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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs, wobei das Bremssystem insbesondere mindestens eine erste elektrisch betätigte Bremse aufweist, welche einem ersten Rad zugeordnet ist, und eine zweite elektrisch betätigte Bremse aufweist, welche einem zweiten Rad zugeordnet ist.
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Derartige Bremssysteme werden in Kraftfahrzeugen häufig verwendet, um diese bei Bedarf gezielt zu verzögern. Elektrisch betätigte Bremsen sind typischerweise mit Kraftsensoren ausgestattet, um die aktuell wirkende Kraft zu messen und basierend darauf die jeweilige Bremse anzusteuern.
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Es wäre wünschenswert, ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs bereitzustellen, welches im Vergleich zu bekannten Ausführungen alternativ oder besser ausgeführt ist. Dies wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 erreicht. Vorteilhafte Ausgestaltungen können beispielsweise den Unteransprüchen entnommen werden. Der Inhalt der Ansprüche wird durch ausdrückliche Inbezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems für ein Fahrzeug. Das Bremssystem weist mindestens eine erste elektrisch betätigte Bremse auf, welche einem ersten Rad zugeordnet ist, und es weist mindestens eine zweite elektrisch betätigte Bremse auf, welche einem zweiten Rad zugeordnet ist. Die erste Bremse weist einen, eine Betätigungskraft der ersten Bremse messenden Kraftsensor auf. Das Verfahren weist folgende Schritte auf:
- - Durchführen einer Bremsung mittels mindestens der ersten Bremse und der zweiten Bremse,
- - wobei die zweite Bremse basierend auf Betriebsdaten der ersten Bremse und/oder des ersten Rads gesteuert wird.
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Mittels eines solchen Verfahrens können Betriebsdaten der ersten Bremse und/oder des ersten Rads verwendet werden, um die zweite Bremse zu steuern. Dadurch kann die zweite Bremse grundsätzlich kostengünstiger gebaut werden. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass die zweite Bremse keinen Kraftsensor aufweist. Dadurch kann konkret der Kraftsensor eingespart werden und die Kosten der zweiten Bremse können gesenkt werden.
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Die Bremse kann beispielsweise als Trommelbremse oder als Scheibenbremse ausgebildet sein. Im Fall einer Trommelbremse wird beispielsweise von einer Spreizkraft als Betätigungskraft gesprochen. Im Fall einer Scheibenbremse wird beispielsweise von einer Spannkraft als Betätigungskraft gesprochen. Insbesondere sind die beiden Bremsen vorzugsweise vom gleichen Typ.
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Wenn eine Bremse einem Rad zugeordnet ist, bedeutet dies typischerweise, dass die Bremse dazu ausgebildet ist, spezifisch dieses Rad zu bremsen. Eine Wirkung auf andere Räder erfolgt typischerweise nicht. Unter einem Rad sei hier insbesondere ein typisches Rad eines Kraftfahrzeugs verstanden, wobei für den Fall einer Zwillingsbereifung die beiden Reifen als ein Rad verstanden werden. Bei den Rädern handelt es sich typischerweise um solche, welche auf einer Straße laufen, auf welcher sich das Fahrzeug bewegt. Sie können angetrieben oder nicht angetrieben sein.
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Unter dem Durchführen einer Bremsung wird insbesondere verstanden, dass die beiden Bremsen eine vorgegebene Betätigungskraft aufbringen, so dass sie das jeweils zugeordnete Rad abbremsen. Die Bremsung kann beispielsweise zu einer definierten Verzögerung des Fahrzeugs führen. Unter einer Steuerung der zweiten Bremse basierend auf Betriebsdaten sei insbesondere verstanden, dass ein elektrischer Aktuator der zweiten Bremse basierend auf den Betriebsdaten der ersten Bremse und/oder des ersten Rads gesteuert wird. Auf eine zusätzliche Steuerung durch einen an der zweiten Bremse angebrachten Kraftsensor kann vorteilhaft verzichtet werden.
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Gemäß einer Ausführung wird zumindest in einem Betriebsmodus eine Radgeschwindigkeit des zweiten Rads als Funktion der Radgeschwindigkeit des ersten Rads vorgegeben. Dadurch kann unmittelbar eine Radgeschwindigkeit des ersten Rads gemessen und zur Steuerung der zweiten Bremse verwendet werden. Die Radgeschwindigkeit des zweiten Rads kann insbesondere mittels eines Raddrehzahlsensors gemessen werden und kann als Regelgröße für einen elektrischen Aktuator der zweiten Bremse verwendet werden. Ein zusätzlicher Kraftsensor ist hierbei nicht erforderlich.
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Die Funktion zur Vorgabe der Radgeschwindigkeit kann eine lineare Funktion sein. Dies kann insbesondere eine Funktion des Typs F(x)=a+b x sein, wobei b eine lineare Steigung vorgibt und a einen Nullwert vorgibt. Der Nullwert a kann insbesondere auch gleich null sein.
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Die Radgeschwindigkeit kann mittels eines Radgeschwindigkeitsreglers geregelt werden, welcher eine einzustellende Drehzahl eines Aktuators vorgibt. Hierbei handelt es sich insbesondere um einen Aktuator der zweiten Bremse. Dieser elektrische Aktuator der zweiten Bremse erzeugt typischerweise eine Kraft, mittels welcher die zweite Bremse bremst.
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Gemäß einer Ausführung wird, zumindest in einem Betriebsmodus, die Betätigungskraft der zweiten Bremse als Funktion der Betätigungskraft der ersten Bremse vorgegeben. Dadurch kann eine gemessene Betätigungskraft an der ersten Bremse zur Steuerung der zweiten Bremse verwendet werden.
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Die Funktion zur Vorgabe der Betätigungskraft der zweiten Bremse in Abhängigkeit von der Betätigungskraft der ersten Bremse, oder eine Auswahl eines Betriebsmodus, kann insbesondere von einem oder mehreren der folgenden Parameter abhängen:
- - Fahrzeuggeschwindigkeit,
- - Typ der angeforderten Bremsung oder Bremseneingriffe,
- - Zeit nach Start des Bremssystems oder des Fahrzeugs,
- - Temperatur einer oder mehrerer Komponenten,
- - zurückliegende Strecke.
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Die Parameter Zeit, Temperatur und/oder Strecke können insbesondere verwendet werden, um zu bestimmen, ob oder wann eine Kalibrierung erfolgt, abgeschwächt wird oder unterbleibt. Die Parameter Fahrzeuggeschwindigkeit, Typ und/oder Temperatur können insbesondere für die Auswahl eines Betriebsmodus verwendet werden. Auch andere Verwendungen sind jedoch möglich.
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Die Betätigungskraft für die zweite Bremse kann insbesondere mittels eines mathematischen Modells und/oder einer oder mehrerer Kennlinien in eine Aktuatorposition der zweiten Bremse umgesetzt werden. Dadurch können diverse mathematische Modelle oder vorgegebene Kennlinien verwendet werden, um einen Zusammenhang zwischen Betätigungskraft der zweiten Bremse und Aktuatorposition der zweiten Bremse herzustellen.
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Eine Kontaktposition der Kennlinie kann insbesondere während einer Bremsung aktualisiert werden.
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Eine Aktuatorposition kann insbesondere mittels eines Aktuatorpositionsreglers geregelt werden, welcher eine einzustellende Drehzahl eines Aktuators vorgibt. Hierbei handelt es sich um den jeweils betrachteten Aktuator einer Bremse. Äquivalent zur Position kann beispielsweise ein Winkel eines Aktuators verwendet werden, welcher auch als Position bezeichnet werden kann.
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Die Bremsen können insbesondere Stromsensoren zur Messung der Stromaufnahme jeweiliger elektrischer Aktuatoren aufweisen. Sie können auch Motorwinkelsensoren zur Messung von Motorwinkeln jeweiliger elektrischer Aktuatoren aufweisen. Über einen Motorwinkel kann über eine bekannte Zuordnung oder eine Funktion auf eine Aktuatorposition geschlossen werden. Dies erlaubt eine vorteilhafte Überwachung der elektrischen Aktuatoren, mittels welcher die Bremsen betätigt werden. Insbesondere können Motorwinkelsensoren verwendet werden, gemäß einer typischen Ausführung sind keine Stromsensoren nötig. Es können jedoch auch Stromsensoren verwendet werden.
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Jedem Rad kann insbesondere ein Raddrehzahlsensor zugeordnet sein. Mit diesem kann eine Raddrehzahl des jeweiligen Rads gemessen werden. Die Raddrehzahl kann für die hierin beschriebenen Funktionalitäten und auch für weitere Funktionalitäten verwendet werden.
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Gemäß einer Weiterbildung weist das Bremssystem mindestens eine dritte elektrisch betätigte Bremse auf, welche einem dritten Rad zugeordnet ist, und weist ferner eine vierte elektrisch betätigte Bremse auf, welche einem vierten Rad zugeordnet ist. Die Bremsung kann insbesondere unter Verwendung der dritten Bremse und der vierten Bremse durchgeführt werden. Diese können insbesondere zusätzlich zu der ersten Bremse und der zweiten Bremse wirken. Die dritte Bremse kann insbesondere einen, eine Betätigungskraft der dritten Bremse messenden Kraftsensor aufweisen. Die vierte Bremse kann insbesondere basierend auf Betriebsdaten der dritten Bremse gesteuert werden.
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Dadurch kann das eingangs beschriebene Konzept auf vier Bremsen erweitert werden, wobei beispielsweise Relationen zwischen der ersten und der zweiten Bremse auch für Relationen zwischen der dritten und der vierten Bremse verwendet werden können. Dies ermöglicht eine komplette Steuerung eines Bremssystems eines vierrädrigen Kraftfahrzeugs. In diesem Fall kann beispielsweise auf zwei von ansonsten vier erforderlichen Kraftsensoren verzichtet werden. Insbesondere kann somit die vierte Bremse keinen Kraftsensor aufweisen.
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Die vierte Bremse kann insbesondere basierend auf Betriebsdaten der dritten Bremse oder des dritten Rads äquivalent dazu gesteuert werden, wie die zweite Bremse basierend auf Betriebsdaten der ersten Bremse oder des ersten Rads gesteuert wird. Insbesondere können die gleichen Kennlinien, Modelle, Zusammenhänge und/oder sonstigen Steuerungsmechanismen verwendet werden, so dass diese sowohl zwischen erstem Rad und zweitem Rad wie auch zwischen drittem Rad und viertem Rad entsprechend gelten. Gegebenenfalls können einzelne Parameter variiert werden, um der Tatsache gerecht zu werden, dass sich die dritte Bremse und die vierte Bremse typischerweise auf einer anderen Seite als die erste Bremse und die zweite Bremse befinden.
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Insbesondere können die erste Bremse und die dritte Bremse einer ersten Achse zugeordnet sein. Die zweite Bremse und die vierte Bremse können insbesondere einer zweiten Achse zugeordnet sein. Eine Achse definiert dabei typischerweise zwei Räder entlang einer Linie, welche quer zu einer Längsrichtung eines Kraftfahrzeugs liegt. Die erste Achse kann insbesondere eine Vorderachse sein und die zweite Achse kann insbesondere eine Hinterachse sein.
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Es sei verstanden, dass das hierin beschriebene Prinzip grundsätzlich auch auf Fahrzeuge mit mehr als zwei Achsen angewendet werden kann, wobei eine Erweiterung auf beispielsweise drei Achsen ebenso erfolgen kann wie eben eine Erweiterung von einer auf zwei Achsen beschrieben wurde.
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Mit anderen Worten ist es wünschenswert, zukünftig häufiger dezentrale Aktuatoren in Bremssystemen einzusetzen. Diese werden typischerweise elektrisch betätigt, d.h. sie verfügen beispielsweise über elektrische Aktuatoren. Die Bremskraftverteilung in Fahrzeugen mit dezentralen Aktuatoren, wie zum Beispiel eines EMB (elektromechanische Bremse)-Bremssystems, erfolgt typischerweise über die Koordinaten der Bremskräfte oder der Klemmkräfte je Radbremse derart, dass sich die gewünschte Bremskraftverteilung einstellt. Die Anforderung an die Genauigkeit der jeweiligen Klemm-Kraft-Regelung ist entsprechend hoch. Dazu ist nach dem Stand der Technik in der Regel ein aufwändiger Kraftsensor je Aktuator erforderlich.
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Deshalb wird hierin eine Vorgehensweise vorgeschlagen, welche es ermöglicht, an den Bremsen einer Achse eines Fahrzeugs auf direkte Kraftsensoren zu verzichten.
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In einem beispielhaften Bremssystem verfügen die Bremsen einer Achse über entsprechende präzise Druck- oder Kraftsensoren zur Bestimmung der exakten Zuspannkraft oder eine die Betätigungskraft der elektrischen Bremse repräsentierende Größe. An den Bremsen einer weiteren Achse des Fahrzeugs kann durch das vorgeschlagene Verfahren auf den Einsatz solch aufwändiger Sensoren verzichtet werden. Beispielsweise kann eine Bremsanlage über eine Bremsschlupf-Regeleinrichtung oder deren Funktion verfügen. Dazu sind typischerweise Sensoren zur Bestimmung der exakten Drehzahl der jeweiligen Räder vorhanden. Diese Sensoren dienen insbesondere unter anderem zur Bestimmung der jeweiligen Rad-Drehzahlen und Berechnung der jeweiligen Rad-Schlupfwerte der einzelnen Räder.
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Die Druck- oder Kraftsensoren der ersten Achse dienen typischerweise zur exakten Bestimmung einer Führungsgröße der Bremskraft der Bremsanlage des Fahrzeugs. Die Bremsen der anderen Achse verfügen typischerweise lediglich über Stromsensoren zu den entsprechenden Elektromotoren der Steller der Radbrems-Aktuatoren. Diese dienen einer Modellbildung der entsprechenden Klemmkraft oder Bremskraft der jeweiligen Räder.
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Es wird eine Vorgehensweise vorgeschlagen, bei der die Bremskräfte der ersten Achse zu den Bremskräften der zweiten Achse in Beziehung gebracht werden, und zwar beispielsweise unter Zuhilfenahme der Rad-Drehzahlen oder der Rad-Schlupfwerte. Die Regelung der Bremskraft über das Bremskraftmodell der zweiten Achse erfolgt derart, dass zum Beispiel Werte der ersten Achse zu denen der zweiten Achse in Beziehung gebracht werden. Die Bremsen der anderen Achse verfügen beispielsweise lediglich über Stromsensoren zu den entsprechenden Elektromotoren der Steller der Radbremsaktuatoren. In einer möglichen Ausführungsform stehen zusätzlich noch Motorwinkelsensoren zur Verfügung, welche für die Ansteuerung der Motoren in Form einer elektronischen Kommutierung benötigt werden. Diese dienen einer Modellbildung der entsprechenden Klemmkraft oder Bremskraft der jeweiligen Räder. Die Regelung der Bremskraft über das Bremskraftmodell der zweiten Achse erfolgt typischerweise derart, dass zum Beispiel die Bremskraftwerte auf einem gezielten oder gleichen Niveau der anderen der beiden Achsen liegen. Damit erfolgt eine wiederkehrende Kalibrierung des Modells der Bremskraft der anderen Achse auf Basis der Bremskräfte der ersten Achse. Im Weiteren werden einzelne Kriterien aufgeführt, bei denen eine Kalibrierung erfolgt oder abgeschwächt erfolgt oder unterbleibt. Dies können sein: Kurvenfahrt oder Geradeausfahrt, oder deren exakt definierte Übergänge. Dies können auch sein: Fahrzeuggeschwindigkeit, Zeit nach Start des Systems oder des Fahrzeugs, Temperatur der verwendeten Komponenten, zurückliegende Strecke.
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Weitere Merkmale und Vorteile wird der Fachmann dem nachfolgend mit Bezug auf die beigefügte Zeichnung beschriebenen Ausführungsbeispiel entnehmen. Dabei zeigen:
- 1: ein Kraftfahrzeug mit einem Bremssystem,
- 2: ein Blockschaltbild, und
- 3: eine Kennlinie.
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1 zeigt rein schematisch ein Fahrzeug 10, welches als Kraftfahrzeug ausgebildet ist, mit einem darin verbauten Bremssystem 20. Das Fahrzeug 10 weist ein erstes Rad 11, ein zweites Rad 12, ein drittes Rad 13 und ein viertes Rad 14 auf. Das erste Rad 11 ist vorne links angeordnet, das zweite Rad 12 ist hinten links angeordnet, das dritte Rad 13 ist vorne rechts angeordnet und das vierte Rad 14 ist hinten rechts angeordnet. Jedem Rad ist ein jeweiliger Raddrehzahlsensor 61, 62, 63, 64 zugeordnet. Damit kann die jeweilige Raddrehzahl gemessen werden. Jedem Rad 11, 12, 13, 14 ist eine jeweilige Bremse zugeordnet, wobei dem ersten Rad 11 eine erste Bremse 21 zugeordnet ist, dem zweiten Rad 12 eine zweite Bremse 22 zugeordnet ist, dem dritten Rad 13 eine dritte Bremse 23 zugeordnet ist und dem vierten Rad 14 eine vierte Bremse 24 zugeordnet ist. Diese sind ebenfalls nur rein schematisch dargestellt. Jeder Bremse 21, 22, 23, 24 ist ein jeweiliger elektrischer Aktuator 31, 32, 33, 34 zugeordnet. An jedem der Aktuatoren 31, 32, 33, 34 ist ein jeweiliger Motorwinkelsensor 41, 42, 43, 44 angebracht, um den Motorwinkel zu messen und damit letztlich auch Aufschluss über die aktuelle Betätigung der jeweiligen Bremse 21, 22, 23, 24 zu erhalten.
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Nur bei den beiden vorderen Bremsen 21, 23 ist zusätzlich ein jeweiliger Kraftsensor 51, 53 angebracht. Bei den hinten angeordneten Bremsen 22, 24 ist kein Kraftsensor angebracht. Mittels des jeweiligen Kraftsensor 51, 53 kann eine vom elektrischen Aktuator 31, 33 aufgebrachte Spreizkraft oder Spannkraft der jeweiligen Bremse 21, 23 gemessen werden und für eine Steuerungsfunktionalität verwendet werden.
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Zur Steuerung weist das Fahrzeug 10 eine elektronische Steuerungsvorrichtung 70, welche wie gezeigt mit allen Sensoren sowie mit allen elektrischen Aktuatoren verbunden ist, auf. Somit kann die Steuerungsvorrichtung 70 Informationen über den Zustand aller überwachten Komponenten erhalten und kann die Aktuatoren 31, 32, 33, 34 gezielt ansteuern.
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Das Fehlen der Kraftsensoren an den hinten angeordneten Bremsen 22, 24 wird dadurch kompensiert, dass diese Bremsen 22, 24 bzw. deren elektrische Aktuatoren 32, 34 basierend auf Betriebsparametern der vorne angeordneten Bremsen 21, 23 und der Vorderräder 11, 13 gesteuert werden. Insbesondere können beispielsweise Aktuatorpositionen der hinteren Aktuatoren 32, 34 von Aktuatorpositionen der vorderen Aktuatoren 31, 33 abgeleitet werden, deren aufgebrachte Kräfte überwacht werden.
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Ein beispielhaftes Vorgehen ist in 2 dargestellt, wobei 2 die Regelung der elektrischen Aktuatoren zur Bestimmung einer einzustellenden Aktuatorgeschwindigkeit ωMot,Soll eines der beiden hinteren Aktuatoren 32, 34 zeigt. Dabei stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung, diesen Wert zu berechnen, wobei zwischen den beiden Möglichkeiten durch ein mit SELEKTION bezeichnetes Glied ausgewählt werden kann. Hierzu dient eine Steuerungsvariable Ctrl_Mode_Selektion, mit welcher eine Auswahl der Berechnungsmodi erfolgen kann.
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Oben in 2 ist eine Möglichkeit dargestellt, einen Radgeschwindigkeitsregler zu verwenden, welcher einen Wert ωMot,Soll,VRad erzeugt. Der Radgeschwindigkeitsregler erhält als Eingangsgröße eine Differenz zwischen einem Wert, welcher durch Subtraktion einer Raddrehzahl ωRad,H_s des jeweiligen Hinterrads von einem Sollwert ωRad,H_s,Soll erhalten wird, wobei der Sollwert ωRad, H_s,Soll als Funktion f(x) der Radgeschwindigkeit ωRad,v_s des zugeordneten Vorderrads, d.h. des Vorderrads auf der gleichen Seite, erhalten wird, und wobei s = L (links) oder R (rechts) ist. Alternativ ist unten ein Aktuatorpositionsregler dargestellt, welcher einen Wert ωMot,Soll,XCtrl erzeugt. Der Aktuatorpositionsregler erhält als Eingangsgröße einen Wert, welcher durch Subtraktion einer momentanen Aktuatorposition XAkt von einem Sollwert XAkt,Soll erhalten wird. Der Sollwert XAkt,Soll wird wiederum durch Selektion erhalten, und zwar aus einem ersten möglichen Sollwert XAkt,Soll,FCtrl, welche mittels einer Kennlinie aus einer Sollkraft FSp,Soll erhalten wird, und einem zweiten möglichen Sollwert XAkt,Soll,Idle, welcher aus dem Wunsch eines Versetzens der jeweiligen Bremse in eine Standby-Position XStandby vorgegeben werden kann.
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Grundsätzlich wird hierbei davon ausgegangen, dass einer EMB-Aktuatorregelung eine Motorgeschwindigkeitsregelung unterlagert ist, die als Sollgröße einen Motorgeschwindigkeits-Sollwert ωMot,Soll und als Stellgröße ein Motorsollmoment MAkt,Soll für den EMB-Aktuator erzeugt.
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Dargestellt ist in 2 eine Reglerstruktur für die elektromechanischen Radbremsen einer zweiten Achse, bei welcher elektromechanische Bremsen zum Einsatz kommen, bei denen auf die Verwendung von Kraftsensoren verzichtet wird.
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3 zeigt die Definition des hier betrachteten Koordinatensystems und den Zusammenhang zwischen Zuspannkraft Fsp und Zuspannweg XSp des Aktuators in Form einer Kennlinie. Diese Darstellung ist nur exemplarisch und die beschriebenen Zusammenhänge und Aussagen gelten auch, wenn eine Spreizkraft betrachtet wird. Alternativ zum Zuspannweg XSp (translatorische Betrachtung) kann auch als Aktuatorposition der Motorwinkel φAkt bzw. φSp (rotatorische Betrachtung) betrachtet werden, wobei die beiden Größen über das Übersetzungsgetriebe des elektromechanischen Antriebsstrangs eindeutig miteinander verknüpft sind. Die in 3 dargestellte Kontaktposition XSp=0 kann während einer Initialisierungsroutine bestimmt und auch während der Betätigung der elektromechanischen Bremse fortlaufend korrigiert werden. Da keine Spannkraftsensorik zur Verfügung steht, basiert die Bestimmung der Kontaktdetektion typischerweise auf der Betrachtung des Motormoments und berücksichtigt die Tatsache, dass beim Übergang von der freien Bewegung (Fahren im Lüftspiel) zur kraftschlüssigen Bewegung (Bremse zuspannen) das Motormoment MAkt bedingt durch den Kraftanstieg ebenfalls ansteigt. Solange die elektromechanische Bremse eine Bewegung innerhalb des Lüftspiels durchführt, entspricht nach Beendigung der Motorbeschleunigung dw/dt das Motormoment einem näherungsweise konstanten Reibmoment. Beim Übergang zur kraftschlüssigen Bewegung steigt das Motormoment entsprechend dem von der Spannkraft Fsp verursachten Belastungsmoment MSp,Last.
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Liegt ein Verzögerungswunsch, also eine Anforderung zum Aufbringen einer definierten Zuspannkraft bzw. eines definierten Bremsmoments vor, so kann ein Aktuator und die angekoppelte Zuspanneinrichtung aus einer Ruhelage (Idle-Position oder Standby-Position) nach vorne, d.h. in Richtung Zuspannen, bewegt werden. Liegt keine Anforderung vor oder wird eine vorhandene Zuspannanforderung wieder zurückgenommen (Sollwert = 0), so wird der EMB-Aktuator in einen unbetätigten Zustand überführt bzw. gehalten, bei dem ein definierter Abstand vom Bremsbelag zur Bremsscheibe (Lüftspiel) durch den Aktuator eingestellt und gehalten wird, so dass sich kein Restbremsmoment ergibt. In diesem Fall kann das Signal Ctrl_Mode_Selektion so definiert werden, dass der Aktuatorpositionsregler aktiv ist und die Zielposition XAkt,Soll,Idle einstellt. Es gilt also ωMode,Soll=ωMode,Soll,XCtrl und XAkt,Soll=XAkt,Soll,Idle=XStandby.
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Wie bereits erwähnt, können bei der Bremsung die Bremskräfte der ersten, spannkraftgeregelten Achse zu den Bremskräften der zweiten Achse in Beziehung mit Zuhilfenahme der Raddrehzahlen gebracht werden. Für die weiteren Betrachtungen kann ohne Beschränkung der Allgemeinheit angenommen werden, dass die erste, spannkraftgeregelte Achse die Vorderachse repräsentiert und die zweite Achse die Hinterachse darstellt. Während einer Bremsung kann daher aus einer Raddrehzahl ωRad,v_s (wobei s = L (links) oder R (rechts)) der seitengleichen Vorderradbremse ein Sollwert für die entsprechende Hinterradbremse ωRad,H_s,Soll (wobei s = L oder R) bestimmt werden. Der durch die allgemeine Funktion f(x) beschriebene Zusammenhang ist üblicherweise linear (f(x) = m ωRad,v_s + ωEps), im einfachsten Fall ist f(x) = x, also ωRad,H_s,Soll = ωRad,v_s. Durch geeignete Festlegung der Parameter m und ωEps kann zwischen der Raddrehzahl des Vorderrads und der Raddrehzahl des seitengleichen Hinterrads ein definiertes Verhältnis eingestellt werden. In dieser bevorzugten Ausführungsform kann dies auch während einer Regelung der Radbremse dynamisch verändert werden. Dies erfolgt dann in Abhängigkeit von der Anforderung der die Bremsung anfordernden Funktion. Ein nachgeschalteter Radgeschwindigkeitsregler kann den Sollwert mit der an dem betreffenden Rad gemessenen Raddrehzahl ωRad,H_s vergleichen und somit aufgrund der Regelabweichung eine Stellgröße ωMode,Soll,vRad erzeugen. Zu beachten ist dabei, dass aufgrund des integrierenden Verhaltens der Regelstrecke ein proportional wirkender Regler typischerweise ausreichend ist und dass hier eine negative Verstärkung vorzusehen ist. Dies liegt darin begründet, dass eine negative Regelabweichung bedeutet, dass die Solldrehzahl ωRad,H_s,Soll < ωRad,v_s ist und zu einer Erhöhung der Zuspannkraft führen soll (positive Stellgröße). Bei Vorliegen eines Verzögerungswunsches (Anforderung zum Aufbringen von Zuspannkräften) führt eine entsprechende Festlegung des Signals Ctrl_Mode_Selektion dann dazu, dass WRad, Soll = ωRad,Soll,vRad ist.
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Werden radindividuelle Bremseingriffe angefordert, welche nicht oder nur schwer über eine Funktion f(x) darstellbar sind, oder befindet sich das Raddrehzahlsignal im Bereich kleiner Geschwindigkeiten bzw. nahe dem Stillstand, bei der die Signalqualität aufgrund der limitierten Auslösung für eine fein dosierbare Bremsenbetätigung nicht ausreichend ist, so kann mittels Festlegung von Ctrl_Mode Selektion erreicht werden, dass eine zur Erreichung der Bremswirkung angeforderte Spannkraft gesteuert wird. In diesem Fall wird der Positionsregler aktiviert (ωMode,Soll = ωMode,Soll,XCtrl) und die Aktuatorsollposition ergibt sich aus der der Spannkraft Fsp entsprechenden Aktuatorposition (XAkt,Soll = XAkt,Soll,FCtrl).
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Ein Abgleich einer Basiskennlinie an den aktuellen Zustand der Radbremse, insbesondere Verschleißzustand, kann während den Bremsungen vorgenommen werden, bei denen die Spannkräfte der ersten spannkraftgeregelten Achse zu den Bremskräften der zweiten Achse in Beziehung mit Zuhilfenahme der Raddrehzahlen gebracht werden, also Raddrehzahlsollwerte eingeregelt werden. Dies erfolgt insbesondere bei Komfortbremsungen und unter Betrachtung der gemessenen Zuspannkraft FSP,v_s der ersten Radbremse (Vorderradbremse). Es kann angenommen werden, dass für die Radbremse der Vorderachse eine Auslegungsblockierkraft von FSp,Norm,V zugrunde gelegt wird, während für die Radbremse der Hinterachse dies mit FSp,Norm,H festgelegt ist. Mithilfe dieser beiden Auslegungsgrößen und der gewählten Bremskraftverteilung kann nun ein Verhältnisfaktor K1 bestimmt werden, der das Verhältnis der Zuspannkräfte zwischen Vorderachse und Hinterachse festlegt. Während einer Komfortbremsung kann daher aufgrund der ersten spannkraftgeregelten Achse bestimmt werden, welche Spannkraft FSp,H_s,erwartet = K1 × FSp,v_s die Radbremse der zweiten, seitengleichen Achse haben müsste. Ein Vergleich mit dem aufgrund des Modells FSp = f(XSp) bestimmten Werts ergibt einen Korrekturfaktor KKorr, der so bestimmt wird, dass FSp,H_s,erwartet = KKorr × f(XSp) ist.
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Bei der Bestimmung des Aktuatorpositionssollwerts X
Akt,Soll, FCtrl wird dieser Korrekturwert so berücksichtigt, dass die Sollspannkraft F
Sp,Soll zunächst durch den Korrekturwert K
Korr geteilt wird und erst dann die Kennlinienoperation angewendet wird:
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Erwähnte Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens können in der angegebenen Reihenfolge ausgeführt werden. Sie können jedoch auch in einer anderen Reihenfolge ausgeführt werden, soweit dies technisch sinnvoll ist. Das erfindungsgemäße Verfahren kann in einer seiner Ausführungen, beispielsweise mit einer bestimmten Zusammenstellung von Schritten, in der Weise ausgeführt werden, dass keine weiteren Schritte ausgeführt werden. Es können jedoch grundsätzlich auch weitere Schritte ausgeführt werden, auch solche welche nicht erwähnt sind.
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Es sei darauf hingewiesen, dass in den Ansprüchen und in der Beschreibung Merkmale in Kombination beschrieben sein können, beispielsweise um das Verständnis zu erleichtern, obwohl diese auch separat voneinander verwendet werden können. Der Fachmann erkennt, dass solche Merkmale auch unabhängig voneinander mit anderen Merkmalen oder Merkmalskombinationen kombiniert werden können.
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Rückbezüge in Unteransprüchen können bevorzugte Kombinationen der jeweiligen Merkmale kennzeichnen, schließen jedoch andere Merkmalskombinationen nicht aus.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Fahrzeug
- 11, 12, 13, 14
- Räder
- 20
- Bremssystem
- 21, 22, 23, 24
- Bremsen
- 31, 32, 33, 34
- Aktuatoren
- 41, 42, 43, 44
- Motorwinkelsensoren
- 51, 53
- Kraftsensoren
- 61, 62, 63, 64
- Raddrehzahlsensoren
- 70
- Steuerungsvorrichtung