-
Die vorliegende Erfindung liegt auf dem Gebiet der Materialtechnik und stellt ein Verfahren zur Herstellung eines myzelbasierten Lignozellulose-Verbundwerkstoffes bereit. Ebenso werden Verwendungen des erfindungsgemäßen Verbundwerkstoffes sowie der Verbundwerkstoff selbst bereitgestellt.
-
Die Baubranche ist weltweit für mehr als ein Viertel der CO2 Emissionen verantwortlich. Darüber hinaus werden 80-90 % dieser Ressourcen in tragenden Konstruktionen von Gebäuden verwendet. Der Bedarf an innovativen Materialen, welche vorteilhafte Eigenschaften besitzen und insbesondere in tragenden Konstruktionen verwendet werden, ist daher hoch. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass verschiedene Materialien auf Basis von Pilzmyzel hergestellt werden konnten. Diese Materialien weisen viele Vorteile auf, wie z. B. gute Wärmedämmung, geringe Trockendichte und Schallabsorption, die sie für den Einsatz als Baumaterialien (z.B. als Dämmmaterial) geeignet machen.
-
Die Herstellung dieser Verbundstoffe basiert auf der Verwendung von Lignozellulosehaltigen Substraten in Kombination mit dem natürlichen Wachstum der vegetativen Komponente des Myzels von filamentösen Pilzen. Beim Wachstum von filamentösen Pilzen bilden diese Hyphen aus, welche in einem engmaschigen Geflecht resultieren und dem entstehenden Material eine feste Struktur geben.
-
Pilze, die zur Gattung der Basidiomyceten gehören, wie zum Beispiel Ganoderma lucidum, Ganoderma applanatum, Trametes hirsuta, Trametes versicolor oder Fomes fomentarius sind meistens in Wäldern zu finden und erfüllen unter anderem die Aufgabe der Totholzzersetzung.
-
Holz besteht aus ca. 25 - 30 Gew.-% Lignin, 25 - 30 Gew.-% Pentosanen (Hemicellulose), 40 - 50 Gew.-% Cellulose sowie weitere Komponenten wie Harzstoffen, Terpenen, Fetten und Fettsäuren, Proteinen und Mineralstoffen. Pilze können Lignin, Hemicellulose und Cellulose in ihre Untereinheiten zersetzen. Dies geschieht durch die Freisetzung von Enzymen wie Cellulasen, Laccasen, Amylasen, Proteasen oder Lipasen in die unmittelbare Umgebung, die das Substrat abbauen. Anschließend werden die Abbauprodukte von den Hyphen absorbiert und für das Wachstum des Pilzes verwendet.
-
Im Stand der Technik sind einige Verfahren zur Herstellung von Materialien auf Basis von Lignozellulose und Pilzmyzel beschrieben, sowie Verfahren zur Beeinflussung des Hyphenwachstums.
-
Das Patent
US 9,914,906 B2 beschreibt ein Verfahren zur Kultivierung von Myzel auf einem Lignozellulosesubstrat, welches mit weiteren Nährstoffen angereichert ist. Das erhaltene Material wird in einzelne Partikel zerteilt, welche anschließend in verschiedenen Materialien, wie z.B. Bioharzen eingesetzt werden.
-
Mit der Beeinflussung der Wachstumsrichtung des Myzels beschäftigt sich die europäische Anmeldung
EP 3 709 791 A1 . Hierbei wird das Myzel in einer speziellen Kammer kultiviert, in welche ein gerichteter Luftstrom eingeleitet wird. Durch Variieren der Luftfeuchtigkeit und des Luftstroms während der Kultivierung kann die Wachstumsrichtung des Myzels beeinflusst werden, sodass eine homogene Verteilung des Myzels im erhaltenen Material vorliegt. Mit diesem Verfahren sollen Materialien hergestellt werden, die Leder, Textilien oder Schäume ersetzen sollen.
-
Auch das Patent
US 10,125,347 B2 stellt ein Verfahren bereit, mit welchem sich die Expression von bestimmten Hyphenstrukturen in Pilzen stimulieren lässt. Dies geschieht durch das in Kontakt bringen mit weiteren Mikroorganismen, die die filamentösen Pilze dazu anregen, bestimmte Hyphenmorphologien auszubilden. Das erhaltene Material besitzt ein Myzel mit reduzierter Dichte.
-
Das europäische Patent
EP 2 702 137 B1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von getrockneten Myzelelementen, welche bei Bedarf verbunden werden können. Hierfür wird in einem ersten Schritt ein Myzelelement wie allgemein bekannt hergestellt. Dieses Element wird anschließend getrocknet. Wenn man nun die Elemente verbinden möchte, wird jeweils mindestens eine Seite von mindestens zwei Myzelelementen angefeuchtet und mit Nährlösung versetzt. Anschließend werden die Myzelelemente an ihren angefeuchteten Seiten zusammengebracht, und durch das Wachstum des Pilzes werden die beiden Elemente verbunden. Nach einem erneuten Trocknungsschritt, bei dem der Pilz inaktiviert wird, können die erhaltenen Elemente anschließend weiterverarbeitet werden. Die Autoren beschreiben dieses Verfahren als besonders geeignet, wenn eine große Materialfläche benötigt wird, sodass die kleineren Untereinheiten transportiert werden können und erst am Bestimmungsort zusammengesetzt werden. Eine besondere Festigkeit des erhaltenen Myzels ist nicht beschrieben.
-
Die primäre Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, ein myzelbasiertes Material bereitzustellen, welches besonders stabil ist und eine erhöhte Festigkeit im Vergleich zu bekannten myzelbasierten Materialien aufweist.
-
Weitere Gegenstände der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den beigefügten Patentansprüchen.
-
Die primäre Aufgabe der vorliegenden Erfindung wurde durch die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines myzelbasierten Lignozellulose-Verbundwerkstoffes, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten, gelöst:
- a) Bereitstellen mindestens eines Substrats auf Lignozellulose-Basis;
- b) Inokulieren des Substrats mit Pilzsporen und/oder Pilzmyzel;
- c) Mischen des inokulierten Substrats, vorzugsweise sodass ein homogenes Wachstum des Myzels erreicht wird,
- d) Inkubieren der erhaltenen Mischung aus Schritt c) in einer ersten Inkubationsphase für eine Zeit zwischen 5 und 7 Tagen, bei einer Temperatur im Bereich von 20 bis 28°C und bei einer Luftfeuchtigkeit im Bereich von 80 bis 95 %, um ein vernetztes Wachstum des Myzels um das Substrat zu erreichen;
- e) Einfüllen der erhaltenen inkubierten Mischung aus Schritt d) in formgebende Behälter, welche die Form der Grundeinheit des Verbundwerkstoffs bestimmen, und Inkubieren der Mischung in einer zweiten Inkubationsphase für eine Zeit zwischen 3 und 10 Tagen, bei einer Temperatur im Bereich von 20 bis 30 °C und bei einer Luftfeuchtigkeit im Bereich von 80 bis 95 %, um ein vernetztes Wachstum des Myzels um das Substrat zu erreichen;
- f) Erhalten mindestens einer Grundeinheit des Verbundwerkstoffes mit mindestens einer Verbindungsgrenzfläche;
- g) Bereitstellen von mindestens zwei gemäß Schritt e) erhaltenen Grundeinheiten;
- h) Zusammenfügen der mindestens zwei Grundeinheiten an der Verbindungsgrenzfläche und Inkubieren für eine Zeit zwischen 10 und 30 Tagen, bei einer Temperatur im Bereich von 15 bis 30 °C und bei einer Luftfeuchtigkeit im Bereich von 80 bis 95 %, um die Bildung von Such- und Skeletthyphen zwischen den Grundeinheiten zu fördern und Erhalten einer Vorstufe eines myzelbasierten Lig nozellu lose-Verbu ndwerkstoffes;
- i) Trocknen der Vorstufe des myzelbasierten Lignozellulose-Verbundwerkstoffes bei einer Temperatur im Bereich von 65 bis 90 °C und Erhalten eines myzelbasierten Lignozellulose-Verbundwerkstoffes mit einer Restfeuchte von 10 bis 12 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht des Verbundwerkstoffes.
-
In Schritt a) wird zunächst das Substrat bereitgestellt, welches das Grundgerüst für das Wachstum des Pilzes bildet. Dieses Substrat ist auf Basis von Lignozellulose. Lignozellulose ist das Strukturmaterial in der Zellwand aller holzigen Pflanzen und besteht im Wesentlichen aus C5- und C6-Zuckern sowie Lignin.
-
Weiterhin bevorzugt ist es, wenn das in Schritt a) bereitgestellte Substrat mit einer Nährlösung, vorzugsweise in einer Menge von 20 g/L bis 50 g/L, versetzt wird. Bevorzugt ist z.B. die Verwendung von Kartoffel-Glucose-Bouillon (KGB).
-
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist es bevorzugt, dass das Substrat auf Lignozellulosebasis in der Form von groben Spänen, Partikeln oder Mehl vorliegt. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform umfasst oder besteht das Substrat aus - jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Substrats - 40 - 60 Gew.-% Spänen mit einer Größe von 2 - 4 mm und 40 - 60 Gew.-% Mehl mit einer Größe von unter 2 mm.
-
Weiterhin ist es bevorzugt, wenn das Substrat einen Feuchtegehalt von mehr als 10 %, bevorzugt von mehr als 12 % und besonders bevorzugt von 14 % besitzt.
-
Vorzugsweise ist das Substrat steril. „Steril“ im Kontext der vorliegenden Erfindung bedeutet vorzugsweise, dass das Substrat durch eine mindestens zweifache Behandlung in einem Autoklav für einen Zeitraum von mindestens 60 Minuten bei einer Temperatur von ca. 120°C von jeglichen Organismen, die das Pilzwachstum negativ beeinflussen könnten, befreit wird.
-
Falls das Substrat nicht bereits steril bereitgestellt wird, dies aber im Einzelfall bevorzugt ist, kann ein erfindungsgemäßes Verfahren folgenden weiteren Schritt umfassen: Behandlung in einem Autoklaven für einen Zeitraum von mindestens 60 Minuten bei einer Temperatur von ca. 120°C oder Behandlung mit Gamma-Bestrahlung.
-
In Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird anschließend das in Schritt a) bereitgestellte und vorzugsweise sterile Substrat mit Pilzsporen und/oder bereits wachsendem Pilzmyzel inokuliert.
-
„Inokulieren“ im Rahmen der vorliegenden Erfindung bedeutet, dass das Substrat mit einer definierten Menge Pilzsporen und/oder Pilzmyzel in Kontakt gebracht wird. Das Inkontaktbringen erfolgt vorzugsweise mittels einer Impföse. Alternativ kann bereits wachsendes Pilzmyzel in Form eines bereits vorinkubierten Substrats (Vorkultur) zum Substrat hinzugegeben werden. Weiterhin kann auch eine Mischung aus Pilzsporen und bereits wachsendem Pilzmyzel verwendet werden.
-
Vorzugsweise wird das Substrat mit einer Menge an Pilzsporen und/oder Pilzmyzel in einem Verhältnis von 1:100 (v/w) bis 1:5 (v/w) inokuliert. Das Verhältnis ist abhängig von der eingesetzten Form des Inokulationsmaterials (Pilzsporen und/oder Pilzmyzel).
-
Dieses inokulierte Substrat wird anschließend in Schritt c) so gemischt, dass sich die Pilzsporen und/oder das Pilzmyzel über das gesamte Substrat homogen verteilen, damit das anschließende Wachstum homogen über das gesamte Substrat verteilt stattfindet.
-
Die enthaltene Mischung wird anschließend in Schritt d) einer ersten Inkubation unterzogen.
-
„Inkubieren“ im Rahmen der vorliegenden Erfindung bedeutet die Aussetzung der Mischung bei solchen Bedingungen, in welchen das Pilzmyzel wachsen bzw. weiter wachsen kann. Diese sind oder umfassen die in Schritt d) beschriebenen.
-
Vorzugsweise erfolgt dieser erste Inkubationsschritt in Beuteln, z.B. Plastikbeuteln (Filterbeutel aus Polypropylen), mit einem Fassungsvermögen von 3 bis 8 L.
-
Anschließend an den ersten Inkubationsschritt wird die inkubierte Mischung in formgebende Behälter, welche die Form der Grundeinheit des Verbundwerkstoffs bestimmen, eingefüllt (Schritt e)). Die gefüllten Formen werden in einer zweiten Inkubationsphase inkubiert, sodass das Pilzmyzel weiterwächst.
-
Mit Abschluss der zweiten Inkubationsphase wird mindestens eine Grundeinheit des Verbundwerkstoffes mit mindestens einer Verbindungsgrenzfläche erhalten (Schritt f)).
-
Eine „Verbindungsgrenzfläche“ im Kontext der vorliegenden Erfindung bezeichnet die Oberfläche, an welcher eine weitere Grundeinheit des Verbundwerkstoffs angesetzt werden kann.
-
Im anschließenden Schritt g) werden mindestens zwei Grundeinheiten des Verbundwerkstoffes bereitgestellt und anschließend in Schritt h) zusammengefügt, sodass die Verbindungsgrenzflächen der Untereinheiten verbunden sind.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Zusammenfügen durch das Aneinanderlegen der mindestens zwei Grundeinheiten erreicht.
-
In einer weiteren Ausführungsform kann das Zusammenfügen durch Druckausübung an den beiden Grundeinheiten in Richtung der Verbindungsgrenzflächen geschehen.
-
In einer Ausführungsform des Verfahrens werden mindestens 3, bevorzugt mindestens 4 und besonders bevorzugt mindestens 10 Grundeinheiten des Verbundwerkstoffes bereitgestellt und an ihren Verbindungsgrenzflächen zusammengefügt, z.B. so, dass die Grundeinheiten in Reihe verbunden werden (mit entsprechender Anzahl an Verbindungsgrenzflächen).
-
Anschließend werden die zusammengefügten Grundeinheiten in einer dritten Inkubationsphase erneut inkubiert, sodass das Pilzmyzel derart wächst, dass die beiden Grundeinheiten des Verbundwerkstoffes verbunden werden.
-
Es konnte überraschenderweise festgestellt werden, dass ein erfindungsgemäßes Herstellungsverfahren dazu führt, dass das Pilzmyzel an der Verbindungsgrenzfläche des Verbundwerkstoffes vorwiegend Skeletthyphen ausbildet, welche durch ihre Morphologie zu einer erhöhten Festigkeit des Materials führen. Die Ausbildung solcher Skeletthyphen ist schematisch in 4 gezeigt. Diese erhöhte Festigkeit des Materials eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten, die über die im Stand der Technik beschriebenen Anwendungen als Dämmmaterial oder Lederersatz hinausgehen.
-
Im letzten Schritt i) des erfindungsgemäßen Verfahren wird der in Schritt h) erhaltene Verbundwerkstoff - vorzugsweise bis zur Massekonstanz - getrocknet, und es wird ein myzelbasierter Lignozellulose-Verbundwerkstoff mit einer Restfeuchte von 10 bis 15 %, maximal 15 %, vorzugsweise 10 bis 12 %, bezogen auf das Gesamtgewicht des Verbundwerkstoffes erhalten. Die Restfeuchte (wie vorzugsweise bei Bedarf auch der Feuchtegehalt des Substrats (s.o.)) wird vorzugsweise nach dem Prinzip der Dielektrizitätskonstanten beziehungsweise mit der Hochfrequenzmessung bestimmt.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform bezieht sich die vorliegende Erfindung auf ein Verfahren, wobei die Verbindungsgrenzfläche der mindestens zwei Grundeinheiten eine nicht planare Oberfläche besitzt und wobei die Verbindungsgrenzfläche im Vergleich zu einer planaren Oberfläche um einen Faktor zwischen 1,2 und 5, vorzugsweise zwischen 1,3 und 2,5, vergrößert ist.
-
Eine derart vergrößerte Oberfläche der Verbindungsflächen der Grundeinheiten geht mit einer Nicht-Planarität einher. Dies bedeutet, dass die Oberfläche der Verbindungsgrenzfläche Erhebungen besitzt, welche symmetrisch oder asymmetrisch angeordnet sein können.
-
Eine weitere bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens bezieht sich auf ein Verfahren wie hierin beschrieben, wobei die Verbindungsgrenzfläche der mindestens zwei Grundeinheiten einen wellenförmigen Längsschnitt aufweist.
-
Ein „wellenförmiger“ Längsschnitt bedeutet im Kontext der vorliegenden Erfindung, dass die Oberfläche der Verbindungsgrenzfläche der Grundeinheiten Erhebungen besitzt, welche spitze (zackig) oder runde Enden (abgerundet) aufweisen. Diese Erhebungen können unmittelbar aufeinander folgen oder mindestens einen kurzen planaren Abschnitt zwischen den einzelnen Erhebungen aufweisen.
-
Eine weitere bevorzugte Ausführungsform bezieht sich auf ein erfindungsgemäßes Verfahren, wobei das Substrat ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Birkenholz, Buchenholz, Kork, Gras, Stroh, Flachsfasern, Hanffasern, Eichenholz, Erlenholz, Weidenholz oder Mischungen davon, und vorzugsweise einen Feuchtegehalt von maximal Gew.-10 %, bezogen auf das Gesamtgewicht des Substrats, aufweist. Der Feuchtegehalt wird vorzugsweise bestimmt wie oben beschrieben.
-
Eine weitere Ausführungsform bezieht sich auf ein erfindungsgemäßes Verfahren, wobei die Pilzsporen aus Schritt b) von einem oder mehreren Pilzen ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus der Klasse der Basidiomyceten, Ganoderma lucidum, Ganoderma applanatum, Fomes fomentarius, Trametes hirsuta, Trametes versicolor, Funalia trogii, Flammulina velutipes, Pleurotur sp., Pycnoporus sp., Lentinus edodes, stammen.
-
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform stammen die Pilzsporen und/oder das Pilzmyzel von Ganoderma lucidum und das Substrat ist Buchenholz.
-
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung bezieht sich auf einen Verbundwerkstoff erhalten oder erhältlich nach dem hierin beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahren, vorzugsweise wie hierin als bevorzugt beschrieben.
-
Vorzugsweise umfasst oder besteht der erhaltene Verbundwerkstoff aus 50 bis 80 Gew.- % Lignozellulose und 20 bis 50 Gew.-% Myzel.
-
Weiterhin bevorzugt weist der Verbundwerkstoff erhältlich nach einem erfindungsgemäßen Verfahren anisotropes Verhalten auf.
-
Besonders bevorzugt weist der Verbundwerkstoff erhältlich nach einem erfindungsgemäßen Verfahren eine Druckfestigkeit von mindestens 1,5 N/mm2, bevorzugt mindestens 3 N/mm2 und besonders bevorzugt 6 N/mm2, und/oder die Scherfestigkeit mindestens 0,21 N/mm2, vorzugweise mindestens 0,22 N/mm2 und besonders bevorzugt 0,25 N/mm2 beträgt, auf.
-
In einer ganz bevorzugten Ausführungsform weist der Verbundwerkstoff erhältlich nach einem erfindungsgemäßen Verfahren eine Scherfestigkeit von mindestens 1 N/mm2, vorzugsweise mindestens 1,5 N/mm2 und besonders bevorzugt mindestens 2,5 N/mm2, auf.
-
Die Festigkeiten eines Werkstoffes werden vorzugsweise durch experimentelle Prüfverfahren gemäß oder in Anlehnung an Prüfnormen (z.B. DIN-EN 826:2013, DIN-EN12089:2013 oder DIN-EN 12090:2013) bestimmt.
-
Wiederum ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung bezieht sich auf einen Verbundwerkstoff bestehend aus oder umfassend
- a) 50 bis 80 Gew.-% Lignozellulose;
- b) 20 bis 50 Gew.-% Myzel.
-
Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundwerkstoffs bezieht sich auf einen Verbundwerkstoff, wobei der Verbundwerkstoff anisotropes Verhalten aufweist.
-
„Anisotropes Verhalten“ im Sinne des vorliegenden Textes beschreibt das Verhalten eines Werkstoffes, wenn seine physikalischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften richtungsabhängig sind. Das Werkstoffverhalten ist dann anisotrop, wenn sein Dehnverhalten und seine Festigkeit parallel oder quer zu einer bestimmten Richtung unterschiedlich sind.
-
Im Kontext der vorliegenden Erfindung bezieht sich das anisotrope Verhalten auf die Hauptrichtung in longitudinaler Ausdehnung entlang den an der Verbindungsgrenzfläche gebildeteren Skeletthyphen. Dies führt dazu, dass der erhaltene Werkstoff eine vorteilhafte Kraftaufnahme besitzt.
-
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundwerkstoffs beträgt die Druckfestigkeit des Verbundwerkstoffes mindestens 1,5 N/mm2, bevorzugt mindestens 3 N/mm2 und besonders bevorzugt 6 N/mm2, und/oder die Scherfestigkeit mindestens 0,21 N/mm2, vorzugweise mindestens 0,22 N/mm2 und besonders bevorzugt 0,25 N/mm2 beträgt, vorzugsweise bestimmt wie oben beschrieben.
-
In einer ganz bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäße Verbundwerkstoffes beträgt die Scherfestigkeit mindestens 1 N/mm2, vorzugsweise mindestens 1,5 N/mm2 und besonders bevorzugt mindestens 2,5 N/mm2.
-
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung bezieht sich auf die Verwendung eines Verbundwerkstoffs erhältlich durch ein erfindungsgemäßes Verfahren oder wie hierin als erfindungsgemäß beschrieben als tragfähiges oder nicht-tragfähiges Baumaterial, vorzugsweise als tragfähiges Baumaterial.
-
Die erhöhte Festigkeit sowie das anisotrope Verhalten des Verbundwerkstoffes erlauben Verwendungen dieses Materials in Applikationen, in welchen das Material Kraft aufnehmen und weiterleiten kann.
-
Im Folgenden wird die Erfindung durch illustrative, nicht limitierende Beispiele beschrieben.
-
Figurenliste
-
- 1 zeigt unterschiedliche Formen der Verbindungsgrenzflächen. Die Größe der Verbindungsgrenzfläche ist in Tabelle 1 gezeigt.
- 2 zeigt die Kraft-Wege-Kurve der untersuchten Proben mit unterschiedlichen Formen an Verbindungsgrenzflächen. Die korrespondierenden Scherfestigkeiten sind in Tabelle 2 gezeigt.
- 3 zeigt den aus dem Stand der Technik bekannten Wachstumsprozess nach 1 Woche (a), nach zwei Wochen (b) und nach 3 Wochen (c). Inokuliertes Substrat bestehend aus groben (2) und feinen (3) Holzspänen wird mit einem immer dichteren Netz aus Myzelfäden (4) bewachsen. Die gestrichelte Linie symbolisiert die Materialgrenzfläche (1).
- 4 zeigt den erfindungsgemäßen Wachstumsprozess nach einer Woche (a), nach zwei Wochen (b), nach drei Wochen (c) und nach vier Wochen (d). Inokuliertes Substrat bestehend aus groben (2) und feinen (3) Holzspänen wird mit Myzelfäden (4) bewachsen. Bei Zusammenfügen der Untereinheiten an der Verbindungsgrenzfläche (5) bildet sich ein dichtes Netz aus langen Myzelfäden (Skeletthyphen). Dieses verdichtet sich über die Zeit und führt zu der erhöhten Festigkeit des erfindungsgemäßen Werkstoffs. Die gestrichelte Linie symbolisiert die Materialgrenzfläche (1).
-
Beispiele
-
Vorkultur
-
Von einer maximal vier Wochen alten Kulturplatte (KGB Agar) mit Ganoderma lucidum wurden 1 cm2 große Stücke myzelbewachsener in 150 ml KGB-Medium steril übertragen und dann sieben Tage lang bei 24°C kultiviert. Anschließend wurde das sterilisierte Substrat 1:10 (v/w) der Vorkultur inokuliert.
-
Inokulation / Kultivierung in Beuteln
-
Für die Kultivierung in Beuteln wurden autoklavierbare Beutel mit integrierten Mikrofiltern (SacO2) verwendet. Zu Beginn wurde der Feuchtigkeitsgehalt von 9 % im Substrat durch Trocknung bei 105 °C für 24 h bestimmt, um den richtigen Feuchtigkeitsgrad während der Kultivierung von 65 bis 70 % einstellen zu können.
-
Buchenholzsubstrat wurde mit Kartoffel-Glucose-Bouillon (KGB Fa. Roth) vermischt und gleichmäßig gerührt. Die zu verwendende Menge an KGB wurde über die Restfeuchte des Substrat bestimmt. Das Substrat wurde vollständig homogenisiert, in die Beutel gefüllt und dann autoklaviert. Die Beutel wurden anschließend 1:10 (v/w) mit der Vorkultur inokuliert und fünf Tage lang bei 24 °C unter feuchten Bedingungen im Brutschrank inkubiert, bevor die erhaltene Mischung in die formgebenden Behälter eingefüllt wurde. Die Vorkultivierung im Beutel bietet generell den Vorteil, dass durch das Aufbrechen des Myzels die Oberfläche vergrößert wird und somit das apikale Wachstum der Hyphen angeregt wird, was zu einer höheren Robustheit führt.
-
Kultivierung in formgebenden Behältern
-
Es wurden fünf verschiedene formgebende Behälter entwickelt, welche eine unterschiedliche Form der Verbindungsgrenzfläche besitzen. Die genauen Formen und Größen der Verbindungsgrenzflächen können 1 und Tabelle 1 entnommen werden.
-
Tabelle 1: Beschreibung der Oberfläche und Geometrie der Verbindungsgrenzfläche der unterschiedlichen Proben (Das Volumen der Probe beträgt 134,4 cm
3).
Probe | Sch0 | Sch1 | Sch2 | Sch3 | Sch4 | Sch5 |
Form der Verbindungsgrenzfläche | - | planar | zackig klein | zackig groß | abgerundet groß | abgerundet klein |
Oberfläche der Verbindungsgrenzfläche [cm2] | 0 | 33,6 | 47,52 | 48,11 | 50,26 | 51,36 |
-
Die erhaltene inkubierte Mischung aus den Beuteln wurde getrennt bzw. geknetet um Klumpenbildung zu vermeiden und anschließend in die formgebenden Behälter gefüllt. Alle formgebenden Behälter wurden mit Ethanol sterilisiert, bevor sie mit der erhaltenen Mischung aus den Beuteln gefüllt wurden. Anschließend wurden die formgebenden Behälter mit einer Schicht Parafilm verschlossen.
-
Die Temperatur wurde in einem Inkubator auf 25 °C und die Luftfeuchtigkeit im Inkubator durch Hinzufügen von Behältern mit destilliertem Wasser, das während des Kultivierungsprozesses verdunstet, auf 85 - 95 % eingestellt. Der pH-Wert des Buchensubstrats wurde nach dem Autoklavieren geprüft und lag bei 4,7. Die Kultivierung erfolgte für 7 Tage.
-
Zusammenfügen der Grundeinheiten
-
Nach Erreichen des gewünschten Wachstumsvolumens in den formgebenden Behältern wurden die erhaltenen Grundeinheiten aus den formgebenden Behältern entfernt und anschließend mit Ihren Verbindungsgrenzflächen zusammengeführt. Die zusammengefügten Grundeinheiten wurden anschließend in einem weiteren Inkubationsschritt in einem Inkubator auf 25 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 85 - 95 % für 14 Tage inkubiert.
-
Trocknen
-
Nach Abschluss des Zusammenfügens der Grundeinheiten wurden die Vorstufen des myzelbasierten Lignozellulose-Verbundwerkstoffes bei konstanter Temperatur getrocknet, um den Wachstumsprozess zu stoppen. Die Trocknung wurde bei 80°C bis zur Massekonstanz durchgeführt. Ein konstantes Gewicht konnte nach 8 bis 10 Stunden Trocknungszeit erreicht werden. Als Produkt konnte ein myzelbasierter Lignozellulose-Verbundwerkstoff erhalten werden.
-
Festigkeitsmessung
-
Die erhaltenen Werkstoffe wurden anschließend auf ihre Scherfestigkeit untersucht. An den Proben Sch0 bis Sch5 wurden Scherversuche in Anlehnung an die DIN-EN 12090:2013 durchgeführt. Für jeden Versuch wurde die Kraft-Weg-Kurve aufgenommen aus denen die Scherfestigkeit errechnet wurde (vgl. 2). Es ist ganz klar erkennbar, dass die unterschiedlichen Ausführungen der Grenzflächen einen Einfluss auf das Materialverhalten sowohl in Bezug auf die Versagensart sowie auch auf die Steifigkeit und die Scherfestigkeiten aufweisen.
-
So zeigt die Probe Sch1 mit einer planaren Verbindungsgrenzfläche einen früh eintretenden Materialbruch, welcher in der Kraft-Wege-Kurve durch einen starken Abfall der Kurve dargestellt ist. Weiterhin zeigt der Vergleich der Scherfestigkeiten, dass diese durch diese grundsätzlich durch die Anordnung einer Grenzfläche sowie auch durch die Vergrößerung der Verbindungsgrenzfläche erhöht werden.
-
Die Festigkeiten des Materials ergaben die folgenden Werte (Tabelle 2): Tabelle 2: Ermittelte Scherfestigkeiten der getesteten Proben.
Probe | Sch0 | Sch1 | Sch2 | Sch3 | Sch4 | Sch5 |
Festigkeit [N/mm2] | 0,124 | 0,206 | 0,275 | 0,225 | 0,249 | 0,218 |
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- US 9914906 B2 [0007]
- EP 3709791 A1 [0008]
- US 10125347 B2 [0009]
- EP 2702137 B1 [0010]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- DIN-EN 826:2013 [0049]
- DIN-EN12089:2013 [0049]
- DIN-EN 12090:2013 [0049, 0068]