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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kurzschlusserkennung beim Betrieb einer elektrischen Maschine sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Stand der Technik
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Für die Drehbewegung oder für die Bereitstellung von Drehmomenten können im Automotive-Bereich elektrische Antriebe bzw. elektrische Maschinen mit einem Inverter (bzw. Stromrichter) eingesetzt werden. Für die Regelung einer elektrischen Maschine, um z.B. das gewünschte Sollmoment zu erreichen, müssen normalerweise energietragende Größen wie die Phasenströme gemessen werden.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zur Kurzschlusserkennung beim Betrieb einer elektrischen Maschine sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Die Erfindung beschäftigt sich mit der Kurzschlusserkennung beim Betrieb einer elektrischen Maschine mit einem Stromrichter und mehreren Phasen (Wicklungsstränge). Bei dem Stromrichter kann es sich beispielsweise um einen Wechselrichter (bzw. Inverter) handeln, bei dem mittels getakteter Ansteuerung von Schaltelementen (z.B. Halbleiterschalter wie MOSFETs oder IGBTs) mit einer Taktfrequenz eine Gleichspannung in eine Wechselspannung gewandelt wird. Eine solche getaktete Ansteuerung der Schaltelemente wird bevorzugt verwendet, um eine sinusförmige Wechselspannung zu erzeugen. Hierzu kann beispielsweise eine sog. Sinus-Dreieck-Modulation zum Einsatz kommen.
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Weiterhin werden während des Betriebs der elektrischen Maschine durch die Phasen fließende Phasenströme ermittelt und insbesondere auch für den weiteren Betrieb der elektrischen Maschine verwendet, z.B. zur Regelung eines zu stellenden Drehmoments. Diese Phasenströme können aber je nach Modulationsart eines Spannungszeigers und der Geometrie der elektrischen Maschine mit Oberwellen bestimmter Ordnung (allgemein n-ter Ordnung) behaftet sein. Dies führt von einem reinen sinusförmigen Verlauf weg zu einem verzerrten, nicht sinusförmigen Verlauf der Phasenströme.
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Bei elektrischen Maschinen mit mehreren (allgemein n) Phasen, die über einen Stromrichter (z.B. Spannungszwischenkreis-Umrichter) gespeist werden, müssen für die Regelung der Phasenströme alle (also n) Phasenströme bekannt sein, um die dazugehörigen Idq-Ströme (im Falle der sog. dq-Regelung) berechnen zu können. Mit Hallsensoren können in der Regel alle Phasenströme jederzeit gemessen werden. Die Idq-Ströme können somit aus der Transformation der gemessenen Phasenströme direkt bestimmt werden. Eine fehlende Größe des Stromes muss somit nicht berechnet werden. Allerdings wird aus Kostengründen häufig auf den Einsatz von Hallsensoren verzichtet. Hier kommen dann z.B. Shunt-Widerstände in den Low-Side-Pfaden der Brücke im Stromrichter zum Einsatz, mittels derer die Phasenströme ebenfalls gemessen werden können. Allerdings ist die Messung dabei nur möglich, wenn auch das jeweils dazugehörige Low-Side-Schaltelement geschlossen ist.
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Aufgrund typischer Ansteuermuster ist dies allerdings nicht zu jedem Zeitpunkt für alle Phasen gegeben. Jedoch können die fehlenden Phasenströme aus den vorhandenen berechnet werden. Als Grundlage für die Berechnung der momentan nicht messbaren Phasenströme kann ein sinusförmiger Verlauf des Stromes angenommen werden und daraus können die resultierenden Phasenströme eines symmetrischen Systems bestimmt werden. Durch diese Möglichkeit können alle notwendigen Phasenströme und die dazugehörigen dq-Ströme berechnet werden. Nachteil hierbei ist allerdings, dass mögliche Oberwellen dabei nicht berücksichtigt werden und somit die Phasenströme und auch die dq-Ströme ungenau berechnet werden, was zu einer Welligkeit im Drehmoment und zu Ungenauigkeiten in der Regelung führen kann.
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Weiterhin findet im Automotive-Bereich in der Regel die Norm ISO 26262 Anwendung. Für Antriebe (also auch elektrische Maschinen) mit einer Safety- bzw. Sicherheits-Einstufung wird in der Regel das erzeugte Drehmoment mit einer Sicherheitslast belegt. Üblicherweise wird das Drehmoment aus Kostengründen nicht über einen Drehmomentsensor gemessen, sondern über die messbaren Phasenströme und deren Maschinengleichungen ermittelt. Um den Anforderungen der ISO 26262 gerecht zu werden, müssen daher z.B. Plausibilisierungstechniken angewendet werden, um das berechnete Signal und seine Eingangsgrößen (Phasenströme) hinreichend absichern zu können.
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Die Plausibilisierung im Sinne der ISO 26262 ist dabei in der Regel nur dann möglich, wenn eine ausreichende Unabhängigkeit von Messgröße und Plausibilisierungsalgorithmus gewährleistet ist, um sog. Common-Cause-Fehler ausschließen zu können. Bei Topologien wie der erwähnten elektrischen Maschine mit Stromrichter, bei denen die Phasenströme oberwellenbehaftet sind und über Shunt-Widerstände gemessen werden, sollte daher für eine richtige Plausibilisierung der Phasenströme auch der Gehalt der Oberwellen in den Phasenströmen beachtet werden. Auch hier kann nicht von einem reinen sinusförmigen und symmetrischen Phasenstrom ausgegangen werden.
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Vor diesem Hintergrund werden durch die Phasen fließende Phasenströme unter Berücksichtigung einer Grundwelle und wenigstens einer Oberwelle eines Stromverlaufs eines jeden Phasenstroms ermittelt. Dies ist insbesondere auch für solche Phasenströme möglich, für die keine Hallsensoren vorhanden sind, auch wenn für andere Phasenströme (z.B. zwei von drei) Hallsensoren verwendet werden.
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In aktuellen Umsetzungen werden für die Berechnung der nicht messbaren Phasenströme und somit der dq-Ströme sowie für die Plausibilisierung dieser Phasenströme in der elektrischen Maschine die Oberwellen in den mathematischen Gleichungen nicht beachtet. Dies führt zu fehlerhaften Berechnungen und Plausibilisierungen der Phasenströme und somit zu einer Welligkeit im Drehmoment und weiterhin zu ungewolltem Abschalten durch Safety- bzw. Sicherheitseinrichtungen. Auch bei stark gesättigter elektrischer Maschine werden die nicht messbaren Phasenströme unter Berücksichtigung der Oberwellen aus den messbaren Phasenströmen nunmehr genauer berechnet. Dies ist insbesondere zu jedem Betriebspunkt der Fall.
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Der dq-Strom wird bei dem vorgeschlagenen Vorgehen mit einer geringeren Welligkeit bestimmt und führt somit auch zu einem genaueren und weniger welligen Sicherheitsdrehmoment. Die Plausibilisierung der oberwellenbehafteten Phasenströme ist deutlich genauer und führt zu einer verbesserten Sicherheitsabschaltung im Fehlerfall der elektrischen Maschine. Eine ungewollte Abschaltung der elektrischen Maschine durch eine fehlerhafte Berechnung von Phasenströmen wir dabei ebenfalls verhindert und die Verfügbarkeit aus Safety-Sicht erhöht.
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Weiterhin wurde nun erkannt, dass durch die Berücksichtigung wenigstens einer Oberwelle bei der Ermittlung bzw. Bestimmung von Phasenströmen auch eine genauere bzw. bessere Kurzschlusserkennung möglich ist.
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Eine allgemeine Kurzschlusserkennung wie Kurzschluss gegen Masse oder Kurzschluss von Wicklungen zueinander oder Kurzschluss gegen Gehäuse kann unter Annahme eines sinusförmigen Verlaufs des Phasenstroms in den Wicklungen detektiert werden. Falls aber durch Oberwellen ein nicht sinusförmiger Verlauf hervorgerufen wird, sind eine sinusförmige Annahme nicht mehr zutreffend und somit ein sinusförmiger Strom nicht mehr gegeben. Wird diese Annahme dann für eine Kurzschlussdetektion herangezogen, kann dies zu ungewollten und unbeabsichtigten Kurzschlussdetektionen führen. Durch Berücksichtigung der Oberwellen, ggf. auch nur bestimmter Oberwellen (bzw. Harmonischer) kann die Kurzschlusserkennung daher verbessert werden.
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In diesem Sinne wird im Rahmen der Erfindung basierend auf den ermittelten Phasenströmen überprüft, ob ein Kurzschluss bei wenigstens einer der Phasen vorliegt. Wie schon erwähnt, können dabei insbesondere drei verschiedene Arten von Kurzschlüssen erkannt bzw. besser detektiert werden, und zwar ein Kurzschluss gegen Masse (z.B. im Stromrichter), ein Kurzschluss gegen ein Gehäuse der elektrischen Maschine (wenn z.B. ein Draht der Wicklung das Gehäuse berührt) und ein Kurzschluss gegen eine andere Phase. Bei den Kurzschlüssen gegen Masse und Gehäuse der elektrischen Maschine (das letztlich auch mit Masse verbunden ist) kann es insofern Unterschiede geben, als sich durch verschiedene Übergangswiderstände (die insbesondere im Falle des Gehäuses vorhanden sind) unterschiedliche Verläufe des Kurzschlussstroms auftreten können. Für eine nähere Erläuterung hierzu sei auf die Figurenbeschreibung verwiesen. Eine solche Überprüfung, ob der Kurzschluss bei der wenigstens einen Phase vorliegt, umfasst insbesondere, dass eine Abweichung eines Stromverlaufs eines gemessenen Phasenstroms der wenigstens einen Phase von dem entsprechenden, unter Berücksichtigung der Grundwelle und der wenigstens einen Oberwelle ermittelten Stromverlauf bestimmt wird. Wenn die Abweichung mehr als einen vorbestimmten Schwellwert von z.B. einem bestimmten Anteil des Amplitudenwerts beträgt, kann auf einen Fehler, insbesondere Kurzschluss geschlossen werden.
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Der variierende Verlauf wird dabei z.B. als Grundlage herangezogen, da bei stehender elektrischer Maschine der Phasenstrom auch konstant ist. Beide Fälle müssen detektierbar sein. Wichtig ist bei einem sinusförmigen Verlauf außerdem typischerweise auch der Effektivwert des Stroms. Daher kann die Annahme gemacht werden, dass der variierende Verlauf mit einer konstanten Abweichung verglichen werden kann. Bei ordnungsgemäß funktionierender elektrischer Maschine ist auch kein Verlauf in der Differenz zwischen realem und berechnetem Strom zu sehen. Die konstante Abweichung kann dann im Voraus vermessen und definiert werden.
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Weichen die gemessenen Phasenströme von den berechneten und zu erwartenden Phasenströmen zu stark und/oder für einen längeren Zeitraum voneinander ab, kann angenommen werden, das die elektrische Maschine nicht mehr richtig angesteuert wird oder aufgrund von Fehlern nicht mehr richtig angesteuert werden kann, was insbesondere auf einen Kurzschluss hindeutet.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät, insbesondere Motorsteuergerät, eines Kraftfahrzeugs, oder eine Steuer- und/oder Regeleinheit einer elektrischen Maschine, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch eine elektrische Maschine mit Stromrichter, bei der ein erfindungsgemäßes Verfahren durchführbar ist.
- 2 bis 7 zeigen schematisch Stromverläufe zur Erläuterung erfindungsgemäßer Verfahren in bevorzugten Ausführungsformen.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist schematisch eine als fremderregte Maschine ausgebildete elektrische Maschine 100 mit Stromrichter 110 dargestellt, bei der ein erfindungsgemäßes Verfahren durchführbar ist. Die elektrische Maschine weist (in einem nicht dargestellten Stator) fünf Phasen bzw. Phasenwicklungen auf, die mit U, V, W, X und Y bezeichnet sind. Zudem ist eine Erregerwicklung 120 vorgesehen, ein Gehäuse 130 (der elektrischen Maschine) ist mit Masse 140 verbunden. Eine Recheneinheit 190, z.B. ein Motorsteuergerät, kann verwendet werden, um den Stromrichter bzw. die elektrische Maschine anzusteuern.
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Der Stromrichter weist eine typische und nicht näher dargestellte B10-Brücke auf, worüber die Phasen gespeist werden. Dies führt bei unterschiedlichen Modulationsarten (PWM-Ansteuerung, Übermodulation oder Blockkommutierung) der B10-Brücke zu Harmonischen bzw. Oberwellen n-ter Ordnung im Phasenstrom. Diese sind auch in der elektrischen Maschine vorhanden. Bei einer Klauenpolmaschine sind die Oberwellen, welche durch die Maschine verursacht werden, z.B. (deutlich) größer als die der Ansteuerung.
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Die Phasenströme der elektrischen Maschine, wovon beispielhaft einer mit lu bezeichnet ist, können z.B. über Shunt-Widerstände in der B10-Brücke einzeln gemessen werden. Weiterhin wird die elektrische Maschine bei hohen q-Strömen aufgrund ihrer Reluktanz in d-q-Richtung stark gesättigt. Auch die Geometrie des Rotors kann zur Bildung von Oberwellen im Strom führen. Diese Eigenschaften sind in der elektrischen Maschine vorhanden und können nicht ohne größeren Aufwand kompensiert werden. Dadurch sind die gemessenen Phasenströme oberwellenbehaftet und dies wird im Rahmen der Erfindung bei der mathematischen Berechnung der nicht messbaren Phasenströme über die Gleichungen beachtet.
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Die Erfindung soll nachfolgend am Beispiel dieser fünfphasigen elektrischen Maschine mit B10-Brücke im Stromrichter näher erläutert werden. Es sei jedoch erwähnt, dass dies gleichermaßen für eine andere Phasenanzahl wie z.B. drei oder sieben gilt.
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Ausgehend von dieser fünfphasigen Klauenpolmaschine, deren Phasenwicklungen z.B. mit einem Versatz von 72° el. zueinander angeordnet sind, können die nachfolgenden Gleichungen mit beispielhafter Berücksichtigung der dritten Oberwelle (dies gilt entsprechend für andere und/oder weitere Oberwellen) für die Phasenströme definiert werden:
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Hierbei beschreiben die einzelnen Größen in der Formel folgendes:
- ÎG die Amplitude des Stromes,
- ƒ den Anteil der Amplitude der dritten Oberwelle gegenüber der Grundschwingung des Stromes, und
- φ3 die Phasenfolge der dritten Oberwelle gegenüber der Grundschwingung des Stromes.
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Ausgehend von den mathematischen Gleichungen in vorstehender Formel kann jeder einzelne Phasenstrom IU, IV, IW, IX und IY aufgrund der physikalisch symmetrischen Anordnung der Wicklungen aus den dazu in Phase liegenden Strömen berechnet werden. Der Anteil der dritten Oberwelle wird ebenfalls berücksichtigt.
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Die einzelnen Phasenströme lassen sich aus den anderen in Phase liegenden Strömen folgend bestimmen: der Phasenstrom IU wird aus den Phasenströmen IW und IX berechnet, der Phasenstrom IV wird aus den Phasenströmen IX und IY berechnet, der Phasenstrom IW wird aus den Phasenströmen IY und IU berechnet, der Phasenstrom IX wird aus den Phasenströmen IU und IV berechnet, und der Phasenstrom IY wird aus den Phasenströmen IV und IW berechnet.
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Wenn die vorstehenden Formeln allgemein gehalten und aus zwei messbaren Phasenströmen der resultierende dritte Phasenstrom berechnen werden soll, kann folgender, global gültiger Ansatz verwendet werden:
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Dabei stellen In1 und In2 die messbaren Phasenströme 1 und 2 dar, In3 hingegen den zu berechnenden Phasenstrom. Die Faktoren der Phasenverschiebungen sind n1, n2 bzw. n3. Diese Formel ist allgemein gültig und kann beliebig auf Harmonische n-ter Ordnung erweitert werden. Durch diese Formel können die nicht messbaren Phasenströme mit Berücksichtigung der Oberwellen im Phasenstrom genauer berechnet werden. Der zusätzliche Aufwand für die Erhöhung der Messmöglichkeiten kann dabei auf das Minimum reduziert werden. Auch aus der Sicht der Sicherheitsrelevanten Überwachung der Phasenströme kann eine größere Verfügbarkeit und eine bessere Kurzschlusserkennung erzielt werden. Auch hier ist φ3 die Phasenfolge der dritten Oberwelle und beträgt im Beispiel -π.
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Die Kurzschlusserkennung soll nachfolgend anhand der 2 bis 7 und den dort gezeigten Stromverläufen im Rahmen eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform detaillierter erläutert werden. Dort sind jeweils ein Strom I bzw. eine Stromdifferenz ΔI in A über einem Winkel φ in rad aufgetragen.
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Eine allgemeine Kurzschlusserkennung wie Kurzschluss gegen Masse oder Kurzschluss von Wicklungen zueinander oder Kurzschluss gegen Gehäuse kann, wie schon erwähnt, basierend auf und unter Annahme der Grundwelle in den Phasenwicklungen detektiert werden. Falls aber ein nicht sinusförmiger Strom durch Harmonische n-ter Ordnung verursacht wird, ist ein sinusförmiger Strom in der elektrischen Maschine nicht mehr gegeben. Würde diese Annahme dann für eine Kurzschlussdetektion herangezogen, kann dies zu ungewollten und unbeabsichtigten Kurzschlussdetektionen führen.
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Um dies zu vermeiden, wird die zur Detektion herangezogene Gleichung um Ihre n-te Ordnungen erweitert, wie vorstehend erläutert, und somit als Basis für die Kurzschlusserkennung verwendet. Dadurch wird ein ungewolltes und unbeabsichtigtes Erkennen von Kurzschlüssen vermieden und eine Robustheit der Überwachung geschaffen. Insbesondere ist damit die Erkennung folgender Fehler möglich: Kurzschluss gegen Masse, Kurzschluss gegen Gehäuse, und Kurzschluss Windung zu Windung.
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In 2 sind hierzu nun Verläufe von Phasenströmen mit dritter Ordnung in einer fünfphasigen Maschine gezeigt. Dabei sind die einzelnen Phasenströme aufgeteilt in deren Grundwelle und deren dritte Harmonischen zu sehen. Die Grundwelle ist mit IG und die dritte Harmonische bzw. Oberwelle mit I3 bezeichnet. Die dritte Oberwelle hat eine Phasenlage von -π zur Grundwelle und eine Amplitude von 25 % gegenüber der Amplitude der Grundwelle. Dadurch ergibt sich ein Phasenstrom mit Grundwelle und 3. Oberwelle, der mit IS ist. Dies ist dabei der Phasenstrom, der dann auch in der elektrischen Maschine fließt.
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Nachfolgend sollen die Berechnung und Detektion von Kurzschlüssen näher beschrieben werden. Bei einer fehlerfreien elektrischen Maschine teilen sich die einzelnen Phasenströme (wie in 2 zu sehen) symmetrisch auf alle (fünf) Phasen auf. Daraus resultieren bei symmetrischer PWM-Ansteuerung fünf symmetrische Phasenströme mit einer Phasenverschiebung von 72° zueinander, wie in 3 zu sehen.
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Die Phasenströme sind über zwei elektrische Perioden dargestellt. Die Phasenströme, die mit einer dritten Oberwelle überlagert sind, stehen über die trigonometrischen Eigenschaften in einer Beziehung zueinander, die über vorstehend erläuterte, allgemeine Gleichung beschrieben wird. Ein Phasenstrom kann dabei über die weiteren vorhandenen Phasenströme berechnet werden. Die Kombination dazu kann können folgende sein, um den Phasenstrom IU zu berechnen: IV und IW, IX und IY, IW und IY, IV und IY, IV und IX, und IW und IX. Somit stehen sechs Möglichkeiten zur Verfügung, um den Phasenstrom IU aus den weiteren vorhandenen Phasenströmen zu berechnen. Entsprechendes gilt für die anderen Phasenströme IY, IW, IX und IY.
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In 4 ist eine Übersicht zu sehen, bei der die Gleichung zur Rückrechnung von Phasenströmen Anwendung findet. Im ersten Diagramm von oben sind die messbaren symmetrischen Phasenströme dargestellt. Im zweiten Diagramm von oben sind die über die Gleichung zurückgerechneten Phasenströme zu sehen. Dabei wurde der Phasenstrom IU durch die messbaren Phasenströme IX und IW berechnet. Der Phasenstrom IV wurde durch die Phasenströme IY und IX berechnet. Der Phasenstrom IW wurde durch die Phasenströme IY und IU berechnet. Der Phasenstrom IX wurde durch die Phasenströme IU und IV berechnet. Der Phasenstrom IY wurde durch die Phasenströme IW und IV berechnet.
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Im dritten Diagramm von oben ist der Verlauf zum Phasenstrom IU zu sehen. Hierbei ist mit durchgezogener Linie der gemessene Phasenstrom zu sehen und mit gestrichelter Linie der berechnete Phasenstrom IU aus der Kombination der Phasenströme IX und IW. Beide Verläufe für den Phasenstrom IU sind letztlich identisch.
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Im vierten Diagramm von oben ist die Abweichung zwischen den gemessenen und den berechneten Phasenströmen zu sehen. Das hier gezeigte „Rauschen“ resultiert aus Rundungsungenauigkeiten bei floating-point-Größen. Dabei ist zu sehen, dass die Abweichung unter Berücksichtigung der dritten Harmonischen in der Gleichung nahezu Null [Skala 10-13] bzw. 0 A beträgt, was auch zu erwarten war. Dies gilt für alle fünf Phasen und ist auch gültig für die bereits genannten Kombinationen.
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Die Berechnung des Phasenstromes IU aus den weiteren gemessenen Phasenströmen unter Berücksichtigung der genannten Kombinationen ist in 5 gezeigt. Im oberen Diagramm sind die gemessenen Phasenströme gezeigt. Wie im unteren Diagramm zu sehen, ergeben sich auch aus den weiteren Kombinationen exakte Representationen des Phasenstromes lu. Wie bereits vorstehend beschrieben, entsteht das „Rauschen“ bzw. hier die vertikalen Linien, wenn die Ströme als floating-point-Größen berechnet werden. Die Höhe der vertikalen Linie gibt hier den Fehler zu diesem Zeitpunkt der Rückrechnung an (aufgrund der diskreten Berechnungszeitpunkte gibt es in diesem Beispiel auch nur diskrete Werte). Die Abweichungen zwischen realem, gemessenem Phasenstrom und der berechneten Größen für den Phasenstrom lu ist nahezu Null [Skala 10-9] bzw. 0 A. Somit ist zu sehen, dass die Gleichung zur Rückrechnung der Phasenströme unter Berücksichtigung der dritten Oberwelle allgemein gültig ist.
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Nachfolgend soll nun explizit auf die Kurzschlusserkennung bzw. Kurzschlussdetektion eingegangen werden. In elektrischen Maschinen können unterschiedliche Arten von Kurzschlüssen entstehen. Kurzschlüsse können dabei folgende sein: Wicklungsunterbrechungen, Kurzschluss einer Windung nach Masse, Kurzschluss einer Windung zum Gehäuse, Wicklungsschluss zwischen zwei benachbarten Wicklungen.
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Für die Einhaltung des sicheren Zustandes und des Betriebes müssen solche Arten von Kurzschlüssen in elektrischen Maschinen, die in Fahrzeugen Verwendung finden, z.B. durch Algorithmen detektiert werden, um die elektrische Maschine in einen sicheren Zustand führen zu können. Eine solche Überwachung ist bei Einsatz der genannten Gleichungen wesentlich genauer möglich.
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Wie bereits beschrieben, wird eine elektrische Maschine im Normalbetrieb durch einen Stromrichter bzw. Inverter mit sinusförmigem Strom gespeist wird. Beim Betrieb entstehen z.B. aufgrund von Asymmetrien und der elektrischen Maschine selbst Oberwellen im Phasenstrom, die dem Grundwellenstrom überlagert sind bzw. werden. Generell gilt aber die Kirchhoffsche Regel bezüglich des Stromflusses in der elektrischen Maschine. Alle Ströme, die in eine elektrische Maschine hineinfließen, müssen auch den herausfließenden Strömen entsprechen. Die Differenz der Ströme sollte zu jedem Zeitpunkt Null bzw. 0 A ergeben.
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Kommt es aufgrund von Kurzschlüssen oder Asymmetrien in der elektrischen Maschine zu Potenzialunterschieden in den einzelnen Wicklungen, verteilt sich der Stromfluss in der jeweiligen Wicklung oder wird gar unterbrochen. In diesem Falle fließt entweder ein höherer oder niedrigerer Strom in der jeweiligen Phase als erwartet. Diese Abweichung im Stromfluss der einzelnen Phase kann mittels der erwähnten Gleichungen bestimmt werden.
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Weichen nun die gemessenen Phasenströme von den berechneten und zu erwartenden Phasenströmen zu stark und/oder für einen längeren Zeitraum voneinander ab, kann angenommen werden, das die elektrische Maschine nicht mehr richtig angesteuert wird oder aufgrund von Fehlern nicht mehr richtig angesteuert werden kann. Dies kann als Indikator für eine sichere Abschaltung zugrunde gelegt werden wie auch nachfolgend dargestellt.
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Zunächst soll der Fall der Wicklungsunterbrechung in der Phase U betrachtet werden. Kommt es infolge eines Fehlers in der Wicklung U zu einer Wicklungsunterbrechung, dann wird in dieser Wicklung kein Strom bei symmetrischer Ansteuerung fließen. Der Stromfluss wird 0 A betragen und die verbleibenden Wicklungen führen Ihren symmetrischen Strom unter der Annahme einer symmetrischen Ansteuerung weiter, wie in 6 (es sind jeweils ein Strom I bzw. eine Stromdifferenz ΔI für IU in A über einem Winkel φ in rad aufgetragen) im oberen Diagramm zu sehen ist.
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Im unteren Diagramm ist die Abweichung zwischen dem realen, gemessenen und dem berechneten Phasenstrom IU zu sehen. Aufgrund der Tatsache, dass der Phasenstrom IU nicht mehr in der Wicklung fließt, dies aber angenommen wird, liegt eine Abweichung zwischen dem realen, gemessenen Strom IU und dem berechneten Strom IU aus den anderen weiter vorhanden Strömen vor.
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Diese Abweichung kann nun als Grundlage für eine Überwachung verwendet werden, indem z.B. eine maximale Stromabweichung zwischen gemessenem und berechnetem Phasenstrom überwacht wird. In Normalfall sollte die maximale Abweichung möglichst gering sein, was zum Beispiel aufgrund gewisser Ungenauigkeiten mit 1% des Amplitudenwerts definiert werden kann. Kommt es zu einem Fehler, wie im unteren Diagramm in 6 zu sehen, beträgt die maximale Abweichung deutlich mehr als 1% des Amplitudenwerts, hier z.B. 100% des Amplitudenwerts, was wiederum als Fehler interpretiert werden kann.
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Im untere Diagramm ist auch zu sehen, dass alle sechs möglichen Kombinationen die gleiche Abweichung zum angenommen Phasenstrom ergeben. Die Robustheit kann damit erhöht werden und ein unbeabsichtigtes Abschalten wird vermieden. Überschreitet nun die Abweichung den zulässigen maximalen Strom von 1% des Amplitudenwerts innerhalb einer vorgegebenen Zeit, kann dies als Signal für eine Abschaltung und Versetzung des Systems in den sicheren Zustand verwendet werden.
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Als nächstes soll der Fall Kurzschluss einer Windung nach Masse betrachtet werden. Wie im vorigen Fall bereits beschrieben, kann ein Wicklungsschluss zu einem asymmetrischen Stromfluss in der elektrischen Maschine führen. Bei einem Masseschluss der Wicklung wird bei weiterem Ansteuern der Wicklung der maximal mögliche Phasenstrom über die Wicklung fließen. In diesem Fall wird der gemessene Phasenstrom IU ebenfalls von dessen berechnetem Phasenstrom mit einem Offsetstrom abweichen, was auch hier ein Indikator für ein fehlerhaftes Verhalten in der elektrischen Maschine ist, wie in 7 zu sehen. Die Abweichung im Phasenstrom lu hat nun eine Amplitude von ca. 100% des Amplitudenwerts bei einem Offset von 100 A, wie im unteren Diagramm zu sehen.
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Wie auch hier zu sehen ist, führen unterschiedliche Arten von Kurzschlüssen zu unterschiedlichen Abweichungen zwischen dem realen Phasenstrom lu und dem berechneten Phasenstrom IU. Lediglich bei einer fehlerfreien Maschine ergeben sich zwischen den Annahmen keine Abweichungen, sodass diese Annahmen in den oben genannten Gleichungen für Kurzschlusserkennungen allgemein gültig sind.
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Weiterhin soll der Fall Kurzschluss einer Windung zum Gehäuse betrachtet werden. Ein Kurzschluss von Windungen zum Gehäuse in jeglicher Wicklung führt ebenfalls zu einem Verhalten in den Strömen wie bereits im vorstehenden Fall Masseschluss beschrieben. Die Auswirkungen in den einzelnen Phasen werden sich nahezu gleich verhalten, weshalb hier auf eine nähere Betrachtung verzichtet werden kann. Dennoch sind die Detektionsalgorithmen auch hier gültig und können als Grundlage für die Erkennung von Fehlern verwendet werden.
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Wie insbesondere in den 6 und 7 jeweils im unteren Diagramm zu sehen ist, weist die Abweichung des Phasenstroms einen nicht sinusförmigen Verlauf auf, was auf den Beitrag der Oberwellen zurückgeht. Indem diese bei der Bestimmung von Phasenströmen berücksichtigt werden, kann eine Abweichung wie gezeigt genauer dem tatsächlichen Fehlerbild zugeordnet werden. Eine versehentliche Erkennung eines Kurzschlusses wird hingegen vermieden.
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Falls die Oberwelle im Strom bei der Rückrechnung nicht berücksichtigt wird, würde sich schon bei einer ordnungsgemäß funktionierenden elektrischen Maschine eine Abweichung zwischen dem realen und dem berechneten Strom ergeben. Der reale Strom hätte eine Oberwelle, der zurückgerechnete Strom hingegen nicht. Daher träte eine Differenz auf. Der Verlauf dieser Differenz wäre genau die (im erläuterten Beispiel) dritte Oberwelle des Phasenstromes. In diesem Fall würde eine Überwachung ungewollt auslösen, obwohl die elektrische Maschine nicht fehlerbehaftet ist. Eine solche ungewollte Auslösung bzw. eine ungewollte Erkennung eines Kurzschlusses kann mit dem vorgeschlagenen Vorgehen vermieden werden. Ein weiterer Punkt hinsichtlich Safety bzw. des Sicherheitsaspekts ist eine zu späte oder zu frühe Erkennung eines Fehlers (Kurschluss), die hiermit ebenfalls vermieden werden kann.