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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung, ein elektronisches Fahrzeugführungssystem für ein Kraftfahrzeug sowie ein Computerprogramm.
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Reifenabrieb trägt einen großen Anteil zur gesamten Feinstaubemission eines Kraftfahrzeugs bei. Dieser Anteil kann beispielsweise in der Größenordnung von 50 % der gesamten Feinstaubemission durch das Kraftfahrzeug liegen. Ein hoher Reifenabrieb verkürzt außerdem die Lebensdauer der entsprechenden Reifen.
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Im Dokument
DE 100 26 031 A1 wird ein Verfahren zum Darstellen von Reibwerten beschrieben. Dazu wird der Reibwert direkt oder indirekt erfasst, einer Steuerungseinrichtung zugeführt und in einer Anzeige des Fahrzeugs dargestellt. Die Steuerungseinrichtung erhält dazu verschiedene Eingangssignale, wie zum Beispiel die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Leistungsanforderungssignal und/oder die Drehzahl sämtlicher Räder des Kraftfahrzeugs. Mithilfe dieser Eingangssignale kann die Steuerungseinrichtung den jeweiligen aktuellen Reibwert zwischen Rad und Untergrund ermitteln.
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Im Dokument
DE 10 2016 001 424 A1 wird ein Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers beim Führen eines Kraftfahrzeugs beschrieben. Dazu wird ein Grenzwert für eine auf ein Rad des Kraftfahrzeugs wirkende Gesamtkraft ermittelt, wobei bei Überschreiten des Grenzwerts ein Haftungsverlust des Rads eintritt. Abhängig von einem Vergleich zwischen Ist-Wert der Gesamtkraft und dem Grenzwert wird ein optisches Signal ausgegeben.
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Vor diesem Hintergrund ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Konzept zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung anzugeben, durch das die Feinstaubemission durch Reifenabrieb verringert wird.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch den jeweiligen Gegenstand der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Das verbesserte Konzept beruht auf der Idee, die aktuellen Reibwerte zwischen Fahrbahnoberfläche und Rädern des Kraftfahrzeugs zu begrenzen, indem wenigstens ein Steuerungsparameter zur automatischen Steuerung des Kraftfahrzeugs abhängig vom aktuellen Reibwert angepasst wird.
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Gemäß dem verbesserten Konzept wird ein Verfahren zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung angegeben. Für jedes in Kontakt mit einer Fahrbahnoberfläche stehende Rad eines Kraftfahrzeugs wird ein zugehöriger Reibwert, insbesondere ein Reibwert zwischen dem Rad und der Fahrbahnoberfläche beziehungsweise zwischen dem Reifen des Rades und der Fahrbahnoberfläche, bestimmt, insbesondere mittels eines elektronischen Fahrzeugführungssystems des Kraftfahrzeugs. Die bestimmten aktuellen Reibwerte werden mittels des elektronischen Fahrzeugführungssystems des Kraftfahrzeugs jeweils mit einem vorgegebenen Grenzwert verglichen. Abhängig von einem Ergebnis des Vergleichs wird mittels des Fahrzeugführungssystems wenigstens ein Steuerungsparameter bestimmt. Das Kraftfahrzeug wird mittels des Fahrzeugführungssystems abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter wenigstens teilweise automatisch gesteuert.
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Das Bestimmen des aktuellen Reibwerts für ein Rad beinhaltet insbesondere das Berechnen und/oder Abschätzen des aktuellen Reibwerts basierend auf entsprechenden Messwerten oder Sensordaten.
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Insbesondere kann beispielsweise mittels eines Sensorsystems des Fahrzeugführungssystems wenigstens ein aktueller Fahrparameter des Kraftfahrzeugs bestimmt werden und eine Recheneinheit des Fahrzeugführungssystems kann verwendet werden, um abhängig von dem wenigstens einen Fahrparameter den entsprechenden aktuellen Reibwert zu bestimmen.
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Der Reibwert kann insbesondere als Maß für ein Verhältnis einer Reibungskraft, insbesondere einer Horizontalkraft, zu einer entsprechenden Radlast oder Achslast beziehungsweise einer Aufstandskraft des Kraftfahrzeugs verstanden werden.
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Das Kraftfahrzeug weist insbesondere wenigstens drei Räder auf. Beispielsweise weist das Kraftfahrzeug wenigstens zwei Achsen, wobei eine der wenigstens zwei Achsen mindestens zwei der Räder aufweist und eine weitere der wenigstens zwei Achsen wenigstens ein weiteres der Räder, vorzugsweise ebenfalls wenigstens zwei weitere der Räder.
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Unter einem elektronischen Fahrzeugführungssystem kann hier und im Folgenden ein elektronisches System verstanden werden, das dazu eingerichtet ist, das Kraftfahrzeug vollautomatisch oder vollautonom zu führen oder zu steuern, insbesondere ohne dass ein Eingriff in eine Steuerung durch einen Fahrer erforderlich ist. Das Kraftfahrzeug beziehungsweise das elektronische Fahrzeugführungssystem führt dabei gegebenenfalls erforderliche Lenk-, Brems- und/oder Beschleunigungsmanöver selbsttätig und vollautomatisch durch. Insbesondere kann das elektronische Fahrzeugführungssystem zur Implementierung eines vollautomatischen oder vollautonomen Fahrmodus des Kraftfahrzeugs nach Stufe 5 der Klassifizierung gemäß SAE J3016 dienen. Unter einem elektronischen Fahrzeugführungssystem kann auch ein Fahrerassistenzsystem (englisch: „advanced driver assistance system“, ADAS) verstanden werden, welches den Fahrer bei einer teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahrt des Kraftfahrzeugs unterstützt. Insbesondere kann das elektronische Fahrzeugführungssystem zur Implementierung eines teilweise automatisierten oder teilautonomen Fahrmodus des Kraftfahrzeugs nach einer der Stufen 1 bis 4 gemäß der SAE J3016-Klassifizierung dienen. Hier und im Folgenden bezieht sich „SAE J3016“ auf die entsprechende Norm in der Version vom Juni 2018.
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Der vorgegebene Grenzwert kann beispielsweise für jedes der Räder gleich sein. Es sind aber auch Ausführungsformen des Verfahrens denkbar, in denen der Grenzwert für unterschiedliche Räder unterschiedlich ist, beispielsweise wenn an den unterschiedlichen Rädern unterschiedliche Reifentypen montiert sind.
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Die Steuerung des Kraftfahrzeugs wenigstens teilweise automatisch abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter erfolgt insbesondere derart, dass der Reibwert für alle Räder des Kraftfahrzeugs kleiner ist als der zugehörige Grenzwert.
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Insbesondere ist der Grenzwert kleiner als ein maximaler Grenzwert, wobei bei dem maximalen Grenzwert ein Haftungsverlust des entsprechenden Rades beziehungsweise Reifens einsetzt.
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Mit anderen Worten wird das theoretisch verfügbare Horizontalkraftpotential beziehungsweise die maximal mögliche Reibwertausnutzung gemäß dem Verfahren nach dem verbesserten Konzept begrenzt. Da eine Abriebrate der Reifen mit steigendem Reibwert ebenfalls steigt, wird dadurch die Feinstaubemission durch Verringern des Abriebs beziehungsweise des Verschleißes des Reifens reduziert.
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Der Zusammenhang zwischen Reibwert und Reifenabrieb ist jedoch in aller Regel hochgradig nicht-linear. Das bedeutet, je näher der aktuelle Reibwert an dem maximalen Reibwert liegt, desto stärker steigt der Reifenabrieb an. Dies hat zur Folge, dass bereits eine relativ geringe Begrenzung der Reibwertausnutzung zu einer sehr starken Verringerung des Reifenabriebs und damit der Feinstaubemission führen kann.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform des Verfahrens ist der vorgegebene Grenzwert kleiner als der maximale Reibwert, bei dem ein Haftungsverlust zwischen dem entsprechenden Reifen oder Rad und der Fahrbahnoberfläche eintritt, insbesondere kleiner als 95 Prozent des maximalen Reibwerts, vorzugsweise kleiner als 90 Prozent des maximalen Reibwerts oder kleiner als 80 Prozent des maximalen Reibwerts.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird der vorgegebene Grenzwert abhängig von einer vorgegebenen Reifenabriebrate bestimmt.
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Die vorgegebene Reifenabriebrate kann beispielsweise einer maximal erwünschten oder maximal tolerierbaren Abriebrate des jeweiligen Reifens entsprechen. Da die Reifenabriebrate vom Reibwert abhängt, kann der Grenzwert abhängig von der maximalen Reifenabriebrate bestimmt werden. Dadurch wird der Reifenabrieb begrenzt, um die Feinstaubemission zu verringern.
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Beispielsweise kann in verschiedenen Ausführungsformen der Grenzwert automatisch durch das Fahrzeugführungssystem, insbesondere die Recheneinheit, bestimmt werden.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird der vorgegebene Grenzwert mittels des Fahrzeugführungssystems abhängig von einem Reifentyp der Räder und/oder abhängig von einer Umweltbedingung bestimmt.
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Sind an allen Rädern die gleichen Reifentypen montiert, so ist der Grenzwert entsprechend für alle Räder gleich, ansonsten können auch individuelle Grenzwerte für die unterschiedlichen Räder vorgesehen werden.
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Die Umweltbedingung wird insbesondere mittels des Fahrzeugführungssystems bestimmt, insbesondere mittels des Sensorsystems, und/oder mittels eines weiteren Sensorsystems des Kraftfahrzeugs.
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Die Umweltbedingung kann beispielsweise eine Fahrbahntemperatur, eine Außenlufttemperatur, einen Grad an Nässe der Fahrbahn und/oder eine Außenluftfeuchtigkeit enthalten.
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Die entsprechenden Zusammenhänge zwischen Reifentyp und/oder Umweltbedingung und vorgegebenem Grenzwert kann beispielsweise in der Recheneinheit beziehungsweise einem Speicherelement des elektronischen Fahrzeugführungssystems in Form einer Look-up-Tabelle gespeichert sein.
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Durch die Berücksichtigung des Reifentyps und/oder der Umweltbedingung lässt sich der Zusammenhang zwischen Reibwert und Reifenabrieb genauer einschätzen, sodass eine zielgerichtetere Definition des Grenzwerts möglich ist.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform enthält der wenigstens eine Steuerungsparameter eine maximale Längsbeschleunigung für das Kraftfahrzeug.
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Durch Begrenzung der Längsbeschleunigung kann erreicht werden, dass der Reibwert für alle Räder kleiner ist als der Grenzwert.
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Beispielsweise kann anhand des Konzepts des kammschen Kreises die maximale Längsbeschleunigung abhängig von einer aktuellen Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs bestimmt werden.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird eine elektronische Differenzialsperre des Kraftfahrzeugs mittels des Fahrzeugführungssystems abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter gesteuert.
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Dies kann ebenfalls dazu beitragen, dass der Reibwert für alle Räder kleiner ist als der Grenzwert.
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Indem das Antriebsmoment beziehungsweise die Antriebsmomente durch die elektronische Differenzialsperre beispielsweise abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter gleichmäßiger verteilt werden, treten weniger Spitzenwerte für den Reibwert an einzelnen Rädern auf, sodass insgesamt, insbesondere aufgrund des oben genannten nicht-linearen Zusammenhangs, ein geringerer Abrieb und damit eine geringere Feinstaubemission resultieren.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird mittels des Fahrzeugführungssystems abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter ein Frontantrieb, ein Hinterradantrieb und/oder ein Allradantrieb des Kraftfahrzeugs aktiviert oder deaktiviert.
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Das Aktivieren oder Deaktivieren kann auch ein teilweises Aktivieren oder Deaktivieren beinhalten, also eine Drehmomentverteilung zwischen Frontantrieb und Hinterradantrieb.
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Auch dadurch kann dazu beigetragen werden, dass der Reibwert für alle Räder kleiner ist als der Grenzwert.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird mittels des Fahrzeugführungssystems abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter eine Drehmomentverteilung auf die Räder angepasst.
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Die Antriebsmomente werden beispielsweise gemäß dem Konzept des Torque Vectoring auf die Räder verteilt. Dadurch kann ebenfalls dazu beigetragen werden, dass der Reibwert für alle Räder kleiner ist als der Grenzwert.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform wird mittels einer Kommunikationsschnittstelle, insbesondere einer V2X-Schnittstelle, des Kraftfahrzeugs abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs ein Informationssignal an eine, insbesondere externe, Verkehrsregeleinrichtung übermittelt. Mittels der Verkehrsregeleinrichtung wird eine zulässige Höchstgeschwindigkeit auf einem Fahrbahnabschnitt, auf dem sich das Kraftfahrzeug befindet, abhängig von dem Informationssignal angepasst.
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Insbesondere befindet sich das Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt der Bestimmung der Reibwerte auf dem genannten Fahrbahnabschnitt.
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Durch die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf dem Fahrbahnabschnitt kann die Feinstaubemission in besonders belasteten Fahrbahnabschnitten weiter reduziert werden.
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Gemäß dem verbesserten Konzept wird auch ein elektronisches Fahrzeugführungssystem für ein Kraftfahrzeug angegeben. Das Fahrzeugführungssystem weist ein Sensorsystem auf, das dazu eingerichtet ist, wenigstens einen aktuellen Fahrparameter des Kraftfahrzeugs zu bestimmen. Das Fahrzeugführungssystem weist außerdem eine Recheneinheit auf, die dazu eingerichtet ist, für jedes im Kontakt mit der Fahrbahnoberfläche stehende Rad des Kraftfahrzeugs abhängig von dem wenigstens einen aktuellen Fahrparameter einen zugehörigen aktuellen Reibwert zu bestimmen. Die Recheneinheit ist dazu eingerichtet, die bestimmten aktuellen Reibwerte jeweils mit einem vorgegebenen Grenzwert zu vergleichen und abhängig von einem Ergebnis des Vergleichs wenigstens einen Steuerungsparameter zu bestimmen. Die Recheneinheit ist dazu eingerichtet, das Kraftfahrzeug abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter wenigstens teilweise automatisch zu steuern.
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Die Recheneinheit kann dabei auch eine oder mehrere Unterrecheneinheiten beinhalten, die beispielsweise räumlich voneinander getrennt sein können.
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Der wenigstens eine Fahrparameter kann beispielsweise eine Raddrehzahl, eine Geschwindigkeit, eine Querbeschleunigung und/oder einen Schlupf eines oder mehrerer Räder beinhalten.
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Gemäß zumindest einer Ausführungsform enthält das elektronische Fahrzeugführungssystem eine Kommunikationsschnittstelle, die dazu eingerichtet ist, abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs ein Informationssignal an eine externe Verkehrsregeleinrichtung zu übermitteln. Weitere Ausführungsformen des elektronischen Fahrzeugführungssystems ergeben sich direkt aus den verschiedenen Ausgestaltungsformen des Verfahrens nach dem verbesserten Konzept und umgekehrt. Insbesondere ist das elektronische Fahrzeugführungssystem dazu eingerichtet, ein Verfahren nach dem verbesserten Konzept durchzuführen oder es führt ein solches Verfahren durch.
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Gemäß dem verbesserten Konzept wird auch ein Kraftfahrzeug mit einem elektronischen Fahrzeugführungssystem nach dem verbesserten Konzept angegeben.
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Gemäß dem verbesserten Konzept wird ein Computerprogramm mit Befehlen angegeben. Bei Ausführung der Befehle beziehungsweise des Computerprogramms durch ein elektronisches Fahrzeugführungssystem nach dem verbesserten Konzept, insbesondere durch die Recheneinheit des Fahrzeugführungssystems, veranlassen die Befehle das Fahrzeugführungssystem dazu, ein Verfahren nach dem verbesserten Konzept durchzuführen.
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Gemäß dem verbesserten Konzept wird ein computerlesbares Speichermedium angegeben, auf welchem ein Computerprogramm nach dem verbesserten Konzept gespeichert ist.
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Das Computerprogramm sowie das computerlesbare Speichermedium nach dem verbesserten Konzept können als jeweilige Computerprogrammprodukte mit den Befehlen aufgefasst werden.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, den Figuren und der Figurenbeschreibung. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen. Es sind somit auch Ausführungen von der Erfindung als erfasst und offenbart anzusehen, die in den Figuren nicht explizit gezeigt und erläutert sind, jedoch durch separierte Merkmalskombinationen aus den erläuterten Ausführungen hervorgehen und erzeugbar sind. Es sind auch Ausführungen und Merkmalskombinationen als offenbart anzusehen, die somit nicht alle Merkmale eines ursprünglich formulierten unabhängigen Anspruchs aufweisen. Es sind darüber hinaus Ausführungen und Merkmalskombinationen, insbesondere durch die oben dargelegten Ausführungen, als offenbart anzusehen, die über die in den Rückbezügen der Ansprüche dargelegten Merkmalskombinationen hinausgehen oder von denen abweichen.
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Im Folgenden sind Ausführungsbeispiele der Erfindung beschrieben. In den Figuren zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs mit einer beispielhaften Ausführungsform eines elektronischen Fahrzeugführungssystems nach dem verbesserten Konzept; und
- 2 ein Ablaufdiagramm einer beispielhaften Ausführungsform eines Verfahrens nach dem verbesserten Konzept.
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Bei den im Folgenden erläuterten Ausführungsbeispielen handelt es sich um bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung. Bei den Ausführungsbeispielen stellen die beschriebenen Komponenten der Ausführungsform jeweils einzelne, unabhängig voneinander zu betrachtende Merkmale der Erfindung dar, welche die Erfindung jeweils auch unabhängig voneinander weiterbilden und damit auch einzeln oder in einer anderen als den gezeigten Kombinationen als Bestandteil der Erfindung anzusehen sind. Des Weiteren sind die beschriebenen Ausführungsformen auch durch weitere der bereits beschriebenen Merkmale der Erfindung ergänzbar.
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In den Figuren sind funktionsgleiche Elemente jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein Kraftfahrzeug 1, das ein elektronisches Fahrzeugführungssystem 2 nach dem verbesserten Konzept enthält.
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Das elektronische Fahrzeugführungssystem 2 weist ein Sensorsystem 3a, 3b auf sowie eine Recheneinheit 4, die mit dem Sensorsystem 3a, 3b verbunden ist.
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Das Sensorsystem 3a, 3b ist dazu eingerichtet, wenigstens einen Fahrparameter des Kraftfahrzeugs zu bestimmen.
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Dazu kann das Sensorsystem 3a, 3b beispielsweise einen oder mehrere Initialsensoren 3a aufweisen, die dazu eingerichtet sind, eine Längsgeschwindigkeit, eine Längsbeschleunigung, eine Gierrate und/oder eine Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs zu bestimmen.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Sensorsystem 3a, 3b einen oder mehrere Raddrehzahlsensoren 3b aufweisen, die dazu eingerichtet sind, eine Raddrehzahl und, gegebenenfalls in Kombination mit der Recheneinheit 4, einen Schlupf des entsprechenden Rades zu bestimmen.
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Der Schlupf, die Längsgeschwindigkeit, die Längsbeschleunigung, die Querbeschleunigung und/oder die Drehzahl können als Fahrparameter wie oben angeführt aufgefasst werden.
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Optional enthält das Fahrzeugführungssystem 2 eine Kommunikationsschnittstelle 5, beispielsweise eine Fahrzeug-zu-X-, V2X- beziehungsweise C2X-, Schnittstelle.
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Die Funktionsweise des elektronischen Fahrzeugführungssystems 2 wird im Folgenden unter Bezugnahme auf ein beispielhaftes Verfahren nach dem verbesserten Konzept genauer erläutert, insbesondere unter Bezugnahme auf 2.
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In Schritt S1 des Verfahrens wird der wenigstens eine aktuelle Fahrparameter mittels des Sensorsystems 3a, 3b erfasst. Die Recheneinheit 4 bestimmt für jedes in Kontakt mit der Fahrbahnoberfläche stehende Rad des Kraftfahrzeugs 1 abhängig von dem wenigstens einen aktuellen Fahrparameter einen zugehörigen aktuellen Reibwert.
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In Schritt S2 des Verfahrens vergleicht die Recheneinheit 4 die bestimmten aktuellen Reibwerte jeweils mit einem vorgegebenen Grenzwert.
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In Schritt S3 des Verfahrens bestimmt die Recheneinheit 4 abhängig von einem Ergebnis des Vergleichs wenigstens einen Steuerungsparameter.
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In Schritt S4 des Verfahrens steuert die Recheneinheit 4 das Kraftfahrzeug 1 abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter wenigstens teilweise automatisch.
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Die Recheneinheit 4 passt insbesondere die Steuerung des Kraftfahrzeugs 1 abhängig von dem wenigstens einen Steuerungsparameter derart an, dass möglichst für alle Räder des Kraftfahrzeugs 1 der entsprechende Reibwert geringer ist als der zugehörige Grenzwert.
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Gemäß dem verbesserten Konzept werden, wie beschrieben, durch Begrenzung des Horizontalkraftpotentials eines Kraftfahrzeugs der Reifenabrieb und damit die Feinstaubemission des Kraftfahrzeugs verringert.
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Es kann auch eine visuelle Anzeige des aktuellen Reibwerts beziehungsweise des Verhältnisses des aktuellen Reibwerts zu dem jeweiligen Grenzwert beispielsweise für jedes Rad individuell visuell angezeigt werden. Dadurch kann der Fahrer darauf hingewiesen werden, bis zu welchem Grad das Horizontalkraftpotential des Kraftfahrzeugs bereits ausgenutzt ist beziehungsweise wie hoch das Maß an Feinstaubemission aktuell ist.
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Dadurch kann zum einen eine Sensibilisierung für potentiell kritische Fahrsituationen erreicht werden. Im Kontext des sportlichen Fahrens, beispielsweise auf einer Rennstrecke, kann der Fahrer diese Anzeige gezielt nutzen, um eine möglichst optimale Trajektorie für sein Kraftfahrzeug zu erreichen.
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Eine radindividuelle Ermittlung der Reibwertausnutzung ist aus Gründen der ungleichmäßigen Verteilung der Radaufstands- beziehungsweise Horizontalkräfte zwischen den Rädern sinnvoll und kann für die Anzeige und Auswertung der Reibwertausnutzung verwendet werden. Ursache für die ungleichmäßige Verteilung kann zum einen die dynamische Verlagerung der Radaufstandskräfte beim beschleunigten Kraftfahrzeug sein, zum anderen auch die Verteilung beispielsweise der Vortriebskraft nur an eine der verschiedenen Achsen.
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Die Reibwertausnutzung beziehungsweise die Ausnutzung des Horizontalkraftpotentials kann beispielsweise radindividuell aus einem vorab ermittelten Reibwert und einem Vergleich mit dem aktuell genutzten Reibwert (gegeben durch das Verhältnis von Horizontalkraft zu Aufstandskraft) erfolgen. Bei nicht angetriebenen Achsen ist die Reibwertausnutzung kurveninnen und kurvenaußen in etwa gleich groß, da sich in etwa gleiche Schräglaufwinkel einstellen. Die Reibwertausnutzung einer nicht angetriebenen Achse kann demzufolge näherungsweise als Quotient aus Querbeschleunigung in Einheiten der Erdbeschleunigung und dem maximalen Reibwert bestimmt werden. Ist der maximale Reibwert nicht bekannt, so kann beispielsweise aus dem anliegenden Schräglaufwinkel näherungsweise auf die Reibwertausnutzung über ein Kennfeld geschlossen werden.
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Bei einer angetriebenen Achse kann zum Zeitpunkt der Ermittlung der Längsschlupf unter Berücksichtigung der Querbeschleunigung verwendet werden, um auf eine gesamte Ausnutzung des Horizontalkraftpotentials zu schließen. Hierfür kann beispielhaft ein reifenabhängiges Kennfeld verwendet werden.
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Für „Normalfahrer“ ist in der Regel die maximale Reibwertausnutzung besonders relevant, da der Fahrer weniger die maximale Fahrleistung des Kraftfahrzeugs erzielen will, als vielmehr die Effizienz in den Vordergrund stellt. Aus diesem Grund kann es empfehlenswert sein, entweder den Maximalwert der Reibwertausnutzung für alle Räder anzuzeigen oder einen gemittelten Wert, bei dem jedoch beispielsweise Räder mit einer höheren Reibwertausnutzung stärker gewichtet werden können. Eine Ausnahme kann eine Kurvenfahrt darstellen, bei der das angetriebene kurveninnere Rad geringer gewichtet wird.
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Für ambitionierte Fahrer kann die Frage eine Rolle spielen, welcher Reifen gerade besonders nah an seiner Grenze bezüglich der Bodenhaftung ist. Die Reibwertausnutzung kann daher beispielsweise für alle Räder individuell angezeigt werden. Alternativ kann die Reibwertausnutzung auch achsweise angezeigt werden, um ein drohendes Unter- oder Übersteuern erkennen zu können. Bei der Kurvenfahrt ist außerdem insbesondere das kurvenäußere angetriebene Rad von besonderem Interesse, da diese bei der Kurvenfahrt über eine höhere Radaufstandskraft als die kurveninneren Räder verfügen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- elektronisches Fahrzeugführungssystem
- 3a
- Inertialsensor
- 3b
- Raddrehzahlsensor
- 4
- Recheneinheit
- 5
- Kommunikationsschnittstelle
- S1 bis S4
- Verfahrensschritte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10026031 A1 [0003]
- DE 102016001424 A1 [0004]