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Die Erfindung betrifft einen Aktor mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Verschiedene Arten von künstlichen Muskeln auf der Basis von elektroaktiven Polymeren, deren Wirkmechanismen, Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten sind bekannt. Bekannte Materialsysteme für elektroaktive Polymere reichen von elektrostriktiven Elastomeren und elektroviskoelastischen Elastomeren über Systeme auf der Basis von Cellulose oder CNTs bis hin zu Flüssigkristall-Elastomeren und Ionischen Polymer-Gelen. In den letzten Jahren gab es signifikante Fortschritte im Bereich der reizaktivierten Polymere. Mögliche Bewegungen beschränken sich bisher jedoch auf einfache Formveränderungen, also Schrumpfung, Biegen und Rotieren. Außerdem sprechen die meisten reizaktiven Polymere nur in einem bestimmten Bereich auf einen bestimmten Reiz an. Das trifft auch auf elektroaktive Polymere zu. Für viele Anwendungen wäre es jedoch wünschenswert, wenn auch komplexere und besser kontrollierbare Dehnungen, Verformungsgeschwindigkeiten und genaue Verformungsspannungen eingestellt werden könnten. Typische elektroaktive Elastomere können zwar mechanische Spannungen und Dehnungen aufwenden, benötigen aber elektrische Spannungen im Bereich von mehreren Kilovolt.
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Maziz et al., Knitting and weaving artificial muscles, Science Advances 25 Jan 2017: Vol. 3, no. 1, e1600327 DOI: 10.1126/sciadv. 1600327 beschreibt textilbasierte Systeme künstlicher Muskeln. Dabei wurden textile Flächen gewebt und gestrickt, die anschließend mit einem elektroaktiven Polymer beschichtet wurden. Der Beschichtungsprozess war dabei ähnlich dem, mit dem Textilien industriell gefärbt werden. Dabei wurde festgestellt, dass die von diesen textilen Muskeln aufgewendeten Kräfte linear mit der Anzahl der parallel angeordneten Fasern zunahmen. Außerdem zeigte das System eine höhere mögliche Dehnung und mechanische Stabilität im Vergleich zu den Einzelfasern. Die Response-Zeit der Systeme lag im Bereich von Minuten.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, einen verbesserten Aktor anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch einen Aktor mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein erfindungsgemäßer Aktor ist als ein Mehrschichtsystem ausgebildet, umfassend ein Textil, eine Siliziumschicht, eine Lithium-Ionen enthaltende Quellschicht, die an die Siliziumschicht angrenzt, und zwei Elektrodenschichten zur elektrischen Kontaktierung der Siliziumschicht und der Quellschicht.
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In einer Ausführungsform ist das Textil hochflexibel.
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In einer Ausführungsform sind die Siliziumschicht und die Quellschicht zwischen den beiden Elektrodenschichten angeordnet, wobei eine der Elektrodenschichten direkt auf dem Textil angeordnet ist.
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In einer Ausführungsform sind die Siliziumschicht, die Quellschicht und die Elektrodenschichten durch eine Verkapselung abgedeckt. Kontaktierungen der Elektrodenschichten können aus der Verkapselung herausgeführt sein.
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In einer Ausführungsform kann zur Erhöhung der Haftfestigkeit vorgesehen sein, dass das Textil eine strukturierte Textilfadenoberfläche aufweist und/oder mindestens eine der Elektrodenschichten aus Titan gebildet ist und/oder eine nicht mit Lithium-Ionen beladene Silizium-Pufferschicht vorgesehen ist.
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In einer Ausführungsform ist die Siliziumschicht mittels plasmaunterstützter chemischer Gasphasenabscheidung gebildet oder es werden Siliziumwafer oder andere Siliziumkomponenten mit größerer Dicke als bei der Plasmaabscheidung zu erreichen ist mit geeigneten geometrischen Dimensionen verwendet.
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In einer Ausführungsform ist eine obere der Elektrodenschichten als ein Drahtgitter-Textil ausgebildet oder mittels einer Drucktechnologie aufgebracht.
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Gemäß einem Aspekt der vorliegenden Erfindung ist ein Mensch-Maschine-Interaktionselement angegeben, umfassend mindestens einen Aktor wie oben beschrieben.
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In einer Ausführungsform ist das Mensch-Maschine-Interaktionselement als eine Exoskelett-Komponente ausgebildet.
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In einer Ausführungsform ist das Mensch-Maschine-Interaktionselement als Handschuh-Exoskelett ausgebildet, wobei mindestens ein Aktor im Bereich eines Fingerrückens mindestens eines Fingers angeordnet ist. Beispielsweise kann mindestens ein Aktor an je einem Fingerrücken mehrerer oder aller Finger vorgesehen sein.
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In einer Ausführungsform umfasst das Mensch-Maschine-Interaktionselement ferner mindestens eine sensorische Komponente, beispielsweise einen Drucksensor oder einen Dehnungssensor.
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In einer Ausführungsform ist das Mensch-Maschine-Interaktionselement als Schalter für ein Kraftfahrzeug ausgebildet, ferner umfassend ein Schaltelement, wobei der mindestens eine Aktor dazu konfiguriert ist, sich bei Aktivierung so zu verformen, dass sich das Schaltelement auf einer Oberfläche abzeichnet, und bei Reaktivierung das Schaltelement in der Oberfläche zu versenken.
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In einer Ausführungsform ist der mindestens eine Aktor ferner dazu konfiguriert, bei Betätigung des Schaltelements eine taktile Rückmeldung zu geben.
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Erfindungsgemäß ergibt sich ein neuer Ansatz durch die Verwendung eines Silizium-Halbleitersystems anstatt von Polymeren. Das Konzept hierfür fußt auf dem aus der Batterieentwicklung bekannten Fakt der Volumenzunahme von Silizium-Elektroden beim Beladen mit Lithium-Ionen durch Anlegen einer Spannung. Bei der so genannten Lithiierung von Silizium werden Volumenausdehnungen auf etwa 400% des Ausgangsvolumens erreicht. Die entstehenden Druckspannungen der Siliziumschichten können Werte um 1 GPa erreichen. Die Lithiierung findet bereits bei angelegten Spannungen im einstelligen Voltbereich und einem Strom von wenigen Milli-Ampere statt. Während die Volumenänderung der Si-Anode in der Batterietechnik eher als Problem angesehen wird, lässt sich dieser Effekt positiv für einen künstlichen Muskel nutzen.
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Silizium ist ein in großen Mengen kostengünstig herstellbares Material. Bei Untersuchungen des Systems im Zusammenhang mit Problemen in der Batterietechnik wurden Volumendehnungen auf etwa 400% des Ausgangsvolumens ermittelt, was einer lateralen Dehnung von 59% entspricht. Allerdings liegen die dabei entstehenden mechanischen Spannungen von 1 GPa mindestens eine Größenordnung über der von elektroaktiven Polymeren und es werden um Größenordnungen niedrigere elektrische Spannungen benötigt. Damit stellt die vorliegende Erfindung für manche Bereiche eine wesentliche Verbesserung und gute Alternative zu Aktoren auf Basis elektroaktiver Polymere dar. Dazu zählen vor allem Anwendungen direkt am menschlichen Körper wie zum Beispiel in Kleidung oder zu berührende, in textile Flächen integrierte Aktoren.
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Die technischen Zielparameter lassen sich wie folgt für den neuen textilbasierten Aktor beschreiben:
Dichte Silizium | 2,3 g/cm3 |
Aktor Dehnung | 60% |
Spezifische Aktor-Kraft | 1.000 N/mm2 |
Geschwindigkeit | >2 s/mm |
Betriebsspannung | 1 V bis 10 V |
Strombedarf | 1 mA bis 10 mA. |
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Darin zeigen:
- 1 eine schematische Ansicht eines Mehrschichtsystems für einen künstlichen Muskel,
- 2 eine schematische Ansicht eines Handschuh-Exoskeletts,
- 3 eine schematische Ansicht des Handschuh-Exoskeletts mit Aktoren und sensorischen Komponenten,
- 4 eine schematische Ansicht eines Mensch-Maschine-Interaktionselements,
- 5 eine schematische Ansicht des Mensch-Maschine-Interaktionselements bei aktiviertem textilen Aktor, und
- 6 eine schematische Ansicht des Mensch-Maschine-Interaktionselements bei aktiviertem textilen Aktor und betätigtem Schaltelement.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt eine schematische Ansicht eines Mehrschichtsystems 1 für einen künstlichen Muskel.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurden Materialien für ein Schichtsystem auf einem textilen Träger entwickelt, wobei das Schichtsystem sein Volumen und/oder seine Längsausdehnung bei Anlegen einer vergleichsweise geringen, für den Menschen unschädlichen elektrischen Spannung ändert, so dass es zu einer örtlich und zeitlich gesteuerten Formänderung des Textils und damit zu einer definierten Kraft ausübenden Bewegung kommt. Abgeleitet aus den Erkenntnissen der Lithium-Ionen-Batterieforschung zur Volumenausdehnung von Silizium von bis zu 400% bei der Beladung mit Lithium-Ionen ist dieses Materialsystem die Basis der Entwicklung. Dazu wird ein haftfestes Mehrschichtsystem 1 hergestellt, umfassend ein Textil 2, das insbesondere hochflexibel und hinsichtlich seiner Oberflächeneigenschaften geeignet ist, eine Siliziumschicht 3, eine Lithium-Ionen enthaltende Quellschicht 4 und zwei Elektrodenschichten 5, 6 einschließlich elektrischer Zuleitungen. Insbesondere können die Siliziumschicht 3 und die Quellschicht 4 zwischen den beiden Elektrodenschichten 5, 6 angeordnet sein, wobei eine der Elektrodenschichten 5 direkt auf dem Textil angeordnet sein kann. Ferner können die Schichten 3 bis 6 durch eine Verkapselung 7 abgedeckt sein.
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In einem Proof-of-Concept-Versuch konnte nachgewiesen werden, dass Silizium als Aktivschicht die gewünschte Eigenschaft zeigt. Dazu wurde leitfähiges amorphes Silizium mit einem Plasmaverfahren, beispielsweise einem PECVD-Verfahren, auf eine dünne Aluminium-Folie aufgebracht, beispielsweise in einer Stärke von 300 nm, und in einem Elektrolytbad (beispielsweise 10% LiCl in H2O) mit Lithium-Ionen beladen. Beim Anlegen einer Spannung U von 5 V und einem Strom von 6,4 mA bis 7,3 mA für 30 min zwischen einer Pt-Elektrode und der Aluminiumfolie rollte sich die Folie auf, beim Wechsel die Spannungsrichtung glättete sie sich wieder.
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Vorzugsweise ist das Mehrschichtsystem 1 so beschaffen, dass die Volumenänderung der Siliziumschicht 3 nicht zu einem Ablösen der Schichten 3 bis 6 vom beschichteten Textil 2 führt. Die Haftfestigkeit kann durch eine strukturierte Textilfadenoberfläche, durch ein Metall wie Titan mit optimaler Bindung zum Silizium und durch eine zusätzliche, nicht mit Lithium-Ionen beladene, Silizium-Pufferschicht zwischen der Elektrodenschicht 5 und der Siliziumschicht 3 erreicht werden. Die Silizium-Pufferschicht gleicht mechanische Spannungen aus.
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Da die Leistungsfähigkeit des Muskelsystems stark durch die Elektrolyt-Eigenschaften wie elektrochemische Stabilität, Löslichkeit des Lithium-Salzes und damit die Lithium-Konzentration sowie die Ionenbeweglichkeit bestimmt wird, wurden zunächst Elektrolyte auf der Basis ionischer Flüssigkeiten unter Zusatz verschiedener Lithium-Salze bei unterschiedlicher Konzentration entwickelt. Hier kann man auf Erfahrungen, Forschungen und Entwicklungen zu Lithium-Ionen-Batterien aufbauen. Auf Basis der Ergebnisse zur Auslenkung und Kraftentwicklung des textilen Muskels in Abhängigkeit von den Flüssig-Elektrolyt-Eigenschaften wurde dann ein Festkörper-Gel-Elektrolyt als Lithium-Quelle entwickelt, der, wie in 1 gezeigt, als Schicht aufgebracht werden kann. Dazu wurde auf Basis geeigneter gelbildender Polymere und Vernetzungsmittel sowie Vernetzungsinitiatoren in der erforderlichen Konzentration im Elektrolyten eine Geliermethode entwickelt, die chemisch mit der ionischen Flüssigkeit und dem darin gelösten Salz kompatibel ist.
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In einem weiteren Schritt wird das Mehrschichtsystem 1 aus Textil 2, metallischer Elektrodenschicht 5, Siliziumschicht 3 und Quellschicht 4 mit einer oberen Elektrodenschicht 6 versehen. Die Elektrodenschicht 6 kann beispielsweise entweder als aufzulegendes Drahtgitter-Textil ausgebildet sein oder durch eine Drucktechnologie aufgebracht werden.
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In einer Ausführungsform können mehrere Mehrschichtsysteme 1 übereinander angeordnet sein, um gegebenenfalls einen größeren Hub, eine stärkere Kraft und/oder eine schnellere Reaktion zu erzielen.
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2 ist eine schematische Ansicht eines Handschuh-Exoskeletts 10, umfassend einfaches Gestrick 11, beispielsweise leichtes Funktionsgestrick im Bereich der Finger und kraftaufnehmendes Kompressionsgestrick 12 im übrigen Bereich bis zu den ersten Fingergliedern.
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3 ist eine schematische Ansicht eines Aktors 13 und sensorischer Komponenten 14, 15 des Handschuh-Exoskeletts 10. Dabei sind Aktoren 13, die beispielsweise durch das oben beschriebene Mehrschichtsystem 1 gebildet sein können, im Bereich der Finger, insbesondere der Fingerrücken vorgesehen. Die optionalen sensorischen Komponenten 14, 15 umfassen beispielsweise textile Drucksensoren 14 im Bereich der Fingerkuppen und einen Dehnungssensor 15 am Fingerrücken des kleinen Fingers.
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Die textilen Drucksensoren 14 können eine integrierte Schaltfunktion realisieren. Dazu kann eine resistive textile Sensorik eingesetzt werden. Durch die Veränderung des Druckes auf ein System, bestehend aus zwei hochleitfähigen Textilflächen und einer Zwischenlage aus gering leitfähigem elastischem Gestrick, wird eine Druckinformation über die elektrische Leitfähigkeit generiert. Das System für die Registrierung des Drucks des Fingerelementes auf einen zu greifenden Gegenstand wird beispielsweise mit einem elektronischen Steuersystem verbunden, das Steuersignale an den textilen Aktor 13 ausgegeben kann. Das Steuersystem kann konfiguriert sein, die Stromzufuhr zur Steuerung des textilen Muskels über die Drucksensorik zu liefern. Der Handschuh ist vorzugsweise so ausgebildet, dass er zur Kraftaufnahme die Finger fest umschließt. Dazu können sowohl Kompressionsgestricke 12 als auch kraftelastische Fadensysteme eingesetzt werden. Ebenso können elektrische Verbindungsleitungen in den Handschuh integriert sein.
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Der textile Aktor 13, der mit Hilfe einer Volumenänderung auf ein Textil einwirkt und damit eine Änderung der geometrischen Parameter ermöglicht, kann eine Reihe von mechanischen und magnetischen Funktionselementen in der Mensch-Maschine-Interaktion ersetzen und mit stark verbesserter Performance zur Wirkung bringen. Dabei hat ein textiler Aktor 13 durch die textilen Eigenschaften, beispielsweise leicht, dehnbar, 3-D-Verformung ohne Faltenbildung (im Gegensatz zu Folien), flexibel und aus nachhaltigen Materialien fertigbar, Vorteile gegenüber bisher eingesetzten Komponenten.
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Es gibt eine Reihe von Erkrankungen und Behinderungen, die im Bereich einer Hand große Probleme für die Handlungsfähigkeit im Alltag eines Menschen ergeben. Das ist besonders der Fall, wenn die Zugriffsfähigkeit, das Greifen an sich, nur eingeschränkt in seiner Bewegung und oder eingeschränkt in seiner Kraftausübung erfolgen kann. Verschiedenste Behinderungen oder Erkrankungen führen zu diesem Phänomen. So ist Arthrose im Handbereich eine sehr bekannte und allgegenwärtige Erkrankung bei älteren Menschen und darüber hinaus. Weiterhin gibt es eine große Klasse weiterer Krankheitsbilder, wie zum Beispiel Multiple Sklerose, das Karpaltunnelsyndrom, Morbus Parkinson, Rhizarthrose, Rheumatische Arthritis, sowie Gicht, die mit dem teilweisen Verlust der Handkraft verbunden sind. Aber auch andere neurologische Schädigungen, verursacht beispielsweise durch Schlaganfall oder Unfallschäden führen zu großen Problemen in der Bewältigung des Alltags durch die verringerte Zugriffskraft der Hand, insbesondere der Finger. Dabei geht es darum, für die Handlungsfähigkeit im täglichen Leben die Fingerkraft der immer noch vom Patienten aktivierbaren aber mehr oder weniger kraftlosen Finger künstlich zu verstärken.
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Im Stand der Technik bekannte Hand-Exoskelette sind beispielsweise motorisiert als Zug-Schubsysteme ausgebildet. Viele derartige Systeme sind sehr aufwendig mechanisch/elektrisch konstruiert und benötigen zum Teil auch Druckluft für die Nutzung. Diese Nachteile entfallen durch die vorliegend beschriebene Lösung.
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Das oben beschriebene Mehrschichtsystem 1 kann für ein neuartiges Mensch-Maschine-Interaktionselement 10 verwendet werden, beispielsweise das oben beschriebene Hand-Exoskelett 10, welches leicht ist, mit geringen elektrischen Spannungen auskommt und auf Grundlage von textilem Basismaterial alle Vorteile eines smarten Textils an Flexibilität, Leichtigkeit, Elastizität, geringem Volumen und geringer Höhe bei ausreichender Kraftbereitstellung vereint. Der Silizium-Lithium-Ionen-Aktor, das heißt das Mehrschichtsystem 1, kann in eine textile Oberfläche eines textilen Exoskelett-Handschuhsystems 10 integriert werden. Auf Anforderung durch die Berührung der Finger mit einer Oberfläche eines Objektes, zum Beispiel eines textilen Drucksensors 14, kann der Aktor 13 aktiviert werden und alle Finger, außer dem kleinen Finger, mit Krafteinwirkung unterstützen. Das oben beschriebene Handschuh-Exoskeletts 10 besitzt neben den Aktoren 13 einen Dehnungssensor 15 im kleinen Finger. Dieser erkennt die Krümmung oder Dehnung des kleinen Fingers. Über diesen textilbasierten Dehnungssensor kann ein Steuersignal an die Aktoren 13 generiert werden. Beispielsweise kann, wenn die Zugriffshandlung durch den Nutzer beendet werden soll, der kleine Finger ein wenig gestreckt werden, was wiederum durch den Dehnungssensor 15 registriert wird. Dies kann die Aktordehnung stoppen und die Kraft halten, bzw. die Richtung des Aktors wieder umkehren und das System in den Ausgangszustand bringen. Beispielsweise sind folgende vier Zustände vorgesehen: Ruhezustand (keine Li-Beladung / keine Spannung), Druckaufbau - der Aktor drückt / bewegt sich in die eine Richtung (Li-Einlagerung / positive Spannung), Ruhezustand - der Aktor hält die Kraft (mit Li-Beladung / keine Spannung), und Druckabbau - der Aktor geht in Ausgangsstellung zurück (Li-Auslagerung / negative Spannung). Es sind jedoch auch andere Steuerungskonzepte denkbar. In dem Handschuh-Exoskeletts 10 kann eine mobile Stromversorgung in Form eines Akkumulators und eine Steuerelektronik untergebracht sein. Diese ist zur Auswertung der Signale der Drucksensoren 14 und des Dehnungssensors 15 konfiguriert und kann den Aktor 13 steuern. Der große Vorteil dieses neuen Systems ist die einfache Handhabung, das geringe Gewicht und die deutlich verbesserte Nutzerfreundlichkeit gegenüber bisher bekannten elektromechanischen Systemen.
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Eine weitere Anwendungsmöglichkeit des oben beschriebenen Mehrschichtsystems 1 wird im Folgenden beschrieben.
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In Fahrzeugsystemen gewinnen der Innenraum und dessen Funktionalisierung immer größere Bedeutung. Bisher sind für Bedienfunktionen im Fahrzeug, wie beim Fensterheber, Lichtsteuerung, die Verstellung von Verschattungen und weitere, auch neue Funktionalitäten zur Innenraumanpassung an den Bedienkomfort, Tastenfelder aus mechanischen Elementen in die Innenraumverkleidung eingebracht. Es kann erwünscht sein, dass diese Bedienfunktionen nicht mehr permanent überall sichtbar im Innenraum platziert sind, sondern nur dann sichtbar und funktional werden sollen, wenn eine Bedienung durch den Nutzer gewünscht ist.
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4 ist eine schematische Ansicht eines Mensch-Maschine-Interaktionselements 20, beispielsweise eines Schalters für ein Kraftfahrzeug. Das Mensch-Maschine-Interaktionselement 20 umfasst mindestens einen textilen Aktor 24, der beispielsweise durch eines der oben beschriebenen Mehrschichtsysteme 1 gebildet sein kann. In der gezeigten Ausführungsform sind zwei textile Aktoren 24 vorgesehen. Die textilen Aktoren 24 können zwischen einem Karosserieelement 21 und einem Bezugsstoff 22 angeordnet sein. Ferner ist ein Schaltelement 23 vorgesehen, das in der Nähe des mindestens einen textilen Aktors 24, beispielsweise zwischen den beiden textilen Aktoren 24, angeordnet ist. Das Schaltelement 23 kann beispielsweise als ein Kondensator ausgebildet sein und zwei elektrisch leitfähige, voneinander beabstandete Flächen, beispielsweise aus leitfähigem Textil umfassen, wobei eine der elektrisch leitfähigen Flächen beispielsweise am Karosserieelement 21 und die andere der elektrisch leitfähigen Flächen beispielsweise am Bezugsstoff 22 befestigt ist. Ferner ist eine elektronische Schaltung 25 vorgesehen, die mit dem Schaltelement 23 verbunden ist.
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Auf Anforderung, beispielsweise einer Infrarot-Sensorik zur Detektion von Handbewegungen, kann der mindestens eine textile Aktor 24 aktiviert werden, das heißt sich so verformen, dass sich das Schaltelement 23 auf einer Oberfläche, beispielsweise dem Bezugsstoff 22 als Objekt, beispielsweise als Taster, abzeichnet. Auf diese Weise gelangen die elektrisch leitfähigen Flächen des Schaltelements 23 in einen bestimmten Abstand voneinander.
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5 ist eine schematische Ansicht des Mensch-Maschine-Interaktionselements 20 bei aktiviertem textilen Aktor 24.
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Wird das Schaltelement 23 in diesem Zustand betätigt, insbesondere gedrückt, so verringert sich der Abstand zwischen den elektrisch leitfähigen Flächen des Schaltelements 23, so dass dessen Kapazität sich vergrößert. Dies kann durch die elektronische Schaltung 25 detektiert werden. 6 ist eine schematische Ansicht des Mensch-Maschine-Interaktionselements 20 bei aktiviertem textilen Aktor 24 und betätigtem Schaltelement 23.
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Das Mensch-Maschine-Interaktionselement 20 kann dazu ausgebildet sein, bei Betätigung des Schaltelements 23 ein elektrisches Signal zur Steuerung einer gewünschten Funktion bereitzustellen, dabei über den mindestens einen textilen Aktor 24 gegebenenfalls eine taktile Rückmeldung zu geben und dann wieder in der Oberfläche nicht sichtbar zu versinken, indem der mindestens eine textile Aktor 24 reaktiviert wird.
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Das gezeigte Mensch-Maschine-Interaktionselement 20 ist flach, kommt mit geringen elektrischen Spannungen und Leistungen aus und vereint auf Grundlage von textilem Basismaterial alle Vorteile eines smarten Textils an Flexibilität, Leichtigkeit, Elastizität, geringem Volumen und geringer Höhe bei leistungsfähiger Kraftbereitstellung. Das gezeigte Mensch-Maschine-Interaktionselement 20 kann beispielsweise in eine textile Oberfläche unsichtbar integriert werden.
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Textile künstliche Muskeln ermöglichen mechanische Anwendungen mit geringer nötiger Energie, ohne dass dabei steife und verhältnismäßig schwere Komponenten und hohe Ströme und/oder Spannungen benötigt werden oder es zu einer Geräuschentwicklung kommt. Dabei behält das System seine textilen haptischen Eigenschaften.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Mehrschichtsystem
- 2
- Textil
- 3
- Siliziumschicht
- 4
- Lithium-haltige Quellschicht
- 5
- Elektrodenschicht
- 6
- Elektrodenschicht
- 7
- Verkapselung
- 10
- Handschuh-Exoskelett, Mensch-Maschine-Interaktionselement
- 11
- Gestrick
- 12
- Kompressionsgestrick
- 13
- Aktor
- 14
- sensorische Komponente, textiler Drucksensor
- 15
- sensorische Komponente, Dehnungssensor
- 20
- Mensch-Maschine-Interaktionselement
- 21
- Karosserieelement
- 22
- Bezugsstoff
- 23
- Schaltelement
- 24
- Aktor
- 25
- elektronische Schaltung
- U
- elektrische Spannung