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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems, ein Verbrennungsmotorsystem sowie ein Kraftfahrzeug.
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Einer ordnungsgemäßen Abgasnachbehandlung nach einem Kaltstart des Verbrennungsmotors in einem Abgasnachbehandlungssystem stehen die zunächst geringe Abgastemperatur und Wärmeverluste aufgrund der hohen thermischen Masse des Abgasstrangs sowie, falls vorhanden, des Abgasturbinengehäuses entgegen. Weiterhin geht insbesondere bei nahezu stöchiometrischen Verbrennungsbedingungen und hohen Flammentemperaturen Wärme über die Wände des Verbrennungsraums, insbesondere über die Zylinderwandungen, verloren.
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Dadurch wird die sogenannte Light-Off-Temperatur, also die Anspringtemperatur, der im Abgasnachbehandlungssystem vorhandenen Katalysatoren zu spät erreicht, um die Emission von Luftschadstoffen in die Umgebung ausreichend verhindern zu können. Zudem kann es vorkommen, dass die Temperatur während bestimmter Betriebsbedingungen, z. B. im Schubbetrieb ohne Last, unter die sogenannte Light-Out-Temperatur, bei der der Konvertierungsgrad der betrachteten Schadstoffe unter einen vorgebbaren Konvertierungsgrad abfällt, absinkt und es daher zu einem signifikanten Anstieg der Emission der betrachteten Schadstoffe in die Umgebung (Tailpipe-Emission) kommen kann.
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Ein wesentliches Ziel in der Entwicklung moderner Verbrennungsmotoren ist es daher, bei einem Kaltstart des Verbrennungsmotors einerseits höchstmögliche Temperaturen und andererseits minimale Schadstoffemissionen bereits stromaufwärts des Abgasnachbehandlungssystems zu erreichen.
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Beispielsweise wird in der US 2012/ 0 017 587A1 ein Steuerungssystem für einen mager betreibbaren Verbrennungsmotor offenbart, wobei im Abgasstrang des Verbrennungsmotors eine Abgasturbine und stromabwärts der Abgasturbine ein Abgaskatalysator angeordnet sind. Zur Umgehung der Abgasturbine ist ein Abgasturbinenbypass vorgesehen, in dem ein Speichermedium zur Speicherung von Abgasbestandteilen, beispielsweise von Stickoxiden oder Kohlenwasserstoffen, vorgesehen ist. Je nach Bedarf kann gewählt werden, ob das Abgas die Abgasturbine oder den Abgasturbinenbypass durchströmt. Soll die Temperatur des Abgaskatalysators erhöht werden, so ist vorgesehen, dass das Abgas den Abgasturbinenbypass durchströmt. Durch die Umgehung der Abgasturbine können nach dem Kaltstart des Verbrennungsmotors Wärmeverluste aufgrund der thermischen Masse der Abgasturbine vermieden werden, jedoch ist die Abgastemperatur in vielen Fällen weiterhin zu niedrig, um nach dem Kaltstart ein schnelles Erreichen der Light-Off-Temperatur zu ermöglichen.
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Die WO 2020/ 161 215 A1 beschreibt ein Abgasnachbehandlungssystem für einen Verbrennungsmotor, das über zwei in Reihe angeordnete Katalysatoren verfügt. Zwischen den beiden Katalysatoren sind eine Einleitstelle für Sekundärluft, ein Abgasbrenner und ein Kraftstoffinjektor angeordnet, so dass nach dem Kaltstart durch Betreiben des Abgasbrenners mit in einem vorzugsweise stöchiometrischen Verbrennungsluftverhältnis λ die Abgastemperatur stromaufwärts des motorfern angeordneten Katalysators erhöht und somit dessen Light-Off-Temperatur schneller erreicht werden kann. Weiterhin kann stromaufwärts des motornahen Katalysators eine Abgasturbine im Abgasstrang angeordnet sein. Mit dem beschriebenen Abgasnachbehandlungssystem kann zwar die Light-Off-Temperatur des motorfernen Katalysators schneller erreicht werden, nicht jedoch die Light-Off-Temperatur des motornahen Katalysators. Erschwerend wirken sich durch die thermische Masse der Abgasturbine verursachte Wärmeverluste aus.
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Aus der
DE 10 2016 122 304 A1 ist ein Verfahren zum Aufheizen eines in einem Abgasstrang eines Verbrennungsmotors angeordneten elektrisch betreibbaren Katalysators bekannt, wobei der Katalysator bereits vor dem Motorstart aufgeheizt wird, so dass mit dem Motorstart eine effiziente Abgasnachbehandlung möglich ist. Dies erfordert zusätzliche Maßnahmen zur Realisierung der elektrischen Heizung, die ihrerseits mit einer Vielzahl von Nachteilen, wie z. B. der Notwendigkeit eines Speichers für elektrische Energie, verbunden sind.
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Die
DE 10 2018 009 400 A1 offenbart einen Verbrennungsmotor mit einem sich an den Verbrennungsmotor anschließenden Abgasstrang, wobei in dem Abgasstrang stromaufwärts einer Abgasnachbehandlungseinrichtung ein Brenner angeordnet ist, in dessen Brennkammer zum Erwärmen des Abgases, beispielsweise bei einem Kaltstart, unter Ausbildung einer offenen Flamme Kraftstoff verbrennbar ist. Zudem ist im Abgasstrang stromaufwärts des Brenners eine Abgasturbine angeordnet, die über einen Abgasturbinenbypass zur Umgehung der Abgasturbine verfügt. Mittels des Brenners kann zwar eine schnellere Erwärmung der Abgasnachbehandlungseinrichtung nach dem Kaltstart erreicht werden, in vielen Anwendungsfällen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch nicht ausreichend, d. h. die Light-Off-Temperatur wird für die erforderliche Abgasnachbehandlung immer noch zu spät erreicht.
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Weitere Verfahren und Anordnungen für das Erwärmen eines Katalysators unter Kaltstartbedingungen werden in der
US 8 272 362 B2 offenbart.
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Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Erfindung, die vorstehend beschriebenen Nachteile möglichst weitgehend zu vermeiden. Es sollen ein Betriebsverfahren für ein Verbrennungsmotorsystem, ein Verbrennungsmotorsystem sowie ein Kraftfahrzeug angegeben werden, mit denen die Emission von Schadstoffen, insbesondere Stickoxiden, in die Umgebung verringert werden kann.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche. Die abhängigen Ansprüche betreffen Ausgestaltungen dieser erfindungsgemäßen Lösungen.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems. Das Verfahren weist die folgenden Schritte auf: Betreiben eines Verbrennungsmotors mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins, wobei ein erstes Abgas erhalten wird, Mischen des erhaltenen ersten Abgases mit einem Kraftstoff, Verbrennen des Gemischs aus dem erstem Abgas und dem Kraftstoff in einem vorgemischten Verbrennungsmodus, wobei ein zweites Abgas erhalten wird, und Einleiten des erhaltenen zweiten Abgases in ein Abgasnachbehandlungssystem.
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Unter einem Verbrennungsmotor, teilweise auch als Brennkraftmaschine bezeichnet, ist eine Verbrennungskraftmaschine zur Umwandlung von im Kraftstoff enthaltener chemischer Energie in mechanische Arbeit zu verstehen. Während des dafür nötigen Verbrennungsvorgangs wird Abgas gebildet, das in einen sich an den Verbrennungsmotor anschließenden Abgasstrang eingeleitet wird. Die für den Verbrennungsvorgang benötigte Zuluft wird dem Verbrennungsmotor über einen Zuluftstrang von außen zugeführt.
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Optional kann dem Verbrennungsmotor eine Abgasrückführung zugeordnet sein, so dass der Zuluft ein Anteil an Abgas zugemischt werden kann. Der Verbrennungsmotor kann beispielsweise als selbstzündender oder fremdgezündeter Verbrennungsmotor ausgebildet sein. Als Kraftstoff kann beispielsweise Motorbenzin oder Diesel genutzt werden. Bevorzugt ist der Verbrennungsmotor als Dieselmotor ausgestaltet. Weiter optional kann der Verbrennungsmotor als Teil einer Hybridantriebsstranganordnung ausgebildet sein, d. h. neben dem Verbrennungsmotor kann beispielsweise ein Elektromotor zur Bereitstellung der Antriebskraft vorhanden sein.
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Der Abgasstrang wird durch eine Abgasleitung gebildet, die vom Abgas durchströmt wird und in der ein Abgasnachbehandlungssystem angeordnet ist. Das Abgasnachbehandlungssystem kann Abgasnachbehandlungseinrichtungen, z. B. Katalysatoren, sowie Sensoren umfassen, so dass die Katalysatoren ebenfalls vom Abgas zu dessen Nachbehandlung durchströmt werden können und die Eigenschaften des Abgases, z. B. dessen Zusammensetzung, Temperatur etc., mittels der Sensoren bestimmt werden können. Angegebene Strömungsrichtungen beziehen sich auf die Strömungsrichtung des Abgases vom Verbrennungsmotor in Richtung Auspuff.
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Ein Grundgedanke der Erfindung ist es, einen Verbrennungsmotor nach dem Kaltstart zunächst mit einem mageren Verbrennungsluftverhältnis λ > 1, d. h. mit Luftüberschuss, zu betreiben, wobei ein erstes, also vom Verbrennungsmotor erzeugtes, Abgas erhalten wird. Das Verbrennungsluftverhältnis kann dabei so mager sein, wie es die Stabilität des Verbrennungsvorgangs erlaubt, also solange, wie der Verbrennungsvorgang stabil durchgeführt werden kann. Hierdurch verringert sich die Temperatur im Verbrennungsraum und die Wärmeverluste werden aufgrund des geringeren Temperaturgradienten ebenfalls verringert.
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Damit einher geht eine erwünschte Verringerung der Bildung unerwünschter Stickoxide, da diese ebenfalls temperaturabhängig ist, wobei im Allgemeinen mit steigender Temperatur vermehrt Stickoxide gebildet werden. Folglich wird die Menge an nachzubehandelnden Schadstoffen, insbesondere Stickoxiden, durch die magere Betriebsweise des Verbrennungsmotors von Vornherein reduziert.
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Jedoch ist die mit der mageren Betriebsweise verbundene niedrige Abgastemperatur ohne Zusatzmaßnahmen zumeist zu niedrig, um möglichst schnell die Light-Off-Temperatur der Abgasnachbehandlungseinrichtungen im Abgasnachbehandlungssystem erreichen zu können und/oder ein Absinken der Temperatur unter die Light-Out-Temperatur verhindern zu können.
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Daher wird in einem nächsten Verfahrensschritt das erhaltene erste Abgas mit einem Kraftstoff, vorzugsweise mit dem für das Betreiben des Verbrennungsmotors genutzten Kraftstoff, gemischt. Dieses Gemisch wird anschließend in einem vorgemischten Verbrennungsmodus, englischsprachig auch als premixed combustion mode bezeichnet, verbrannt, wobei ein zweites Abgas erhalten wird. Aufgrund der bei dem Verbrennungsprozess freigesetzten Wärmeenergie weist das zweite Abgas eine höhere Temperatur als das erste Abgas auf.
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Nachfolgend wird das zweite Abgas in das Abgasnachbehandlungssystem eingeleitet. Aufgrund seiner höheren Temperatur im Vergleich zum ersten Abgas kann das Abgasnachbehandlungssystem schneller als mit dem ersten Abgas erwärmt werden, so dass die Abgasnachbehandlungseinrichtungen des Abgasnachbehandlungssystems schneller ihre Light-Off-Temperatur erreichen und daher zu einem früheren Zeitpunkt die im zweiten Abgas enthaltenen Schadstoffe nachbehandeln können. Hierdurch kann die Menge der in die Umgebung abgegebenen Schadstoffe gesenkt werden.
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Das Verbrennen des Gemischs aus erstem Abgas und dem Kraftstoff in dem vorgemischten Verbrennungsmodus kann mittels eines Brenners erfolgen, der stromabwärts des Verbrennungsmotors und stromaufwärts des Abgasnachbehandlungssystems angeordnet ist. Dieser Brenner ist folglich im premixed combustion mode bzw. einem vorgemischten Verbrennungsmodus betreibbar.
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Darüber hinaus wirkt sich der vorgemischte Verbrennungsmodus positiv auf den Anteil der im zweiten Abgas enthaltenen Schadstoffe, insbesondere den Anteil an Stickoxiden, aus. In einem solchen vorgemischten Verbrennungsmodus erfolgt eine Mischung des vom Verbrennungsmotor erzeugten Abgases, welches aufgrund der mageren Betriebsweise des Verbrennungsmotors ebenfalls mager ist, und Kraftstoff vor Erreichen der Flamme des Brenners, so dass ein im Wesentlichen homogenes Gemisch aus Abgas und Kraftstoff verbrannt wird. Mit anderen Worten erfolgt die Verbrennung nicht wie üblich mit einer Diffusionsflamme, deren Verbrennung aufgrund der getrennten Zuführung von Kraftstoff und Sauerstoff, z. B. als Bestandteil zugeführter Luft oder eines mageren Abgases, im Wesentlichen stöchiometrisch verläuft, sondern stattdessen mit einer nahezu homogenen Mischung aus Kraftstoff und Luft sowie ggf. im Abgas enthaltener brennbarer Bestandteile.
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Dadurch werden Zonen mit hohen lokalen Temperaturen und die damit verbundene vermehrte Bildung von Stickoxiden vermieden. Dies wirkt sich positiv auf den Anteil an Schadstoffen im Abgas stromaufwärts des Abgasnachbehandlungssystems, aus.
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Folglich werden durch das vorgeschlagene Verfahren im Wesentlichen drei miteinander in Verbindung stehende Vorteile erreicht:
- - Durch das magere Betreiben des Verbrennungsmotors kann die Menge an Schadstoffen, insbesondere Stickoxiden, im vom Verbrennungsmotor erzeugten ersten Abgas reduziert werden.
- - Durch das Aufheizen des ersten Abgases mittels Verbrennen des Gemischs aus dem erstem Abgas und dem Kraftstoff kann die Temperatur des Abgases stromaufwärts des Abgasnachbehandlungssystems (zweites Abgas) erhöht werden. Die Light-Off-Temperatur der Abgasnachbehandlungseinrichtungen kann frühzeitiger erreicht werden, sodass im Abgas enthaltene Schadstoffe verbessert katalytisch in unschädliche Reaktionsprodukte umgewandelt werden können. Das Unterschreiten der Light-Out-Temperatur kann vermieden werden. Die Emission von Schadstoffen in die Umgebung kann entsprechend verringert werden.
- - Durch das Verbrennen des Gemischs aus dem erstem Abgas und dem Kraftstoff in einem vorgemischten Verbrennungsmodus kann die Menge an Schadstoffen, insbesondere Stickoxiden, auch im zweiten Abgas minimiert oder optimiert werden.
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Gemäß verschiedenen Ausführungsvarianten können das erste Abgas und der Kraftstoff derart gemischt werden, dass das Verbrennungsluftverhältnis λ des Gemischs größer eins ist.
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Mit anderen Worten kann der Brenner mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins, also in einem mageren Betriebsmodus, betrieben werden. Dieser Betriebsmodus ermöglicht die Minimierung oder Optimierung der Bildung von Stickoxiden während des Verbrennungsvorgangs des Brenners bei. Die Emission von Schadstoffen in die Umgebung kann dadurch weiter verringert werden.
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Gemäß weiteren Ausführungsvarianten können das erste Abgas und der Kraftstoff derart gemischt werden, dass das Verbrennungsluftverhältnis λ des Gemischs gleich eins ist.
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Mit anderen Worten kann der Brenner mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ gleich eins, also in einem stöchiometrischen Betriebsmodus, betrieben werden. Dieser Betriebsmodus kann genutzt werden, um die Abgastemperatur weiter zu erhöhen, beispielsweise bei einem Kaltstart bei niedrigen Umgebungstemperaturen. Die Light-Off-Temperatur der Abgasnachbehandlungseinrichtungen kann folglich frühzeitiger als ohne diese Maßnahme erreicht werden. Auch ein Unterschreiten der Light-Out-Temperatur kann vermieden werden. Die Gesamtmenge an Schadstoffen im Abgas, insbesondere Stickoxiden, ist dabei dennoch geringer als bei einer stöchiometrischen Betriebsweise des Verbrennungsmotors.
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Gemäß weiteren Ausführungsvarianten können die Verfahrensschritte des Mischens des erhaltenen ersten Abgases mit einem Kraftstoff und des Verbrennens des Gemischs aus dem erstem Abgas und dem Kraftstoff in einem vorgemischten Verbrennungsmodus nur so lange erfolgen, bis eine vorgebbare Temperatur des Abgasnachbehandlungssystems erreicht ist.
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Beispielsweise kann das vorgeschlagene Verfahren bis zum Erreichen der Light-Off-Temperatur einer, mehrerer oder aller Abgasnachbehandlungseinrichtungen durchgeführt und danach beendet werden. Entsprechend kann vorgesehen sein, dass das Verfahren nur solange durchgeführt wird, wie die Light-Out-Temperatur unterschritten wird. Dadurch kann vermieden werden, dass zusätzlicher Kraftstoff für die Bildung des Gemischs aus dem ersten Abgas und dem Kraftstoff benötigt wird, obwohl dies zur Erhöhung der Abgastemperatur nicht mehr erforderlich ist. Der Kraftstoffverbrauch kann folglich verringert werden.
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Bei der vorgebbaren Temperatur kann es sich also um die Light-Off-Temperatur oder Light-Out-Temperatur einer Abgasnachbehandlungseinrichtung handeln, beispielsweise der niedrigsten oder höchsten Light-Off-Temperatur bzw. Light-Out-Temperatur der vorhandenen Abgasnachbehandlungseinrichtungen. Das Erreichen der vorgebbaren Temperatur kann durch Messen der Temperatur der Abgasnachbehandlungseinrichtung oder indirekt durch Messen der Abgastemperatur des zweiten Abgases erfolgen.
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Gemäß weiteren Ausführungsvarianten kann das Verbrennen des Gemischs in einem Abgasturbinenbypass, ausgebildet zur Umgehung einer Abgasturbine, erfolgen.
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Im Abgasstrang des Verbrennungsmotors kann eine Abgasturbine angeordnet sein. Die Abgasturbine kann Teil eines Abgasturboladers sein, der die im Abgasstrang angeordnete Abgasturbine und einen im Zuluftstrang angeordneten Verdichter aufweist, wobei die Abgasturbine und der Verdichter über eine Turboladerwelle miteinander verbunden sind, so dass der Verdichter mittels der Abgasturbine angetrieben werden kann.
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Zur Umgehung der Abgasturbine kann ein Abgasturbinenbypass vorgesehen sein. Dem Abgasturbinenbypass kann Abgas stromaufwärts der Abgasturbine über eine in der Abgasleitung angeordnete erste Verzweigungsstelle zugeführt werden. Stromabwärts der Abgasturbine kann das Abgas an einer zweiten Verzweigungsstelle wieder in die Abgasleitung eingeleitet werden. Zur Steuerung oder Regelung des den Abgasturbinenbypass durchströmenden Abgases können entsprechende Ventile vorhanden sein.
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Eine Umgehung der Abgasturbine kann beispielsweise unter Kaltstartbedingungen erfolgen, um Wärmeverluste aufgrund der thermischen Masse der Abgasturbine zu vermeiden. Indem das Gemisch aus dem erstem Abgas und dem Kraftstoff im Abgasturbinenbypass verbrannt wird, können die sich positiv auf die Abgastemperatur stromaufwärts des Abgasnachbehandlungssystems vorherrschende Abgastemperatur miteinander kombiniert werden, d. h. Wärmeverluste über die Abgasturbine können vermieden werden und gleichzeitig kann die Abgastemperatur aktiv durch den Verbrennungsvorgang erhöht werden. Dies trägt zu einer weiteren Verringerung der Emission von Schadstoffen in die Umgebung bei.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Verbrennungsmotorsystem. Das Verbrennungsmotorsystem weist auf: einen mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins betreibbaren Verbrennungsmotor, einen sich an den Verbrennungsmotor anschließenden Abgasstrang, ausgebildet zur Aufnahme eines von dem Verbrennungsmotor gebildeten ersten Abgases, eine Kraftstoffzuführeinrichtung, ausgebildet zur Zuführung von Kraftstoff zum Abgasstrang, einen in dem Abgasstrang angeordneten und in einem vorgemischten Verbrennungsmodus betreibbaren Brenner und ein in dem Abgasstrang stromabwärts des Brenners angeordnetes Abgasnachbehandlungssystem.
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Das vorgeschlagene Verbrennungsmotorsystem kann zur Ausführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems ausgebildet sein. Die Erläuterung dieses Verfahrens dient entsprechend zur Beschreibung des vorgeschlagenen Verbrennungsmotorsystems. Mit dem Verbrennungsmotorsystem sind die Vorteile des Verfahrens zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems entsprechend verbunden.
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Die Zuführung des Kraftstoffs mittels der Kraftstoffzuführeinrichtung erfolgt derart, dass mit dem vom Verbrennungsmotor erzeugten ersten Abgas ein im Wesentlichen homogenes Gemisch entsteht, welches dem Brenner zugeführt wird. Mit anderen Worten ist der Brenner in einem vorgemischten Verbrennungsmodus betreibbar. Bevorzugt kann der Brenner stromaufwärts der in Strömungsrichtung des Abgases betrachtet ersten Abgasnachbehandlungseinrichtung angeordnet sein.
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Gemäß verschiedenen Ausführungsvarianten kann der Brenner mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins und/oder einem Verbrennungsluftverhältnis λ gleich eins betreibbar sein.
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Gemäß weiteren Ausführungsvarianten kann das Verbrennungsmotorsystem eine in dem Abgasstrang angeordnete Abgasturbine und einen Abgasturbinenbypass, ausgebildet zur Umgehung der Abgasturbine, aufweisen. Der Brenner ist dabei im Abgasturbinenbypass angeordnet.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug mit einem Verbrennungsmotorsystem gemäß vorstehender Beschreibung.
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Folglich kann auch mittels des Kraftfahrzeugs das vorgeschlagene Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems ausgeführt werden. Die Erläuterung dieses Verfahrens sowie des Verbrennungsmotorsystems dient folglich auch zur Beschreibung des vorgeschlagenen Kraftfahrzeugs. Mit dem Kraftfahrzeug sind die Vorteile des Verfahrens sowie des Verbrennungsmotorsystems entsprechend verbunden.
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Unter einem Kraftfahrzeug ist ein durch einen Motor antreibbares Fahrzeug, z. B. ein Land-, Luft- oder Wasserfahrzeug, zu verstehen, unabhängig davon, ob der Antrieb mit einem Elektromotor, Verbrennungsmotor oder mit Muskelkraft erfolgt. Das Kraftfahrzeug kann bevorzugt als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen ausgebildet sein Das Kraftfahrzeug kann als Hybridelektrofahrzeug, z. B. als Mildhybridelektrofahrzeug, ausgebildet sein.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein Ablaufschema eines beispielhaften Verfahrens zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems;
- 2 eine schematische Darstellung eines beispielhaften Verbrennungsmotorsystems; und
- 3 eine schematische Darstellung eines beispielhaften Kraftfahrzeugs.
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1 zeigt ein Ablaufschema eines beispielhaften Verfahrens 100 zum Betreiben eines Verbrennungsmotorsystems 200. Das Verfahren 100 kann beispielsweise mittels des in 2 schematisch dargestellten Verbrennungsmotorsystems 200 durchgeführt werden. Das Verbrennungsmotorsystem 200 weist einen Verbrennungsmotor 1 auf, der im Ausführungsbeispiel als Dieselmotor ausgebildet. Die Erfindung ist jedoch nicht auf Dieselmotoren beschränkt.
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Vorzugsweise kommt das Verfahren 100 nach dem Kaltstart des Verbrennungsmotors 1 zum Einsatz, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem dem Verbrennungsmotor 1 zugeordnete Abgasnachbehandlungseinrichtungen noch nicht ihre Light-Off-Temperatur TLO erreicht haben. Nach dem Start des Verfahrens 100 wird daher im Verfahrensschritt S0 zunächst geprüft, ob die Light-Off-Temperatur TLO bereits erreicht ist, d. h. ob die aktuelle Temperatur T größer als die Light-Off-Temperatur TLO ist. Ist dies der Fall, wird das Verfahren 100 beendet. Das Verbrennungsmotorsystem 200 kann dann gemäß einem üblichen Betriebsverfahren betrieben werden.
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Ist die Light-Off-Temperatur TLO hingegen noch nicht erreicht, so wird das Verfahren 100 mit dem Verfahrensschritt S1 fortgesetzt. Im Verfahrensschritt S1 wird der Verbrennungsmotor 1 mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins betrieben. Bei diesem Verbrennungsprozess wird ein erstes Abgas 2 erhalten, welches in einen Abgasstrang 8 des Verbrennungsmotors 1 eingeleitet wird. Durch diese Prozessführung wird lediglich eine geringe Menge an Stickoxiden gebildet.
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Im Verfahrensschritt S2 wird das erhaltene erste Abgas 2 mit Kraftstoff 3 vermischt. Im Ausführungsbeispiel wird als Kraftstoff 3 Dieselkraftstoff genutzt, da auch der Verbrennungsmotor 1 mit Dieselkraftstoff betrieben wird. Die Notwendigkeit eines separaten Kraftstofftanks zur Aufbewahrung eines weiteren Kraftstoffs entfällt daher. Das Vermischen erfolgt derart, dass das Verbrennungsluftverhältnis λ des Gemischs größer eins ist, es wird also ein mageres Gemisch hergestellt. Sollte die Light-Off-Temperatur TLO deutlich über der aktuellen Temperatur T liegen, besteht auch die Möglichkeit ein Gemisch mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ gleich eins herzustellen, da bei der anschließenden Verbrennung eines solchen Gemischs mehr Wärmeenergie im Vergleich zu einem mageren Gemisch freigesetzt werden kann. Mit steigender aktueller Temperatur T kann dann auf ein Verbrennungsluftverhältnis λ des Gemischs größer eins umgestellt werden.
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Im Verfahrensschritt S3 wird das Gemisch aus dem ersten Abgas 2 und dem Kraftstoff 3 in einem vorgemischten Verbrennungsmodus verbrannt. Hierbei wird ein zweites Abgas 4 erhalten. Hierdurch kann die Abgastemperatur erhöht werden, wobei gleichzeitig die Stickoxidbildung reduziert ist.
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Im Verfahrensschritt S4 wird das erhaltene zweite Abgas 4 in ein Abgasnachbehandlungssystem 5 eingeleitet. Mittels der im zweiten Abgas 4 enthaltenen Wärmeenergie wird das Abgasnachbehandlungssystem 5 erwärmt, so dass die Light-Off-Temperatur TLO zügig erreicht wird und im Abgas enthaltene Schadstoffe möglichst vollumfänglich nachbehandelt werden können. Die Emission von Schadstoffen in die Umgebung wird verringert.
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Im Verfahrensschritt S5 wird erneut geprüft, ob die Light-Off-Temperatur TLO bereits erreicht ist, d. h. ob die aktuelle Temperatur T größer als die Light-Off-Temperatur TLO ist. Ist dies der Fall, wird das Verfahren 100 beendet. Das Verbrennungsmotorsystem 200 kann dann gemäß einem üblichen Betriebsverfahren betrieben werden. Ist die Light-Off-Temperatur TLO hingegen noch nicht erreicht, so wird das Verfahren 100 mit dem Verfahrensschritt S1 fortgesetzt. Die Prüfung, ob die aktuelle Temperatur T größer als die Light-Off-Temperatur TLO ist, kann beispielsweise fortlaufend oder in vorgebbaren zeitlichen Abständen erfolgen.
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2 zeigt ein beispielhaftes Verbrennungsmotorsystem 200 in einer schematischen Darstellung. Mittels dieses Verbrennungsmotorsystems 200 kann beispielsweise das vorstehend unter Bezugnahme auf 1 erläuterte Verfahren 100 durchgeführt werden.
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Das Verbrennungsmotorsystem 200 weist einen Verbrennungsmotor 1 auf, der mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins betreibbar ist. Im Ausführungsbeispiel ist der Verbrennungsmotor 1 als Dieselmotor ausgebildet ist und weist vier Zylinder 13 auf. Die Erfindung ist jedoch weder auf Dieselmotoren noch auf Verbrennungsmotoren mit vier Zylindern 13 beschränkt, d. h. es können beispielsweise auch sechs oder acht Zylinder 13 vorhanden sein.
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Der Verbrennungsmotor 1 wird über einen Zuluftstrang 11 mit Zuluft 12 versorgt. Das vom Verbrennungsmotor 1 gebildete erste Abgas 2 wird in einen Abgasstrang 8 eingeleitet und abgeführt. Im Abgasstrang 8 ist eine Abgasturbine 7 angeordnet, die über eine Turboladerwelle 15 mit einem im Zuluftstrang angeordneten Verdichter 14 verbunden ist. Die Abgasturbine 7, die Turboladerwelle 15 und der Verdichter 14 bilden zusammen einen Abgasturbolader, mittels dessen Energie aus dem Abgas entnommen und zur Verdichtung der Zuluft 12 genutzt werden kann.
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Da es bei der Verdichtung der Zuluft 12 zur Erwärmung der Zuluft 12 kommt, ist im Zuluftstrang 11 stromabwärts des Verdichters 14 ein Ladelüftkühler 16 zur Kühlung der Zuluft 12 angeordnet. Zur Umgehung des Ladeluftkühlers 16 ist ein Ladeluftkühlerbypass 17. Die Durchströmung des Ladeluftkühlers 16 bzw. des Ladeluftkühlerbypasses 17 wird mittels eines Ladeluftkühlerbypassventils 18 gesteuert oder geregelt.
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Um die Abgasturbine 7 insbesondere nach einem Kaltstart des Verbrennungsmotors 1, also solange die aktuelle Temperatur T noch nicht größer als die Light-Off-Temperatur TLO ist, ist zur Umgehung der Abgasturbine 7 ein Abgasturbinenbypass 6 vorgesehen. Der Abgasturbinenbypass 6 führt von einer ersten Verzweigungsstelle 21 stromaufwärts der Abgasturbine 7 zu einer zweiten Verzweigungsstelle 22 stromabwärts der Abgasturbine 7. Zur Festlegung, ob die Abgasturbine 7 vom Abgas durchströmt wird oder nicht, ist ein Abgasturbinenventil 19 vorhanden. Zur Steuerung oder Regelung des Anteils an Abgas, welcher den Abgasturbinenbypass 6 durchströmt, ist eine Abgasturbinenbypassdrossel 20 im Abgasturbinenbypass 6 angeordnet. Mittels des Abgasturbinenbypasses 6 können Wärmeverluste aufgrund der thermischen Masse der Abgasturbine 7 vermieden werden, indem das Abgas statt der Abgasturbine 7 den Abgasturbinenbypass 6 durchströmt.
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Darüber hinaus ist im Abgasturbinenbypass 6 ein Brenner 10 angeordnet, der in einem vorgemischten Verbrennungsmodus und mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ größer eins, optional zusätzlich mit einem Verbrennungsluftverhältnis λ gleich eins, betreibbar ist. Der Brenner 10 kann insbesondere nach einem Kaltstart des Verbrennungsmotors 1 aktiviert werden, um die Abgastemperatur zu erhöhen. Der Brenner 10 verbrennt ein Gemisch aus dem ersten Abgas 2 und zusätzlich zugeführtem Kraftstoff 3, wobei ein zweites Abgas 4 gebildet wird, welches in den Abgasstrang 8 eingeleitet wird. Zur Zuführung des Kraftstoffs 3 in den Abgasstrang 8 ist eine Kraftstoffzuführeinrichtung 9 vorgesehen, welche stromaufwärts des Brenners 10 angeordnet ist, um die Ausbildung eines homogenen Gemischs aus dem ersten Abgas 4 und dem Kraftstoff 3 vor Erreichen der Flamme des Brenners 10 zu ermöglichen. Hierdurch kann die Bildung von Stickoxiden reduziert werden.
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Stromabwärts der zweiten Verzweigungsstelle und somit auch stromabwärts des Brenners 10 ist ein Abgasnachbehandlungssystem 5 im Abgasstrang 8 angeordnet, welches im Abgas enthaltene Schadstoffe abtrennt, speichert und/oder in unschädliche Reaktionsprodukte umwandelt. Das Abgasnachbehandlungssystem 5 kann eine oder mehrere Abgasnachbehandlungseinrichtungen, beispielsweise einen Partikelfilter, einen Oxidationskatalysator, eine Magerstickoxidfalle (LNT-Katalysator) und/oder einen Katalysator zur selektiven katalytischen Reduktion (SCR-Katalysator), aufweisen.
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Je nach Betriebsweise des Verbrennungsmotorsystems 200 wird in das Abgasnachbehandlungssystem 5 das erste Abgas 2 nach Passieren der Abgasturbine 7, das zweite Abgas 4 oder eine Mischung aus dem ersten Abgas 1 und dem zweiten Abgas 4 eingeleitet.
In 3 ist ein Kraftfahrzeug 300 schematisch dargestellt, welches im Ausführungsbeispiel als Personenkraftwagen ausgebildet ist. Das Kraftfahrzeug 300 verfügt über ein Verbrennungsmotorsystem 200, welches, wie vorstehend unter Bezugnahme auf 2 erläutert, ausgebildet ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Verbrennungsmotor
- 2
- erstes Abgas
- 3
- Kraftstoff
- 4
- zweites Abgas
- 5
- Abgasnachbehandlungssystem
- 6
- Abgasturbinenbypass
- 7
- Abgasturbine
- 8
- Abgasstrang
- 9
- Kraftstoffzuführeinrichtung
- 10
- Brenner
- 11
- Zuluftstrang
- 12
- Zuluft
- 13
- Zylinder
- 14
- Verdichter
- 15
- Turboladerwelle
- 16
- Ladeluftkühler
- 17
- Ladeluftkühlerbypass
- 18
- Ladeluftkühlerbypassventil
- 19
- Abgasturbinenventil
- 20
- Abgasturbinenbypassdrossel
- 21
- erste Verzweigungsstelle
- 22
- zweite Verzweigungsstelle
- 100
- Verfahren
- 200
- Verbrennungsmotorsystem
- 300
- Kraftfahrzeug
- S0 bis S5
- Verfahrensschritte
- T
- aktuelle Temperatur
- TLO
- Light-Off-Temperatur
- λ
- Verbrennungsluftverhältnis
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016122304 A1 [0007]
- DE 102018009400 A1 [0008]
- US 8272362 B2 [0009]