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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von warmgeformten und pressgehärteten Bauteilen über mehrere Umformstufen innerhalb einer einzigen Presse.
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Es ist Stand der Technik, beim mehrstufigen Warmformen von Bauteilen innerhalb einer Presse die Pressenkraft auf alle Stufen zur gleichen Zeit aufzubringen, um ein Kippen des Pressenstößels zu verhindern. Die maximale Umformstufenkraft innerhalb einer Stufe ist zwangsläufig kleiner als die Pressenkraft. Die Limitierung der Umformstufenkraft je Stufe führt zu einer Begrenzung der maximal umformbaren Blechdicke bzw. Bauteildimensionen
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Die
DE 10 2017 130 425 A1 betrifft ein Verfahren zur Nutzpresskrafterhöhung an Servopressen und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Die Spitzenkräfte einer oder mehrerer Werkzeugstufen der Servopresse sind weg- und zeitversetzt steuer- und regelbar, um die nutzbare Gesamtkraft gegenüber der installierten Gesamtkraft der Presse zu erhöhen.
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Die
CN 1 06 181 380 B offenbart eine Stufenpresse mit mehreren Umformstufen, wobei die Umformstufen alternierend mit einem jeweiligen Stößelhub beaufschlagt werden. Die Nutzpresskraft wird nicht erhöht. Es wird lediglich dieselbe Kraft zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb desselben Pressengestells aufgebracht.
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Die
DE 10 2017 118 492 A1 offenbart ein Pressenwerkzeug mit mehreren Werkzeugstufen. Den Werkzeugstufen ist jeweils eine reversibel nachgiebige Ausgleichsabstützung zugeordnet, insbesondere durch eine elastisch deformierbare Kunststoffausgleichsplatte, um die Druckgleichverteilung auf einen im Werkzeughohlraum aufgenommenes Werkstück zu verbessern.
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Die
DE 10 2015 101 668 A1 offenbart ein zweifach fallendes Heiz- und Formwerkzeug sowie ein Verfahren zur Herstellung warmgeformter und pressgehärteter Kraftfahrzeugbauteile. Es sind wenigstens zwei Warmumform- und Presshärtewerkzeuge in einer Presse parallel nebeneinander angeordnet, so dass bei einer Schließbewegung zwei Platinen erwärmt werden und zwei Kraftfahrzeugbauteile warmumgeformt und pressgehärtet werden. In einem Pressentakt können auf diese Weise gleichzeitig zwei spiegelverkehrte Kraftfahrzeugbauteile hergestellt werden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren aufzuzeigen, wie auch Bauteile mit hoher Umformkraft/Umformstufenkraft in einem mehrstufigen Verfahren innerhalb einer einzigen Presse warmgeformt und pressgehärtet werden können, wobei Summe der ausgeübten Umformstufenkräfte aller Stufen größer als die Pressenkraft ist.
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Diese Aufgabe ist bei einem Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen des Erfindungsgedankens.
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Das erfindungsgemäße Verfahren betrifft die taktgleiche Herstellung von warmgeformten und pressgehärteten Bauteilen über mehrere Umformstufen innerhalb einer einzigen Presse. Es sind mindestens zwei Umformstufen vorgesehen. Taktgleiche Herstellung bedeutet Herstellung der Bauteile in einem einzigen Hub der Presse. Die Abstände zwischen den geöffneten korrespondieren Umformwerkzeugen der einzelnen Umformstufen werden unterschiedlich groß eingestellt. Dadurch eilt eine der Umformstufen der anderen Umformstufe beim Schließen der Presse voraus.
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Das Vorauseilen bezieht sich auf den Schließvorgang der Presse. Die Umformwerkzeuge der vorauseilenden Umformstufe schließen früher und bauen früher die Umformstufenkraft auf als in der nacheilenden Umformstufe. Üblicherweise steigt die Umformstufenkraft bis zum Erreichen des unteren Totpunktes in der jeweiligen Umformstufe auf einen Maximalwert an. Erfindungsgemäß ist allerdings vorgesehen, dass die Maximalwerte der Umformstufenkräfte der Umformstufen zu unterschiedlich eingestellten Zeitpunkten erreicht werden. Hierzu besitzt die vorauseilende Umformstufe, d. h. die Umformstufe mit dem kleineren gegenseitigen Abstand der Umformwerkzeuge, Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft. Nach Erreichen des Maximalwertes der Umformstufenkraft in dieser vorauseilenden Umformstufe und noch vor Erreichen des unteren Totpunktes des Pressenstößels wird die Umformstufenkraft bis zum Erreichen des unteren Totpunktes der Presse reduziert. Während dieses Zeitfensters wird ein höherer Anteil der Pressenkraft für die Umformung in der nacheilenden Umformstufe ausgenutzt bzw. bereitgestellt.
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Am einfachsten lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren anhand eines Beispiels erläutern. Für das Warmumformen und Presshärten eines dickwandigen Blechbauteils in zwei Stufen wird je Stufe eine Umformstufenkraft von 750 t benötigt, also insgesamt eine Pressenkraft von 1.500 t. Die zur Verfügung stehende Pressenkraft beträgt 1.200 t.
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Die Erfindung sieht nun zwei Umformstufen vor. Der Abstand der Umformwerkzeuge der zweiten Stufe ist etwas kleiner z. B. 5 mm, daher ist die zweite Umformstufe die bei der Umformung vorauseilende Umformstufe. Nun wird die Presse geschlossen und der Maximalwert der Umformstufenkraft zunächst in der vorauseilenden Umformstufe aufgebaut, wobei die Maximalkraft in diesem Beispiel 750 t beträgt. Anschließend wird durch die Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft die Umformstufenkraft in der vorauseilenden Umformstufe auf 450 t gesenkt. In dieser Phase erfolgt das Presshärten in dem geschlossenen Umformwerkzeug. Für das Presshärten ist die maximale Umformstufenkraft nicht mehr erforderlich. Die Differenz von 300 t kann für die Umformung in der anderen Umformstufe verwendet werden. Dort stehen bei 5 mm Hub nun 1.200 t - 450 t = 750 t Umformstufenkraft zur Umformung des Bauteils zur Verfügung. Die maximale Pressenkraft von 1.200 t wird zu keinem Zeitpunkt überschritten. Die Summe der maximalen Umformstufenkräfte beträgt allerdings 1.500 t und zwar bei der Herstellung der warmgeformten und pressgehärteten Bauteile in einem Hub. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird daher mit höheren Kräften als mit der tatsächlich zur Verfügung stehenden Pressenkraft warmumgeformt und pressgehärtet.
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Der Abstand, mit dem das vorauseilende Umformwerkzeug dem anderen beim Schließen vorauseilt, wird zwischen 0, 5 mm und 20 mm gewählt und insbesondere zwischen 2 mm und 10 mm. Bei größeren Blechdicken oder hohen Umformgraden werden Abstände im oberen Bereich gewählt, anderenfalls im unteren Bereich.
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Die maximale Umformstufenkraft der ersten und zweiten Stufe ist vorzugsweise jeweils größer als 50 % der zur Verfügung stehenden Pressenkraft. Dadurch kann erreicht werden, dass jeweils mit höherer Umformstufenkraft umgeformt werden kann als bei gleichzeitiger Umformung in beiden Umformwerkzeugen.
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In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung weist das Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft wenigstens ein nachgiebiges Element auf, das bis zum Erreichen des Maximalwertes der Umformstufenkraft blockiert wird, d.h. nicht nachgiebig eingestellt wird und zur anschließenden Reduzierung der Umformstufenkraft freigegeben, d.h. nachgiebig eingestellt wird. Hierbei handelt es sich insbesondere um ein hydraulisches Kissen und/oder ein Federelement bzw. eine Anordnung mehrerer Federelemente. Der Druck in dem Kissen kann geregelt reduziert werden beziehungsweise die Federelemente können geregelt freigegeben werden, so dass der Abfall der Maximalkraft nicht schlagartig erfolgt, sondern kontinuierlich in dem Maß abnimmt, wie die Umformstufenkraft der anderen Umformstufe bereitgestellt werden soll. Zudem kann die Reduzierung der Umformstufenkraft in Abhängigkeit einer etwaigen Kippung des Pressenstößels eingestellt werden. Überschreitet die Kippung einen Grenzwert, wird die Umformstufenkraft nicht weiter reduziert. Die Pressenkraft soll unter Einhaltung des Grenzwertes ausgenutzt werden.
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Es ist ihm Rahmen der Erfindung möglich, das auch wenigstens eine weitere der Umformstufen mit Mitteln zur Reduzierung der Umformstufenkraft versehen ist, solange ein Vorauseilen und Nacheilen der Umformstufen eingestellt werden kann, also ein Höhenversatz der Umformstufen besteht.
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Das warmgeformte Bauteil ist insbesondere ein Kraftfahrzeugbauteil als Blechformbauteil aus einem härtbaren Stahlwerkstoff. Durch Schließen der Umformwerkzeuge wird das Bauteil dreidimensional ausgeprägt. Zum Warmumformen werden die Bauteile vor der Umformung über den AC3-Punkt erwärmt und im austenitisierten Zustand warm umgeformt. Dadurch ergeben sich größere Freiheitsgrade bei der Umformung. Das umgeformte Bauteil wird durch den Kontakt mit dem Umformwerkzeug gekühlt, wobei in den gekühlten Kontaktbereichen ein martensitisches Werkstoffgefüge mit hoher Festigkeit gebildet wird. In diesem Sinne ist das erfindungsgemäße Verfahren ein Warmumform- und Presshärteverfahren.
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Das Verfahren ist insbesondere zweifach fallend, d. h. dass in wenigstens zwei Warmumform- und Presshärtewerkzeugen in Form der genannten Umformstufen zwei der warmgeformten und pressgehärteten Bauteile gleichzeitig hergestellt werden.
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Die Erfindung schließt nicht aus, dass mehr als zwei Umformstufen vorgesehen sind. Es ist daher möglich, Formwerkzeuge auch zwei-, drei- oder vierfach fallend auszubilden, mithin mehrere der Bauteile gleichzeitig herzustellen. Die Beschickung der Umformstufen und die Entnahme der Blechformteile wird bevorzugt mit einer Transfereinrichtung, insbesondere für alle Umformstufen gleichzeitig und im Takt der Presse durchgeführt.
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Die Reduzierung der Umformstufenkraft führt bei lediglich zwei Umformwerkzeugen zwangsläufig zu einer ungleichmäßigen Kraftverteilung. Die Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft sind nicht im Sinne von Ausgleichsmitteln zu verstehen, um eine Verkippung des Pressenstößels zu verhindern. Um eine Verkippung des Pressenstößels zu reduzieren oder zu verhindern, werden separate Führungseinrichtungen als Teil jeder Umformstufe, also zur Führung bzw. Ausrichtung eines Oberwerkzeuges relativ zu einem Unterwerkzeug, oder als Ausrichtung von Pressentisch zu Pressenstößel vorgesehen, z.B. Säulenführungen. Es können zusätzliche Ausgleichsmittel vorgesehen sein, die allerdings nichts mit den Mitteln zur Reduzierung der Umformstufenkraft in der vorauseilendem Umformstufe zu tun haben, sondern die Aufgabe haben, die Umformwerkzeuge innerhalb einer Umformstufe zu führen.
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Die Erfindung ist besonders bei sehr dickwandigen und/oder großflächigen Blechformbauteilen mit hohen notwendigen Umformkräften vorteilhaft. Insbesondere Blechformbauteile - wie z.B. B-Säulen - aus so genannten Patchwork-Platinen, also übereinander liegenden, vorfixierten und gemeinsam erhitzten, warmgeformten und pressgehärteten Blechen können so auch in relativ kleinen Pressen mehrfachfallend hergestellt werden.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von in den Zeichnungen rein schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen erläutert. Es zeigen:
- 1 eine Presse und
- 2 eine perspektivische Ansicht auf die Werkzeugspannplatte der Presse der 1.
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Die 1 zeigt eine Presse 1 mit einem Pressentisch 2, der eine Werkzeugspannplatte 3 trägt, sowie mit einem Pressenstößel 4. Zwischen der Werkzeugspannplatte 3 und dem Pressenstößel 4 sind zwei Umformstufen 5, 6 angeordnet jeweils mit einem Unterwerkzeug 7, 9 und einem Oberwerkzeug 8, 10. Die Umformstufen sind über Kühlkanäle wassergekühlt, um die Wärme aus den auf mindestens Ac3-Temperatur erhitzten Blechplatinen zu entfernen.
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In der Werkzeugspannplatte 3 ist ein Mittel 11 zur Reduzierung der Umformstufenkraft der in der Bildebene rechten Umformstufe 6 angeordnet in Form eines nachgiebigen Elements, beispielsweise eines hydraulischen Kissens oder einer Feder. Das Unterwerkzeug 9 der in der Bildebene rechten Umformstufe 6 ist auf dem Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft gelagert. Dadurch ist in der dargestellten Position der Abstand zwischen dem Unterwerkzeug 9 und dem Oberwerkzeug 10 dieser Umformstufe 6 kleiner als der Abstand zwischen dem Oberwerkzeug 8 und dem Unterwerkzeug 7 der anderen Umformstufe 5. Beim Schließen der Presse 1, d. h. beim Absenken des Pressenstößels 4 in Richtung zum Pressentisch 2 eilt die in der Bildebene rechte Umformstufe 6 vor, und zwar um einen Wert dh von 0,5 mm bis 20 mm. Diese Umformstufe ist die vorauseilende Umformstufe 6. Die andere Umformstufe ist die nacheilende Umformstufe 5. Eine nicht dargestellte Transfereinrichtung in Form von Fördergabeln oder Greifern sorgt für Beschickung der Umformstufen 5, 6 und die Entnahme der warmgeformten und pressgehärteten Bauteile.
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Die Presse 1 besitzt eine Pressenkraft F1 von beispielsweise 1.200 t, die sich in einem bestimmten Verhältnis auf die vorauseilende Umformstufe 6 mit einer Umformstufenkraft F2 und auf die nacheilende Umformstufe 5 mit der Umformstufenkraft F3 aufteilt. Der Pfeil P1 zeigt die Transportrichtung einer warmumzuformenden und presszuhärtenden Blechplatine durch die Presse 1.
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Die 2 zeigt eine perspektivische Darstellung auf die Werkzeugspannplatte 3 mit den Unterwerkzeugen 7, 9 und auf die Mittel 11 zur Reduzierung der Umformstufenkraft F2.
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Unter Verwendung einer solchen rein schematisch dargestellten Presse 1 wird das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt. Eine zumindest bereichsweise über AC3 erhitzte, nicht näher dargestelltes Blechplatine, die zu dem Bauteil umgeformt und in dem Umformwerkzeug gehärtet werden soll, wird Richtung des Pfeils P1 beispielhaft zwischen das Oberwerkzeug 8 und das Unterwerkzeug 7 der nacheilenden Umformstufe 5 eingelegt. Der Pressenstößel 4 wird abgesenkt und das Bauteil in dieser ersten Umformstufe 5 wird geformt und gehärtet.
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Die zweite, zeitlich vorauseilende Umformstufe 6 nimmt eine weitere Blechplatine auf.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist vorgesehen, dass die Pressenkraft F1 nicht zeitgleich zu gleichen Beträgen auf die beiden Umformstufen 5, 6 verteilt wird.
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Die Umformstufenkraft F2 der vorauseilenden Umformstufe 6 wird zeitlich früher auf einen Maximalwert gesteigert, denn die gegenüberliegenden Umformwerkzeuge 9, 10 der vorauseilenden Stufe 6 werden bei der Hubbewegung des Pressenstößels 4 früher geschlossen. Anschließend wird das Mittel 11 zur Reduzierung der Umformstufenkraft aktiviert, so dass die Umformstufenkraft F2 auf einen Wert unterhalb des Maximalwertes gesenkt wird. Gleichzeitig wird der Pressenstößel 4 weiter in Richtung des unteren Totpunktes gesenkt. Das Presshärten in der vorauseilenden Umformstufe 6 beginnt dadurch 0,5 s bis 3 s, insbesondere 1 s bis 2 s früher als in der nacheilenden Umformstufe 5.
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Die erforderliche Umformstufenkraft F3 der anderen Umformstufe 5 wird bis auf einen Maximalwert gesteigert, der insbesondere im unteren Totpunkt erreicht wird. Beispielsweise kann im unteren Totpunkt die Umformstufenkraft F3 der nacheilenden Umformstufe 5 60 % der Pressenkraft F1 betragen, während die Umformstufenkraft F2 der vorauseilenden Umformstufe 6 40 % der Pressenkraft F1 beträgt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es möglich, zeitlich versetzt in jeder der dargestellten Umformstufen 5, 6 höhere maximale Umformstufenkräfte F2, F3 auszunutzen, die kleiner oder gleich der Pressenkraft F1 sind, allerdings in der Summe der Umformstufenkräfte F2, F3 größer sind als die Pressenkraft F1.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Presse
- 2
- Pressentisch
- 3
- Werkzeugspannplatte
- 4
- Pressenstößel
- 5
- nacheilende Umformstufe
- 6
- vorauseilende Umformstufe
- 7
- Unterwerkzeug von 5
- 8
- Oberwerkzeug von 5
- 9
- Unterwerkzeug von 6
- 10
- Oberwerkzeug von 6
- 11
- Mittel zur Reduzierung der Umformstufenkraft
- dh
- Höhenunterschied zwischen 7 und 9
- F1
- Pressenkraft
- F2
- Umformstufenkraft von 6
- F3
- Umformstufenkraft von 5
- P1
- Transportrichtung für Blechbauteil