigung auszugehen, die den Fahrer bei aktivierter Streckbremsfunktion FS daran hindert, eine Abbremsung des Fahrzeuges 1 im Rahmen einer Hilfsbremsfunktion FH zu erreichen. In diesem Fall (zlst < zMin (P)) sorgt die ABS-Steuereinrichtung 50a ergänzend dafür, dass auch die Radbremsen 5a im Zugfahrzeug 1a angesteuert werden, ohne dabei Einfluss auf die Bremswirkung im Anhänger 1b (falls vorhanden) zu nehmen, d.h. ohne den an das Anhänger-Steuerventil 14 ausgesteuerten Anhänger-Steuerdruck pS1b zu verändern.
-
Durch eine zusätzliche Einbremsung des Zugfahrzeuges 1a wird also die am Anhänger 1b fehlende bzw. unzureichende oder nicht vorhandene (wenn kein Anhänger 1b vorhanden ist) Bremswirkung zumindest teilweise kompensiert. Dadurch wird sichergestellt, dass das Fahrzeug 1 für den Fall, dass der Fahrer eine Hilfsbremsung bei aktivierter Streckbremsfunktion FS aber fehlendem oder beeinträchtigtem Anhänger 1b wünscht, weil eine Abbremsung über das Bremsventil 3 nicht möglich ist, auch durch eine Betätigung des Bedienelementes 16 abgebremst werden kann. Die Ansteuerung der Radbremsen 5a im Zugfahrzeug 1a erfolgt dabei beispielsweise derartig, dass die Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a die Mindest-Verzögerung zMin für die jeweilige Stellposition P erreicht oder überschreitet.
-
Eine dosierte Ansteuerung der Radbremsen 5a im Zugfahrzeug 1a durch die ABS-Steuereinrichtung 50a kann in diesem Fall beispielsweise dadurch erfolgen, dass die ABS-Steuereinrichtung 50a im Zugfahrzeug 1a die ABS-Bremsventile 7 an der Vorderachse VA des Zugfahrzeuges 1a derartig angesteuert, dass der über die Ventileinrichtung 12 bzw. das 3/2-Wegeventil 12a durchgesteuerte Bremsdruck pBV an der Vorderachse VA des Zugfahrzeuges 1a (bei aktivierter Streckbremsfunktion FS) entsprechend moduliert wird. An der Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a sind die ABS-Bremsventile 7 und eine entsprechende Ventileinrichtung bzw. ein 3/2-Wegeventil in der Ventileinheit 4H (Achsmodulator) der Hinterachse HA integriert, so dass auch dort eine entsprechende Modulierung des der Ventileinheit 4H aus dem Druckvorratsbehälter 6H der Hinterachse HA zugeführten Vorratsdruckes erfolgen kann. Dadurch kann die Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a entsprechend angepasst werden, um die Mindest-Verzögerung zMin zu erreichen.
-
Um bei der zusätzlichen Überwachung der Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a auf einen zuverlässig ermittelten Wert zurückgreifen zu können, ist ergänzend vorgesehen, dass die ABS-Steuereinrichtung 50a auf Signale eines ESC-Moduls 20 zurückgreift, das beispielsweise mit der ABS-Steuereinrichtung 50a verbunden ist (direkt oder über den Fahrzeug-Datenbus 70). In dem ESC-Modul 20 kann die Ist-Verzögerung zlst ggf. bereinigt um ein Gefälle oder eine Steigung, auf der sich das Zugfahrzeug 1a befindet, exakt ermittelt werden, so dass die Einbremsung des Zugfahrzeuges 1a bzw. der Vergleich mit der Mindest-Verzögerung zMin ebenfalls exakter bzw. zuverlässiger erfolgen kann. Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Ist-Verzögerung zlst des Zugfahrzeuges 1a (in longitudinaler Richtung gegenüber der Fahrbahn) über einen separaten Beschleunigungssensor und einen separaten Neigungssensor ermittelt bzw. abgeschätzt wird.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Fahrzeug
- 1a
- Zugfahrzeug
- 1b
- Anhänger
- 2
- Bremspedal
- 3
- Bremsventil
- 4H
- Ventileinheit der Hinterachse HA
- 4V
- Ventileinheit der Vorderachse VA
- 5a
- Radbremsen des Zugfahrzeuges 1a
- 5b
- Radbremsen des Anhängers 1b
- 6V
- Druckvorratsbehälter der Vorderachse VA
- 6H
- Druckvorratsbehälter der Hinterachse HA
- 6Z
- Zusatz-Druckvorratsbehälter
- 7
- ABS-Bremsventile
- 8
- Einlassventil
- 9
- Auslassventil
- 10
- Rad
- 11
- elektrische Leitung
- 12
- Ventileinrichtung
- 12a
- 3/2-Wegeventil
- 13
- Zusatz-Leitung
- 14
- Anhänger-Steuerventil
- 15
- Stellventil
- 16
- Bedienelement
- 16a
- Stellungssensor
- 17
- Schalter
- 18
- Funktions-Steuereinrichtung
- 19
- Parkbrems-Steuereinheit
- 19a
- Parkbrems-Ventil
- 20
- ESC-Modul
- 50a
- ABS-Steuereinrichtung im Zugfahrzeug 1a
- 50b
- ABS-Steuereinrichtung im Anhänger 1b
- 70
- Fahrzeug-Datenbus
- 100a
- ABS-Bremssystem im Zugfahrzeug 1a
- 100b
- ABS-Bremssystem im Anhänger 1b
- FH
- Hilfsbremsfunktion
- FP
- Parkbremsfunktion
- FS
- Streckbremsfunktion
- HA
- Hinterachse des Zugfahrzeuges 1a
- K1
- erste Kennlinie
- K2
- zweite Kennlinie
- K3
- dritte Kennlinie
- P
- Stellposition des Bedienelementes 16
- p1bSoll
- Anhänger-Soll-Druck
- pBH
- Bremsdruck an der Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a
- pBV
- Bremsdruck an der Vorderachse VA des Zugfahrzeuges 1a
- PMin
- Mindest-Stellposition
- pS1b
- Anhänger-Steuerdruck
- pSH
- Steuerdruck für die Hinterachse HA des Zugfahrzeuges 1a
- pSV
- Steuerdruck für die Vorderachse VA des Zugfahrzeuges 1a
- pZ
- Vorratsdruck des Zusatz-Druckvorratsbehälters 6Z
- S15
- Stellventil-Signal
- VA
- Vorderachse
- zlst
- Ist-Verzögerung des Zugfahrzeuges 1a
- zMin
- Mindest-Verzögerung
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102016010461 A1 [0003]
- DE 102017011802 A1 [0003]
- EP 2108555 B1 [0003]
- EP 2123528 B1 [0003]