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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines anpassbaren (personalisierbaren) Rollstuhlrahmens. Die vorliegende Erfindung bezieht sich außerdem auf einen Rollstuhl, der nach einem solchen Verfahren hergestellt ist.
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Das Wesen schwerer Behinderungen sowie die körperliche Verfassung beeinträchtigter Personen erfordern idealerweise eine individuelle Anpassung von Rollstühlen an ihren jeweiligen Benutzer. Dies verlangt wiederum ein breites Spektrum an Beschlägen, Fahrgestellen und Rahmen. Zwar haben sich die Ausgestaltungen von Rollstühlen im Laufe der Jahre durch technologische Verbesserungen weiterentwickelt und es wurden neue Modelle mit einem eigenen Spektrum an Beschlägen, Fahrgestellen und Rahmen entwickelt, doch Rollstühle werden weiterhin mehr oder weniger nach demselben Verfahren hergestellt. Dabei gibt es nach wie vor nur eine begrenzte Anzahl an dimensionalen Optionen in Bezug auf die Größe des Rahmens und anderer Teile des Rollstuhls. Gegenwärtig existieren keine wirtschaftlich tragfähigen Verfahren zur Herstellung individueller Rollstuhlrahmen nach Maß. Bestehende Rollstühle werden bestenfalls nach einem Baukastensystem hergestellt, bei dem mehrere unterschiedlich große Rahmen geformt werden, die dann so eingesetzt werden, dass sie den Maßen des Kunden so nahe wie möglich kommen. Dieses Verfahren schränkt die Passform und die Ergonomie des Rahmens ein und verringert den Grad der individuellen Anpassung, den ein Kunde von einem Aktivrollstuhl erwartet. Dies gilt insbesondere für Rollstühle aus Kohlefaser.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht daher darin, das Verfahren zur Herstellung individueller Rollstuhlrahmen nach Maß weiterzuentwickeln, um die Nachteile des Stands der Technik zu überwinden und insbesondere einen vollständig anpassbaren Rollstuhl bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung eines Rollstuhlrahmens gelöst, das die Herstellung von Teilen oder Segmenten des Rollstuhlrahmens aus einem Opfermaterial umfasst, wobei diese Teile oder Segmente als Formkern zur Herstellung des finalen Rollstuhlrahmens verwendet werden.
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Es wurde ein neues Verfahren entwickelt, das die Art der Herstellung leichter Rollstuhlrahmen verändert. Dies beinhaltet beispielsweise den 3D-Druck des Rollstuhlrahmens aus einem speziellen Material, das den Opferformkern bildet. Dieser Formkern kann dann von Hand oder automatisch mit einem aushärtbaren leichten Material, wie etwa Kohlefaser, bis zu einer geeigneten Stärke umwickelt und bei einer bestimmten Temperatur, einem bestimmten Druck und über eine bestimmte Zeit ausgehärtet werden, so dass die strukturelle Integrität des Opferformkerns nicht beeinträchtigt wird. Der mit dem aushärtbaren leichten Material umwickelte Rahmen weist einen zweistufigen Aushärtungsprozess auf, wobei bei der ersten Aushärtung der strukturelle Kohlenstoff auf bis zu beispielsweise 90 % der Materialstärke aufgetragen wird. Dieser wird dann (von Hand) nachgearbeitet, um eine glatte und ebene Oberfläche zu schaffen. Bei der zweiten Aushärtung handelt es sich um die abschließende ästhetische Schicht aus aushärtbarem leichtem Material. An diesem Punkt kann der Formkern entfernt werden, beispielsweise durch Auflösen des Rahmens in Lauge. Zurück bleibt eine leichte, hohle Rahmenstruktur.
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich insbesondere auf ein Verfahren zur Herstellung eines Rollstuhlrahmens, das umfasst:
- a) Herstellen von Teilen oder Segmenten des Rollstuhlrahmens aus einem Opfermaterial;
- b) Aufbringen eines aushärtbaren leichten Materials auf die in Schritt a) erhaltenen Teile oder Segmente;
- c) Aushärten der in Schritt b) erhaltenen Teile oder Segmente;
- d) Entfernen des Opfermaterials, um hohle Rahmenteile oder hohle Rahmensegmente des Rollstuhls aus dem aushärtbaren leichten Material zu erhalten;
- e) Aufbringen einer zweiten ästhetischen Schicht aus leichtem Material und
- f) Aushärten der in Schritt e) erhaltenen Teile oder Segmente.
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Weitere bevorzugte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen 2 bis 9 beschrieben.
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Erfindungsgemäß werden in Schritt a) die Ausgangsteile oder -segmente des Rollstuhlrahmens aus einem Opfermaterial hergestellt. Diese aus dem Opfermaterial hergestellten Teile oder Segmente werden als Formkern, Träger, Dorn oder Grundkörper zur Herstellung der finalen Teile oder Segmente für die Montage des Rollstuhls verwendet.
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Ein erfindungsgemäßes Opfermaterial ist ein Material, das in Schritt d) des erfindungsgemäßen Verfahrens einfach und vollständig entfernt werden kann. Während des Verfahrens wird ein aushärtbares leichtes Material auf das Opfermaterial aufgebracht, so dass ein finales hohles Rahmenteil oder -segment, das aus dem aushärtbaren leichten Material besteht, erhalten werden kann, nachdem das Opfermaterial entfernt wurde. Das Opfermaterial ist ein Material, das beispielsweise durch Auflösen, Entwickeln, Ätzen, Erhitzen und/oder Kühlen entfernbar ist, aber nicht auf eine dieser Techniken beschränkt ist.
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Das Material kann beispielsweise geopfert werden, indem es mit einem vorgeschwächten Bereich bereitgestellt wird, der zum Opfern des Materials unter Stress gesetzt werden kann, oder indem es mit einer Perforation bereitgestellt wird, entlang derer das Material auseinandergerissen werden kann. Eine weitere Technik zum Entfernen des Formkerns, wenn der Formkern aus einem Material hergestellt ist, das durch Kontakt mit einer entsprechend ausgewählten Flüssigkeit geschwächt werden kann, besteht darin, den Formkern zu befeuchten, um ihn mit der Flüssigkeit zu schwächen, und dann den geschwächten Formkern zu entfernen. Eine Möglichkeit, den Formkern zu befeuchten, besteht darin, das gesamte Teil oder Segment in einen Flüssigkeitsbehälter zu tauchen.
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Bei einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist das Opfermaterial eine auflösbare oder entwickelbare oder ätzbare Komponente. Im Allgemeinen sollte ein Opfermaterial verwendet werden, das keine Wechselwirkung mit dem aufzubringenden aushärtbaren leichten Material eingeht, sich aber bei Kontakt mit einem Lösungsmittelmaterial auflöst, das seinerseits ebenfalls keine Wechselwirkung mit dem aushärtbaren leichten Material (Verbundwerkstoff) eingeht. Das Opfermaterial kann beispielsweise nass- oder trockenchemisch geätzt oder einem CMP-Verfahren unterzogen und dann nass- oder trockenchemisch entfernt werden. Im Allgemeinen kann es sich bei der Flüssigkeit zum Auflösen des Opfermaterials um Wasser, eine alkalische (ätzende) oder saure Lösung, eine alkoholische Lösung oder dergleichen handeln. Bei einer Ausführungsform ist das Fluid eine alkalische Lösung, d. h. eine Lösung mit einem pH-Wert > 7.
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Bei Ausführungsformen kann das organische Opfermaterial ein Polymer sein. Das Opfermaterial kann beispielsweise aus einem beliebigen Polymer hergestellt sein, das in Wasser oder einem anderen geeigneten Lösungsmittel, das das aushärtbare leichte Material nicht beschädigt, lösbar ist. Es kann beispielsweise aus wasserlöslichem Polyvinylalkohol (PVA) oder aus Wachs hergestellt sein. Weitere Beispiele sind AcrylnitrilButadien-Styrol (ABS), das in Aceton lösbar ist, und Polylmilchsäure oder Polylactid (PLA). Das Opfermaterial ist nicht auf eines der oben genannten Materialien beschränkt.
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Die Teile bzw. Segmente des Rollstuhlrahmens können auf jede bekannte Weise hergestellt werden, je nach verwendetem Opfermaterial. Bei einigen Ausführungsformen der Erfindung kann das Opfermaterial mittels 3D-Druck hergestellt werden. 3D-Druck ist eine sich schnell entwickelnde Technologie, die dazu verwendbar ist, hochspezialisierte Strukturen präzise herzustellen. Die Abmessungen und die Genauigkeit, die sich erzielen lassen, hängen von der verwendeten Fertigungstechnologie ab. Komplexe Geometrien des finalen Rollstuhlrahmens (oder von Teilen oder Segmenten davon) können auf leicht kontrollierbare Art und Weise hergestellt werden. Im Prinzip ist jedes druckbare und auflösbare Material verwendbar. Die Wahl des Materials hängt sowohl vom Anwendungsbereich der finalen Komponente als auch vom verwendeten Herstellungsverfahren ab.
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Bei einer Ausführungsform werden die Teile bzw. Segmente des Rollstuhls durch 3D-Druck hergestellt. Verwendbar sind beispielsweise Schmelzschichtverfahren wie Fused Deposition Modelling (FDM) oder Fused Filament Fabrication (FFF), die zur Gruppe der extrusionsbasierten additiven Fertigungsverfahren, Extrusion Based Additive Manufacturing (EBAM), gehören. Bei diesem Fertigungsverfahren wird ein Polymer geschmolzen und durch eine kleine Düse extrudiert. Die resultierende Struktur wird dabei durch das Verschmelzen von Kügelchen aus thermoplastischem Material gebildet, um schließlich eine geschichtete Struktur zu bilden. FDM ist als eines der stärksten polymerbasierten additiven Fertigungsverfahren bekannt. Bei den in diesen Verfahren verwendeten Materialien kann es sich um jedes der oben genannten Materialien handeln, beispielsweise um Thermoplaste wie Standardkunststoffe, leistungsstärkere Materialien wie Nylon, Polyetherimid (PEI) und Polyetheretherketon (PEEK). Anders ausgedrückt, sollte bei Ausführungsformen, in denen 3D-Druck verwendet wird, das gewählte Material mit dem verwendeten Drucker druckbar sein.
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Zur Herstellung komplexer Formkerne für den erfindungsgemäßen Zweck können beispielsweise Materialien wie SR-20, SR-30, SR-100, ST-130, ULTEM 9085 und DMX 100 (SLA) von Stratasys verwendet werden, ohne darauf beschränkt zu sein. SR-30 ist ein Opferformkern und DMX 100 ist ein Extraktionsformkern mit einzigartigen Eigenschaften. Bei einer Ausführungsform wird SR-30 verwendet.
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Die mit dem Opfermaterial gedruckten Teile bzw. Segmente des Rollstuhls können eine Außenwand von geeigneter Dicke aufweisen, um die notwendige Festigkeit zu gewährleisten und die Grundform für die Schichten des aushärtbaren leichten Materials bereitzustellen. Der innere Teil des gedruckten Opfermaterials kann eine netzartige Struktur aufweisen, um das Durchfließen einer Auflösungslösung in Schritt d) des erfindungsgemäßen Verfahrens zu gewährleisten. Innerhalb der Teile oder Segmente können weitere Kanäle ausgebildet sein, um den Durchfluss weiter zu verbessern. Beispielsweise ermöglicht ein rautenförmiger Kanal, dass die Lösung durch den gesamten Rahmen fließt. Die Rautenform bietet einen geeigneten strukturellen Halt. Die Lösung kann sich dann durch den dünnen Wandabschnitt des Kanals in die Füllung und schließlich in die Außenwandstärke fressen. Derartige Kanäle sind nicht auf eine Rautenstruktur beschränkt, sondern können auch eine runde, rechteckige, dreieckige o. ä. Struktur aufweisen, ohne darauf beschränkt zu sein.
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Nachdem die Teile bzw. Segmente des Rollstuhlrahmens in Schritt a) durch eines der vorstehend beschriebenen Verfahren aus dem Opfermaterial hergestellt wurden, können zunächst einige oder alle der Teile oder Segmente mit einem beliebigen, aus dem Stand der Technik bekannten Montageverfahren zusammengesetzt werden. Beispielsweise können die Teile bzw. Segmente mit Presspassungen oder durch Heißluft-Kunststoffschweißen zusammengefügt werden. Bei einer solchen Ausführungsform können zwei Hälften des Rollstuhlrahmens, die Achse und die Fußstütze erhalten und in den nachfolgenden Verfahrensschritten verwendet werden. Dies kann einen besseren Zugang für eine eventuell später im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte Auflösungslösung ermöglichen.
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Bei weiteren Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung können die Teile oder Segmente des Rollstuhlrahmens, die durch eines der oben genannten Verfahren hergestellt wurden, vor Schritt b) weiterverarbeitet werden. Beispielsweise können an den Teilen oder Segmenten des Rollstuhlrahmens Gewindeeinsätze vorgesehen werden, die als Befestigungspunkte für Komponenten dienen. Die Einsätze können ähnlicher Natur wie herkömmliche Spritzgussgewindeeinsätze sein, die in den 3D-gedruckten Formkern eingepresst oder eingeschraubt werden können. Sie können teilweise freiliegend gelassen werden, so dass Kohlefasern um und unter den Kopf des Einsatzes gewickelt werden können, um sie nach dem Aushärten im Kohlefaserrahmen zu sichern.
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Bei einer anderen Ausführungsform können in einigen entscheidenden Rahmenbereichen, die engere Toleranzen für die Anbringung von Komponenten vorsehen, (Bohr-)Haltevorrichtungen verwendet werden. Beispielsweise kann ein bearbeitetes Aluminiumstück an einem Fußstützen- und Rollentopfabschnitt des Druckwerkstücks angebracht werden, bevor der Rahmen umwickelt wird. Die aus Aluminium gefertigte Haltevorrichtung hat eine Toleranz bei ihren Außenabmessungen, das Aluminium behält seine strukturelle Integrität besser bei als das 3D-gedruckte Material. Dadurch kann die Innenseite des umwickelten und ausgehärteten Rahmens eine Toleranz-Innenabmessung aufweisen, die eine einfache Montage von Präzisionsbauteilen ermöglicht.
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Der Formkernrahmen kann auch mit Hilfe von Haltevorrichtungen in seiner Position arretiert werden, um die beiden Rahmenhälften exakt zusammenzuhalten und sicherzustellen, dass sich der Kunststoffformkern während des Aushärtungsprozesses nicht bewegt.
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Diese zusätzlichen Verarbeitungsschritte sind nicht auf die oben genannten Ausführungsformen beschränkt.
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In Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auf die Teile bzw. Segmente oder die zuvor miteinander verbundenen Teile des Rollstuhlrahmens ein aushärtbares leichtes Material aufgebracht. Das im erfindungsgemäßen Verfahren verwendbare aushärtbare leichte Material ist ein Material, das sich leicht aufbringen lässt und nach dem Aushärten in einem anschließenden Aushärtungsprozess die gewünschte und notwendige Steifheit, Zugfestigkeit, ein geringes Gewicht-/Festigkeitsverhältnis, hohe chemische Beständigkeit, hohe Temperaturtoleranz, geringe Wärmeausdehnung und/oder Stabilität aufweist. Beispielhafte Materialien, die in der vorliegenden Erfindung verwendbar sind, sind Verbundmaterialien, Kohlefaser, Aramidfaser wie Nomex, Teijinconex, Kevlar, Technora, Glasfaser und pflanzliche Alternativen zu Kohlefasern wie Leinsamenverbundwerkstoffe oder Mischungen davon, ohne darauf beschränkt zu sein. Bei einer Ausführungsform ist das Material ein Verbundmaterial. Bei einer bevorzugten Ausführungsform ist das Material Kohlefaser.
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Das aushärtbare leichte Material kann mit einem beliebigen, für das jeweilige Material geeigneten Verfahren aufgebracht werden. Das Material kann beispielsweise durch automatisierte oder vollautomatisierte Verfahren aufgebracht werden. Bei einer Ausführungsform wird das aushärtbare leichte Material manuell aufgebracht. Das aushärtbare leichte Material kann in einer Schicht oder in zwei oder mehr Schichten von gleicher oder unterschiedlicher Stärke aufgebracht werden. Die Schicht(en) des aushärtbaren leichten Materials können aus demselben Material bestehen oder es können Schichten aus unterschiedlichen Materialien aufgebracht werden.
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Bei einer Ausführungsform wird nicht das gesamte aushärtbare leichte Material aufgebracht, sondern es werden vor dem Aushärten der Teile bzw. Segmente des Rollstuhls nur bis zu etwa 80 %, bis zu etwa 85 %, bis zu etwa 90 %, bis zu etwa 95 % oder mehr der Menge des gewünschten Materials aufgebracht. Die ermöglicht die Herstellung des starren Rollstuhlrahmens, der dann in einem weiteren Verfahren fertiggestellt werden kann. Bei einer Ausführungsform wird leichtes Material bis zu etwa 90 % der Menge des gewünschten Materials aufgebracht. Bei einer weiteren Ausführungsform werden 100 % des leichten Materials auf das Opfermaterial aufgebracht. Die Menge des in diesem ersten Schritt aufgebrachten leichten Materials kann von der gewünschten Dicke abhängen, die erreicht werden soll, oder von anderen Eigenschaften, die durch die aufgebrachte Menge bestimmt werden können, wie etwa Steifheit, Zugfestigkeit, ein geringes Gewicht-/Festigkeitsverhältnis, hohe chemische Beständigkeit, hohe Temperaturtoleranz, geringe Wärmeausdehnung und/oder Stabilität.
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Die Stärke des aushärtbaren leichten Materials kann beispielsweise im Bereich von etwa 1 mm bis etwa 3 mm, wie etwa im Bereich von etwa 1,25 mm bis etwa 2,75 mm, von etwa 1,5 mm bis 2,5 mm oder von etwa 1,75 mm bis etwa 2 mm, liegen. Vorzugsweise beträgt die Stärke des aushärtbaren leichten Material etwa 1,75 mm bis etwa 2 mm. Diese Dicke kann durch das Aufbringen von drei strukturellen Schichten, beispielsweise aus Kohlefaser, mit einer Stärke von 0,6 mm pro Schicht und einer finalen ästhetischen Schicht mit einer Stärke von etwa 0,2 mm erreicht werden. Andere Materialschichtstärken sind ebenfalls durch die vorliegende Erfindung umfasst.
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Die Stärke kann leicht erhöht oder verringert werden, indem die Anzahl der Schichten des aushärtbaren leichten Materials oder die Stärke der einzelnen Materialschichten verändert wird. Im Allgemeinen gibt es keine definierte Grenze, sondern sie wird durch die stufenweise Erhöhung der Materialschichtstärke bestimmt.
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Nachdem in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens das aushärtbare leichte Material ganz oder teilweise auf den Opferformkern aufgebracht wurde, werden die Teile bzw. Segmente in einem Aushärtungsprozess (erste Aushärtungsstufe) ausgehärtet. Die Parameter des Aushärtungsprozesses sind in Abhängigkeit von den verwendeten Materialien zu wählen. Diese Parameter können im Allgemeinen für den Erfolg des Verfahrens wesentlich sein. Es können sowohl Aushärtungsmethoden bei Raumtemperatur als auch bei erhöhter Temperatur verwendet werden. Bei einer Ausführungsform erfolgt die Aushärtung in einem Autoklav unter bestimmten Autoklavdrücken. Eine zu hohe Aushärtungstemperatur kann beispielsweise dazu führen, dass der Formkern schmilzt und der ausgehärtete Rahmen aus der Form gedrückt wird. Ein zu hoher Druck kann sich nachteilig auf die Endoberfläche auswirken, da sich dadurch die Tiefe der Absackfalten erhöht. Der Fachmann kennt die geeigneten Temperatur- und Druckbereiche, die je nach verwendetem Opfermaterial und je nach verwendetem aushärtbaren leichten Material anzuwenden sind.
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Bei Verwendung von standardmäßig aushärtenden Kohlefasern können die Einstellungen beispielsweise bei etwa 20 psi und 90 °C liegen. Es können auch niedrigere Temperaturen verwendet werden, beispielsweise 85 °C, 80 °C oder noch niedriger. Bei niedrigen Temperaturen braucht möglicherweise kein Druck ausgeübt zu werden. Bei letzteren Bedingungen wird ein sanfteres Verfahren für die jeweiligen Materialien angewendet. Ähnliche Bedingungen können auch für andere Materialien angewendet werden. Dem Fachmann ist bekannt, dass die Bedingungen je nach verwendeten Materialien entsprechend angepasst werden können.
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Bei einer Ausführungsform kann ein zweistufiger Aushärtungsprozess angewendet werden. Zunächst kann eine erste Aushärtung bei einer niedrigeren Temperatur innerhalb eines empfohlenen Temperatur- und Druckkombinationsbereichs durchgeführt werden. Anschließend wird das Teil oder Segment in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelöst, um das Opfermaterial zu entfernen. In einem weiteren Schritt findet dann eine zweite, sogenannte Nachhärtung statt, um die gewünschten Materialeigenschaften und das gewünschte Aussehen zu erreichen. Durch diese zweistufige Herangehensweise kann sichergestellt werden, dass die hergestellten Teile oder Segmente während des Auflösungs- oder des ersten Aushärtungsprozesses nicht beschädigt werden, wie in der ersten Stufe, deren Oberfläche in Schritt d) des erfindungsgemäßen Verfahrens Chemikalien ausgesetzt wird.
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Optional können nach dem oben genannten Aushärtungsprozess eine oder mehrere weitere Schicht(en) aus zumindest einem aushärtbaren leichten Material auf die Teile oder Segmente des Rollstuhlrahmens aufgebracht werden. Dies kann dazu beitragen, die Steifheit, Zugfestigkeit, das geringe Gewicht-/Festigkeitsverhältnis, die hohe chemische Beständigkeit, die hohe Temperaturtoleranz, die geringe Wärmeausdehnung und/oder die Stabilität des Rollstuhlrahmens weiter zu verbessern. Die eine bzw. mehreren weitere(n) Schichten können aus demselben Material wie die in Schritt b) aufgebrachte(n) erste(n) Schicht(en) oder aus einem oder mehreren unterschiedlichen Materialien hergestellt sein. Bei einer Ausführungsform sind sowohl die in Schritt b) aufgebrachte erste Schicht als auch die nach Schritt c) aufgebrachte(n) eine oder mehreren weitere(n) Schicht(en) aus Kohlefaser hergestellt. Es folgt eine zweite Aushärtungsstufe, bei der die Temperatur und der Druck höher als bei der oben genannten ersten Aushärtungsstufe sind.
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Die eine bzw. mehreren weitere(n) Schicht(en) können je nach Bedarf eine beliebige Stärke aufweisen. Beispielsweise kann (können) die weitere(n) Schicht(en) eine Stärke wie oben beschrieben oder eine Stärke von etwa 0,5 mm, 0,4 mm, 0,3 mm oder 0,2 mm oder noch dünner aufweisen. Bei einer Ausführungsform weisen die eine bzw. mehreren weitere(n) Schicht(en) eine Stärke von etwa 0,2 mm auf. Die eine bzw. mehreren weitere(n) Schicht(en) können auch dazu dienen, unterschiedliche Farben des leichten Materials oder Webmuster aufzubringen. Die eine bzw. mehreren weitere(n) Schicht(en) können wie oben beschrieben ausgehärtet werden, oder es können nur Kohlefasern verwendet werden, die bei niedrigen Temperaturen im Ofen ausgehärtet werden, wodurch das Risiko einer Bewegung während des Aushärtens verringert wird (die vorherige Kohlenstoffschicht kann beim Erhitzen weich werden und sich möglicherweise unter Druck bewegen).
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Im nächsten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Opfermaterial entfernt, um den finalen (hohlen) Rollstuhlrahmen, (hohle) Rollstuhlrahmenteile oder (hohle) Rollstuhlrahmensegmente zu erhalten. Wie oben erläutert, können je nach verwendetem Opfermaterial verschiedene Möglichkeiten zur vollständigen Entfernung des Opfermaterials genutzt werden. Bei einer Ausführungsform wird der ausgehärtete Rahmen (oder Teile bzw. Segmente davon) in eine geeignete Lösung, wie etwa eine saure Lösung, eine Lauge, einem Alkohol, Wasser oder dergleichen, getaucht. Die Lauge kann aus allgemein bekannten basischen Substanzen wie LiOH, NaOH, KOH, Mg(OH)2, CaCO3 oder Mischungen davon hergestellt sein, ohne darauf beschränkt zu sein. Im Allgemeinen werden der Rollstuhlrahmen, Teile bzw. Segmente davon über einen ausreichenden Zeitraum in das jeweilige Lösungsmittel oder die jeweilige Lösung getaucht, d. h. so lange, bis sich das gesamte Opfermaterial aufgelöst hat oder entfernt werden kann. Falls erforderlich, können höhere Temperaturen verwendet werden, um eine vollständige Entfernung des Opfermaterials zu gewährleisten und/oder den Entfernungsprozess zu beschleunigen. Es können Temperaturen von 50 °C bis 100 °C verwendet werden, beispielsweise 70 °C.
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Die Teile bzw. Segmente des Rahmens oder der gesamte Rahmen können in einer speziellen Vorrichtung über bis zu 12 Stunden, bis zu 24 Stunden, bis zu 48 Stunden oder länger in die jeweilige Lösung getaucht werden. Je nach verwendeten Materialien können auch kürzere Zeiten angewendet werden. Die Konzentration der jeweiligen Lösung kann von den verwendeten Materialien abhängen. Bei einer basischen (ätzenden) Lösung kann die jeweilige Konzentration beispielsweise im Bereich von zwischen etwa 2 und 4 %, beispielsweise 3 %, liegen. Bei einer Ausführungsform beträgt die Konzentration 3 %.
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Vor dem Schritt des Entfernens des Opfermaterials können alle geraden und leicht zugänglichen Rahmensegmente entfernt werden (z. B. durch Bohren o. ä.). Außerdem können alle metallischen Haltevorrichtungen wie Fußstützen oder Rollentopfhalterungen manuell entfernt werden.
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Bei einer Ausführungsform handelt es sich bei dem Opfermaterial um SR-30, und die Entfernung von SR-30 erfolgt in einer mit NaOH verdünnten Wasserlösung. Die Konzentration kann wie oben definiert sein.
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Nach der Entfernung des Opfermaterials erhält der nun hohle Rollstuhl in Schritt e) des erfindungsgemäßen Verfahrens eine zweite Schicht aus leichtem Material. Die zweite Aufbringung des leichten Materials kann erfolgen, nachdem der vorhandene hohle Rahmen weiterbearbeitet wurde, seine Oberfläche beispielsweise glattgeschliffen wurde. Auf diese Weise kann eine dünne ästhetische Materialschicht ohne zusätzliches Schleifen aufgebracht werden, und es besteht nicht die Gefahr, dass die letzte dünne Materialschicht beschädigt wird. Dies bedeutet auch, dass die finale Schicht nicht mit der auflösenden Chemikalie in Berührung kommt und von dieser optisch nicht beeinträchtigt wird. Die zweite Schicht kann je nach Bedarf eine beliebige Stärke aufweisen. Beispielsweise kann (können) die weitere(n) Schicht(en) eine Stärke wie oben beschrieben oder eine Stärke von etwa 0,5 mm, 0,4 mm, 0,3 mm oder 0,2 mm oder noch dünner aufweisen. Die zweite Aushärtung kann mit den gleichen Parametern wie den oben beschriebenen oder, falls erforderlich, mit anderen Parametern durchgeführt werden, um den fertigen ausgehärteten Rahmen zu erhalten. Nach diesem Schritt kann der finale Rollstuhl zusammengebaut werden.
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So umfasst das erfindungsgemäße Verfahren bei einer Ausführungsform:
- a) Herstellen von Teilen oder Segmenten des Rollstuhlrahmens aus einem Opfermaterial;
- b) Zusammenfügen der Teile oder Segmente, um größere Teile des Rollstuhlrahmens auszubilden;
- c) Aufbringen eines Teils des aushärtbaren leichten Materials auf die in Schritt b) erhaltenen größeren Teile des Rollstuhlrahmens;
- d) Aushärten der in Schritt c) erhaltenen größeren Teile des Rollstuhlrahmens;
- e) Entfernen des Opfermaterials, um größere hohle Teile des Rollstuhlrahmens aus dem aushärtbaren leichten Material zu erhalten;
- f) Aufbringen einer oder mehrerer weiterer Schichten aus einem oder mehreren aushärtbaren leichten Materialien auf die erhaltenen größeren hohlen Teile des Rollstuhlrahmens;
- g) Aushärten der in Schritt f) erhaltenen größeren hohlen Teile des Rollstuhlrahmens.
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich außerdem auf den nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren hergestellten Rollstuhl.
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Das hier bereitgestellte Verfahren ermöglicht es, kritische strukturelle Bereiche des Rahmens lokal mit zusätzlichem aushärtbarem leichtem Material zu verstärken, um die Steifigkeit und Zuverlässigkeit zu verbessern. Es ermöglicht außerdem, die Materialstärke in unkritischen Bereichen zu reduzieren, wodurch der Rahmen leichter wird als mit herkömmlichen Formverfahren hergestellte Rahmen. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet dem Benutzer eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Abmessungsmöglichkeiten, einschließlich der wichtigsten Rahmenabmessungen, die nicht auf Modularität beschränkt sind und eine individuelle ergonomische Anpassung des Rahmens ermöglichen, während die Kosten auf einem niedrigen Niveau gehalten werden. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet eine große Gestaltungsfreiheit und die Möglichkeit, Designs und Abmessungen schnell zu iterieren.
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Die vorliegende Erfindung lässt sich anhand der folgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen, die unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben sind, besser verstehen. Es zeigen:
- 1a eine Querschnittsansicht eines aus einem Opfermaterial hergestellten Teils oder Segments;
- 1b eine weitere Ausführungsform einer Querschnittsansicht eines aus dem Opfermaterial hergestellten Teils oder Segments;
- 2a und 2b eine schematische Ansicht eines aus dem Opfermaterial hergestellten Teils oder Segments, dem Gewindeeinsätze hinzugefügt wurden;
- 3a und 3b eine Querschnittsansicht eines aus dem Opfermaterial hergestellten Teils oder Segments, wobei an der Lenkrolle und der Fußstütze Haltevorrichtungen angebracht wurden;
- 4 die aus dem Opfermaterial hergestellten vollständigen Teile oder Segmente des Rollstuhlrahmens;
- 5 einen zusammengebauten Teil des Rollstuhlrahmens mit einer Kohlefaserumhüllung;
- 6 den Teil des Rollstuhls aus 3 nach dem (ersten) Aushärtungsprozess und der Aufbringung der finalen (ästhetischen) Schicht aus Kohlefaser;
- 7 einen montierten Rollstuhlrahmen, der nach einem Verfahren der vorliegenden Erfindung hergestellt wurde; und
- 8 ein Bild des fertigen Rollstuhls.
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Die folgende Beschreibung ist lediglich beispielhafter Natur und soll die Erfindung, ihre Anwendung oder Verwendung in keiner Weise einschränken.
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1a und 1b sind Querschnittsansichten verschiedener Ausführungsformen eines aus Opfermaterial hergestellten Teils oder Segments. Die Gesamtstruktur ist porös (netzartig), sodass die Auflösungsflüssigkeit das Opfermaterial im Entfernungsschritt vollständig entfernen kann. In 1b ist ein rautenförmiger Kanal ausgebildet, der es ermöglicht, dass die Lösung durch den gesamten Rahmen fließt. Die Rautenform bietet einen geeigneten strukturellen Halt. Die Lösung kann sich dann durch den dünnen Wandabschnitt des Kanals in die Füllung und schließlich in die Außenwandstärke fressen.
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Bei einer beispielhaften Ausführungsform wird der Rahmenformkern des Rollstuhls nach den jeweiligen Kundenmaßen 3D-gedruckt. Bei dieser Ausführungsform wird der Rahmen in Teilen oder Segmenten (4) gedruckt. Es wird die Technik des Fused Deposition Modelling (FDM) angewandt, wobei es sich bei dem Material um das SR-30-Trägermaterial von Stratasys handelt. Hier beträgt die Wandstärke der hergestellten Teile bzw. Segmente (4) etwa 3 mm. 4 zeigt die gedruckten Teile und Segmente des Rollstuhlrahmens.
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Im nächsten Schritt werden die Teile oder Segmente (4) zusammengefügt, beispielsweise mit Presspassungen, um zwei Hälften des Rollstuhlrahmens, die Achse und die Fußstütze zu bilden. Dies ermöglicht einen noch besseren Zugang, beispielsweise für eine Auflösungslösung, zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren.
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2a und 2b zeigen eine alternative Ausführungsform, bei der zusätzliche Gewindeeinsätze in die Teile oder Segmente (4) eingearbeitet wurden. 2a zeigt, dass die Gewindeeinsätze teilweise freiliegend gelassen werden, so dass Kohlefasern um und unter den Kopf des Einsatzes gewickelt werden können, um sie nach dem Aushärten im Kohlenstoffrahmen zu sichern. 2b zeigt den Teil oder das Segment (4) mit Gewindeeinsätzen, nachdem ein Kohlefasermaterial umwickelt und ausgehärtet wurde.
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Alternativ dazu zeigen 3a und 3b, dass an der Lenkrolle und der Fußstütze eines gedruckten Teils oder Segments (4) des Rollstuhlrahmens (7) Aluminiumhaltevorrichtungen angebracht wurden. Die aus Aluminium gefertigte Haltevorrichtung hat eine Toleranz bei den Außenabmessungen, so dass das Aluminium seine strukturelle Integrität besser als das 3D-gedruckte Material behält. Dadurch kann die Innenseite des umwickelten und ausgehärteten Rahmens eine Toleranz-Innenabmessung aufweisen, die eine einfache Montage von Präzisionsbauteilen ermöglicht.
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Der oben beschriebene zusammengesetzte Rahmen (oder ein Teil davon) wird mit Kohlefaser umwickelt (5). Nachdem die Kohlefaser auf bis zu 90 % der gewünschten Materialstärke umwickelt wurde, erfolgt eine erste Aushärtung in einem Autoklav oder Ofen. Bei dieser Ausführungsform wird eine Temperatur von 80 °C über einen Zeitraum von etwa 11 Stunden angewendet.
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Im nächsten Schritt wird der ausgehärtete Rahmen dann bearbeitet, damit er eine glatte Oberfläche erhält.
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Der ausgehärtete Rahmen wird in einem geeigneten Behälter mit guter Zirkulation bei einer Temperatur von 70 °C in eine mit NaOH verdünnte Lauge getaucht, die den SR-30 FDM-Formkern aus dem Kohlefaserrahmen herauslöst.
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Anschließend wird eine finale ästhetische Schicht aus Kohlefaser auf den Rahmen aufgebracht (6). Die zweite Aushärtung schützt vor Oberflächenproblemen, die durch das Eintauchen des Rahmens in Lösung entstehen. Der zweistufige Aushärtungsprozess verhindert jedes weitere Schleifen oder Bearbeiten der Endschicht, wodurch Unvollkommenheiten in der Endschicht und auf der Endoberfläche vermieden werden. Bei dieser Ausführungsform wird die zweite Aushärtung bei einer Temperatur von 80 °C über einen Zeitraum von etwa 8 Stunden durchgeführt.
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Im letzten Schritt kann der Rahmen fertiggestellt und zum fertigen Rollstuhl (7) zusammengebaut werden (7 und 8).
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Die in dieser Beschreibung, den Ansprüchen und Figuren offenbarten Merkmale können für die beanspruchte Erfindung getrennt oder in einer jeglichen Kombination für die jeweiligen verschiedenen Ausführungsformen wichtig sein.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Außenwand
- 2
- Netzstruktur/gedruckte Füllung
- 3
- rautenförmiger Hohlkanal
- 4
- Teile oder Segmente des Rollstuhlrahmens
- 5
- Gewindeeinsätze
- 6
- Haltevorrichtungen
- 7
- Rollstuhlrahmen