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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts und ein entsprechend warmgewalztes und wärmebehandeltes Stahlflachprodukt. Des Weiteren betrifft die Erfindung eine Verwendung des warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts.
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Technischer Hintergrund
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Beim Härten von hochkohlenstoffhaltigem Stahl besteht häufig das Risiko der Entstehung von oberflächennahen Härterissen aufgrund der bei dem Abschrecken und der martensitischen Umwandlung entstehenden inneren Spannungen im Flachstahlprodukt. Das gehärtete Flachstahlprodukt ist hieraus sehr sprödbruchgefährdet. Bereits bei geringsten Erschütterungen können Risse wachsen. So kann es unter anderem beim Transport der Stahlflachprodukte zum Ausbrechen von Kanten und/oder zum kompletten Bersten des Stahlflachprodukts kommen. Unter Härten ist das Einstellen eines Härtegefüges zu verstehen, welches mindestens 50 % Martensit umfasst.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachproduktes bereit zu stellen, mit welchem der Sprödbruchwiderstand erhöht werden kann, ein entsprechend hergestelltes warmgewalztes Stahlflachprodukt sowie eine entsprechende Verwendung anzugeben.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Erfindungsgemäß ist ein Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts vorgesehen, umfassend die Schritte:
- - Vergießen einer Schmelze, bestehend neben Fe und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) aus:
- C: 0,001 bis 0,80 %, insbesondere 0,010 bis 0,70 %, vorzugsweise 0,10 bis 0,60%,
- Mn: 0,10 bis 3,0 %, insbesondere 0,20 bis 2,50 %, vorzugsweise 0,40 bis 2,0 %,
- P: bis 0,050 %, insbesondere bis 0,050 %, vorzugsweise 0,0005 bis 0,020 %,
- S: bis 0,050 %, insbesondere 0,010 %, vorzugsweise bis 0,0050 %, bevorzugt bis 0,0050 %,
- N: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,0150 %, vorzugsweise bis 0,010 %, bevorzugt 0,0010 bis 0,0080 %,
- optional eines oder mehrere Legierungselemente aus der Gruppe (Si, Cr, Cu, Nb, Ti, V, W, Mo, Ni, B, Sn, Co, Ca, AI) mit
- Si: bis 1,50 %, insbesondere 0,020 bis 1,40 %, vorzugsweise 0,080 bis 1,30 %,
- Cr: bis 3,50 %, insbesondere 0,020 bis 3,0 %, vorzugsweise 0,20 bis 2,50 %,
- Cu: bis 0,50 %, insbesondere 0,0020 bis 0,50 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,40%,
- Nb: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise 0,0080 bis 0,050 %,
- Ti: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,0080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- V: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,0080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- W: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,0080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- Mo: bis 1,0 %, insbesondere 0,0010 bis 0,90 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,80 %,
- Ni: bis 8,0 %, insbesondere 0,010 bis 7,0 %, vorzugsweise 0,020 bis 6,0 %, bevorzugt 0,050 bis 5,50 %, weiter bevorzugt 0,080 bis 5,0 %,
- B: bis 0,010 %, insbesondere 0,0002 bis 0,0080 %, vorzugsweise 0,0010 bis 0,0050 %,
- Sn: bis 0,050 %, insbesondere bis 0,040 %,
- Co: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,010 %,
- Ca: bis 0,0150 %, insbesondere 0,0005 bis 0,010 %, vorzugsweise 0,0005 bis 0,0080 %,
- AI: bis 1,0 %, insbesondere 0,0020 bis 0,70 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,50 %,
- wobei zu den Verunreinigungen zählen:
- O: bis 0,0050 %, insbesondere bis 0,0050 %,
- H: bis 0,0010 %, %, insbesondere bis 0,0008 %, vorzugsweise bis 0,0005 %, bevorzugt bis 0,0005 %,
- As: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,010 %,
- insbesondere wobei die als optional angegebenen Legierungselemente alternativ auch als Verunreinigungen in Gehalten unterhalb der angegebenen Mindestgrenzen toleriert werden können, ohne die Eigenschaften des Stahlflachprodukts zu beeinflussen, vorzugsweise nicht zu verschlechtern, zu einem Vorprodukt;
- - Wiedererwärmen des Vorprodukts auf eine Temperatur oder Halten des Vorprodukts auf eine Temperatur von mindestens 1000 °C, bei welcher das Gefüge des Vorprodukts im Wesentlichen vollständig aus Austenit besteht, wobei eine Temperatur von 1500°C nicht überschritten wird;
- - Warmwalzen des Vorprodukts zu einem Stahlflachprodukt in einem oder mehreren Walzgerüsten mit einer Walzendtemperatur zwischen Ac3 und 1250 °C;
- - optionales Abkühlen des warmgewalzten Stahlflachprodukts auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 600 °C;
- - Erwärmen des warmgewalzten Stahlflachprodukts auf eine erste Zieltemperatur zwischen 800 und 980 °C, Halten der Zieltemperatur nach Erreichen der Zieltemperatur für eine erste Haltedauer zwischen 0,1 und 30 min und Abkühlen des warmgewalzten Stahlflachprodukts nach der Haltedauer auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 600 °C;
- - Wiedererwärmen des warmgewalzten Stahlflachprodukts auf eine zweite Zieltemperatur zwischen Ac3 und 1000 °C, Halten der Zieltemperatur nach Erreichen der Zieltemperatur für eine zweite Haltedauer zwischen 0,1 und 30 min und Abschrecken des warmgewalzten Stahlflachprodukts nach der Haltedauer auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 400°C mit einer Abkühlrate von mindestens 30 K/s, um im warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukt ein Gefüge aus Martensit mit mindestens 50 % auszubilden, wobei andere Gefügebestandteile in Form von Bainit, Austenit, Restaustenit, Zementit, Perlit und/oder Ferrit und unvermeidbare Gefügebestandteile vorhanden sein können.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung durch ein warmgewalztes und wärmebehandeltes Stahlflachprodukt mit den Merkmalen des Patentanspruchs 5.
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Erfindungsgemäß ist ein warmgewalztes Stahlflachprodukt vorgesehen, welches neben Fe und herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen in Gew.-% aus:
- C: 0,001 bis 0,80 %, insbesondere 0,010 bis 0,70 %, vorzugsweise 0,10 bis 0,60 %,
- Mn: 0,10 bis 3,0 %, insbesondere 0,20 bis 2,50 %, vorzugsweise 0,40 bis 2,0 %,
- P: bis 0,050 %, insbesondere bis 0,050 %, vorzugsweise 0,0005 bis 0,020 %,
- S: bis 0,050 %, insbesondere 0,010 %, vorzugsweise bis 0,0050 %, bevorzugt bis 0,0050 %,
- N: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,0150 %, vorzugsweise bis 0,010 %, bevorzugt 0,0010 bis 0,0080 %,
- optional eines oder mehrere Legierungselemente aus der Gruppe (Si, Cr, Cu, Nb, Ti, V, W, Mo, Ni, B, Sn, Co, Ca, AI) mit:
- Si: bis 1,50 %, insbesondere 0,020 bis 1,40 %, vorzugsweise 0,080 bis 1,30 %,
- Cr: bis 3,50 %, insbesondere 0,020 bis 3,0 %, vorzugsweise 0,20 bis 2,50 %,
- Cu: bis 0,50 %, insbesondere 0,0020 bis 0,50 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,40 %,
- Nb: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise 0,010 bis 0,080 %,
- Ti: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- V: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- W: bis 0,20 %, insbesondere bis 0,10 %, vorzugsweise bis 0,080 %, bevorzugt bis 0,050 %,
- Mo: bis 1,0 %, insbesondere 0,0010 bis 0,90 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,80 %,
- Ni: bis 8,0 %, insbesondere 0,010 bis 7,0 %, vorzugsweise 0,020 bis 6,0 %, bevorzugt 0,050 bis 5,50 %, weiter bevorzugt 0,080 bis 5,0 %,
- B: bis 0,010 %, insbesondere 0,0002 bis 0,0080 %, vorzugsweise 0,0010 bis 0,0050 %,
- Sn: bis 0,050 %, insbesondere bis 0,040 %,
- Co: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,010 %,
- Ca: bis 0,0150 %, insbesondere 0,0005 bis 0,010 %, vorzugsweise 0,0005 bis 0,0080 %,
- AI: bis 1,0 %, insbesondere 0,0020 bis 0,70 %, vorzugsweise 0,0040 bis 0,50 %,
- wobei zu den Verunreinigungen zählen:
- O: bis 0,0050 %, insbesondere bis 0,0050 %,
- H: bis 0,0010 %, %, insbesondere bis 0,0008 %, vorzugsweise bis 0,0005 %, bevorzugt bis 0,0005 %,
- As: bis 0,020 %, insbesondere bis 0,010 %,
besteht, insbesondere wobei die als optional angegebenen Legierungselemente alternativ auch als Verunreinigungen in Gehalten unterhalb der angegebenen Mindestgrenzen toleriert werden können, ohne die Eigenschaften des Stahlflachprodukts zu beeinflussen, vorzugsweise nicht zu verschlechtern, wobei das warmgewalzte und wärmebehandelte Stahlflachprodukt ein Gefüge aus Martensit mit mindestens 50 %, insbesondere mindestens 60 %, vorzugsweise mindestens 70 %, bevorzugt mindestens 80 %, besonders bevorzugt mindestens 90 % auf, wobei andere bzw. verbleibende Gefügebestandteile in Form von Bainit, Austenit, Restaustenit, Zementit, Perlit und/oder Ferrit vorhanden sein können, wobei eine mittlere ehemalige Austenitkorngröße von maximal 0,1 mm, insbesondere maximal 0,05 mm, vorzugsweise maximal 0,05 mm, bevorzugt maximal 0,02 mm, besonders bevorzugt maximal 0,015 mm ergibt. Insbesondere kann der verbleibende nicht martensitische Gefügeanteil zum größten Teil aus Bainit, wobei vorzugsweise Perlit und/oder Ferrit mit bis zu 10 %, bevorzugt mit bis zu 5 % vorliegen. Das Gefüge kann bevorzugt nahezu zu 100 % aus Martensit bestehen, wodurch die höchstmögliche Härte, insbesondere in Verbindung mit den entsprechend eingesetzten Legierungselementen, bereitgestellt werden kann. Es können auch herstellungsbedingte, unvermeidbare Gefügebestandteile, beispielsweise Ausscheidungen wie Carbide, Nitride und/oder Oxide sowie deren Mischformen zugelassen werden bzw. vorhanden sein.
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Unter der mittleren ehemaligen Austenitkorngröße wird hierbei der gemäß DIN EN ISO 643:2012 bestimmte mittlere Durchmesser des ehemaligen Austenitkorns verstanden. Bei nicht runden Austenitkörnern wird die Fläche des Austenitkorns betrachtet und der äquivalente Durchmesser so angegeben, dass sich ein rundes Korn mit diesem Durchmesser den gleichen Flächeninhalt aufweist. Bevorzugt wird die mittlere ehemalige Austenitkorngröße im Querschliff ermittelt, wobei ein Querschliff so definiert ist, dass die Walzrichtung orthogonal zur im Schliff betrachteten Fläche liegt und daher die Walzrichtung parallel zur Blickrichtung liegt. Sofern eine einwandfreie mikroskopische Bestimmung nicht möglich war, wurde auf die Software ARPGE zurückgegriffen und eine Austenitkornrekonstruktion auf Basis der EBSD-Technik durchgeführt. Die angewandte Methode wurde erstmals im Artikel „Reconstruction of parent grains from EBDS data“ von C. Cayron et al. im Jahre 2006 publiziert, siehe „Materials Characterization 57“, S. 386-401. Eine weitere Beschreibung der Methode erfolgte im Jahre 2007 von C. Cayron: „ARPGE: a computer program to automatically reconstruct the parent grains from electron backscatter diffraction data“, veröffentlicht im Journal of Applied Crystallography, ISSN 0021-8898, S. 1183-1188.
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Alle Angaben zu Gehalten der in der vorliegenden Anmeldung angegebenen Legierungselemente sind auf das Gewicht bezogen, sofern nicht ausdrücklich anders erwähnt. Alle Gehalte sind daher als Angaben in Gew.-% zu verstehen. Die angegebenen Gefügebestandteile werden durch Auswertung licht- oder elektronenmikroskopischer Untersuchungen bestimmt und sind daher als Flächenanteile in Flächen-% zu verstehen, sofern nicht ausdrücklich anders erwähnt. Eine Ausnahme hiervon bildet der Gefügebestandteil Austenit bzw. Restaustenit, welcher als Volumenanteil in Vol.-% angegeben wird, sofern nicht ausdrücklich anders erwähnt. Die mittlere ehemalige Austenitkorngröße wird vorzugsweise mittels der ARPGE Software bestimmt.
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Wird das warmgewalzte und wärmebehandelte Stahlflachprodukt einer Zugprüfung unterzogen, ergibt sich eine Streckgrenze von mindestens 500 MPa, insbesondere von mindestens 650 MPa, vorzugsweise von mindestens 800 MPa, besonders bevorzugt von mindestens 950 MPa. Die Zugfestigkeiten liegen bei mindestens 800 MPa, insbesondere bei mindestens 1100 MPa, vorzugsweise bei mindestens 1400 MPa, besonders bevorzugt bei mindestens 1600 MPa, wobei die Streckgrenze wie auch die Zugfestigkeit im Zugversuch nach DIN EN ISO 6892-1 ermittelbar ist.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung durch die Verwendung eines warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts mit den Merkmalen des Patentanspruchs 7, als ebenes oder geformtes Bauteil im Bereich der Verschleiß- oder Sicherheitsanwendung oder nach Anspruch 8 als Rohling für die Herstellung eines pressgehärteten Bauteils im Bereich der Verschleiß- oder Sicherheitsanwendung.
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Nach dem Vergießen einer Schmelze mit einer Legierungszusammensetzung innerhalb der angegebenen Spannen zu einem Vorprodukt, beispielsweise in einer Stranggießanlage oder Gießwalzanlage, kann das Vorprodukt direkt weiterverarbeitet werden, d. h. direkt aus der Gießhitze kommend, beispielsweise im Falle der Gießwalzanlage, so dass das Vorprodukt auf einer Temperatur gehalten oder bei Bedarf auf eine Temperatur wiedererwärmt wird, beispielsweise in einem Ausgleich- oder Wiedererwärmungsofen, bei der eine möglichst vollständige Homogenisierung gewährleistet ist und bei der sich eventuell gebildete Ausscheidungen möglichst vollständig auflösen. Wird die Schmelze beispielsweise in einer Stranggießanlage zu einem Vorprodukt vergossen, wird der gegossene und vollständig erstarrte Strang zu Brammen endlicher Abmessung abgetrennt und abschließend zugelassen, dass sich die Brammen durch natürliche Abkühlung (passiv) auf Umgebungstemperatur abkühlen. Alternativ kann zur Vermeidung von Heißrissen ein vollständiges Abkühlen mit Hilfe einer isolierenden Lagerung oder einer Ofenlagerung entweder vollständig vermieden oder signifikant verzögert werden. Das Vorprodukt respektive die Bramme wird anschließend beispielsweise in einem Hubbalkenofen oder mittels anderen geeigneten Mitteln auf eine Temperatur wiedererwärmt, bei welcher das Gefüge des Vorprodukts im Wesentlichen vollständig aus Austenit besteht, insbesondere bei einer Temperatur von mindestens 1000 °C, sodass ein vollständig austenitisches Gefüge vorliegt und der Verformungswiderstand beim anschließenden Warmwalzen verringert werden kann. Zum Sicherstellen der möglichst vollständigen Auflösung eventuell vorhandener Ausscheidungen wird eine Temperatur von mindestens 1100 °C gewählt. Die Halte- bzw. Wiedererwärmungs-Temperatur sollte eine Temperatur von 1500 °C nicht überschreiten, sollte insbesondere auf maximal 1400 °C, um ein partielles Aufschmelzen der Vorproduktoberfläche zu vermeiden, und aus ökologischen und ökonomischen Gründen vorzugsweise auf maximal 1500 °C beschränkt sein.
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Das warme Vorprodukt mit einem im Wesentlichen vollständig austenitischen Gefüge wird in einem oder mehreren Walzgerüsten mit einer Walzendtemperatur zwischen A
c3 und 1250 °C, insbesondere maximal 1200 °C zu einem Stahlflachprodukt warmgewalzt. A
c3 lässt sich beispielsweise mit der Formel:
nach J. Trzaska: „Calculation of critical temperatures by empirical formulae“, Arch. Metall. Mater., Vol. 61 (2016), No 2B, p. 981-986, Gleichung Nr. 4, berechnen.
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Soll das Vorprodukt beispielsweise zu einem Warmband mit einer Dicke zwischen 1,5 und 25 mm, insbesondere zwischen 2 und 25 mm, vorzugsweise zwischen 2,5 und 20 mm, warmgewalzt werden, wird das Warmwalzen in mehreren Walzgerüsten, insbesondere in einer mehrgerüstigen Fertigstaffel bei einer Walzendtemperatur zwischen Ac3 und 1250 °C durchgeführt. Vorzugsweise wird die Walzendtemperatur beim Walzen in einer mehrgerüstigen Fertigstaffel zur Gewährleistung eines möglichst hohen Austenitgehalts auf mindestens 850 °C, zur Sicherstellung der Rekristallisation auf bevorzugt mindestens 880 °C eingestellt. Die Walzendtemperatur kann insbesondere bis maximal 1000 °C, zur Begrenzung der benötigten Kühlmittelmenge vorzugsweise bis maximal 950 °C, zur Vermeidung der unerwünschten Grobkornbildung bevorzugt bis maximal 950 °C gewählt werden.
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Soll alternativ das Vorprodukt beispielsweise zu einem Blech mit einer Dicke zwischen 3 und 150 mm, insbesondere zwischen 3,5 und 125 mm, vorzugsweise zwischen 4 und 100 mm, warmgewalzt werden, wird das Warmwalzen in einem oder mehreren Walzgerüsten, vorzugsweise in einem der Fachwelt bekannten Quarto-Walzgerüst, bei einer Walzendtemperatur zwischen Ac3 und 1250 °C durchgeführt. Insbesondere wird für das Walzen von Blech, vorzugsweise an einem Quarto-Walzgerüst, eine Walzendtemperatur von mindestens 800 °C gewählt, um den Umformwiderstand nicht zu stark ansteigen zu lassen, insbesondere werden mindestens 900 °C, vorzugsweise mindestens 950 °C, als Walzendtemperatur eingestellt, um einen kornfeinenden Effekt der Rekristallisation nach den Walzstichen möglichst sicher auszunutzen. Aus Gründen der Energieeffizienz kann insbesondere eine Walzendtemperatur von maximal 1100 °C gewählt. Um eine unerwünschte Grobkornbildung zu vermeiden, kann die Walzendtemperatur vorzugsweise auf maximal 1050 °C beschränkt.
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Ein Abkühlen des warmgewalzten Stahlflachprodukts kann auf eine Temperatur zwischen Umgebungstemperatur und 600 °C zugelassen werden. Insbesondere kann ein Abkühlen an ruhender Luft erfolgen, so dass ein passives Abkühlen vorzugsweise auf Umgebungstemperatur zugelassen wird. Alternativ kann aus ökonomischen Gründen das warmgewalzte Stahlflachprodukt nur moderat abgekühlt werden, vorzugsweise an ruhender Luft, um beispielsweise mit einer Temperatur unterhalb von 600 °C der weiteren Wärmebehandlung zugeführt werden zu können.
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Das warmgewalzte Stahlflachprodukt wird auf eine erste Zieltemperatur zwischen 800 und 980 °C erwärmt, nach Erreichen der Zieltemperatur für eine erste Haltedauer zwischen 0,1 und 30 min auf Zieltemperatur gehalten und nach der Haltedauer auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 600°C abgekühlt. Das Abkühlen kann passiv, vorzugsweise an ruhender Luft, oder alternativ aktiv beispielsweise mit einer Abkühlrate bis zu 10 K/s erfolgen. Das Erwärmen und Halten auf einer ersten Zieltemperatur sowie das anschließende Abkühlen vorzugsweise an ruhender Luft führt zu einer Rückfeinung des Gefüges.
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Das so behandelte Stahlflachprodukt wird auf eine zweite Zieltemperatur zwischen Ac3 und 1000 °C wiedererwärmt, nach Erreichen der Zieltemperatur für eine zweite Haltedauer zwischen 0,1 und 30 min auf Zieltemperatur gehalten und nach der Haltedauer auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 400°C mit einer Abkühlrate von mindestens 30 K/s abgeschreckt. Durch das Abschrecken mit einer Abkühlrate von mindestens 30 K/s, insbesondere von mindestens 50 K/s, vorzugweise von mindestens 70 K/s, bevorzugt von mindestens 85 K/s, besonders bevorzugt von mindestens 100 K/s, kann das gewünschte Zielgefüge am warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukt eingestellt werden. Es kann ausreichend sein, ein Abschrecken insbesondere auf maximal 350 °C, vorzugsweise auf maximal 300 °C, bevorzugt auf maximal 250 °C zu durchzuführen, so dass keine weiteren Diffusions-/Umwandlungsvorgänge innerhalb des Gefüges mehr stattfinden können. Durch das gezielte Abschrecken bildet sich im warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukt ein Gefüge aus Martensit mit mindestens 50 % aus, wobei andere Gefügebestandteile in Form von Bainit, Austenit, Restaustenit, Zementit, Perlit und/oder Ferrit und unvermeidbare Gefügebestandteile vorhanden sein können. Die Abkühlrate ist insbesondere bestimmbar/messbar 1 mm unter der Oberfläche entweder insitu beispielsweise über entsprechende Bohrungen eingebrachte Thermoelemente und/oder beispielsweise weniger aufwendig durch einen Jominy-Test (Stirnabschreckversuch), bei welchem sich über die gemessenen Härtewerte die entstandenen Abkühlraten über ein entsprechendes ZTU-Schaubild ableiten lassen.
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Die zusätzliche Wärmebehandlung vor dem Härten führt zu einer deutlichen Vermeidung von Rissen nach dem Härten, insbesondere werden dadurch Härterisse reduziert. Die zusätzliche Wärmebehandlung vor dem Härten kann auch zu einer Austenitkornfeinung vor dem Härten, d.h. zu einer mittleren ehemaligen Austenitkorngröße von maximal 0,1 mm, insbesondere maximal 0,05 mm, vorzugsweise maximal 0,05 mm, bevorzugt maximal 0,02 mm, besonders bevorzugt maximal 0,015 mm führen. Damit kann sich durch die zusätzliche Wärmebehandlung vor dem Härten auch ein feineres martensitisches oder martensitisch-bainitisches Gefüge im warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukt mit verbesserten mechanischen Eigenschaften ausbilden.
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Bei der Temperatur A
c1 beginnt das Gefüge in Austenit umzuwandeln und liegt insbesondere vollständig austenitisch vor, wenn die Temperatur A
c3 überschritten wird. A
c1 lässt sich beispielsweise mit der Formel:
nach J. Trzaska: „Calculation of critical temperatures by empirical formulae“, Arch. Metall. Mater., Vol. 61 (2016), No 2B, p. 981-986, Gleichung Nr. 3, berechnen. Die Kennwerte A
c1 und A
c3 sind somit abhängig von der Zusammensetzung (Legierungselemente) der Schmelze respektive des Stahlwerkstoffs.
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Die Legierungselemente der Schmelze respektive des Stahlwerkstoffs sind wie folgt angegeben:
- Kohlenstoff (C) übernimmt mehrere wichtige Funktionen. In erster Linie ist C ein Martensitbildner, so dass ein Gehalt von mindestens 0,0010 %, insbesondere von mindestens 0,010 %, vorzugsweise von mindestens 0,10 %, bevorzugt von mindestens 0,150 % vorhanden ist. Weiterhin trägt C in großem Maße zu einem höheren CEV-Wert (CEV = Kohlenstoffäquivalent) bei, wodurch die Schweißeignung negativ beeinflusst wird, so dass ein Gehalt bis maximal 0,80 %, zur Verringerung der Neigung zu Einrissen insbesondere bis maximal 0,70 %, vorzugsweise bis maximal 0,60 % zulegiert wird. Des Weiteren können durch die angegebene Obergrenze negative Einflüsse in Bezug auf die Zähigkeitseigenschaften, die Umformeigenschaften und die Schweißeignung vermieden werden. Je nach erforderlicher Umformbarkeit und Zähigkeit kann der C-Gehalt innerhalb der angegebenen Spannen individuell zulegiert werden.
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Mangan (Mn) trägt zur Härtbarkeit bei. Gleichzeitig verringert Mn die Neigung zur unerwünschten Bildung von Perlit während des Abschreckens und setzt die kritische Abkühlrate herab, wodurch die Härtbarkeit erhöht wird. Zudem kann Mn zur Abbindung von S verwendet werden, so dass ein Gehalt von mindestens 0,10 % vorhanden ist. Ein zu hoher Gehalt wirkt sich dagegen negativ auf die Schweißeignung aus, so dass Mn auf maximal 3,0 % beschränkt ist. Zur Gewährleistung der gewünschten Umformbarkeit wird der Gehalt insbesondere auf maximal 2,50 %, zur Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften vorzugsweise auf maximal 2,0 % beschränkt. Zur Verringerung des Perlitanteils kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,20 %, vorzugsweise von mindestens 0,40 % zur Einstellung der angestrebten Festigkeitseigenschaften zulegiert werden.
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Phosphor (P) ist ein Element, welches bei der Stahlherstellung prozessbedingt und wirtschaftlich nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. P wirkt sich zähigkeitsmindernd und dadurch ungünstig auf die Umformbarkeit aus. P kann zudem aufgrund seiner geringen Diffusionsgeschwindigkeit beim Erstarren der Schmelze zu starken Seigerungen führen. Um negative Einflüsse auf die Umformbarkeit sicher ausschließen zu können, wird der Gehalt auf maximal 0,050 %, zur zusätzlichen Verringerung der Seigerungseffekte insbesondere auf maximal 0,050 %, vorzugsweise auf maximal 0,020 % beschränkt. Zur Steigerung des Festigkeitsniveaus kann P mit einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0005 % zugelassen werden.
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Schwefel (S) ist ein Element, welches bei der Stahlherstellung prozessbedingt und wirtschaftlich nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Allerdings weist S im Stahl eine starke Neigung zur Seigerung auf und kann die Umformbarkeit in Folge der übermäßigen Bildung von FeS, MnS bzw. (Mn, Fe)S beeinträchtigen, so dass der Gehalt auf maximal 0,050 %, insbesondere auf maximal 0,010 %, vorzugsweise auf maximal 0,0050 %, bevorzugt auf maximal 0,0050 % beschränkt wird.
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Stickstoff (N) ist ein Element, welches bei der Stahlherstellung prozessbedingt und wirtschaftlich nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. N kann insbesondere in Verbindung mit AI und/oder Ti zur Bildung von groben Nitriden führen, die sich negativ auf die Umformbarkeit auswirken können, so dass der Gehalt auf maximal 0,020 %, insbesondere auf maximal 0,0150 %, vorzugsweise auf maximal 0,010 %, bevorzugt auf maximal 0,0080 % beschränkt wird. N kann mit einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0010 % zur Verbesserung der Härtbarkeit zugelassen werden.
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Das Stahlflachprodukt kann optional eines oder mehrere Legierungselemente aus der Gruppe (Si, Cr, Cu, Nb, Ti, V, W, Mo, Ni, B, Sn, Co, Ca, AI) enthalten.
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Silizium (Si) kann als optionales Legierungselement zusätzlich zum optionalen AI als Desoxidationselement wirken und daher mit einem Gehalt von maximal 1,50 Gew.-% zulegiert werden. Zur Sicherstellung der Wirksamkeit kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,020 % zulegiert werden. Allerdings kann es auch zur Festigkeitssteigerung beitragen, so dass ein Gehalt vorzugsweise von mindestens 0,080 % zulegiert werden kann. Wird dem Stahl zu viel Si zulegiert, kann dies einen negativen Einfluss auf die Zähigkeitseigenschaften, die Umformbarkeit und die Schweißeignung haben. Daher ist der Gehalt insbesondere auf maximal 1,40 %, zur Verbesserung der Oberflächenqualität vorzugsweise auf maximal 1,30 % zu beschränken.
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Chrom (Cr) kann als optionales Legierungselement zur Steigerung der Härte mit einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,020 %, vorzugsweise von mindestens 0,20 % beitragen, da Cr wie C die Umwandlung (in Austenit) unterstützen kann. Aus Kostengründen ist der maximale Gehalt mit 3,50 % definiert. Bei zu hohem Gehalt kann die Schweißeignung negativ beeinflusst werden, so dass der Gehalt insbesondere auf maximal 3,0 %, vorzugsweise auf maximal 2,50 % beschränkt wird.
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Kupfer (Cu) kann als optionales Legierungselement zur Erhöhung der Festigkeit mit einem Gehalt bis zu 0,50 % zulegiert werden. Um die festigkeitssteigernde Wirkung zu gewährleisten, kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,0020 %, vorzugsweise von mindestens 0,0040 % zulegiert werden. Der Gehalt wird insbesondere auf maximal 0,40 % beschränkt, um negative Einflüsse auf die Schweißeignung und die Zähigkeitseigenschaften zu vermeiden.
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Niob (Nb), Titan (Ti), Vanadium (V) und/oder Wolfram (W) können als optionale Legierungselemente einzeln oder in Kombination zur Kornfeinung zulegiert werden. Diese optionalen Legierungselemente können als Mikrolegierungselemente eingesetzt werden, um festigkeitssteigernde Carbide, Nitride und/oder Carbonitride zu bilden. Zur Gewährleistung ihrer Wirksamkeit können Nb, Ti, V und/oder W mit Gehalten insbesondere von (jeweils) mindestens 0,0080 % zulegiert werden. Die optionalen Legierungselemente sind (jeweils) auf maximal 0,20 %, insbesondere auf maximal 0,10 %, vorzugsweise auf maximal 0,050 % beschränkt, da höhere Gehalte sich nachteilig auf die Werkstoffeigenschaften, sich negativ insbesondere auf die Zähigkeitseigenschaften auswirken können.
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Molybdän (Mo) kann als optionales Legierungselement die Festigkeit und die Härte erhöhen. Mo kann mit einem Gehalt bis maximal 1,0 %, insbesondere bis maximal 0,90 Gew.-%, vorzugsweise bis maximal 0,80 % zulegiert werden. Um einen Effekt zu erzielen, kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,0010 %, vorzugsweise von mindestens 0,0040 % zulegiert werden.
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Nickel (Ni) kann als optionales Legierungselement ebenso wie Cr die Umwandlung (in Austenit) verbessern und die Festigkeit erhöhen, so dass ein Gehalt bis maximal 8,0 % zulegiert werden kann. Zur Sicherstellung der Wirksamkeit kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,010 % zulegiert werden. Zur Begünstigung der gewünschten Phasenumwandlung kann ein Gehalt vorzugsweise von mindestens 0,020 %, zur Erhöhung der Zähigkeit bevorzugt von mindestens 0,050 %, besonders bevorzugt von mindestens 0,080 % zulegiert werden. Zur Verbesserung der Schweißbarkeit kann der Gehalt insbesondere auf maximal 7,0 %, aus Kostengründen vorzugsweise auf maximal 6,0 %, bevorzugt auf maximal 5,50 %, besonders bevorzugt auf maximal 5,0 Gew.-% beschränkt werden.
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Bor (B) kann als optionales Legierungselement auf den Phasengrenzen segregieren und deren Bewegung verhindern. Dies kann zu einem feinkörnigen Gefüge führen, was sich vorteilhaft auf die mechanischen Eigenschaften auswirken kann. Um die Wirksamkeit dieser Effekte zu gewährleisten, kann ein Gehalt bis maximal 0,010 %, aus Kostengründen insbesondere bis maximal 0,0080 %, und zur sicheren Vermeidung der Versprödung an Korngrenzen vorzugsweise bis maximal 0,0040 %, sowie insbesondere zur Gewährleistung der sicheren Wirksamkeit auch bei Vorhandensein von N, beispielsweise in Form von technisch unvermeidbaren Verunreinigungen der Stahlschmelze mit N, insbesondere von mindestens 0,0002 %, zur Erhöhung der Feinkörnigkeit vorzugsweise von mindestens 0,0010 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,0015 Gew.-%, zulegiert werden. Beim optionalen Zulegieren von B sollte zudem ausreichend Ti für die Abbindung von N zulegiert sein.
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Zinn (Sn) kann als optionales Legierungselement zulegiert werden, insbesondere zur Erhöhung der Säurebeständigkeit mit einem Gehalt bis maximal 0,050 % zulegiert werden. Um eine Verschlechterung der Zähigkeitseigenschaften zu vermeiden, kann der Gehalt insbesondere auf maximal 0,040 %, beschränkt werden.
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Kobalt (Co) kann als optionales Legierungselement zur Härtesteigerung beitragen. Aus Kostengründen kann der Gehalt auf maximal 0,020 %, insbesondere auf maximal 0,010 % beschränkt werden.
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Calcium (Ca) kann als optionales Legierungselement der Schmelze als Entschwefelungsmittel und zur gezielten Sulfidbeeinflussung in Gehalten bis maximal 0,0150 %, insbesondere bis maximal 0,010 %, vorzugsweise bis maximal 0,0080 % zulegiert werden, was zu einer veränderten Plastizität der Sulfide bei der Warmwalzung führen kann. Darüber hinaus kann durch die Zugabe von Ca auch das Kaltumformverhalten verbessert werden. Die beschriebenen Effekte können bei einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0005 %, vorzugsweise von mindestens 0,0005 % wirksam sein.
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Aluminium (AI) kann als optionales Legierungselement mit einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0020 % zulegiert werden. Beispielsweise kann AI zum Abbinden von gegebenenfalls vorhandenem Stickstoff verwendet werden, so dass optional zulegiertes Bor seine festigkeitssteigernde Wirkung entfalten kann. Daher kann vorzugsweise ein Gehalt von mindestens 0,0040 % zulegiert werden. AI kann auch zur Unterdrückung unerwünschter Zementitbildung zulegiert werden. Zur Vermeidung gießtechnischer Probleme kann der Gehalt auf maximal 1,0 %, insbesondere auf maximal 0,70 % beschränkt werden. Vorzugsweise sollte, wenn die Zementitbildung durch andere Maßnahmen vermieden wird, der maximale Gehalt von 0,50 % nicht überschritten werden, um unerwünschte Ausscheidungen im Werkstoff insbesondere in Form von nichtmetallischen oxidischen Einschlüssen im Wesentlichen zu reduzieren und/oder zu vermeiden, welche die Werkstoffeigenschaften negativ beeinflussen können. Die bevorzugte Spanne kann zwischen 0,020 und 0,10 % liegen, um durch die ferritstabilisierende Wirkung von AI beispielsweise die Härtbarkeit nicht zu stark herabzusetzen.
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Neben Eisen kann die Schmelze respektive der Stahlwerkstoff herstellungsbedingt als unvermeidbare Verunreinigungen eines oder mehrere der Elemente aus der Gruppe (O, H, As) enthalten, welche nicht gezielt als Legierungselemente zulegiert werden.
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Sauerstoff (O) ist eine unerwünschte, aber aus technischen Gründen in der Regel nicht vermeidbare Verunreinigung. Der Maximalgehalt für O kann auf maximal 0,0050 %, insbesondere auf maximal 0,0020 % beschränkt werden.
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Wasserstoff (H) kann als kleinstes Atom auf Zwischengitterplätzen im Stahlwerkstoff sehr beweglich sein und kann insbesondere in höchstfesten Stählen beim Abkühlen von der Warmwalzung zu Aufreißungen im Stahlflachprodukt führen. Die mögliche Verunreinigung H kann daher auf einen Gehalt von maximal 0,0010 %, insbesondere von maximal 0,0008 %, vorzugsweise von maximal 0,0005 Gew.-%, bevorzugt bis zu 0,0005 % beschränkt werden.
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Arsen (As) ist eine Verunreinigung, die im warmgewalzten Stahlflachprodukt vorhanden sein kann, wobei der Gehalt auf maximal 0,020 %, insbesondere auf maximal 0,010 % beschränkt wird, um negative Einflüsse zu vermeiden.
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Die als optional angegebenen Legierungselemente können insbesondere alternativ auch als Verunreinigungen in Gehalten unterhalb der angegebenen Mindestgrenzen toleriert werden, ohne die Eigenschaften des Stahlflachprodukts zu beeinflussen, vorzugsweise nicht zu verschlechtern.
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Der positive Effekt der zusätzlichen Wärmebehandlung vor dem Härten spiegelt sich technisch u. a. in einer Erhöhung der Kerbschlagarbeit im Kerbschlagbiegeversuch auch bei niedrigen Prüftemperaturen wieder. Die Prüfung wird hierbei gemäß DIN EN ISO 148-1 bei einer Prüftemperatur von - 40°C durchgeführt. Die Kerbschlagarbeit kann sich dadurch beispielsweise durchschnittlich um mindestens 8 % (ermittelt längs zur Walzrichtung) bzw. um mindestens 12 % (ermittelt quer zur Walzrichtung) erhöhen.
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Des Weiteren führt die zusätzliche Wärmebehandlung vor dem Härten zu deutlich größeren Biegewinkeln und ermöglicht deutlich geringere r/t-Verhältnisse (r = Biegeradius, t = Dicke) beim Abkantprozess der warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukte im Vergleich zum Standardprozess ohne zusätzliche Wärmebehandlung vor dem Härten.
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Um höheren Zähigkeitsanforderungen zu genügen, kann das warmgewalzte und wärmebehandelte Stahlflachprodukt gemäß einer Ausführung optional auf eine dritte Zieltemperatur zwischen 100 °C und unterhalb von Ac1 erwärmt, so dass eine erneute Umwandlung in Austenit verhindert werden kann, nach Erreichen der Zieltemperatur für eine dritte Haltedauer zwischen 0,1 und 30 min auf Zieltemperatur gehalten und nach der Haltedauer auf eine Temperatur zwischen der Umgebungstemperatur und 100 °C abgekühlt. Diese Wärmebehandlung entspricht einer Anlassbehandlung. Je nach Höhe der dritten Zieltemperatur kann die Härte im Gefüge verringert werden, was jedoch zur Erhöhung der Zähigkeit im gesamten Stahlflachprodukt führen kann und damit die Anfälligkeit gegen Risse und/oder Ausbrüche im Einsatzfall bei abrasiver und/oder schlagender Beanspruchung reduziert werden kann, wobei sich das eingestellte Gefüge nur dahingehend ändert, dass der Martensit in angelassenen Martensit umgewandelt wird. Die dritte Zieltemperatur kann insbesondere mindestens 200 °C, vorzugsweise mindestens 220 °C und insbesondere maximal 650 °, vorzugsweise maximal 550 °C betragen, wobei sich die Haltedauer beispielsweise nach der Zieltemperatur und der Dicke des warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts orientiert, insbesondere mindestens 1 min, vorzugsweise mindestens 1,5 min und insbesondere maximal 25 min, vorzugsweise maximal 20 min.
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Das warmgewalzte Stahlflachprodukt ist als Blech mit einer Dicke zwischen 3 und 150 mm, insbesondere zwischen 3,5 und 125 mm, vorzugsweise zwischen 4 und 100 mm, oder als Warmband mit einer Dicke zwischen 1,5 und 25 mm, insbesondere zwischen 2 und 23 mm, vorzugsweise zwischen 2,5 und 20 mm ausgeführt. Zur Herstellung von Bauteilen können aus dem Blech oder Warmband Zuschnitte oder Platinen herausgearbeitet bzw. aus- oder abgeschnitten werden, welche eben oder kalt geformt (Kaltumformung), je nach Bauteildesign auch mit engen Biegeradien, als Bauteil verwendet werden können, insbesondere in Verschleiß- oder Sicherheitsanwendungen. Alternativ können aus dem Blech oder Warmband Zuschnitte oder Platinen herausgearbeitet bzw. aus- oder abgeschnitten werden, welche als Rohling für die Herstellung eines pressgehärteten Bauteils (erneutes Austenitisieren und erneutes Härten jedoch insbesondere im aktiv gekühlten Werkzeug) verwendet werden können, insbesondere in Verschleiß- oder Sicherheitsanwendungen. Eine solche Prozessführung hat zum Vorteil, dass sich ein deutlich feinkörnigeres pressgehärtetes Bauteil ergibt, als beispielsweise bei der Verwendung von Rohlingen im Walzzustand respektive im Anlieferungszustand as rolled (+AR).
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Eine bevorzugte Verwendung des erfindungsgemäßen warmgewalzten und wärmebehandelten Stahlflachprodukts ist in ebener oder kalt geformter Ausführung als Bauteil in Sicherheitsanwendungen, beispielsweise als beschussfester Sicherheitsstahl, oder Verschleißanwendungen einsetzbar.
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Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen
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In einem Ausführungsbeispiel wurde eine Schmelze bestehend aus in Gew.-%: C=0,420 %, Mn=0,840 %, P=0,0090 %, S=0,0010 %, Si=0,20 %, Cr=0,850 %, Mo=0,160 %, Ni=0,0250 %, Al=0,0930 %, Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen, beispielsweise in einer Stranggießanlage, zu einem Vorprodukt vergossen und in Form von Brammen abgeteilt. N, Ti, Nb und B lagen nur in Spuren und andere hier nicht genannten Legierungselemente lagen dabei nicht in messbaren Gehalten bzw. nur als unvermeidbare Verunreinigungen vor.
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Es wurde zugelassen, dass sich die Brammen auf Umgebungstemperatur abkühlen. Eine der Brammen wurde bereitgestellt und in einem Hubbalkenofen auf eine Temperatur von 1250 °C wiedererwärmt bzw. durchwärmt, so dass das Gefüge des Vorprodukts vollständig aus Austenit bestand. Die Bramme wurde nach erfolgter Wiedererwärmung einer Walzstraße zugeführt, in der sie zunächst in einem Gerüst reversierend vorgewalzt und anschließend sieben Walzgerüste dickenreduzierend auf die Bramme einwirkten und hieraus ein Stahlflachprodukt mit einer Dicke von 7,6 mm warmgewalzt wurde, wobei die Walzendtemperatur 1020°C betrug. Das warmgewalzte Stahlflachprodukt wurde an ruhender Luft auf Umgebungstemperatur abgekühlt. Aus dem warmgewalzten Stahlflachprodukt wurden sechs Proben (1...6) mit jeweils einer Abmessung 500 (L) x 200 (B) mm, wobei 1, 3 und 5 quer zur Walzrichtung und 2, 4 und 6 längs zur Walzrichtung, entnommen, welche weiteren Untersuchungen zugeführt wurden. Alle Proben wurden auf eine zweite Zieltemperatur von 920 °C erwärmt, nach Erreichen der Zieltemperatur für 7 min bei dieser Zieltemperatur gehalten und anschließend mittels Wasserbrause auf eine Temperatur unterhalb von 400 °C mit einer Abkühlrate von mindestens 300 K/s abgeschreckt. Bei den Proben 3 bis 6 wurde aber vor dem Erwärmen auf die zweite Zieltemperatur jeweils eine Erwärmung auf die erste Zieltemperatur von 920 °C durchgeführt, nach Erreichen der Zieltemperatur für 7 min bei dieser Zieltemperatur gehalten und anschließend zugelassen, dass sich die Proben 3 bis 6 an ruhender Luft unterhalb von 600 °C, beispielsweise auf Umgebungstemperatur abkühlen. Die Proben 5 und 6 wurden auf eine dritte Zieltemperatur von 255 °C nach dem Härten erwärmt, nach Erreichen der Zieltemperatur für 2 min bei dieser Zieltemperatur gehalten und anschließend zugelassen, dass sich die Proben 5 und 6 an ruhender Luft unterhalb von 100 °C, insbesondere auf Umgebungstemperatur abkühlen.
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Die sechs Proben wurden in einer Biegevorrichtung mit zwei Auflagerollen mit jeweils einem Auflagenrollenradius von 65 mm und einem Achsabstand von 430 mm aufgelegt, auf welche von oben ein Biegestempel mit einem Biegestempelradius von 128 mm zwischen den Auflagerollen einwirkte. Das r/t-Verhältnis betrug bei allen sechs Proben 16,84.
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In der Tabelle 1 sind die Ergebnisse dargestellt, der Biegewinkel, die Kerbschlagarbeit und das Gefüge (M = Martensit, B = Bainit, RA = Restaustenit). Tabelle 1
Probe | Biegelinie zur Walzrichtung | Biegewinkel [°] | Kerbschlagzähigkeit [J], DIN EN ISO 148-1, - 40 °C | Gefüge [%] |
1 | quer | 9 | 13 | 97 M, 3 (B + RA) |
2 | längs | Bruch | 11 | 97 M, 3 (B + RA) |
3 | quer | 35 | 16 | 97 M, 3 (B + RA) |
4 | längs | 31 | 14 | 97 M, 3 (B + RA) |
5 | quer | 37 | 17 | 97 M, 3 (B + RA) |
6 | längs | 31 | 15 | 97 M, 3 (B + RA) |
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Sehr gut zu erkennen, ist der positive Einfluss der zusätzlichen Wärmebehandlung vor dem Härten und auch des optionalen zusätzliches „Anlassens“ nach dem Härten. Des Weiteren ließ sich an den Proben 3 bis 6 im Vergleich zu den Proben 1 und 2 ca. 90 % weniger Härterisse an der Oberfläche der Proben detektieren. Die ehemalige mittlere Austenitkorngröße, welche mittels der Software ARPGE bestimmt wurde, betrug bei den Proben 3 bis 6 im Durchschnitt 0,0109 mm, was einer Korngrößenklasse nach Richtreihe DIN EN ISO 643 von 11 entspricht.