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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Unterstützung einer Fahrzeugbremsung eines Fahrzeuges, ein Computerprogrammprodukt sowie ein Fahrzeug.
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Bei bekannten Bremsanlagen zum Ausführen von Notbremsungen ist es häufig erforderlich, dass eine Verbindung der Bremsanlage eine physische Verbindung oder eine Signalverbindung mit einem Steuergerät und/oder einem Bremspedal aufweist.
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In einigen Unfallszenarien von Fahrzeugen kann es jedoch vorkommen, dass die Verbindung, insbesondere zusammen mit der Lenkung der Fahrzeuge, ausfallen. Bei Brake-by-Wire-Systemen kann außerdem eine Energieversorgung der Bremsanlage ausfallen.
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Insbesondere bei einem Auffahrunfall bei hohen Geschwindigkeiten, kann dies dazu führen, dass das Fahrzeug nach dem Unfall weiterhin mit hoher Geschwindigkeit rollt. Auch bei einem Ladungsverlust eines vorausfahrenden Fahrzeuges kann die verlorene Ladung zu Schäden am Unterboden und zu einem Ausfall der Energieversorgung führen, wodurch das verunfallte Fahrzeug möglicherweise ungebremst und/oder steuerungslos weiterrollen kann.
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Zur Stabilisierung des Fahrzeuges nach einem Unfall ist es aus der
DE 10 2016 207 284 A1 bekannt, eine Feststellbremse des Fahrzeuges anzuziehen, wenn sowohl ein Unfall erkannt, als auch ein Stillstand des Fahrzeuges erkannt wurden, wodurch Folgeunfälle verhindert und das verunfallte Fahrzeug am Hang gesichert werden kann. Dies wirkt sich allerdings nicht auf die Stabilität des Fahrzeuges während der tatsächlichen Kollision oder unmittelbar danach aus, so dass das Fahrzeug in diesem Zeitraum ggf. vollständig unkontrollierten Bewegungen unterliegt.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, voranstehende, aus dem Stand der Technik bekannte Nachteile zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Fahrzeugstabilität eines Fahrzeuges vor und/oder unmittelbar nach einer Kollision des Fahrzeuges zu verbessern.
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Die voranstehende Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein Computerprogrammprodukt mit den Merkmalen des Anspruchs 9, sowie ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 10. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Computerprogrammprodukt und/oder dem erfindungsgemäßen Fahrzeug und jeweils umgekehrt, so dass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung ist ein Verfahren zur Unterstützung einer Fahrzeugbremsung eines Fahrzeuges bei einer Kollision des Fahrzeuges vorgesehen. Das Fahrzeug weist eine Bremsanlage zum Abbremsen des Fahrzeuges an einem Fahrwerk des Fahrzeuges und ein Hilfsbremssystem mit zumindest einem, insbesondere elektromechanischen, Stellantrieb zum Erzeugen einer Hilfsbremskraft an dem Fahrwerk auf. Ferner wird bei dem Verfahren Folgendes, insbesondere in Form von Verfahrensschritten, ausgeführt:
- - Erfassen einer kritischen Fahrsituation, in welcher vor Eintritt der Kollision, die Kollision des Fahrzeuges erwartbar ist, insbesondere durch eine Fahrzeugsensorik und/oder eine Steuereinheit des Fahrzeuges,
- - Ansteuern des Stellantriebs von einem unbetätigten Ruhezustand in einen Hilfsbremszustand, in welchem die Hilfsbremskraft auf das Fahrwerk ausübbar ist, in Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation, insbesondere durch die Steuereinheit.
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Bei dem Fahrzeug handelt es sich vorzugsweise um ein Kraftfahrzeug und/oder ein Luftfahrzeug. Das Fahrwerk des Fahrzeuges umfasst mehrere, insbesondere vier, Räder. Dabei können die Räder, beispielsweise über Achsen und/oder ein Getriebe, miteinander verbunden sein. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass die Räder unabhängig voneinander bewegbar und/oder antreibbar sind.
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Die Bremsanlage kann vorzugsweise ein hydraulisches Bremssystem umfassen. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass die Bremsanlage ein pneumatisches oder ein elektromechanisches Bremssystem umfasst. Vorzugsweise ist die Bremsanlage, insbesondere in Form von Brake-by-Wire, von einem Bremspedal und/oder einem Bremssteuermodul des Fahrzeuges vollständig mechanisch entkoppelt.
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Das Hilfsbremssystem kann vorzugsweise durch ein elektrisches Parkbremssystem gebildet sein. Beispielsweise kann der Stellantrieb als Parkbremssteller ausgebildet sein und/oder in eine elektrische Feststellbremse zum Fixieren des Fahrzeugs beim einem Parkvorgang integriert sein. Durch den Stellantrieb kann eine zur Bremsanlage separate Hilfsbremse ansteuerbar sein. Vorzugsweise ist die Bremsanlage zum Abbremsen des Fahrzeuges an zumindest einem Rad des Fahrzeuges und das Hilfsbremssystem zum Erzeugen der Hilfsbremskraft an dem Rad ausgebildet. Beispielsweise kann der Stellantrieb Teil einer Feststellbremse sein und/oder mit einer Feststellbremse wirken. Vorzugsweise umfasst der Stellantrieb einen Elektromotor. Vorzugsweise können die Bremsanlage und/oder das Hilfsbremssystem an einem Hinterrad oder zwei Hinterrädern des Fahrzeugs wirken. Vorzugsweise kann das Hilfsbremssystem zumindest zwei oder mehr Stellantriebe zum Abbremsen jeweils eines Rades des Fahrzeuges umfassen.
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Die Kollision kann insbesondere infolge eines Unfalls mit einem Verkehrsteilnehmer oder einem Hindernis erfolgen. Weiterhin kann die Kollision einen Einschlag eines Gegenstandes, wie z. B. eine verlorene Ladung eines vorausfahrenden Fahrzeuges, umfassen. Zum Erfassen der kritischen Fahrsituation kann eine aktuelle Fahrsituation des Fahrzeuges überwacht und ausgewertet werden. Es kann vorgesehen sein, dass die aktuelle Fahrsituation als kritische Fahrsituation erkannt wird, d. h. die Kollision erwartbar ist, insbesondere wenn die Kollision wahrscheinlich oder unausweichlich ist. Weiterhin kann vorgesehen sein, dass die aktuelle Fahrsituation auf eine Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Bremsanlage und/oder einer Lenkung des Fahrzeuges überprüft wird. Zum Erfassen der kritischen Fahrsituation kann beispielsweise eine Fahrzeugumgebung des Fahrzeuges in Hinblick auf die Verkehrsteilnehmer und/oder Hindernisse überwacht und/oder ausgewertet werden. Dabei kann eine Trajektorie des Fahrzeuges und/oder der Verkehrsteilnehmer berechnet werden, um die kritische Fahrsituation und/oder die zukünftige Kollision zu erkennen.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Stellantrieb nur dann von dem Ruhezustand in den Hilfsbremszustand gebracht wird, wenn eine Fahrsituation als kritische Fahrsituation erkannt wurde. Insbesondere ist die Hilfsbremskraft im Ruhezustand des Stellantriebs durch den Stellantrieb und/oder das Hilfsbremssystem nicht aufbringbar und/oder nicht aufgebracht. Somit kann das Hilfsbremssystem und/oder der Stellantrieb im Ruhezustand inaktiv sein. Im Hilfsbremszustand kann durch das Hilfsbremssystem infolge der Hilfsbremskraft eine Hilfsverzögerung des Fahrzeuges bewirkt werden. Dabei kann die Hilfsverzögerung unmittelbar beim Ansteuern des Stellantriebs wirken, um die Bremsanlage zu unterstützen, oder erst bei einem Ausfall der Bremsanlage. Beispielsweise kann durch den Stellantrieb eine Vorspannung in dem Hilfsbremssystem erzeugbar sein. Vorzugsweise ist der Stellantrieb im Hilfsbremszustand, insbesondere starr und/oder unbeweglich, fixiert. Dadurch kann bei einem Ausfall einer Energieversorgung des Hilfsbremssystems der Hilfsbremszustand beibehalten und die Hilfsbremskraft aufgebracht werden.
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Es ist somit im Rahmen der vorliegenden Erfindung erkannt worden, dass es vorteilhaft sein kann, wenn das Hilfsbremssystem bereits vor Eintritt einer Kollision aktiviert wird, um das Fahrzeug im Fall eines Ausfalls der Bremsanlage infolge der Kollision durch das Hilfsbremssystem an einem unkontrollierten Rollen zu hindern. Insbesondere bei einem Brake-by-Wire-System kann bei einigen Kollisionen das Bordnetz des Fahrzeuges ausfallen, wodurch eine Einflussnahme des Fahrers und/oder eines Fahrassistenzsystems auf die Bremsanlage und/oder das Hilfsbremssystem unmöglich werden kann. Durch das frühzeitige Ansteuern des Stellantriebs in den Hilfsbremszustand in Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation noch vor der Kollision, bleibt durch das Hilfsbremssystem die Hilfsbremskraft zumindest teilweise auch bei Ausfall der übrigen Fahrzeugsysteme erhalten. Vorzugsweise wird der Hilfsbremszustand nach der Kollision aufrechterhalten.
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Es ist ferner denkbar, dass beim Ansteuern des Stellantriebs, insbesondere durch den Stellantrieb, ein Bewegen eines Aktorelementes des Hilfsbremssystems entlang eines Stellweges in Richtung einer Radbremse der Bremsanlage erfolgt, insbesondere so, dass das Aktorelement im Hilfsbremszustand zum Erzeugen der Hilfsbremskraft mit der Radbremse wirkt. Die Radbremse kann beispielsweise eine Bremsscheibe und das Aktorelement einen Bremssattel umfassen. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass das Aktorelement als Weggeber auf einen Bremssattel der Radbremse wirkt, um die Hilfsbremskraft zu erzeugen. Durch den Stellantrieb und/oder das Aktorelement kann beispielsweise eine vollständige Rückstellung des Bremssattels bei einem Ausfall der Bremsanlage verhindert werden. Ferner kann die Radbremse als Trommelbremse ausgebildet sein, mit welcher das Aktorelement wirkt. Das Aktorelement kann nach dem Bewegen des Aktorelementes fixiert werden oder sein. Durch das Aktorelement kann somit eine Vorspannung und/oder eine Hilfsverzögerung aufgebracht werden. Dadurch, dass das Aktorelement mit der Radbremse wirkt, kann eine kompakte Bauweise des Hilfsbremssystems und eine einfache Abstimmung auf die Bremsanlage erzielt werden. Es kann vorgesehen sein, dass der Stellweg zur Einstellung der Vorspannung und/oder Hilfsverzögerung, insbesondere in Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation berechnet wird. Zusätzlich oder alternativ kann das Hilfsbremssystem eine zu der Bremsanlage separate Radbremse aufweisen, in deren Richtung das Aktorelement entlang des Stellweges bewegt wird, um mit der separaten Radbremse im Hilfsbremszustand zu wirken.
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Ferner kann vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass ein Erkennen einer Notbremsung durch die Bremsanlage mit einer Notbremskraft erfolgt, insbesondere wobei das Ansteuern des Stellantriebs von dem Ruhezustand in den Hilfsbremszustand in Abhängigkeit von der Notbremskraft erfolgt. Die Notbremsung kann beispielsweise manuell durch einen Fahrer und/oder durch ein Fahrassistenzsystem des Fahrzeuges ausgeführt werden. Zum Erkennen der Notbremsung kann z. B. eine Bremskraft der Bremsanlage gemessen werden. Weiterhin kann zum Erkennen der Notbremsung ein Bremspedal überwacht und/oder ein Signal vom Fahrassistenzsystem erhalten werden. Vorzugsweise das Erkennen der Notbremsung beim Erfassen der kritischen Fahrsituation erfolgen. Beispielsweise kann eine aktuelle Fahrsituation des Fahrzeuges beim Erkennen der Notbremsung als kritische Fahrsituation erfasst werden. Zum Ansteuern des Stellantriebs kann beispielsweise der Stellweg des Aktorelementes in Abhängigkeit von der Notbremskraft bestimmt werden. Durch das Erkennen der Notbremsung kann die Hilfsbremskraft auf die Notbremskraft abgestimmt werden. Dadurch kann sichergestellt sein, dass die Fahrzeugstabilität bei der Notbremsung nicht negativ durch das Hilfsbremssystem beeinflusst wird.
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Es ist ferner denkbar, beim Ansteuern des Stellantriebs eine Hilfsverzögerung für das Fahrwerk und/oder das Fahrzeug eingestellt wird, die geringer ist, als eine Hauptverzögerung für das Fahrwerk und/oder das Fahrzeug durch die Bremsanlage. Unter einer Verzögerung, wie der Hauptverzögerung und der Hilfsverzögerung, kann insbesondere eine Bremsverzögerung und/oder eine negative Beschleunigung des Fahrzeuges verstanden werden, die am Fahrwerk, insbesondere durch eine Bremskraft und/oder die Hilfsbremskraft, initiiert wird. Bei der Notbremsung kann die Notbremskraft, vorzugsweise durch eine elektronische Stabilitätskontrolle des Fahrzeuges, derart geregelt werden, dass sich zumindest eines der Räder, insbesondere alle Räder, des Fahrzeuges an der Schlupfgrenze befinden. Eine Erhöhung der Bremskraft könnte in diesem Fall zu mehr Schlupf und in der Folge zu einer reduzierten Fahrzeugstabilität führen. Dadurch, dass die Hilfsverzögerung kleiner eingestellt wird als die Hauptverzögerung, nimmt das Hilfsbremssystem insbesondere nur dann Einfluss auf die Notbremsung, wenn die Bremsanlage, beispielsweise aufgrund eines Defektes, ausfällt. Beim Ausfall der Bremsanlage kann das Hilfsbremssystem aufgrund des Hilfsbremszustandes jedoch die Bremsung des Fahrzeugs unmittelbar mit der Hilfsverzögerung übernehmen.
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Vorzugsweise kann vorgesehen sein, dass beim Erfassen der kritischen Fahrsituation ein Kollisionsszenario erkannt wird, wobei das Ansteuern des Stellantriebs in Abhängigkeit von dem Kollisionsszenario erfolgt. Das Kollisionsszenario kann beispielsweise ein erwartetes Schadensbild und/oder eine erwartete Bewegungsrichtung des Fahrzeuges in Folge der Kollision umfassen. Zum Erkennen des Kollisionsszenarios kann eine Kollisionsrichtung in Bezug auf das Fahrzeug erfasst werden. Beispielswiese kann festgestellt werden, an welcher Fahrzeugseite des Fahrzeugs die Kollision erfolgt, d. h. beispielsweise von welcher Fahrzeugseite ein kollidierendes Objekt in das Fahrzeug einschlägt. Das Erkennen des Kollisionsszenarios kann beispielsweise durch eine Umfeld-Sensorik des Fahrzeuges erfolgen. Durch die Berücksichtigung des Kollisionsszenarios kann beim Ansteuern des Stellantriebs eine lokale Hilfsbremskraft am Rad auf das Kollisionsszenario angepasst werden, um die Fahrzeugstabilität zu verbessern. Beispielsweise bei starken Lenkwinkeln und/oder einer seitlichen Kollision, kann die Hilfsbremskraft reduziert werden, insbesondere um die Bewegungsrichtung des Fahrzeuges positiv zu beeinflussen. Insbesondere können mehrere Stellantriebe des Hilfsbremssystem in Abhängigkeit von dem Kollisionsszenario angesteuert werden.
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Vorzugsweise kann vorgesehen sein, dass zum Erfassen der kritischen Fahrsituation ein Untergrund des Fahrzeuges überwacht wird. Der Untergrund kann beispielsweise ein Gelände oder einen Straßenbelag umfassen, auf welchem sich das Fahrzeug bewegt. Somit kann der Hilfsbremszustand in einem Gelände genutzt werden, in welchem Topografien überfahren werden, welche zu der Kollision führen oder bei der Kollision die Bremsanlage beschädigen könnten. Beispielsweise kann beim Überwachen des Untergrundes überprüft werden, ob der Untergrund Baumstümpfe, Sträucher und/oder Steine aufweist, welche mit dem Fahrzeug kollidieren oder einen Ausfall der Bremsanlage begünstigen können. Das Überwachen des Untergrundes kann beispielsweise durch eine Umfeld-Sensorik, insbesondere eine Fahrzeugkamera, des Fahrzeuges erfolgen. Durch die Überwachung des Untergrundes kann die kritische Fahrsituation mit einer erhöhten Zuverlässigkeit erfasst werden.
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Im Rahmen der Erfindung ist es weiterhin denkbar, dass in Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation ein Zeitintervall bis zum Eintritt der Kollision bestimmt wird, wobei der Hilfsbremszustand über das Zeitintervall verändert wird. Vorzugsweise wird der Stellweg beim Ansteuern des Stellantriebs über das Zeitintervall verändert. Beispielsweise kann bei der Veränderung des Hilfsbremszustandes ein Untergrund, z. B. in Form eines unebenen Geländes, berücksichtigt werden. Beim Verändern des Hilfsbremszustandes über das Zeitintervall kann im letzten Abschnitt des Zeitintervalls vor der Kollision vorteilhafterweise die eingestellte Hilfsverzögerung erhöht werden. Ferner kann die Veränderung des Hilfsbremszustandes über das Zeitintervall in Abhängigkeit von dem Kollisionsszenario erfolgen. Durch die Bestimmung des Zeitintervalls und die Veränderung des Hilfsbremszustandes kann die Ansteuerung des Stellantriebs auf die jeweiligen Situationen zu einzelnen Zeitpunkten bis zur Kollision abgestimmt werden. Dadurch kann die Fahrzeugstabilität weiter verbessert werden.
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Es ist ferner denkbar, dass bei dem Verfahren Folgendes, insbesondere in Form eines Verfahrensschritts, ausgeführt wird:
- - Ermitteln einer Reibwertinformation des Fahrwerks, insbesondere für ein Rad des Fahrzeuges, welchem der Stellantrieb zugeordnet ist,
insbesondere wobei das Ansteuern des Stellantriebs in Abhängigkeit von der Reibwertinformation erfolgt. Insbesondere kann der Stellweg in Abhängigkeit von der Reibwertinformation bestimmt werden. Zusätzlich oder alternativ kann die kritische Fahrsituation in Abhängigkeit von der Reibwertinformation erfasst werden. Die Reibwertinformation kann beispielsweise in Form einer Reibwertkarte für zumindest eines der Räder des Fahrzeuges, welchem der Stellantrieb zugeordnet ist, bereitgestellt werden. Beim Ermitteln der Reibwertinformation können beispielsweise ein Schlupf, Wetterbedingungen, ein Reifenprofil und/oder dergleichen erfasst werden. Die Reibwertinformation kann durch einen externen Server, insbesondere anhand von Bewegungsdaten des Fahrzeuges, und/oder durch eine Steuereinheit des Fahrzeuges ermittelt werden. Es kann vorgesehen sein, dass die Reibwertinformation anhand eines Fahrzeugverhaltens während einer Vollbremsung und/oder während der Notbremsung, insbesondere durch einen Beschleunigungssensor des Fahrzeuges, ermittelt wird. Durch die Reibwertinformation können somit die Fahrzeugstabilität und die Verrollsicherung gegeneinander abgewogen und/oder aufeinander abgestimmt werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Computerprogrammprodukt vorgesehen, das Befehle umfasst, die bei einer Ausführung durch eine Steuereinheit die Steuereinheit veranlassen, ein erfindungsgemäßes Verfahren auszuführen.
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Somit bringt ein erfindungsgemäßes Computerprogrammprodukt die gleichen Vorteile mit sich, wie sie bereits ausführlich mit Bezug auf ein erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben worden sind. Bei dem Verfahren kann es sich insbesondere um ein computerimplementiertes Verfahren handeln. Das Computerprogrammprodukt kann als computerlesbarer Anweisungscode implementiert sein. Ferner kann das Computerprogrammprodukt auf einem computerlesbaren Speichermedium, wie einer Datendisk, einem Wechsellaufwerk, einem flüchtigen oder nichtflüchtigen Speicher, oder einem eingebauten Speicher/Prozessor abgespeichert sein. Ferner kann das Computerprogrammprodukt in einem Netzwerk, wie beispielsweise dem Internet, bereitstellbar oder bereitgestellt sein, von dem es bei Bedarf von einem Nutzer heruntergeladen werden kann. Das Computerprogrammprodukt kann sowohl mittels einer Software, als auch mittels einer oder mehrerer spezieller elektronischer Schaltungen, d. h. in Hardware oder in beliebig hybrider Form, d. h. mittels Software-Komponenten und Hardware-Komponenten, realisiert sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Fahrzeug vorgesehen. Das Fahrzeug weist ein Fahrwerk und eine Bremsanlage zum Abbremsen des Fahrzeugs an dem Fahrwerk auf. Weiterhin umfasst das Fahrzeug ein Hilfsbremssystem mit zumindest einem Stellantrieb zum Erzeugen einer Hilfsbremskraft an dem Fahrwerk. Ferner weist das Fahrzeug eine Steuereinheit zum Ausführen eines erfindungsgemäßen Verfahrens auf.
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Somit bringt ein erfindungsgemäßes Fahrzeug die gleichen Vorteile mit sich, wie sie bereits ausführlich mit Bezug auf ein erfindungsgemäßes Verfahren und/oder ein erfindungsgemäßes Computerprogrammprodukt beschrieben worden sind. Vorzugsweise umfasst das Fahrzeug eine Fahrzeugsensorik, insbesondere in Form einer Umfeld-Sensorik, zum Erfassen der kritischen Fahrsituation. Ferner kann das Fahrzeug eine Kommunikationsschnittstelle zu einem Server, beispielsweise zum Ermitteln der Reibwertinformation und/oder zum Auswerten von Messdaten der Umfeld-Sensorik, umfassen. Die Steuereinheit kann vorteilhafterweise einen Prozessor und/oder Mikroprozessor aufweisen. Weiterhin kann die Steuereinheit in ein separates Hilfssteuergerät des Hilfsbremssystems oder in ein zentrales Steuergerät des Fahrzeugs integriert sein.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein. Es zeigen schematisch:
- 1 ein erfindungsgemäßes Verfahren in schematischer Darstellung von Verfahrensschritten,
- 2 ein erfindungsgemäßes Fahrzeug zum Ausführen des Verfahrens vor einer Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer,
- 3 ein Stellantrieb eines Hilfsbremssystems des Fahrzeuges, und
- 4 eine eingestellte Hilfsverzögerung vor der Kollision.
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In der nachfolgenden Beschreibung zu einigen Ausführungsbeispielen der Erfindung werden für die gleichen technischen Merkmale auch in unterschiedlichen Ausführungsbeispielen die identischen Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt ein erfindungsgemäßes Verfahren 100 zur Unterstützung einer Fahrzeugbremsung eines erfindungsgemäßen Fahrzeuges 1, wie in 2 dargestellt, bei einer Kollision des Fahrzeuges 1 in schematischer Darstellung von Verfahrensschritten. Zum Ausführen des Verfahrens 100 umfasst das Fahrzeug 1 eine Steuereinheit 3. Vorzugsweise wird das Verfahren 100 durch ein Computerprogrammprodukt ausgeführt, das Befehle zum Ausführen des Verfahrens 100 umfasst.
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Das Fahrzeug 1 weist ein Fahrwerk 2 mit mehreren Rädern 2.1 auf. Zum Abbremsen des Fahrzeuges 1 an dem Fahrwerk 2, weist das Fahrzeug 1 ferner eine Bremsanlage 10 auf. Die Bremsanlage 10 kann vorzugsweise zum hydraulischen und/oder elektromechanischen Abbremsen des Fahrzeuges 1 ausgebildet sein. Insbesondere kann es sich bei der Bremsanlage 10 um ein Brake-by-Wire-System handeln.
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Bei dem Verfahren 100 erfolgt ein Erfassen 101 einer kritischen Fahrsituation 200, in welcher vor Eintritt der Kollision, die Kollision des Fahrzeuges 1 erwartbar ist, durch eine Fahrzeugsensorik 4 des Fahrezuges 1. Beispielsweise kann es sich bei der kritischen Fahrsituation 200 um einen nahenden Unfall des Fahrzeuges 1 mit einem anderen Verkehrsteilnehmer 5, wie in 2 gezeigt, handeln. Vorzugsweise wird beim Erfassen 101 der kritischen Fahrsituation 200 ein Kollisionsszenario 201 erkannt. Das Kollisionsszenario 201 kann dabei eine Kollisionsrichtung, aus welcher der andere Verkehrsteilnehmer 5 das Fahrzeug 1 trifft, und/oder ein erwartetes Schadensbild umfassen. Weiterhin kann zum Erfassen 101 der kritischen Fahrsituation 200 ein Untergrund 202 des Fahrzeuges 1 durch die Fahrzeugsensorik 4 überwacht werden. Dabei kann festgestellt werden, ob der Untergrund 202 einen Defekt des Fahrzeuges 1, insbesondere der Bremsanlage 10, begünstigt. Beispielsweise können herumliegende Äste und/oder Steine ein Kollisionspotential bieten oder bei der Kollision mit dem anderen Verkehrsteilnehmer 5 schädlich wirken.
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Weiterhin erfolgt bei dem Verfahren 100 ein Erkennen 102 einer Notbremsung 203. Es kann vorgesehen sein, dass die kritische Fahrsituation 200 anhand der Notbremsung 203 erkannt wird. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass die Notbremsung 203, insbesondere automatisch ausgelöst wird, wenn die kritische Fahrsituation 200 erkannt wird. Bei der Notbremsung 203 wird durch die Bremsanlage 10 eine Notbremskraft am Fahrwerk 2 aufgebracht, aus welcher eine Hauptverzögerung 222 resultiert. Der Verlauf der Hauptverzögerung 222 über eine Zeit t ist in 4 in Form eines Diagramms dargestellt. Die Notbremsung 203 kann beispielsweise durch die Steuereinheit 3 des Fahrzeuges 1, insbesondere durch ein Fahrassistenzsystem, oder manuell durch einen Fahrer des Fahrzeuges 1 ausgelöst werden.
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Wie in 4 gezeigt, kann es in einem Kollisionszeitpunkt 220 bei der Kollision zu einem Abriss der Hauptverzögerung 222 infolge eines Defektes der Bremsanlage 10 kommen. Daher weist das Fahrzeug 1 zusätzlich zu der Bremsanlage 10 ein Hilfsbremssystem 20 mit zumindest einem Stellantrieb 21 zum Erzeugen einer Hilfsbremskraft an dem Fahrwerk 2 auf. Das Hilfsbremssystem 20 kann zum Fixieren des Fahrzeuges 1 bei einem Parkvorgang ausgebildet sein. Der Stellantrieb 21 kann beispielsweise mit einer Radbremse 11 der Bremsanlage 10 wirken, um die Hilfsbremskraft am Fahrzeug 1 aufzubringen. Dazu weist der Stellantrieb 21, wie in 3 dargestellt, ein Aktorelement 22 auf, das in Richtung eines Bremssattels 11.2 bewegbar ist, um den Bremssattel 11.2 auf eine Bremsschreibe 11.1 der Radbremse 11 zu pressen. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass das Aktorelement 22 selbst einen separaten Bremssattel bildet und direkt mit der Bremsscheibe 11.1 wirkt, um die Hilfsbremskraft zu erzeugen. Insbesondere handelt es sich bei dem Stellantrieb 21 um einen Parkbremssteller.
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In Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation 200 erfolgt bei dem Verfahren 100 ein Ansteuern 104 des Stellantriebs 21, wie in 3 dargestellt, von einem unbetätigten Ruhezustand 21.1 in einen Hilfsbremszustand 21.2, in welchem die Hilfsbremskraft auf das Fahrwerk 2 ausübbar ist. Dazu wird das Aktorelement 22 durch den Stellantrieb 21 beim Ansteuern 104 des Stellantriebs 21 entlang eines Stellweges 210 in Richtung der Radbremse 11 bewegt, sodass das Aktorelement 22 im Hilfsbremszustand 21.2 zum Erzeugen der Hilfsbremskraft mit der Radbremse 11 wirkt. Dabei kann die Hilfsbremskraft unmittelbar bei Erreichen des Hilfsbremszustandes 21.2 aufgebracht werden. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn keine Notbremsung 203 durch die Bremsanlage 10 erfolgt. Vorzugsweise ist jedoch vorgesehen, dass beim Ansteuern 104 des Stellantriebs 21 eine Hilfsverzögerung 221 des Hilfsbremssystems 20 des Fahrwerkes 2 eingestellt wird, die geringer ist, als eine Hauptverzögerung 222 des Fahrwerkes 2 durch die Bremsanlage 10. Somit kann vorgesehen sein, dass die Hilfsbremskraft erst bei einem Ausfall der Bremsanlage 10 erfolgt, wenn sich der Bremssattel 11.2 der Bremsanlage 10 von der Bremsscheibe 11.1 löst.
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Das Verfahren 100 umfasst ferner ein Ermitteln 103 einer Reibwertinformation 211 eines Rades 2.1 des Fahrwerks 2, welchem die Radbremse 11 zugeordnet ist. Die Reibwertinformation 211 kann insbesondere Reibwertdaten umfassen. Durch die Reibwertinformation 211 kann der Stellweg 210 beim Ansteuern 104 des Stellantriebs 21 an die vorliegenden Bedingungen des Untergrundes 202 und/oder des Rades 2.1 angepasst werden. Weiterhin kann die Reibwertinformation 211 beim Erfassen 101 der kritischen Fahrsituation 200 berücksichtigt werden.
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Vorzugsweise erfolgt das Ansteuern 104 des Stellantriebs 21 vom Ruhezustand 21.1 in den Hilfsbremszustand 21.2 in Abhängigkeit von der Notbremskraft, sodass die Notbremsung 203, insbesondere eine Stabilität des Fahrzeuges 1 bei der Notbremsung 203, nicht beeinflusst wird. Weiterhin kann beim Ansteuern 104 des Stellantriebs 21 das Kollisionsszenario 201 berücksichtigt werden. Beispielsweise kann dadurch die Hilfsbremskraft zur Querführung des Fahrzeugs 1 in Abhängigkeit von dem Kollisionsszenario 201 angepasst werden.
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Wie in 4 gezeigt, kann es ferner vorteilhaft sein, wenn in Abhängigkeit von der kritischen Fahrsituation 200 ein Zeitintervall 220.1 bis zum Eintritt der Kollision bestimmt wird und der Hilfsbremszustand 21.2 über das Zeitintervall 220.1 verändert wird. Beispielsweise kann in dem letzten Zeitabschnitt des Zeitintervalls 220.1 die Hilfsverzögerung 221 erhöht werden, um das Fahrzeug 1 auf die Kollision vorzubereiten.
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Die voranstehende Erläuterung der Ausführungsformen beschreibt die vorliegende Erfindung ausschließlich im Rahmen von Beispielen. Selbstverständlich können einzelne Merkmale der Ausführungsformen, sofern technisch sinnvoll, frei miteinander kombiniert werden, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Fahrwerk
- 2.1
- Rad
- 3
- Steuereinheit
- 4
- Fahrzeugsensorik
- 5
- Verkehrsteilnehmer
- 10
- Bremsanlage
- 11
- Radbremse
- 20
- Hilfsbremssystem
- 21
- Stellantrieb
- 21.1
- Ruhezustand
- 21.2
- Hilfsbremszustand
- 22
- Aktorelement
- 100
- Verfahren
- 101
- Erfassen von 200
- 102
- Erkennen von 203
- 103
- Ermitteln von 211
- 104
- Ansteuern von 21
- 200
- Fahrsituation
- 201
- Kollisionsszenario
- 202
- Untergrund
- 203
- Notbremsung
- 210
- Stellweg
- 211
- Reibwertinformation
- 220
- Kollisionszeitpunkt
- 220.1
- Zeitintervall
- 221
- Hilfsverzögerung
- 222
- Hauptverzögerung
- t
- Zeit
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016207284 A1 [0005]