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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ganz allgemein das Gebiet der Kraftfahrzeuge und insbesondere die Fahrerassistenz für ein Kraftfahrzeug.
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Allgemeiner Stand der Technik
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Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sind einige Kraftfahrzeuge, semiautonome Kraftfahrzeuge genannt, mit Teilautomatisierungssystemen oder Fahrerassistenzsystemen (auch unter der englischen Abkürzung ADAS bekannt) ausgestattet, insbesondere mit Systemen, die anstelle des Fahrers die Seitensteuerung und/oder die Längssteuerung des Fahrzeugs ausführen oder den Fahrer zumindest vor einer möglicherweise gefährlichen Situation warnen, um ihm ein rechtzeitiges Reagieren zu ermöglichen. Vorgesehen ist auch, Fahrzeuge vollautonom, d. h. fahrerlos, zu machen.
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Damit ein autonomes oder semiautonomes Fahrzeug (im weiteren Verlauf als „Fahrzeug von Interesse“ bezeichnet) gefährliche Situationen detektieren und entsprechend reagieren kann, um die Unfallgefahren zu vermeiden oder zu verringern, muss das in dieses Fahrzeug integrierte Fahrerassistenzsystem nicht nur in der Lage sein, alle dynamischen Objekte (im weiteren Verlauf als „Drittfahrzeuge“ bezeichnet) zu detektieren, die in der unmittelbaren Umgebung des Fahrzeugs anwesend sind, wie beispielsweise andere Motorfahrzeuge (Pkw, Lkw, Motorräder), sondern auch, die zukünftigen Bewegungen dieser Drittfahrzeuge zu prädizieren.
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Wie in 1 schematisch dargestellt, ist es bekannt, das Fahrzeug von Interesse mit mehreren propriozeptiven Sensoren (insgesamt mit dem Bezugszeichen 1 bezeichnet), wie einem Geschwindigkeitssensor, einem Lenkwinkelsensor und einem Navigationssystem vom Typ GPS, auszurüsten, die es ihm ermöglichen, über Informationen über seinen aktuellen Zustand (aktuelle Geschwindigkeit, aktuelle Beschleunigung, aktuelle Fahrtrichtung in Bezug auf ein mit dem Fahrzeug von Interesse verbundenes Bezugssystem, aktuelle Position in Bezug auf eine integrierte HD-Karte mit kontextbezogenen Informationen, wie Regelung der Geschwindigkeitsbegrenzung, Straßentyp usw.) zu verfügen. Das Fahrzeug von Interesse beinhaltet auch einen oder mehrere exterozeptive Sensoren (insgesamt mit dem Bezugszeichen 2 bezeichnet), die mindestens einen Messsensor (zum Beispiel einen Bildsensor, ein Radar, ein Lidar) umfassen, die es ihm ermöglichen, die in seiner Umgebung anwesenden Drittobjekte (insbesondere Drittfahrzeuge, die sich vor dem Fahrzeug von Interesse befinden können) zu detektieren und Informationen zur Geometrie der Straßenszene, insbesondere die Markierungslinien der Fahrspuren, zu detektieren.
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Ein Fahrerassistenzsystem 3 ist ebenfalls in das Fahrzeug von Interesse integriert. Wie schematisch in 1 dargestellt, beinhaltet dieses Fahrerassistenzsystem 3 klassischerweise:
- - ein Modellierungsmodul 30, das die Messungen der verschiedenen Sensoren empfängt und ausgelegt ist, um zumindest die Anwesenheit der Drittfahrzeuge, die sich vor dem Fahrzeug von Interesse bewegen, sowie die Markierungslinien der aktuellen Spur, auf der sich das Fahrzeug von Interesse bewegt, zu detektieren und um folglich den aktuellen Zustand der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse zu jedem Zeitpunkt befindet, zu modellieren;
- - ein Entscheidungs- und Planungsmodul 31, das geeignet ist, eine vom Fahrzeug von Interesse zu verfolgende Trajektorie zu bestimmen, insbesondere ausgehend einerseits von einer Trajektorienprädiktion jedes der in der Umgebung des Fahrzeugs von Interesse detektierten Fahrzeuge und andererseits von den Informationen, die mit der aktuellen Dynamik des Fahrzeugs von Interesse (insbesondere seiner aktuellen Geschwindigkeit, Beschleunigung und Ausrichtung) verbunden sind; und
- - ein Steuermodul 32, das hier geeignet ist, Befehle zu erzeugen, die eine Seiten- und/oder Längssteuerung des Fahrzeugs von Interesse in Abhängigkeit vom Output des Entscheidungs- und Planungsmoduls 31 oder von Manövern des Fahrers ermöglichen (das Steuermodul könnte durch ein Modul zum Erzeugen einer an den Fahrer des Fahrzeugs von Interesse gerichteten optischen und/oder akustischen Warnung ergänzt werden).
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Die Seiten- und/oder Längssteuerbefehle werden dann direkt an die Steuerorgane 4 des Fahrzeugs zur Umsetzung der Anweisungen weitergeleitet.
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In einigen bekannten Fällen ist das Fahrzeug von Interesse ferner ein Fahrzeug, das geeignet ist, mit anderen Fahrzeugen und/oder dedizierten Stationen, mit denen die Verkehrsinfrastruktur ausgestattet ist, zu kommunizieren, das heißt Informationen zu übertragen und zu empfangen. Dazu beinhaltet das System 3 ferner ein V2X-Kommunikationsmodul 35 (wobei V2X im Englischen für Vehicle-to-Everything steht). Die von diesem V2X-Kommunikationsmodul 35 empfangenen Informationen können somit als Inputs des Moduls 30 zur Modellierung des aktuellen Zustands der Straßenszene verwendet werden.
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Wie beispielsweise in dem Dokument mit dem Titel „A survey on motion prediction and risk assessment for intelligent vehicles“ (Lefevre et al., Robomech Journal 2014,1:1 http://www.robometechjournal.com/content/1/1/1) beschrieben, beruhen die bekannten Trajektorienprädiktionsmethoden im Allgemeinen auf einem auf der Physik basierenden Bewegungsmodell, das heißt einem Modell, das davon ausgeht, dass die zukünftige Bewegung eines Fahrzeugs nur von den Gesetzen der Physik abhängt, und annimmt, dass das Fahrzeug weder die Geschwindigkeit noch die Fahrtrichtung ändert.
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Wenn die Trajektorien der Drittfahrzeuge prädiziert worden sind, ist das Fahrerassistenzsystem in der Lage, ausgehend von den prädizierten Trajektorien und den aktuellen Bewegungsparametern des Fahrzeugs von Interesse einen Sicherheitsbereich für das Fahrzeug von Interesse zu bestimmen.
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Das System, das in dem Dokument mit dem Titel „Implementing the RSS Model on NHTSA Pre-Crash Scenarios“ beschrieben wird, das unter dem Link https://www.mobileye.com/responsibility-sensitive-safety/rss_on_nhtsa.pdf abrufbar ist, bestimmt beispielsweise einen Sicherheitsbereich für das Fahrzeug von Interesse und ein Verhalten, das im Fall von dessen Verletzung anzunehmen ist, indem insbesondere ein Längssicherheitsabstand und ein seitlicher Sicherheitsabstand bewertet werden, die vom Fahrzeug von Interesse gegenüber den sich in seiner Umgebung fortbewegenden Drittfahrzeugen gehalten werden müssen. Dazu verwendet das System sowohl beim Trajektorienprädiktionsschritt als auch beim Schritt des Bestimmens des Sicherheitsbereichs einen Satz Parameter, die für Einschränkungen der den Fahrzeugen zugeordneten kinematischen Leistungen repräsentativ sind, und zwar im Besonderen:
- - die maximale Längsbeschleunigung der Fahrzeuge;
- - die maximale Bremsverzögerung der Fahrzeuge;
- - die maximale Seitenbeschleunigung der Fahrzeuge und
- - die den Fahrzeugen zugewiesene Reaktionszeit.
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Diese verschiedenen Parameter sind im Allgemeinen vorbestimmte und in einer Datenbank 36 des Systems 3 gespeicherte Parameter. So geht man beispielsweise empirisch davon aus, dass die maximale Längsbeschleunigung eines Fahrzeugs, gleich welches, 3 m/s2 beträgt und dass die maximale Bremsverzögerung eines Fahrzeugs - 9 m/s2 beträgt. Die Reaktionszeit wiederum hängt mit der mittleren Reaktionszeit eines Fahrers zusammen und wird ebenfalls empirisch festgelegt, zum Beispiel auf 1 Sekunde.
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In der Praxis erzeugt das beschriebene RSS-System für jedes detektierte Drittobjekt eine als „Situation“ bezeichnete Beschreibung des Detektiertes-Objekt/Fahrzeug-von-Interesse-Paares und ihrer Eigenschaften. Für jede Situation wird eine geeignete Reaktion berechnet, und anschließend wird durch Kombination der für jede Detektiertes-Objekt/Fahrzeug-von-Interesse-Situation berechneten Reaktionen eine Gesamtreaktion erhalten. Insbesondere stellt die Gesamtreaktion einen Input für das Längs- oder Seitensteuermodul 32 dar, der eine Beschleunigung/Verzögerung und/oder einen Lenkwinkel bestimmt, die bzw. das auf das Fahrzeug von Interesse anzuwenden ist, um sicherzustellen, dass das Fahrzeug von Interesse im Sicherheitsbereich bleibt.
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Einer der Nachteile des bekannten Systems besteht in der mangelnden Präzision der dynamischen Modelle, die zur Charakterisierung der Bewegung der Fahrzeuge verwendet werden, die insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass diese Modelle auf die Betrachtung der Längs- und Seitenbeschleunigung der Fahrzeuge beschränkt sind.
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Darüber hinaus besteht gegenwärtig ein Bedarf daran, die Auswirkungen einer vom Fahrzeug von Interesse (auf Initiative des Fahrers oder der Längs- und/oder Seitensteuermittel 32) durchgeführten Fahraktion auf die Sicherheit des Fahrzeugs von Interesse für eine gegebene Verkehrsumgebung und über einen bestimmten Zeithorizont prädizieren zu können, um so früh wie möglich ein Risiko ableiten zu können, bevor eine Sicherheitsinvariante verletzt wird und keine Abhilfemaßnahmen möglich sind.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Einschränkungen des Stands der Technik zu überwinden.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist insbesondere ein Fahrerassistenzverfahren für ein Kraftfahrzeug von Interesse, wobei das Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, dass es Folgendes umfasst:
- - einen Schritt der Modellierung eines aktuellen Zustands der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse bewegt, ausgehend von Messungen, die von propriozeptiven und exterozeptiven Messsensoren, die in das Kraftfahrzeugs von Interesse integriert sind, geliefert werden; und
- - einen Schritt der prädiktiven Sicherheitsbewertung, bei dem über einen vorbestimmten Zeithorizont ein Längssicherheitsscore, der für ein Risiko repräsentativ ist, das durch einen auf das Fahrzeug von Interesse angewandten aktuellen Beschleunigungssollwert erzeugt wird, und/oder einen Seitensicherheitsscore, der für ein Risiko repräsentativ ist, das durch einen auf das Fahrzeug von Interesse angewandten aktuellen Lenkwinkelsollwert erzeugt wird, in Abhängigkeit von einer Bestimmung von prädizierten Werten des Zustands der Straßenszene für eine Folge von Zeitpunkten k in einem Prädiktionszeitintervall und von einem Satz von physikalischen Bedingungen, die mit der Dynamik von Kraftfahrzeugen zusammenhängen, und Sicherheitsbedingungen, bewertet werden.
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Bei einer möglichen Umsetzung beinhaltet das Verfahren ferner einen Schritt der Prädiktion einer vom Kraftfahrzeug von Interesse zu verfolgenden Trajektorie ausgehend vom modellierten aktuellen Zustand
der Straßenszene und von aktuellen Bewegungsparametern des Kraftfahrzeugs von Interesse.
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Der auf das Fahrzeug von Interesse angewandte aktuelle Beschleunigungssollwert
und/oder der auf das Fahrzeug von Interesse angewandte aktuelle Lenkwinkelsollwert
können erzeugt werden, um zu ermöglichen, dass das Fahrzeug von Interesse der prädizierten Trajektorie folgt. In einer Variante sind der auf das Fahrzeug von Interesse angewandte aktuelle Beschleunigungssollwert
und/oder der auf das Fahrzeug von Interesse angewandte aktuelle Lenkwinkelsollwert
repräsentativ für ein von einem Fahrer des Fahrzeugs von Interesse durchgeführtes Manöver.
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Bei einer möglichen Umsetzung beinhaltet der Schritt der prädiktiven Sicherheitsbewertung Folgendes:
- - einen Schritt der Bestimmung der prädizierten Werte des Zustands der Straßenszene über ein vordefiniertes Prädiktionszeitintervall, der darin besteht, h prädizierte Werte des Zustands der Straßenszene zu jedem Zeitpunkt k zu bestimmen, wobei k eine ganze Zahl von 1 bis h ist;
- einen Durchführbarkeitsschritt, der darin besteht, für jeden prädizierten Wert des Zustands der Straßenszene zum Zeitpunkt k einen entsprechenden Sollwert zu suchen, für den jeder prädizierte Wert des Zustands der Straßenszene die Bedingungen des Satzes erfüllt; und
- - einen Schritt der Berechnung des Längssicherheitsscores und/oder des Seitensicherheitsscores.
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Für die Bewertung des Längssicherheitsscores kann der Bestimmungsschritt darin bestehen:
- - den aktuellen Zustand der Straßenszene einerseits durch eine aktuelle Geschwindigkeit eine aktuelle Beschleunigung und eine aktuelle relative Position eines vor dem Fahrzeug von Interesse detektierten Drittfahrzeugs und andererseits durch eine aktuelle Geschwindigkeit eine aktuelle Beschleunigung und eine aktuelle Position des Fahrzeugs von Interesse zu charakterisieren;
- - jeden prädizierten Wert des Zustands der Straßenszene einerseits durch eine prädizierte Geschwindigkeit und eine prädizierte relative Position des Drittfahrzeugs und andererseits durch eine prädizierte Geschwindigkeit eine prädizierte Beschleunigung und eine prädizierte relative Position des Fahrzeugs von Interesse zu charakterisieren, indem für jeden Zeitpunkt k die folgenden Gleichungen angewandt werden:
wobei
Δt ein Zeitschritt ist, der zwei aufeinanderfolgende Zeitpunkte k-1 und k trennt;
die Mindest- bzw. Höchstgeschwindigkeit des Drittfahrzeugs sind;
die Mindest- bzw. Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse sind;
die Mindest- bzw. Höchstbeschleunigung des Fahrzeugs von Interesse sind und
der Mindest- bzw. Höchstruck des Fahrzeugs von Interesse sind.
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Darüber hinaus beinhaltet für die Bewertung des Längssicherheitsscores der im Durchführbarkeitsschritt verwendete Satz von Bedingungen vorzugsweise einen Mindestsicherheitsabstand D
min sowie die Mindestgeschwindigkeit
und die Höchstgeschwindigkeit
die Mindestbeschleunigung
und die Höchstbeschleunigung
den Mindestruck
und den Höchstruck
des Fahrzeugs von Interesse und die auf der Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit.
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Der Schritt der Bestimmung des Längssicherheitsscores kann darin bestehen:
- - dem Längssicherheitsscore einen Nullwert zuzuweisen, wenn es im Durchführbarkeitsschritt nicht gelungen ist, für jeden prädizierten Wert einen entsprechenden Sollwert zu finden, für den der prädizierte Wert die Bedingungen des Satzes erfüllt;
- - andernfalls einen Längssicherheitsscore zx,k zu jedem Zeitpunkt k unter Anwendung der folgenden Gleichungen zu berechnen:
wobei
gk eine Längssicherheitsaufwendung zu jedem Zeitpunkt k darstellt und der prädizierte Wert des Abstands zwischen dem Fahrzeug von Interesse (VI) und dem Drittfahrzeug VT nach einer Zeit γ ist; und - - einem Längssicherheitsendscore zx den Mindestwert der Längssicherheitsscores zx,k zu jedem Zeitpunkt k zuzuweisen.
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Für die Bewertung der Längssicherheit bestehen der Durchführbarkeitsschritt und der Schritt der Berechnung des Längssicherheitsscores vorzugsweise darin, für jeden Zeitpunkt k einen Rucksollwert
zu finden, der es ermöglicht, die Summe der h prädizierten Werte der Längssicherheitsaufwendung g
k zu minimieren und zugleich zu jedem Zeitpunkt k den Satz von Bedingungen zu erfüllen.
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Bei einer möglichen Umsetzung werden für die Bewertung des Längssicherheitsscores der Bestimmungsschritt, der Durchführbarkeitsschritt und der Berechnungsschritt durch einen Algorithmus dynamischer Programmierung EFPD implementiert.
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Darüber hinaus kann für die Bewertung des Seitensicherheitsscores der Bestimmungsschritt darin bestehen:
- - den aktuellen Zustand der Straßenszene einerseits durch aktuelle geometrische Merkmale der vom Fahrzeug von Interesse benutzten Fahrspur, insbesondere durch die Breite, die Mitte und den Krümmungsradius der Fahrspur, und andererseits durch die aktuelle Position und die aktuelle Fahrtrichtung des Fahrzeugs von Interesse zu charakterisieren;
- - jeden prädizierten Wert des Zustands der Straßenszene einerseits durch geometrische Merkmale der vom Fahrzeug von Interesse benutzten Fahrspur, insbesondere eine Breite, eine Mitte und einen Krümmungsradius der Fahrspur, und andererseits durch eine prädizierte Position und eine prädizierte Fahrtrichtung des Fahrzeugs von Interesse durch Anwendung eines dynamischen Fahrradmodells für das Fahrzeug von Interesse zu charakterisieren.
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Für die Bewertung des Seitensicherheitsscores beinhaltet der im Durchführbarkeitsschritt verwendete Satz von Bedingungen vorzugsweise einen maximalen seitlichen Versatz
sowie einen minimalen Lenkwinkel
und einen maximalen Lenkwinkel
und eine maximale Lenkgeschwindigkeit
des Fahrzeugs von Interesse.
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Der Schritt der Bestimmung des Seitensicherheitsscores kann darin bestehen:
- - dem Seitensicherheitsscore einen Nullwert zuzuweisen, wenn es im Durchführbarkeitsschritt nicht gelungen ist, für jeden prädizierten Wert einen entsprechenden Sollwert zu finden, für den der prädizierte Wert die Bedingungen des Satzes erfüllt;
- - andernfalls einen Seitensicherheitsscore zy,k zu jedem Zeitpunkt k durch Anwendung der folgenden Gleichungen zu berechnen: wobei der zum Zeitpunkt k prädizierte Wert des seitlichen Versatzes des Fahrzeugs von Interesse bezüglich der Mitte der aktuellen Fahrspur ist; und
- - einem Seitensicherheitsendscore zy den Mindestwert der Seitensicherheitsscores zy,k zu jedem Zeitpunkt k zuzuweisen.
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Für die Bewertung der Seitensicherheit können der Durchführbarkeitsschritt und der Schritt der Berechnung des Seitensicherheitsscores darin bestehen, für jeden Zeitpunkt k einen Lenkwinkelsollwert
zu finden, der es ermöglicht, die Summe der h absoluten Werte der prädizierten Werte des seitlichen Versatzes
zu minimieren und zugleich zu jedem Zeitpunkt k den Satz von Bedingungen zu erfüllen.
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Bei einer möglichen Umsetzung werden für die Bewertung der Seitensicherheit der Bestimmungsschritt, der Durchführbarkeitsschritt und der Berechnungsschritt vorzugsweise durch einen Algorithmus dynamischer Programmierung AFPD implementiert.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird durch die nachfolgende Beschreibung unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren verdeutlicht. Es zeigen:
- - 1, die bereits oben beschrieben wurde, schematisch Komponenten eines Beispiels für ein in ein Fahrzeug von Interesse integriertes System, das geeignet ist, ein erfindungsgemäßes Fahrerassistenzverfahren nach dem Stand der Technik zu implementieren;
- - 2 schematisch Komponenten eines Beispiels für ein in ein Fahrzeug von Interesse integriertes System, das geeignet ist, ein erfindungsgemäßes Fahrerassistenzverfahren zu implementieren;
- - 3 zwei Beispiele von Straßenszenen, um die Längs- und Seitensicherheitsprinzipien zu veranschaulichen;
- - 4 Schritte, die gemäß einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrerassistenzverfahrens implementiert werden können.
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Beschreibung einer Ausführungsform/von Ausführungsformen
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Im Folgenden sind identische oder äquivalente Elemente in den verschiedenen Figuren jeweils mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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2 veranschaulicht schematisch die möglichen Komponenten eines erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems 3, das in ein Fahrzeug von Interesse (wie das Fahrzeug VI in 3) integriert ist. Das System wird für den Fall beschrieben, dass die Längssicherheit und die Seitensicherheit bewertet werden sollen. Allerdings sind die Prinzipien der Erfindung auch auf ein System, das nur die Längssicherheit bewertet, oder auf ein System, das nur die Seitensicherheit bewertet, anwendbar. In 2 finden sich einige der Elemente, die bereits unter Bezugnahme auf 1 beschrieben wurden, und zwar:
- - die propriozeptiven Sensoren 1, die insbesondere die aktuelle Geschwindigkeit und den aktuellen Lenkwinkel des Fahrzeugs von Interesse VI messen;
- - der oder die exterozeptiven Messsensoren 2;
- - das Modul 30 zur Modellierung des aktuellen Zustands der Straßenszene, das ausgelegt ist, um zumindest die Anwesenheit der vor dem Fahrzeug von Interesse VI fahrenden Drittfahrzeuge sowie die Markierungslinien der aktuellen Spur, auf der sich das Fahrzeug von Interesse VI bewegt (wie die Markierungslinien 5 und 6, die die aktuelle Fahrspur LC in Ansicht (a) und (b) aus 3 begrenzen), ausgehend von Messungen, die von dem bzw. den exterozeptive Messsensoren 2 (beispielsweise dem Fahrzeug VT in Ansicht (a) aus 3) geliefert werden, zu detektieren und folglich den aktuellen Zustand der Straßenszene, in dem sich das Fahrzeug von Interesse VI zu jedem Zeitpunkt befindet, zu modellieren;
- - eventuell das Entscheidungs- und Planungsmodul 31, das geeignet ist, eine zu verfolgende Trajektorie für das Fahrzeug von Interesse VI ausgehend vom modellierten aktuellen Zustand der Straßenszene zu prädizieren;
- - das Steuermodul 32, das hier geeignet ist, um einen Befehl, der eine Seitensteuerung ermöglicht (üblicherweise einen Lenkwinkelsollwert, auch Radlenkwinkel genannt), und/oder einen Befehl, der eine Längssteuerung des Fahrzeugs von Interesse ermöglicht (üblicherweise einen Beschleunigungssollwert, der positiv oder bei Verzögerung negativ ist), in Abhängigkeit vom Output des Entscheidungs- und Planungsmoduls 31 zu erzeugen; und
- - optional das V2X-Kommunikationsmodul 35.
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Wie oben gesehen, kann das Steuermodul 32 die von den Steuerorganen 4 des Fahrzeugs von Interesse VI empfangenen Beschleunigungs- und/oder Lenkwinkelsollwerte direkt infolge der vom Fahrer an den Brems-/Beschleunigungspedalen und/oder am Lenkrad durchgeführten Aktionen erzeugen.
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Gemäß der Erfindung beinhaltet das integrierte System 3 ferner ein Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung, das ausgelegt ist, um einen Sicherheitsscore z zu bewerten, der repräsentativ ist für ein Risiko, das über einen vorbestimmten Zeithorizont durch einen Beschleunigungssollwert, der auf das Fahrzeug von Interesse VI zu einem aktuellen Zeitpunkt angewandt wird, erzeugt wird, und/oder für ein Risiko, das über einen vorbestimmten Zeithorizont durch einen Lenkwinkelsollwert zu einem aktuellen Zeitpunkt erzeugt wird, unabhängig von der Herkunft dieses Beschleunigungssollwerts und/oder dieses Lenkwinkelsollwerts.
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Der vorbestimmte Zeithorizont kann feststehend sein. In einer bevorzugten Variante ist der vorbestimmte Zeithorizont allerdings ein Wert, der an die Geschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse angepasst ist.
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Wie in 2 dargestellt, empfängt das Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung, das einen Längssicherheitsscore und/oder einen Seitensicherheitsscore (allgemein als Score z bezeichnet) bewertet, zwei Arten von Inputs:
- - den aktuellen Zustand der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse VI bewegt, wie vom Modul 30 modelliert;
- - den aktuellen Längs- und/oder Seitensteuersollwert der als Output des Längs- und/oder Seitensteuermoduls 32 oder durch eine Aktion des Fahrers ausgegeben wird. Somit entspricht in der Folge einem aktuellen Beschleunigungssollwert (geliefert durch das Modul 32 oder durch eine Betätigung der Brems-/Beschleunigungspedale durch den Fahrer), wenn es ausschließlich um die Längssteuerung geht, oder einem aktuellen Sollwert des Lenkwinkels (geliefert durch das Modul 32 oder durch eine Betätigung des Lenkrads durch den Fahrer).
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Wie im Folgenden noch deutlicher wird, können die Sicherheitsscores z jeden beliebigen Wert im Bereich [0, 1] annehmen. So zeigt ein Sicherheitsscore z von 0 eine erhöhte Gefahr an, während ein Sicherheitsscore von 1 eine sichere Situation anzeigt.
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Die berechneten Sicherheitsscores können verwendet werden, um den Fahrer vor einer gefährlichen Situation zu warnen und/oder um die automatische Assistenz zu deaktivieren.
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Wenn es somit um die Längssicherheit geht, bewertet das Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung das Risiko, dass ein auf das Fahrzeug von Interesse angewandter aktueller Beschleunigungssollwert
über ein Prädiktionszeitintervall, das dem vorbestimmten Zeithorizont entspricht, ein Risiko einer Kollision zwischen dem Fahrzeug von Interesse V
I und dem Drittfahrzeug V
T hervorruft. Wie in Ansicht (a) von
3 dargestellt, ist es in diesem Fall angezeigt, die aufeinanderfolgenden Positionswerte des Fahrzeugs von Interesse V
I und des Drittfahrzeugs V
T über das Prädiktionszeitintervall zu prädizieren, um für jeden prädizierten Positionswert zu einem Zeitpunkt k des Prädiktionszeitintervalls den Abstand D
k, der die beiden Fahrzeuge trennt, zu bestimmen und diesen Abstand D
k mit einem Mindestsicherheitsabstand zu vergleichen. Wenn es um die Seitensicherheit geht, so bewertet das Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung das Risiko, dass der auf das Fahrzeug von Interesse angewandte aktuelle Lenkwinkelsollwert
über das Prädiktionszeitintervall ein Risiko hervorruft, dass das Fahrzeug von Interesse eine der Markierungslinien überfährt, die seine aktuelle Fahrspur L
C begrenzen, was beispielsweise in dem in Ansicht (b) von
3 dargestellten Fall, in dem die Straße gekrümmt ist, eintreten kann. In diesem Fall ist es angezeigt, über ein Prädiktionszeitintervall die aufeinanderfolgenden Positions- und Fahrtrichtungswerte des Fahrzeugs von Interesse V
I zu prädizieren, um für jeden prädizierten Positions- und Fahrtrichtungswert zu einem Zeitpunkt k des Prädiktionszeitintervalls den seitlichen Versatz des Fahrzeugs von Interesse V
I bezüglich der Mitte der aktuellen Fahrspur zu bestimmen und diesen seitlichen Versatz mit einem maximalen Sicherheitsseitenversatz zu vergleichen.
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Das Grundprinzip der Bewertung eines Sicherheitsscores z ausgehend vom aktuellen Zustand
der Straßenszene und des aktuellen Längs- und/oder Seitensteuerbefehls
in einem erfindungsgemäßen Fahrerassistenzverfahren, das hier durch das Sicherheitsbewertungsmodul 37 implementiert ist, wird unter Bezugnahme auf
4 erläutert.
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Zunächst sei daran erinnert, dass die Bewegung eines Fahrzeugs in der realen Welt verschiedenen Bedingungen unterliegt, die im Wesentlichen aus zwei Quellen stammen:
- - Bedingungen im Zusammenhang mit den physikalischen Grenzen von Kraftfahrzeugen (beispielsweise Mindest-/Höchstbeschleunigung, Ruck (oder im Englischen Jerk), Lenkwinkel und maximale Lenkgeschwindigkeit);
- - Bedingungen im Zusammenhang mit den Sicherheitsvorschriften und der Straßenverkehrsordnung (beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Straße, Mindestsicherheitsabstand zwischen dem Fahrzeug von Interesse VI und einem vorausfahrenden Drittfahrzeug VT, maximal zulässiger seitlicher Versatz bezüglich der Mitte der aktuellen Fahrspur).
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Die nachstehende Tabelle fasst die Notationen zusammen, die nachfolgend verwendet werden, um die verschiedenen physikalischen oder sicherheitstechnischen Bedingungen zu identifizieren, die vom Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung verwendet und beispielsweise in der Datenbank 36, die einen Input für das Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung darstellt, gespeichert werden.
Notation | Bedeutung |
E = EL oder EI | Satz aller Bedingungen für die Längs- bzw. Seitensicherheit |
| Mindest- bzw. Höchstruck des Fahrzeugs von Interesse VI |
| Mindest- bzw. Höchstbeschleunigung des Fahrzeugs von Interesse VI |
| minimaler bzw. maximaler Lenkwinkel des Fahrzeugs von Interesse VI |
| maximale Lenkgeschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse VI zu einem Zeitpunkt k |
| Mindest- bzw. Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs von |
| Mindest- bzw. Höchstgeschwindigkeit des Drittfahrzeugs VT |
Dmin | Mindestsicherheitsabstand zum Drittfahrzeug VT |
| maximal zulässiger seitlicher Versatz des Fahrzeugs von Interesse VI in der aktuellen Spur zu einem Zeitpunkt k |
Vmax | auf der Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit |
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Darüber hinaus werden in der folgenden Beschreibung die folgenden Notationen verwendet:
- - h ist die Gesamtzahl der prädizierten Werte über das vordefinierte Prädiktionszeitintervall, vorzugsweise in konstanten Zeitschritten von Δt. Wie bereits erwähnt, kann diese Zahl h in Abhängigkeit von der aktuellen Geschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse variieren (genauer gesagt, ist das Prädiktionszeitintervall umso länger, je höher die aktuelle Geschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse ist);
- - ist der prädizierte Wert des (Beschleunigungs- oder Lenkwinkel-) Sollwerts zum Zeitpunkt k des Prädiktionszeitintervalls (k ist eine ganze Zahl zwischen 1 und h);
- - ist der prädizierte Wert des Zustands der Straßenszene zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Geschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Beschleunigung des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert des Rucks (zeitliche Ableitung der Beschleunigung) des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Position des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert des Lenkwinkels (Winkel der Vorderräder) des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Lenkgeschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - bI ist der Radstand des Fahrzeugs von Interesse VI;
- - LC ist die aktuelle Fahrspur des Fahrzeugs von Interesse VI;
- - ist der prädizierte Wert des seitlichen Versatzes des Fahrzeugs von Interesse VI bezüglich der Mitte der aktuellen Fahrspur LC zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Fahrtrichtung des Fahrzeugs von Interesse VI zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Geschwindigkeit des Drittfahrzeugs VT zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Beschleunigung eines dem Fahrzeug von Interesse VI vorausfahrenden Drittfahrzeugs VT zum Zeitpunkt k;
- - ist der prädizierte Wert der Position des Drittfahrzeugs VT zum Zeitpunkt k;
- - z ist die allgemeine Notation des Sicherheitsscores, zx ist der Längssicherheitsendscore, zx,k ist der Längssicherheitsscore zum Zeitpunkt k, zy ist der Seitensicherheitsendscore und zy,k ist der Seitensicherheitsscore zum Zeitpunkt k.
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Die vom Modul 37 zur prädiktiven Bewertung implementierten Schritte werden im Folgenden unter Bezugnahme auf 4 beschrieben, wobei jeweils die Besonderheiten in Bezug auf die Längssicherheit von denen in Bezug auf die Seitensicherheit unterschieden werden.
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Wie vorstehend erwähnt, empfängt das Modul 37 als Input den aktuellen Zustand
der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse V
I bewegt. Im Fall der Längssicherheit ist dieser aktuelle Zustand
der Straßenszene einerseits durch die aktuelle Geschwindigkeit
die aktuelle Beschleunigung
und die aktuelle relative Position
eines vor dem Fahrzeug von Interesse V
I detektierten Drittfahrzeugs V
T (s. Ansicht (a) in
3) und andererseits durch die aktuelle Geschwindigkeit
die aktuelle Beschleunigung
und die aktuelle Position
des Fahrzeugs von Interesse V
I gekennzeichnet. Im Fall der Seitensicherheit ist dieser aktuelle Zustand
der Straßenszene einerseits durch die aktuellen geometrischen Merkmale der vom Fahrzeug von Interesse V
I benutzten Fahrspur L
C, beispielsweise die Breite, die Mitte und den Krümmungsradius der Fahrspur, und andererseits durch die aktuelle Position
und die aktuelle Fahrtrichtung
des Fahrzeugs von Interesse gekennzeichnet.
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Das Modul 37 empfängt als Input außerdem den auf das Fahrzeug von Interesse V
I angewandten aktuellen Sollwert
Im Fall der Längssicherheit ist der aktuelle Sollwert von Interesse der aktuelle Beschleunigungssollwert
während im Fall der Seitensicherheit der aktuelle Sollwert von Interesse der aktuelle Lenkwinkelsollwert
ist.
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Unter Bezugnahme auf
4 besteht ein vom Modul 37 zur prädiktiven Sicherheitsbewertung implementierter erster Schritt 110 darin, die aufeinanderfolgenden Veränderungen des Zustands der Straßenszene über das vordefinierte Prädiktionszeitintervall zu prädizieren, das heißt die h prädizierten Werte
des Zustands der Straßenszene zu jedem Zeitpunkt k des Prädiktionszeitintervalls unter Berücksichtigung der mit den Fahrzeugen verbundenen physikalischen Bedingungen zu bestimmen:
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Im Fall der Längssicherheit werden die aufeinanderfolgenden Veränderungen des Zustands der Straßenszene vorzugsweise unter Berücksichtigung der Tatsache prädiziert, dass sich die Fahrzeuge nach verschiedenen dynamischen Modellen und mit verschiedenen physikalischen Bedingungen bewegen:
- - für das vor dem Fahrzeug von Interesse VI detektierte Drittfahrzeug VT wird ein klassisches dynamisches Modell angewandt, das davon ausgeht, dass die zukünftige Bewegung eines Drittfahrzeugs nur von den physikalischen Gesetzen abhängt, und annimmt, dass das Drittfahrzeug eine konstante Beschleunigung beibehält und die Fahrtrichtung nicht ändert. Die mit dem Drittfahrzeug verbundenen physikalischen Bedingungen sind außerdem nur durch eine Mindestgeschwindigkeit und eine Höchstgeschwindigkeit definiert. So werden eine Geschwindigkeit und eine Position die zum Zeitpunkt k für das Drittfahrzeug VT prädiziert werden, mit einer Geschwindigkeit und einer für das Drittfahrzeug VT zum Zeitpunkt k-1 prädizierten Position durch die folgenden Gleichungen in Beziehung gesetzt: wobei die vorstehende Gleichung (2) den physikalischen Bedingungen, die für die Geschwindigkeit des Drittfahrzeugs VT gelten, entspricht.
- - für das Fahrzeug von Interesse VI wird ebenfalls ein dynamisches Modell angewandt, unter der Annahme dass die zukünftige Bewegung nur von den physikalischen Gesetzen abhängt, wobei jedoch hier einerseits die möglichen Änderungen der Beschleunigung und andererseits die Tatsache, dass der Ruck (Jerk) die zeitliche Ableitung erster Ordnung der Beschleunigung, die zeitliche Ableitung zweiter Ordnung der Geschwindigkeit, und die zeitliche Ableitung dritter Ordnung der Position, ist, berücksichtigt werden. Die mit dem Fahrzeug von Interesse verbundenen physikalischen Bedingungen sind hier außerdem durch eine Mindestgeschwindigkeit, durch eine Mindestbeschleunigung und eine Höchstbeschleunigung sowie durch einen Mindestruck und einen Höchstruck definiert. So werden eine Beschleunigung eine Geschwindigkeit und eine Position die zum Zeitpunkt k für das Fahrzeug von Interesse VI prädiziert werden, mit einer Beschleunigung einer Geschwindigkeit und einer prädizierten Position zum Zeitpunkt k-1 für das Fahrzeug von Interesse VI durch die folgenden Gleichungen in Beziehung gesetzt: wobei die vorstehenden Gleichungen (5) und (7) den physikalischen Bedingungen, die für die Geschwindigkeit und die Beschleunigung des Fahrzeugs von Interesse VI gelten, entsprechen.
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Im Fall der Seitensicherheit wird für das Fahrzeug von Interesse V
I das sogenannte dynamische Fahrradmodell verwendet. So werden eine Position
und eine Fahrtrichtung
die zum Zeitpunkt k für das Fahrzeug von Interesse V
I prädiziert werden, mit einer Position und einer Fahrtrichtung, die zum Zeitpunkt k-1 für das Fahrzeug von Interesse V
I prädiziert werden, durch das folgende Gleichungssystem in Beziehung gesetzt:
wobei R und (xc, yc) der Radius und die Mitte des Wendekreises sind.
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Ein zweiter sogenannter Durchführbarkeitsschritt 120 besteht darin, für jeden prädizierten Wert
des Zustands der Straßenszene zum Zeitpunkt keinen entsprechenden Sollwert
zu suchen, sofern vorhanden, der es ermöglicht, dass jeder prädizierte Wert
den Satz E aller Sicherheitsbedingungen erfüllt:
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Für die Längssicherheit umfasst der Bedingungssatz EL den Mindestsicherheitsabstand sowie die Höchst- und Mindestgeschwindigkeit, die Mindest- und Höchstbeschleunigung, den maximalen und minimalen Ruck des Fahrzeugs von Interesse VI und die auf der Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit.
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Für die Seitensicherheit umfasst der Bedingungssatz EI den für das Fahrzeug von Interesse maximal zugelassenen seitlichen Versatz sowie den maximalen und minimalen Lenkwinkel und die maximale Lenkgeschwindigkeit des Fahrzeugs von Interesse VI.
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Ein dritter Schritt 130 besteht darin, den Sicherheitsscore zu berechnen. Dieser Sicherheitsscore ist gleich 0, wenn es im Schritt 120 nicht gelingt, einen Sollwert
zu finden, der er ermöglicht, dass der entsprechende prädizierte Wert
den Satz E erfüllt. Andernfalls wird der Score durch Minimieren einer Kostenfunktion berechnet. Konkreter:
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Im Fall der Längssicherheit werden für jeden Zeitpunkt k Längssicherheitskosten g
k gemäß folgender Gleichung berechnet:
wobei die Menge
der prädizierte Wert des Abstands zwischen dem Fahrzeug von Interesse V
I und dem Drittfahrzeug V
T nach einer Zeit γ ist, die beispielsweise auf 1,8 Sekunden festgelegt ist, wobei davon ausgegangen wird, dass das Drittfahrzeug stillsteht. Ist dieser Wert größer als Null, so wird die Situation als sicher angesehen und es wird keine Sanktion angewandt, d. h. die Längssicherheitskosten g
k werden auf Null gesetzt. Ist der prädizierte Abstand dagegen negativ, so wird die Situation als gefährlich angesehen und es wird eine Sanktion verhängt, indem die Sicherheitskosten mit dem absoluten Wert dieses prädizierten Abstands gleichgesetzt werden.
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Der Längssicherheitsscore z
x,k zu jedem Zeitpunkt k wird dann gemäß folgender Gleichung berechnet:
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Der Längssicherheitsendscore zx ist als der Mindestwert der verschiedenen berechneten Werte zx,k definiert.
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Die Bewertung der Längssicherheit, das heißt die Durchführbarkeit eines aktuellen Beschleunigungssollwerts
in Bezug auf den aktuellen Zustand
der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse V
I bewegt, kann somit als ein bedingtes Optimierungsproblem betrachtet werden, das darin besteht, für jeden Zeitpunkt k einen Rucksollwert
(und somit einen Beschleunigungssollwert
) zu finden, der es ermöglicht, die Summe der h prädizierten Werte der Längssicherheitskosten g
k zu minimieren und zugleich zu jedem Zeitpunkt k die Bedingungen des Satzes E
L zu erfüllen, das heißt:
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Im Fall der Seitensicherheit wird ein Seitensicherheitsscore z
y,k zu jedem Zeitpunkt k gemäß der folgenden Gleichung berechnet:
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Der Seitensicherheitsendscore zy ist als der Mindestwert der verschiedenen berechneten Werte zy,k definiert.
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Die Bewertung der Seitensicherheit, das heißt die Durchführbarkeit eines aktuellen Lenkwinkelsollwerts
in Bezug auf den aktuellen Zustand
der Straßenszene, in der sich das Fahrzeug von Interesse V
I bewegt, kann somit als ein bedingtes Optimierungsproblem betrachtet werden, das darin besteht, für jeden Zeitpunkt k einen Lenkwinkelsollwert
zu finden, der es ermöglicht, die Summe der h absoluten Werte der prädizierten Werte des seitlichen Versatzes
des Fahrzeugs von Interesse zu minimieren und zugleich zu jedem Zeitpunkt k die Bedingungen des Satzes E
I zu erfüllen, das heißt:
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Die oben beschriebenen bedingten Optimierungsprozesse können sehr zeitaufwändig sein, wenn man versucht, gleichzeitig alle Sollwerte
zu optimieren, die es ermöglichen, den Satz E aller Sicherheitsbedingungen für alle prädizierten Werte
zu erfüllen. Um beispielsweise eine Längssicherheit über einen Zeithorizont von 3 Sekunden mit einem Schritt Δt von 20 Millisekunden (h = 150) zu bewerten, werden bei Verwendung eines der schnellsten der heute verfügbaren linearen Lösungsprogramme etwa 60 Millisekunden an Verarbeitungszeit benötigt.
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Im Folgenden werden Verbesserungen der bedingten Optimierungsalgorithmen zur Verringerung der Verarbeitungszeit einerseits für die Bewertung der Längssicherheit und andererseits für die Bewertung der Seitensicherheit beschrieben:
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Für die Bewertung der Längssicherheit ist vorteilhafterweise ein Algorithmus dynamischer Programmierung vom Typ EFPD (englische Abkürzung für Exact Forward Dynamic Programming) verwendbar, um die Sollwerte
nicht gleichzeitig, sondern Schritt für Schritt zu optimieren. Die einfachste Strategie zur Vermeidung einer Kollision zwischen dem Fahrzeug von Interesse V
I und dem Drittfahrzeug V
T besteht in der Verwendung des Mindestrucks
des Fahrzeugs von Interesse V
I.
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Der Bestimmungsschritt 110 besteht weiterhin darin, bei jedem Schritt k den prädizierten Wert
des Zustands der Straßenszene zu charakterisieren:
- - einerseits durch eine prädizierte Geschwindigkeit und eine prädizierte relative Position des Drittfahrzeugs VT unter Verwendung der vorstehenden Gleichungen (1) und (3) und die physikalischen Bedingungen der Mindest- und Höchstgeschwindigkeit des Drittfahrzeugs gemäß der vorstehenden Gleichung (2);
- - und andererseits durch eine prädizierte Beschleunigung eine prädizierte Geschwindigkeit und eine prädizierte relative Position des Fahrzeugs von Interesse VI unter Verwendung der Gleichungen (4), (6) und (8) sowie die physikalischen Bedingungen der Mindest- und Höchstgeschwindigkeit und der Mindest- und Höchstbeschleunigung des Fahrzeugs von Interesse gemäß den Gleichungen (5) und (7). Der Unterschied besteht jedoch darin, dass hier der in der Gleichung 4) verwendete prädizierte Wert in jedem Schritt k durch den Mindestruck des Fahrzeugs von Interesse ersetzt wird.
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Der Durchführbarkeitsschritt 120 und der Schritt 130 zur Bestimmung des Scores bestehen hier darin:
- - dem in Schritt k bestimmten Längssicherheitsscore zx,k einen Nullwert zuzuweisen, wenn die prädizierte Geschwindigkeit größer als die auf der Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit ist oder wenn der prädizierte Abstand zwischen dem Drittfahrzeug und dem Fahrzeug von Interesse in Schritt k kleiner als der Mindestsicherheitsabstand Dmin ist;
- - andernfalls den Längssicherheitsscore zx,k in Schritt k gemäß den vorstehenden Gleichungen (10) und (11) zu berechnen; und
- - am Ende aller Schritte einem Längssicherheitsendscore zx den Mindestwert der Längssicherheitsscores zx,k bei jedem Schritt k zuzuweisen.
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Durch die Verwendung des Algorithmus dynamischer Programmierung vom Typ EFPD und des Mindestrucks
des Fahrzeugs von Interesse V
I lässt sich die Verarbeitungszeit zur Lösung des bedingten Optimierungsproblems erheblich reduzieren. Um beispielsweise eine Längssicherheit über einen Zeithorizont von 3 Sekunden mit einem Schritt Δt von 20 Millisekunden (h = 150) zu bewerten, werden nicht mehr als 10 Mikrosekunden statt der 60 Millisekunden an Verarbeitungszeit bei Verwendung des vorgenannten linearen Lösungsprogramms benötigt.
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Für die Bewertung der Seitensicherheit gibt es keine einfache Strategie, um bei jedem Schritt k einen Lenkwinkelsollwert
zu bestimmen. Man kann jedoch vorteilhafterweise einen Algorithmus dynamischer Programmierung vom Typ AFPD (englische Abkürzung für Approximated Forward Dynamic Programming) verwenden, um eine Schätzung
des Lenkwinkelsollwerts bei jedem Schritt k zu erhalten.
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Der Bestimmungsschritt 110 besteht weiterhin darin, bei jedem Schritt k den prädizierten Wert
des Zustands der Straßenszene zu charakterisieren:
- - einerseits durch eine Breite, eine Mitte und einen Krümmungsradius der Fahrspur LC,
- - und andererseits durch eine prädizierte Position und eine prädizierte Fahrtrichtung des Fahrzeugs von Interesse VI durch Anwendung eines dynamischen Fahrradmodells für das Fahrzeug von Interesse. So werden eine Position und eine Fahrtrichtung die bei jedem Schritt k für das Fahrzeug von Interesse VI prädiziert werden, mit einer Position und einer Fahrtrichtung, die zum Zeitpunkt k-1 für das Fahrzeug von Interesse VI durch das vorgenannte Gleichungssystem (9) prädiziert werden, in Beziehung gesetzt, wobei der Lenkwinkelsollwert durch seine Schätzung ersetzt wird.
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Dann wird ein Referenzpunkt in der aktuellen Fahrspur gesucht, dessen Merkmale dem Triplett
am nächsten kommen, und in einem Koordinatensystem, das mit diesem Punkt verbunden ist, werden der seitliche Versatz
und der Gierfehler
entsprechend dem Triplett
berechnet. Der maximal zulässige seitliche Versatz
wird ausgehend von der Breite der Fahrspur am Referenzpunkt und von der Breite des Fahrzeugs von Interesse erhalten.
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Der Durchführbarkeitsschritt 120 und der Schritt 130 zur Berechnung des Seitensicherheitsscores bestehen in der Berechnung des Seitensicherheitsscores z
y,k im Schritt k gemäß der vorstehenden Gleichung (13) und der anschließenden Berechnung einer Schätzung
des Lenkwinkelsollwerts.
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Für die Berechnung dieser Schätzung
des Lenkwinkelsollwerts wird vorteilhafterweise ein PD-Regler (Proportional-Derivative) für eine schnelle Verarbeitung eingesetzt, wobei dieser PD-Regler eine Spurzentrierungsstrategie verfolgt, um eine Schätzung θ̂
k des Lenkwinkels unter Verwendung des seitlichen Versatzes
und des Gierfehlers
zu erzeugen. Bei jedem Schritt k kann somit die Schätzung
θ̂
k des Lenkwinkels durch Anwendung der folgenden Gleichung berechnet werden:
wobei K
p,y, K
d,y, K
p,φ und K
p,φ Metaparameter sind, die den Verstärkungen des Reglers entsprechen, wobei bei jedem Schritt k die physikalischen Bedingungen des Satzes E
I, nämlich der minimale Lenkwinkel
und der maximale Lenkwinkel
und die maximale Lenkgeschwindigkeit
des Fahrzeugs von Interesse V
I, angewandt werden (siehe vorstehende Gleichungen (14)). Daraus ergeben sich die folgenden Gleichungen:
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Am Ende aller Schritte wird einem Seitensicherheitsendscore zy der Mindestwert der Seitensicherheitsscores zy,k bei jedem Schritt k zugewiesen.