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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds. Die Erfindung betrifft ferner ein Steuergerät zum Ausführen des Verfahrens. Die Erfindung betrifft ferner ein Computerprogrammprodukt.
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Stand der Technik
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Bekannt sind Systeme, bei denen Fahrzeuge insbesondere auf Autobahnen automatisierte Konvois (sogenannte Fahrzeug-Platoons) bilden. Hierbei sammeln sich Fahrzeuge hintereinander und fahren über begrenzte Zeiträume mit einer einheitlichen Geschwindigkeit in engen Abständen. Die Abstimmung zur Bildung, Aufrechterhaltung und Auflösung eines Fahrzeug-Platoons erfolgt per Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation. Diese Kommunikation muss auch sicherstellen, dass es zu keinen Auffahrunfällen im Platoon kommt.
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Mittels des Platoonings lassen sich signifikante Kraftstoffeinsparungen realisieren. Dabei fahren die Fahrzeuge so eng hintereinander, dass sie über eine „elektronische Deichsel“ miteinander gekoppelt sein müssen, d.h. in Echtzeit miteinander kommunizieren müssen, z.B. zur Übertragung von Lenk- und Bremssignalen.
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DE 10 2016 012 868 A1 offenbart ein Verfahren zur Längsregelung eines Nutzfahrzeugs in einem Fahrzeugverband. Offenbart ist eine Vorrichtung zur Längsregelung eines Nutzfahrzeugs in einem Fahrzeugverband hintereinanderfahrender Fahrzeuge. Die Vorrichtung umfasst eine Kommunikationseinheit des Nutzfahrzeugs, die einen für die Fahrzeuge im Fahrzeugverband einheitlichen, ortsbezogenen Geschwindigkeitsverlauf für eine vorausliegende Fahrstrecke des Fahrzeugverbands bereitstellt.
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WO 2019/055714 A1 offenbart ein Bremssteuergerät und ein Verfahren zur Verwendung von gemeldeten Anhänger-Fähigkeiten. Vorgeschlagen werden eine Bremssteuerung und ein Verfahren in einem Zugfahrzeug, das ein oder mehrere Zugfahrzeuge als ein Kombinationsfahrzeug zieht, welche eine Bremssteuerung des einen oder der mehreren Zugfahrzeuge auf der Grundlage eines auf das Zugfahrzeug ausgeübten Bremskraftniveaus bereitstellen. Ein nicht verbesserter Bremsmodus legt ein erstes Bremskraftniveau an die gezogenen Fahrzeuge in einem vorbestimmten verringerten Verhältnis zu dem auf das ziehende Fahrzeug ausgeübten Bremskraftniveau an, und ein verbesserter Bremsmodus legt ein zweites Bremskraftniveau an die gezogenen Fahrzeuge größer als die erste Stufe der Bremskraft an.
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Offenbarung der Erfindung
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Eine Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes Verfahren zum Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird gemäß einem ersten Aspekt gelöst mit einem Verfahren zum Bremsen eines automatisierten Fahrzeugverbunds, aufweisend die Schritte:
- - Ermitteln eines Über- oder Unterbremsverhaltens während eines Bremsens des automatisierten Fahrzeugverbunds, wobei insbesondere ein Abweichen einer Ist-Verzögerung von einer Soll-Verzögerung eines Fahrzeugs des Fahrzeugverbunds ermittelt wird;
- - Ermitteln eines Ausmaßes des Über- oder Unterbremsverhaltens; und
- - Berücksichtigen des ermittelten Ausmaßes des Über- oder Unterbrems-verhaltens bei einem Bremsvorgang des automatisierten Fahrzeugverbunds.
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Unter einem Über- oder Unterbremsverhalten kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Abweichung zwischen einem tatsächlichen Bremsverhalten und einem vorgegebenen Bremsverhalten eines Fahrzeugs verstanden werden. Denkbar ist, dass ein mittels einer Sensoreinheit bei einem Bremsvorgang ermittelter Wert und/oder zeitlicher Verlauf der Verzögerung von
einem mittels eines Steuergeräts vorgegebenen Wert und/oder zeitlichen Verlauf der Verzögerung abweicht. Ein Überbremsverhalten liegt vor, wenn eine tatsächliche Bremswirkung größer ist als eine vorgegebene Bremswirkung. Denkbar ist, dass bei einem Überbremsverhalten eine IST-Verzögerung des Fahrzeugs größer ist als eine Soll-Verzögerung des Fahrzeugs. Ein Unterbremsverhalten liegt vor, wenn eine tatsächliche Bremswirkung kleiner ist als eine vorgegebene Bremswirkung. Denkbar ist, dass bei einem Unterbremsverhalten eine IST-Verzögerung des Fahrzeugs kleiner ist als eine Soll-Verzögerung des Fahrzeugs.
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Ein Abweichen einer Ist-Verzögerung von einer Soll-Verzögerung kann unter Verwendung eines am dem Fahrzeug des Fahrzeugverbunds angeordneten Beschleunigungssensors ermittelt werden. Ein Ausmaß des Abweichens kann eine absolute und/oder relative Abweichung einer Ist-Verzögerung von einer Sollverzögerung sein.
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Vorteilhaft kann dadurch eine Bremsleistung innerhalb des automatisierten Kraftfahrzeugverbunds optimiert eingesetzt werden. Im Ergebnis ist dadurch ein sicherer und effizienter Betrieb des automatisierten Kraftfahrzeugverbunds unterstützt.
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Gemäß einem zweiten Aspekt wird die Aufgabe gelöst mit einem Steuergerät, das ausgebildet ist, das vorgeschlagene Verfahren auszuführen. Vorzugsweise kann das Steuergerät dabei z.B. als ein Platoon-Längsregler ausgebildet sein.
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Gemäß einem dritten Aspekt wird die Aufgabe gelöst mit einem Computerprogrammprodukt.
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Vorteilhafte Weiterbildungen des Verfahrens sind Gegenstand von abhängigen Ansprüchen.
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Eine vorteilhafte Weiterbildung des Verfahrens sieht vor, dass für einen Bremsvorgang ermittelte Brems-Sollwerte anderen Fahrzeugen des automatisierten Fahrzeugverbunds zur Verfügung gestellt werden. Vorteilhaft können dadurch auch andere Fahrzeuge vom Bremsvermögen der anderen Teilnehmer informiert werden und können dadurch ihr eigenes Bremsvermögen besser anpassen.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass das Ermitteln des Über- oder Unterbremsverhaltens für jedes Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds durchgeführt wird. Dadurch ist eine optimierte Bereitstellung von Bremsleistung für alle Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds unterstützt.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des Verfahrens sieht vor, dass das Ermitteln des Ausmaßes in Form von Prozentwerten oder von Wahrscheinlichkeitswerten von einer, insbesondere klassifizierten, Tendenz bezüglich eines Über- oder Unterbremsverhaltens durchgeführt wird. Dadurch werden vorteilhaft unterschiedliche Metriken des vorangegangenen Klassifizierungsschritts bereitgestellt.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass die zur Ermittlung des Über- oder Unterbremsverhaltens notwendigen Parameter in einem definierten Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds, insbesondere im ersten Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds vorhanden sind. Durch die umfassende Kenntnis von diversen Parametern kann dadurch die Klassifizierung und Ermittlung der Bremsperformance noch weiter optimiert sein.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass das Ermitteln des Über- oder Unterbremsverhaltens in einem definierten Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds, insbesondere im ersten Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds durchgeführt wird. Dadurch kann die Klassifizierung und/oder zahlenmäßige Ermittlung des Unter- oder Überbremsverhaltens noch besser durchgeführt werden.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass jedes der Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds die Ermittlung des Über- oder Unterbremsverhaltens für das jeweils vorausfahrende Fahrzeug des Fahrzeugverbunds durchführt. Vorteilhaft kann dadurch eine Auswirkung eines Bremsverhaltens des jeweils vorausfahrenden Fahrzeugs auf das jeweils nachfahrende Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds berücksichtigt werden.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass die Ermittlung des Über- oder Unterbremsverhaltens in einer definierten Anzahl von Bremsvorgängen gelernt wird. Vorteilhaft ist dadurch unterstützt, dass eine definierte Sicherheitsstufe der vorgeschlagenen Klassifizierung und/oder Ermittlung des Unter- bzw. Überbremsverhaltens erreicht werden kann.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens sieht vor, dass das Ermitteln der Klassifizierungsdaten im Rahmen eines Online-Lernprozesses während tatsächlich durchgeführter Bremsvorgänge durchgeführt wird. Dadurch ist eine lernende Komponente vorgesehen, die jedes Mal beim Verzögern bzw. Bremsen des automatisierten Fahrzeugverbunds benutzt wird, um das vorgeschlagene Verfahren im Laufe der Zeit immer zuverlässiger und sicherer auszugestalten.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung des Verfahrens sieht vor, dass der Online-Lernprozess mit modellbasierten Algorithmen unterstützt wird. Vorteilhaft kann dadurch das vorgeschlagene Verfahren noch sicherer und effizienter ausgestaltet werden.
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Die Erfindung wird im Folgenden mit weiteren Merkmalen und Vorteilen anhand von mehreren Figuren detailliert beschrieben. Dabei bilden alle beschriebenen oder dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Patentansprüchen oder deren Rückbeziehung, sowie unabhängig von ihrer Formulierung bzw. Darstellung in der Beschreibung bzw. in den Figuren.
- 1 zeigt eine Bremskennlinie eines Fahrzeugs eines Fahrzeugverbunds;
- 2 zeigt einen Geschwindigkeitsverlauf des Fahrzeugs, der mit einer Bremskennlinie gemäß 1 erreichbar ist;
- 3 zeigt eine weitere Bremskennlinie eines Fahrzeugs eines Fahrzeugverbunds;
- 4 zeigt einen Geschwindigkeitsverlauf des Fahrzeugs, der mit einer Bremskennlinie gemäß 3 erreichbar ist;
- 5 einen prinzipiellen Ablauf eines vorgeschlagenen Verfahrens zum Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds; und
- 6 einen prinzipiellen Ablauf eines vorgeschlagenen Verfahrens zum Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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Im Folgenden werden die Begriffe automatisiertes Fahrzeug/Fahrzeugverbund synonym in den Bedeutungen teilautomatisiertes Fahrzeug/Fahrzeugverbund, autonomes Fahrzeug/Fahrzeugverbund und teilautonomes Fahrzeug/Fahrzeugverbund verwendet.
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Fahrzeuge, auch solche eines automatisierten Fahrzeugverbunds, tendieren dazu, eine Variation in ihrer Bremsleistung zu zeigen, die sich als ein Über- oder Unterbremsverhaltens während der Betriebszeit zeigen kann. Gründe für diese Variationen bzw. Variabilitäten können zum Beispiel sein:
- - Wechselnde, sich über die Zeit ändernde Bremsparameter
- - Unterschiedliche Temperaturen von Bremsen und Bremssystemen
- - Unterschiedliche Durchmesser von Bremsschläuchen innerhalb der Bremssysteme
- - Unterschiedliche Layouts von Bremssystemen (z.B. Trommelbremsen, Scheibenbremsen, usw.)
- - Fahrzeuggeschwindigkeit
- - Unterschiedliche Bremsleistungen von Zugfahrzeug- und Anhängerbremssystemen, insbesondere, wenn diese von unterschiedlichen Herstellern stammen
- - Anhängerbeladungen
- - Verschiebungen in Betriebspunkten von ABS-Funktionen basierend auf Straßen- und Wettersituationen, Fahrzeugstabilität, usw.
- - instruierte Bremssollwert-Vorgaben
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Basierend auf diesen Abweichungen zwischen den instruierten Bremssollwert-Vorgaben und den damit erreichten aktuellen Bremsleistungen für das gesamte Fahrzeug können sich Abweichungen von bis zu ± 20% ergeben, was im Kontext eines Betriebs von Fahrzeugen innerhalb eines automatisierten Fahrzeugverbunds signifikant sein kann.
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Beispielsweise kann dieses Verhalten durch einschlägige Messungen bei Lastkraftwagen (zum Beispiel eines automatisierten Fahrzeugverbunds) ermittelt werden, wie nachfolgend anhand der 1 bis 4 näher erläutert ist. Dabei liegen bei den genannten Messungen z.B. folgende Umstände vor: gleiche Lastkraftwagen, gleiche Beladungen der Lastkraftwagen, gleiche Fahrbahnbedingungen, unterschiedliche Bremstemperaturen, unterschiedliche Bremssollwert-Vorgaben. Gemessen wurden die Verläufe mittels eines Sensors eines Inertialmesssystems (engl. inertial measurement unit, IMU) eines elektronischen Stabilitätsprogramms (engl. electronic stability program, ESP).
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1 zeigt einen zeitlichen Sollwert- und einen Istwert-Verlauf einer Bremskennlinie eines Lastkraftwagens. Erkennbar ist ein zeitlicher Verlauf eines Brems-Sollwerts asoll eines elektronischen Bremssystems des Lastkraftwagens und ein damit erreichter zeitlicher Verlauf eines Brems-Istwerts aist. Man erkennt, dass bei einem vorgegebenen Brems-Sollwert von -5 m/s2 ein durchschnittlicher Brems-Istwert aist von ca. 4,5 m/s2 erreicht werden kann.
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2 zeigt einen zeitlichen Verlauf einer Geschwindigkeit v des Lastkraftwagens, der mit dem vorgegebenen Brems-Sollwert asoll von 1 erreicht wird.
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3 zeigt weitere zeitliche Sollwert- und Istwert-Verläufe einer Bremskennlinie eines Lastkraftwagens. Erkennbar sind ein zeitlicher Verlauf eines Brems-Sollwerts asoll des elektronischen Bremssystems des Lastkraftwagens und ein damit erreichter zeitlicher Verlauf eines Brems-Istwerts aist. Man erkennt, dass bei einem vorgegebenen Brems-Sollwert von -7 m/s2 ein durchschnittlicher Brems-Istwert aist von ca. 5,2 m/s2 erreicht werden kann.
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4 zeigt einen zeitlichen Verlauf einer Geschwindigkeit v des Lastkraftwagens, der mit dem vorgegebenen Brems-Sollwert asoll von 3 erreicht wird.
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Man erkennt somit in den oben genannten Fällen eine Variabilität in aktuellen erreichten Bremssituationen aufgrund von Unterschieden zwischen dem Brems-Sollwert und aktuell erreichten Brems-Istwerten.
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Diese Variabilität der Bremsperformance kann im automatisierten Fahrzeugverbund aufgrund der geringen Abstände zwischen den Fahrzeugen des automatisierten Fahrzeugverbunds problematisch sein, insbesondere, wenn diese den jeweiligen Folgefahrzeugen nicht bekannt sind. Eine Nicht-Kenntnis dieser Tendenz kann sich in einer Sättigung von Bremskapazität der vorderen Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds auswirken, wodurch eine Wahrscheinlichkeit von Kollisionen im hinteren Bereich des automatisierten Fahrzeugverbunds erhöht sein kann, aufgrund eines dort im Vergleich zu vorausfahrenden Fahrzeugen nicht bereitstellbaren stärkeren Bremsvermögens.
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Dies trifft umso mehr zu, wenn eine Stabilität des automatisierten Fahrzeugverbunds aufgrund von geringen Abständen der Fahrzeuge gefährdet ist.
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Es besteht somit ein Erfordernis einer Kenntnis dieser Variabilität im Bremsperformance-Verhalten von Steuerungsalgorithmen des automatisierten Fahrzeugverbunds.
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Vorgeschlagen werden zu diesem Zweck ein Klassifizieren und ein Lernen der Bremsperformance jedes Teilnehmers des automatisierten Fahrzeugverbunds (d.h. Lastwagen und Anhänger) unter Nutzung von Informationen des Ego-Fahrzeugs und des vorherfahrenden Fahrzeugs. Dies erfolgt vorzugsweise jedes Mal, wenn der automatisierte Fahrzeugverbund bremst und diese Information dazu genutzt wird, um Brems-Sollwerte asoll zu kompensieren und auf diese Weise das Brems- bzw. Verzögerungsverhalten der Folgefahrzeuge im automatisierten Fahrzeugverbund.
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Vorteile des vorgeschlagenen Verfahrens sind insbesondere:
- - Eine verbesserte Längsregelungs-Genauigkeit des automatisierten Fahrzeugverbunds bei unterschiedlichen Bremsvorgängen bzw. Verzögerungen, welche einen kritischen Aspekt im Betrieb des automatisierten Fahrzeugverbunds darstellt
- - Eine verbesserte Sicherheit des automatisierten Fahrzeugverbunds, insbesondere bei stärkeren Bremsungen bzw. Verzögerungen
- - Eine aufgrund der zeitnah und dauerhaft durchgeführten Optimierung über die Zeit verbesserte Qualität des Bremssystems
- - Genauere Berechnungen von Sicherheitsabständen zwischen den Fahrzeugen des automatisierten Fahrzeugverbunds, die auf einer Genauigkeit von Bremsvermögen von vorausfahrenden und nachfolgenden Fahrzeugen des automatisierten Fahrzeugbunds basieren
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Das vorgeschlagene Verfahren lässt sich prinzipiell und qualitativ in drei unterschiedliche Phasen aufteilen:
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Phase 1:
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In dieser Phase erfolgt eine Klassifizierung, ob ein Unter- oder Überbremsverhalten bei unterschiedlichen Bremssollwerten asoll vorliegt. Diese Klassifizierungen kann vorzugsweise von allen Fahrzeugen des automatisierten Fahrzeugverbunds durchgeführt werden, z.B. auch für das jeweils vorausfahrende Fahrzeug vom jeweils nachfolgenden Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds.
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Phase 2:
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In dieser Phase erfolgt eine Ermittlung bzw. Schätzung, wie viel bzw. wie stark jedes Fahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds über- oder unterbremst. Diese Ermittlung kann z.B. in Form von Prozentwerten oder von Wahrscheinlichkeitswerten der klassifizierten Tendenzen als eine Funktion von unterschiedlichen Parametern erfolgen, wie zum Bremssollwerten asoll, usw., wie es anhand von 5 näher erläutert wird.
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Die erhaltenen Messwerte können nach durchgeführter Messung an nachfolgende Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds übermittelt werden, nachdem Daten betreffend starke Brems- bzw. Verzögerungsvorgänge gelernt wurden bzw. basierend auf Betriebspunkten des automatisierten Fahrzeugverbunds verfügbar sind.
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Phase 3:
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Hier erfolgt eine Verwendung der Metriken aus Phase 2, um Vorgaben der Brems-Sollwerte asoll, die an nachfolgende Fahrzeug übermittelt und von Bremssteuerungen von Ego-Fahrzeugen verwendet werden, zu kompensieren. Zum Beispiel kann für den Fall, dass das nachfolgende Fahrzeug mit einer bestimmten Sicherheit über die Unterbrems-Tendenz des vorausfahrenden Fahrzeugs mit einem definierten Brems-Sollwert asoll informiert ist, das nachfolgende Fahrzeug seinen Brems-Sollwert asoll durch eine Reduktion seiner Bremsleistung in der ersten Phase des Bremsmanövers anpassen. Falls die Abstände zwischen den Fahrzeugen auf diese Weise nicht in der gewünschten Art und Weise überprüft werden, kann das nachfolgende Fahrtzeug seine Bremsleistung weiter erhöhen, um den gewünschten Abstand sicher zu erreichen bzw. zu behalten. Das kann gleicherweise auf ein Überbrems-Szenario angewendet werden, wobei eine derartige Anpassung die Sicherheit ebenfalls signifikant erhöhen kann.
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Falls die Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds neu sind, kann ein Online-Lernprozess z.B. für die ersten 1000 km passiv sein, bevor dann eine definierte Vertrauens-/Sicherheitsstufe erreicht wird.
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Zum Klassifizieren der aktuellen, überwachten bzw. gemessenen Bremsleistung sind verschiedene Herangehensweisen möglich, beginnend mit klassischen datenbasierten Steuerungsansätzen bis hin zu Maschinenlern-basierten Ansätzen.
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5 zeigt ein stark vereinfachtes Übersichtsbild einer Ausführungsform des vorgeschlagenen Verfahrens.
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In einem Schritt 10, die man als eine Startup-Phase bezeichnen könnte, können verschiedene Vorgaben von Brems-Sollwerten asoll und/oder aktuelle Bremsvorgänge definiert werden. In einem Schritt 20 erfolgt ein sogenannter „Online-Lernprozess“ basierend auf unterschiedlichen Parametern, wie zum Beispiel Reifenparameter, Fahrbahninformationen, Umgebungsinformationen, Bremssystemparameter, aktuelle Bremsung, gewünschtes Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeugs, usw.
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In einem Übergang von Schritt 20 auf Schritt 30 erfolgt die Klassifizierung des Bremsvermögens des Fahrzeugs des automatisierten Fahrzeugverbunds in der oben genannten Art und Weise, beispielsweise kann dabei eine Bremsleistungskarte mit Unter- oder Überbremsverhalten bei bestimmten Parametern ermittelt werden.
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In einem Schritt 40 erfolgt eine Verwendung der in Schritt 30 ermittelten Daten zum Zwecke einer Längsregelung der Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds, wobei zu einer Optimierung des Online-Lernprozesses mit einer angepassten Bremssollwert-Vorgabe eine Rückkopplung auf Schritt 20 vorgesehen ist. Ferner können die angepassten Bremssollwert-Vorgaben auch z.B. mittels Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikation an andere Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds übermittelt werden.
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In einem Schritt 50 erfolgt eine Übermittlung von angepassten Bremssollwert-Vorgabewerten an ein elektronisches Bremssystem, das diese Vorgabewerte dann bei Bremsmanövern umsetzt.
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Das vorgeschlagene Verfahren kann vorteilhaft auf jedem Teilnehmerfahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds, insbesondere am ersten Teilnehmerfahrzeug des automatisierten Fahrzeugverbunds durchgeführt werden. Ferner kann das vorgeschlagene Verfahren auch ein Bestandteil von Algorithmen eines Längsregelungssystems des automatisierten Fahrzeugverbunds sein.
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Auf diese Weise können sämtliche Fahrzeuge des Fahrzeugverbunds mit Hilfe von auf den Fahrzeugen angeordneten elektronischen Steuergeräten (z.B. Platoon-Längsregler, nicht dargestellt) unter Verwendung der ermittelten Bremssollwert-Vorgabewerte optimiert geführt bzw. betrieben bzw. gebremst werden.
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Im Ergebnis kann auf diese Weise das vorgeschlagene Verfahren zum verbesserten Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds verwendet werden.
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6 zeigt einen prinzipiellen Ablauf eines vorgeschlagenen Verfahrens zum Betreiben eines automatisierten Fahrzeugverbunds.
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In einem Schritt 100 erfolgt ein Ermitteln eines Über- oder Unterbremsverhaltens während eines Bremsens des automatisierten Fahrzeugverbunds.
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In einem Schritt 110 erfolgt ein Ermitteln eines Ausmaßes des Über- oder Unterbremsverhaltens.
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In einem Schritt 120 erfolgt ein Berücksichtigen des ermittelten Ausmaßes des Über- oder Unterbrems-verhaltens bei einem Bremsvorgang des automatisierten Fahrzeugverbunds. Vorteilhaft lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren als eine Software implementieren, die beispielsweise auf einem elektronischen Steuergerät (nicht dargestellt) wenigstens eines definierten Fahrzeugs, insbesondere des ersten Fahrzeugs des automatisierten Fahrzeugverbunds abläuft. Das elektronische Steuergerät kann dabei auch als ein Verbund von mehreren elektronischen Steuergeräten der Fahrzeuge des automatisierten Fahrzeugverbunds ausgebildet sein. Eine einfache Adaptierbarkeit des Verfahrens ist auf diese Weise vorteilhaft unterstützt.
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Der Fachmann wird die Merkmale der Erfindung in geeigneter Weise abändern und/oder miteinander kombinieren, ohne vom Kern der Erfindung abzuweichen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016012868 A1 [0004]
- WO 2019/055714 A1 [0005]