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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug über mehrere zumindest teilweise und zumindest zeitweise mittels einer Antriebseinrichtung angetriebene Räder verfügt, wobei für einen Reifen wenigstens eines der Räder eine momentane Schädigungskenngröße aus zumindest einem Radschlupf des Rads und einer Radlast des Rads ermittelt und über der Zeit aufsummiert wird, wobei bei einem Überschreiten eines Schwellenwerts durch die aufsummierte Schädigungskenngröße ein Warnsignal erzeugt wird. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug.
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Aus dem Stand der Technik ist beispielsweise die Druckschrift
WO 2003/ 091 046 A1 bekannt. Diese beschreibt ein an Bord eines Fahrzeugs befindliches Diagnosesystem, welches Sensoren zur Erfassung von Fahrzeugbetriebsparametern, wie beispielsweise Geschwindigkeit, Raddrehzahl, Gierrate, Querbeschleunigung und/oder von Reifenbetriebsparametern, wie dem Reifenfülldruck und der Temperatur am Gürtelrand, enthält. In einem Diagnosemodell sind Zusammenhänge zwischen den Parametern gespeichert, sodass je nach Ausbauzustand des Systems und Aufgabenstellung Aussagen über den Verschleißzustand des Reifens und/oder fehlerhafte Einstellungen am Fahrzeug möglich sind.
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Aus dem Stand der Technik ist weiterhin die Druckschrift
EP 2 703 194 B1 bekannt. Diese beschreibt ein System zum Vorhersagen der verbleibenden Lebensdauer der Reifenhülle für eine Hülle eines Reifens, wobei das System umfasst: eine Reifenzustandsmesseinheit, die einen charakteristischen Wert einschließlich Reifeninnendruckinformationen misst, die mindestens einen Reifenzustand und einen Fahrzeuglaufzustand anzeigen; eine Temperaturverlaufsschätzeinheit, die einen Temperaturverlauf von mindestens einer Stelle in mindestens einem Gehäusestrukturelement basierend auf dem charakteristischen Wert schätzt; eine Berechnungseinheit für die physikalischen Eigenschaften des Elements, die mindestens einen aktuellen Wert der physikalischen Eigenschaften des mindestens einen Gehäusestrukturelements berechnet, der sich aufgrund der Reifeninnentemperatur auf der Grundlage mindestens der Reifeninnendruckinformationen und des Temperaturverlaufs verschlechtert; und eine verbleibende fahrbare Entfernungsvorhersageeinheit, die eine fahrbare Entfernung des Reifens vorhersagt, bis der aktuelle Wert der physikalischen Eigenschaften eine im Voraus festgelegte Grenze für den Wert der physikalischen Eigenschaften erreicht.
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Weiterhin offenbart die Druckschrift
EP 1 325 821 B1 eine Einrichtung zur Vorhersage eines Reifenplatzers, mit: einer Radgeschwindigkeitserfassungseinrichtung, welche eine Geschwindigkeit eines Rades erfasst; einer Bodenkontaktzustandsabschätzungseinrichtung, welche eine physikalische Größe, die einen Zustand des Bodenkontakts zwischen dem Rad und einer Straßenoberfläche darstellt, auf der Basis der erfassten Radgeschwindigkeit abschätzt; einer Änderungsratenerfassungseinrichtung, welche eine Änderungsrate der abgeschätzten physikalischen Größe erfasst, welche den Zustand des Bodenkontakts zwischen dem Rad und der Straßenoberfläche erfasst; und einer Vorhersageeinrichtung, welche das Auftreten eines Reifenplatzers vorhersagt, indem sie beurteilt, ob oder ob nicht die erfasste Änderungsrate einen Wert außerhalb eines vorgegebenen Bereichs hat.
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Aus dem Stand der Technik ist weiterhin die Druckschrift
AT 520 186 A4 bekannt.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs vorzuschlagen, welches gegenüber bekannten Verfahren Vorteile aufweist, insbesondere eine zuverlässige Beurteilung eines Reifenzustands vornimmt.
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Dies wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht. Dabei ist vorgesehen, dass bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße zusätzlich ein Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs und eine eine dynamische Radlastverteilung beschreibende Verteilungsgröße berücksichtigt werden, wobei die Schädigungskenngröße gemäß der Beziehung
ermittelt wird, wobei λ den Radschlupf, β den Schwimmwinkel, F
R die Radlast, f
dyn die Lastverteilungsgröße und Δt die Länge eines Berechnungszeitraums, in welchem die Ermittlung durchgeführt wird, beschreibt.
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Grundsätzlich ist vorgesehen, dass für einen Reifen wenigstens eines der Räder eine momentane Schädigungskenngröße aus zumindest einem Radschlupf des Rads und einer Radlast des Rads ermittelt und über der Zeit aufsummiert wird, wobei bei einem Überschreiten eines Schwellenwerts durch die aufsummierte Schädigungskenngröße ein Warnsignal erzeugt wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Das Verfahren dient zum Betreiben des Kraftfahrzeugs, welches mehrere Räder aufweist. Zumindest ein Teil der Räder ist antreibbar und wird während eines Betriebs des Kraftfahrzeugs zumindest zeitweise angetrieben. Grundsätzlich kann das Kraftfahrzeug eine beliebige Anzahl an Rädern aufweisen, wobei wenigstens zwei Räder vorliegen. Das Kraftfahrzeug weist mehrere Radachsen auf, welche beabstandet voneinander angeordnet sind. Jeder der Radachsen ist wenigstens eines der Räder zugeordnet. Bevorzugt sind jedoch wenigstens einer der Radachsen oder allen Radachsen jeweils mehrere der Räder zugeordnet, sodass das Kraftfahrzeug über voneinander beabstandeten Radspuren verfügt. Beispielsweise liegt das Kraftfahrzeug als Kraftwagen, insbesondere als Personenkraftwagen, Lastkraftwagen oder dergleichen vor.
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Zum Antreiben zumindest eines Teils der Räder, also wenigstens eines oder mehrerer der Räder, verfügt das Kraftfahrzeug über eine Antriebseinrichtung mit zumindest einem Antriebsaggregat. Die Antriebseinrichtung beziehungsweise das Antriebsaggregat dient dem Antreiben des Kraftfahrzeugs und insoweit dem Bereitstellen eines auf das Antreiben des Kraftfahrzeugs gerichteten Antriebsdrehmoments. Die Antriebseinrichtung ist antriebstechnisch an zumindest einen Teil der Räder, also wenigstens eines oder mehrere der Räder, angeschlossen. Das Antriebsaggregat, welches zum Bereitstellen des Antriebsdrehmoments dient, liegt beispielsweise in Form einer Brennkraftmaschine oder einer elektrischen Maschine vor.
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Jedes der Räder verfügt über einen Reifen, welcher zumindest teilweise aus einem elastischen Material besteht. Über die Reifen der Räder stützt sich das Kraftfahrzeug an einem Untergrund ab, auf welchem es sich befindet. Aufgrund dieses Abstützens sind die Reifen der Räder des Kraftfahrzeugs einer permanenten Belastung unterworfen, insbesondere während eines Fahrbetriebs des Kraftfahrzeugs, aber auch während eines Stillstands des Kraftfahrzeugs. Die Belastung ist insbesondere in der Radlast des Rads begründet. Die Radlast beschreibt, welche Kraft das Kraftfahrzeug über das entsprechende Rad auf den Untergrund ausübt beziehungsweise umgekehrt, welche Kraft der Untergrund auf den Reifen zum Abstützen des Kraftfahrzeugs ausübt.
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Die Radlast ist beispielsweise eine statische Radlast, welche aus einem Gewicht beziehungsweise einer Masse des Kraftfahrzeugs erfolgt. Auch ein während des Fahrbetriebs auf das Kraftfahrzeug wirkender Luftwiderstand und/oder eine Neigung des Untergrunds, auf welchem sich das Kraftfahrzeug befindet, kann die statische Radlast beeinflussen beziehungsweise beeinflusst sie.
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Aus der Belastung des Reifens erfolgt eine Schädigung des Reifens, welche nach einer bestimmten Betriebsdauer des Reifens zu einem Versagen des Reifens führen kann. Um einem solchen Versagen vorzubeugen, soll die Schädigung des Reifens frühzeitig erkannt werden. Sofern im Rahmen dieser Beschreibung auf den Reifen eingegangen wird, so sind die Aussagen stets auf alle Reifen übertragbar, für welche das Verfahren angewandt wird. Es ist grundsätzlich möglich, das Verfahren lediglich für genau einen Reifen, also den Reifen genau eines der Räder zu verwenden. Bevorzugt findet es jedoch für mehrere Reifen beziehungsweise die Reifen mehrerer der Räder, insbesondere aller Räder, Anwendung.
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Im Rahmen des Verfahrens wird für den jeweiligen Reifen die momentane Schädigungskenngröße ermittelt. Hierzu werden zumindest der Radschlupf des Rads und die Radlast des Rads herangezogen. Unter dem Radschlupf ist das Verhältnis der Drehzahl des Rads zu der eines nicht angetriebenen und formschlüssig mitlaufenden Rads zu verstehen. Der Radschlupf ergibt sich aus der Beziehung
wobei ω die tatsächliche Drehzahl des Rads und ω
0 eine theoretische Drehzahl des Rads beschreibt, welche bei dem formschlüssigen Mitlaufen vorliegt. Die theoretische Drehzahl ergibt sich also bei einem Rollen des Rads auf dem Untergrund ohne Gleiten.
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Die Radlast entspricht der Gewichtskraft des Kraftfahrzeugs, welche über das Rad beziehungsweise den Reifen in den Untergrund eingeleitet wird. Die statische Radlast ergibt sich aus der Gewichtskraft, die auf das Kraftfahrzeug einwirkt. Näherungsweise entspricht die Radlast der Gewichtskraft dividiert durch die Anzahl der Räder des Kraftfahrzeugs, wobei die auf jedes der Räder wirkende Kraft selbstverständlich noch durch eine Massenverteilung innerhalb des Kraftfahrzeugs beeinflusst ist. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die momentane Schädigungskenngröße umso größer ist, je größer der Radschlupf ist. Ebenso ist die momentane Schädigungskenngröße umso größer, je größer die Radlast ist.
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Beispielsweise ist die Schädigungskenngröße proportional zu dem Radschlupf und/oder der Radlast. Insbesondere ist die Schädigungskenngröße proportional zu dem mathematischen Produkt aus dem Radschlupf und der Radlast, sodass für die Schädigungskenngröße des jeweiligen Reifens die Beziehung
gilt, wobei λ den Radschlupf und F
R die Radlast des jeweiligen Rads beschreibt. Selbstverständlich kann als Beziehung S
R = λ F
R verwendet werden.
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Die auf die beschriebene Art und Weise ermittelte Schädigungskenngröße wird für den Reifen über der Zeit aufsummiert, insbesondere aufintegriert. Überschreitet die aufsummierte Schädigungskenngröße den Schwellenwert, welcher vorzugsweise reifenindividuell festgelegt ist, so wird das Warnsignal erzeugt. Unter dem Warnsignal ist ein beliebiges Signal zu verstehen, welches aufgrund des Überschreitens des Schwellenwerts durch die aufsummierte Schädigungskenngröße erzeugt wird. Beispielsweise sendet das Kraftfahrzeug das Warnsignal an ein Steuergerät, insbesondere an ein Steuergerät des Kraftfahrzeugs, sodass dieses entsprechend auf das Vorliegen des Warnsignals reagieren kann.
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Die beschriebene Vorgehensweise zum Betreiben des Kraftfahrzeugs hat den Vorteil, dass auf einfache Art und Weise frühzeitig auf ein drohendes Versagen des Reifens und entsprechend des Kraftfahrzeugs erkannt werden kann. Die benötigten Eingangsgrößen, insbesondere der Radschlupf und die Radlast, liegen üblicherweise ohnehin bereits vor. Beispielsweise werden der Radschlupf und die Radlast jeweils gemessen oder aus gemessenen Größen abgeleitet. In letzterem Fall werden sie also lediglich mittelbar gemessen, also aus einer von dem Radschlupf und der Radlast verschiedenen gemessenen Größe rechnerisch ermittelt.
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Die Erfindung sieht vor, dass bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße zusätzlich ein Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs und/oder eine eine dynamische Radlastverteilung beschreibende Lastverteilungsgröße berücksichtigt werden. Unter dem Schwimmwinkel ist ein Winkel zwischen einer Bewegungsrichtung des Kraftfahrzeugs im Schwerpunkt und einer Längsachse des Kraftfahrzeugs zu verstehen. Der Schwimmwinkel wird beispielsweise mithilfe des Einspurmodells ermittelt, nämlich unter Verwendung der Beziehung
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Wobei δV den Lenkwinkel einer Vorderradachse des Kraftfahrzeugs, IH den Abstand des Schwerpunkts des Kraftfahrzeugs von einer Hinterradachse des Kraftfahrzeugs und I den Radstand beschreibt. Je größer der Schwimmwinkel ist, umso größer ist ein Seitenradschlupf des Rads, also ein Radschlupf in seitlicher Richtung. Entsprechend ist die momentane Schädigungskenngröße umso größer, je größer der Schwimmwinkel ist.
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Zusätzlich oder alternativ wird die dynamische Radlastverteilung bei dem Ermitteln der momentanen Schädigungskenngröße berücksichtigt. Es wurde bereits erläutert, dass die Radlast bevorzugt die statische Radlast ist. Aufgrund einer Beschleunigung des Kraftfahrzeugs können sich jedoch Radlasten an den Rädern ergeben, welche von der jeweiligen statischen Radlast abweichen. Dies wird mithilfe der Lastverteilungsgröße berücksichtigt, welche die dynamische Radlastverteilung beschreibt. Beispielsweise hängt die Lastverteilungsgröße von einer Längsbeschleunigung und/oder einer Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs ab.
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Bei einer positiven Beschleunigung des Kraftfahrzeugs in dessen Längsrichtung, also bei einer Zunahme der Geschwindigkeit, werden ein Rad beziehungsweise Räder der Hinterradachse stärker kraftbeaufschlagt als ein Rad beziehungsweise Räder an einer Vorderradachse. Bei einer negativen Beschleunigung in der Längsrichtung, also einer Verzögerung des Kraftfahrzeugs, verhält sich umgekehrt. Bei einem mehrspurigen Kraftfahrzeug werden zudem bei einer Kurvenfahrt ein kurvenäußeres Rad beziehungsweise kurvenäußere Räder stärker kraftbeaufschlagt als ein kurveninneres Rad beziehungsweise kurveninnere Räder.
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Es kann vorgesehen sein, bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße zusätzlich zu dem Radschlupf und der Radlast entweder den Schwimmwinkel oder die Lastverteilungsgröße heranzuziehen, nicht jedoch die jeweils andere Größe. Bevorzugt finden jedoch sowohl der Schwimmwinkel als auch die Lastverteilungsgröße zusätzlich zu dem Radschlupf und der Radlast Berücksichtigung. Die beschriebene Vorgehensweise ermöglicht eine besonders hohe Genauigkeit der Ermittlung der Schädigungskenngröße.
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Erfindungsgemäß wird aus dem Schwimmwinkel mittels einer trigonometrischen Funktion ein Wert berechnet, welcher anschließend auf den Radschlupf aufsummiert wird. Beispielsweise ergibt sich hieraus die Beziehung
oder
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Die Lastverteilungsgröße geht hingegen derart in die Schädigungskenngröße ein, dass die Schädigungskenngröße proportional zu der Lastverteilungsgröße ist, sodass also die Beziehung
gilt, wobei f
dyn die Lastverteilungsgröße ist. Hierdurch kann eine besonders hohe Genauigkeit bei der Ermittlung der Schädigungskenngröße erreicht werden.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Schwimmwinkel und/oder die Lastverteilungsgröße anhand einer mittels eines Sensors gemessenen Beschleunigung des Kraftfahrzeugs ermittelt werden. Es wird also zunächst die Beschleunigung des Kraftfahrzeugs gemessen, beispielsweise die Längsbeschleunigung und/oder die Querbeschleunigung. Nachfolgend wird aus der Beschleunigung der Schwimmwinkel beziehungsweise die Lastverteilungsgröße bestimmt. Vorzugsweise gehen Beschleunigungen in unterschiedliche Richtungen in den Schwimmwinkel beziehungsweise die Lastverteilungsgröße ein, beispielsweise die Längsbeschleunigung und die Querbeschleunigung. Hierdurch wird eine hohe Genauigkeit bei der Ermittlung der momentanen Schädigungskenngröße erzielt.
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Die Erfindung sieht vor, dass bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße zusätzlich die Länge eines Berechnungszeitraums berücksichtigt wird, in welchem die Ermittlung durchgeführt wird. Auch der Berechnungszeitraum beziehungsweise seine Länge haben einen Einfluss auf die Belastung des Reifens und mithin auf die Schädigungskenngröße. Je länger der Berechnungszeitraum bei ansonsten gleichbleibenden Werten ist, insbesondere also bei gleichbleibendem Radschlupf und/oder bei gleichbleibender Radlast, umso größer ist die Belastung des Reifens und entsprechend die Schädigungskenngröße. Beispielsweise ist die Schädigungskenngröße proportional zu der Länge des Berechnungszeitraums, sodass die Beziehung
gilt, wobei Δt die Länge des Berechnungszeitraums beschreibt.
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Die Berücksichtigung der Länge des Berechnungszeitraums bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße ermöglicht grundsätzlich ein kontinuierliches Ermitteln und Aufsummieren der Schädigungskenngröße oder ein periodisch beziehungsweise diskret erfolgendes Ermitteln und Aufsummieren. In letzterem Fall kann das Ermitteln der aufsummierten Schädigungskenngröße in gleichmäßigen Zeitabständen oder mit unterschiedlichen Zeitabständen erfolgen, sodass also die Längen der Berechnungszeitraums entweder identisch oder voneinander verschieden sind.
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Es kann vorgesehen sein, die Schädigungskenngröße lediglich dann zu ermitteln und aufzusummieren, wenn sich eine der Eingangsgrößen, also der Radschlupf und/oder die Radlast, verändern. In diesem Fall entspricht der Berechnungszeitraum demjenigen Zeitraum, über welchen die Eingangsgröße hinweg konstant waren. In jedem Fall wird eine genaue Beschreibung der Belastung des Reifens und eine präzise Ermittlung der Schädigungskenngröße erzielt.
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Grundsätzlich ist vorgesehen, dass die Schädigungskenngröße gemäß der Beziehung
ermittelt wird, wobei λ den Radschlupf, F
R die Radlast und Δt die Länge des Berechnungszeitraums beschreibt. In anderen Worten ist die Schädigungskenngröße das Produkt aus dem Radschlupf, der Radlast und der Länge des Berechnungszeitraums. Der Radschlupf ist eine dimensionslose Größe, wohingegen die Radlast in Newton und die Länge des Berechnungszeitraums in Sekunden angegeben werden. Es ergibt sich, dass die aufsummierte Schädigungskenngröße in der Einheit Newtonsekunden vorliegt.
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Nicht erfindungsgemäß kann auch vorgesehen sein, dass die momentane Schädigungskenngröße die Länge des Berechnungszeitraums vernachlässigt, sodass also die Beziehung SR = λ FR gilt. In diesem Fall weist die momentane Schädigungskenngröße die Einheit Newton auf.
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Aufgrund des Aufsummierens der momentanen Schädigungskenngröße, welches in Form eines Aufintegrierens erfolgen kann, ergibt sich, dass die aufsummierte Schädigungskenngröße wiederum in der Einheit Newtonsekunden vorliegt. Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass mit der genannten Beziehung trotz ihres einfachen Aufbaus ein potentieller Ausfall des Reifens beziehungsweise des Kraftfahrzeugs äußerst zuverlässig vorhergesagt werden kann.
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Vollständig ausformuliert wird erfindungsgemäß für die Schädigungskenngröße die Beziehung
herangezogen, wobei die Bestandteile sin β, f
dyn und Δt wie erläutert verwendet werden.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Schwellenwert für den wenigstens einen Reifen anhand eines identischen Referenzreifens bestimmt und in einem Datenspeicher des Kraftfahrzeugs hinterlegt wird. Der Schwellenwert wird spezifisch für den Reifen ermittelt, nämlich anhand des Referenzreifens, welcher zwar ein von dem Reifen separater Reifen ist, jedoch identisch zu ihm aufgebaut ist. Als Referenzreifen wird also nicht der Reifen selbst, sondern ein anderer, dem Reifen entsprechender Reifen verwendet.
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Der Schwellenwert wird beispielsweise durch eine Dauerbelastung des Referenzreifens ermittelt, beispielsweise auf einem Prüfstand. Bevorzugt wird der Referenzreifens im Rahmen eines Referenzkraftfahrzeugs verwendet, welches identisch zu dem Kraftfahrzeug aufgebaut ist. Das Referenzkraftfahrzeug entspricht also vollständig dem Kraftfahrzeug. Beispielsweise wird das Referenzkraftfahrzeug bis zum Versagen des Referenzreifens betrieben und während des gesamten Betreibens die Schädigungskenngröße ermittelt und aufsummiert. Aus der für den Referenzreifens ermittelten aufsummierten Schädigungskenngröße wird nachfolgend der Schwellenwert ermittelt und in dem Datenspeicher des Kraftfahrzeugs hinterlegt.
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Vorzugsweise entspricht der Schwellenwert einem bestimmten Anteil der aufsummierten Schädigungskenngröße des Referenzreifens bei dessen Versagen. Es kann vorgesehen sein, dass der Schwellenwert höchstens 75 %, höchstens 60 % oder höchstens 50 % der aufsummierten Schädigungskenngröße entspricht. Umgekehrt kann es vorgesehen sein, dass der Schwellenwert mindestens 25 %, mindestens 40 % oder mindestens 50 % der aufsummierten Schädigungskenngröße entspricht. Während des Betreibens des Kraftfahrzeugs wird für den Reifen die Schädigungskenngröße ermittelt und aufsummiert und die aufsummierte Schädigungskenngröße mit dem hinterlegten Schwellenwert verglichen. Hierzu wird der Schwellenwert aus dem Datenspeicher des Kraftfahrzeugs ausgelesen. Dies ermöglicht eine präzise Vorhersage eines möglichen Ausfalls des Reifens.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass das Warnsignal einem Fahrer des Kraftfahrzeugs angezeigt wird. Der Fahrer wird insoweit auf das mögliche Versagen des Reifens frühzeitig hingewiesen. Das Warnsignal wird dem Fahrer beispielsweise optisch, akustisch und/oder haptisch angezeigt. Bevorzugt wird bei dem Auftreten des Warnsignals eine Warnleuchte aktiviert, welche lediglich durch einen manuellen Eingriff nachfolgend deaktiviert werden kann. Hierdurch ist sichergestellt, dass der Fahrer des Kraftfahrzeugs das Warnsignal zuverlässig wahrnimmt.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass bei einem Auftreten des Warnsignals eine Begrenzung eines an das Rad übertragenen Antriebsdrehmoments erfolgt. Tritt also das Warnsignal auf, so wird die Begrenzung des Antriebsdrehmoments eingeleitet und nachfolgend durchgeführt, insbesondere bis das Warnsignal manuell zurückgesetzt wird. Die Begrenzung des Antriebsdrehmoments erfolgt beispielsweise durch eine entsprechende Ansteuerung der Antriebseinrichtung durch das Kraftfahrzeug. In anderen Worten wird die Antriebseinrichtung von dem Kraftfahrzeug derart angesteuert, dass das Antriebsdrehmoments, welches an dem Rad anliegt, begrenzt ist.
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Das bei einem bestimmungsgemäßen Betrieb des Kraftfahrzeugs über das Rad absetzbare Drehmoment, also das bei dem bestimmungsgemäßen Betrieb über das Rad von dem Kraftfahrzeug auf den Untergrund übertragbare Drehmoment, kann als Maximaldrehmoment des Rads bezeichnet werden. Das Maximaldrehmoment ist insoweit das bei dem bestimmungsgemäßen Betrieb des Kraftfahrzeugs maximal über das Rad absetzbare Drehmoment.
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Beispielsweise ist die Summe der Maximaldrehmomente aller angetriebenen Räder des Kraftfahrzeugs gleich einem Istdrehmoment der Antriebseinrichtung. Das Istdrehmoment der Antriebseinrichtung teilt sich, vorzugweise gleichmäßig, auf die angetriebenen beziehungsweise antreibbaren Räder des Kraftfahrzeugs auf. Die Begrenzung des Antriebsdrehmoments erfolgt beispielsweise auf höchstens 50 %, höchstens 60 % oder höchstens 75 % des Maximaldrehmoments des jeweiligen Rads. Das an dem Rad anliegende Antriebsdrehmoment wird also nach oben auf einen dieser Werte begrenzt.
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Es kann auch vorgesehen sein, dass das Antriebsdrehmoment bei beziehungsweise nach dem Auftreten des Warnsignals in Abhängigkeit von der aufsummierten Schädigungskenngröße begrenzt wird. Hierbei wird das Antriebsdrehmoment umso stärker begrenzt, ist also umso kleiner, je größer die aufsummierte Schädigungskenngröße ist. Beispielsweise wird das Antriebsdrehmoment auf ein Drehmoment begrenzt, welches umgekehrt proportional zu der aufsummierten Schädigungskenngröße ist. Mittels der Begrenzung des Antriebsdrehmoments wird sichergestellt, dass das Kraftfahrzeug noch eine Zeit lang bewegt werden, insbesondere aus eigener Kraft eine Werkstatt erreichen kann.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass für Reifen mehrerer der Räder jeweils die momentane Schädigungskenngröße ermittelt und aufsummiert wird, wobei jede der Schädigungskenngrößen mit einem jeweiligen Schwellenwert verglichen wird und bei einem Überschreiten des Schwellenwerts durch die Schädigungskenngröße das Warnsignal erzeugt wird. Insgesamt wird das beschriebene Verfahren also für mehrere oder sogar alle der Räder des Kraftfahrzeugs durchgeführt. Für jedes der Räder wird jeweils eine momentane Schädigungskenngröße ermittelt und zu einer jeweiligen aufsummierten Schädigungskenngröße aufsummiert.
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Es werden also mehrere aufsummierte Schädigungskenngrößen ermittelt, nämlich für jedes der mehreren Räder oder sogar aller Räder. Zusätzlich ist für jedes Rad, für welches die momentane Schädigungskenngröße ermittelt und aufsummiert wird, ein separater Schwellenwert festgelegt. Die Schwellenwerte der Räder können hierbei untereinander identisch oder voneinander verschieden sein. Für jedes der Räder, für welche das ermittelnde Schädigungskenngröße erfolgt, erfolgt ein Vergleich der jeweiligen Schädigungskenngröße mit dem jeweiligen Schwellenwert. Ist die aufsummierte Schädigungskenngröße größer als der Schwellenwert, so wird das Warnsignal erzeugt.
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Bevorzugt ist es vorgesehen, nach einem Wechsel des Reifens den Schwellenwert in dem Kraftfahrzeug, insbesondere in dem Datenspeicher des Kraftfahrzeugs, zu hinterlegen. Dies kann manuell oder automatisch erfolgen.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens gemäß den Ausführungen im Rahmen dieser Beschreibung, welches über mehrere zumindest teilweise und zumindest zeitweise mittels einer Antriebseinrichtung angetriebene Räder verfügt. Dabei ist vorgesehen, dass das Kraftfahrzeug dazu vorgesehen und ausgebildet ist, für einen Reifen mindestens eines der Räder eine momentane Schädigungskenngröße aus zumindest einem Radschlupf des Rads und einer Radlast des Rads zu ermitteln und über der Zeit aufzusummieren, wobei bei einem Überschreiten eines Schwellenwerts durch die aufsummierte Schädigungskenngröße ein Warnsignal erzeugt wird. Weiterhin ist vorgesehen, dass das Kraftfahrzeug dazu vorgesehen und ausgebildet ist, bei dem Ermitteln der Schädigungskenngröße zusätzlich ein Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs und eine eine dynamische Radlastverteilung beschreibende Verteilungsgröße zu berücksichtigen, wobei die Schädigungskenngröße gemäß der Beziehung
ermittelt wird, wobei λ den Radschlupf, β den Schwimmwinkel, F
R die Radlast, f
dyn die Lastverteilungsgröße und Δt die Länge eines Berechnungszeitraums, in welchem die Ermittlung durchgeführt wird, beschreibt.
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Auf die Vorteile einer derartigen Ausgestaltung des Kraftfahrzeugs beziehungsweise einer derartigen Vorgehensweise wurde bereits hingewiesen. Sowohl das Kraftfahrzeug als auch das Verfahren zu seinem Betreiben können gemäß den Ausführungen im Rahmen dieser Beschreibung weitergebildet sein, sodass insoweit auf diese verwiesen wird.
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Die in der Beschreibung beschriebenen Merkmale und Merkmalskombinationen, insbesondere die in der nachfolgenden Figurenbeschreibung beschriebenen und/oder in den Figuren gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen, sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen. Es sind somit auch Ausführungsformen als von der Erfindung umfasst anzusehen, die in der Beschreibung und/oder den Figuren nicht explizit gezeigt oder erläutert sind, jedoch aus den erläuterten Ausführungsformen hervorgehen oder aus ihnen ableitbar sind.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert, ohne dass eine Beschränkung der Erfindung erfolgt. Dabei zeigt die einzige
- 1 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs mit mehreren Rädern.
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Die 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs 1. Dieses verfügt über eine erste Radachse 2, beispielsweise eine Vorderradachse, mit Rädern 3 und 4. Weiterhin weist das Kraftfahrzeug 1 eine zweite Radachse 5, beispielsweise eine Hinterradachse, mit Rädern 6 und 7 auf. Die Räder 3 und 4 der ersten Radachse 2 sind über ein Achsdifferentialgetriebe 8 miteinander antriebstechnisch verbunden. Analog dazu sind die Räder 6 und 7 der zweiten Radachse 5 über ein Achsdifferentialgetriebe 9 antriebstechnisch miteinander verbunden. Beispielsweise verfügt das Achsdifferentialgetriebe 8 über Ausgangswellen 10 und 11, das Achsdifferentialgetriebe 9 über Ausgangswellen 12 und 13. An die Ausgangswelle 10 ist das Rad 3, an die Ausgangswelle 11 das Rad 4, an die Ausgangswelle 12 das Rad 6 und an die Ausgangswelle 13 das Rad 7 angebunden, vorzugsweise starr und/oder permanent.
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Neben den Ausgangswellen 10, 11, 12 und 13 verfügen die Achsdifferentialgetriebe 8 und 9 über Eingangswellen 14 und 15. Diese dienen als Ausgangswellen eines Mittendifferentialgetriebes 16 beziehungsweise sind an diese antriebstechnisch angeschlossen. Über das Mittendifferentialgetriebe 16 ist den Achsdifferentialgetrieben 8 und 9 ein Antriebsdrehmoment einer Antriebseinrichtung zuführbar. Beispielsweise liegt das Achsdifferentialgetriebe 9 als geregeltes Achsdifferentialgetriebe vor. Analog dazu kann das Mittendifferentialgetriebe 16 als regelbares Mittendifferentialgetriebe ausgeführt sein. Das Achsdifferentialgetriebe 8 ist dagegen bevorzugt ein ungeregeltes beziehungsweise nicht abschaltbares Achsdifferentialgetriebe.
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Es ist nun vorgesehen, für einen Reifen wenigstens eines der Räder 3, 4, 6 und 7, bevorzugt für die Reifen aller Räder 3, 4, 6 und 7, jeweils eine momentane Schädigungskenngröße zu ermitteln. Dies erfolgt auf Grundlage eines Radschlupfs und einer Radlast des jeweiligen Rads 3, 4, 6 beziehungsweise 7. Die momentane Schädigungskenngröße wird für jedes der Räder 3, 4, 6 und 7 separat über der Zeit aufsummiert. Überschreitet die jeweils aufsummierte Schädigungskenngröße einen Schwellenwert, so wird ein Warnsignal erzeugt. Beispielsweise wird dieses Warnsignal einem Fahrer des Kraftfahrzeugs 1 angezeigt.
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Mit der beschriebenen Vorgehensweise wird sichergestellt, dass ein Ausfall beziehungsweise ein Versagen des Reifens beziehungsweise der Reifen und mithin des Kraftahrzeugs 1 zuverlässig verhindert wird. Hierzu sind die Schwellenwerte für die Reifen entsprechend gewählt. Ein Liegenbleiben des Kraftahrzeugs 1 aufgrund eines ohne äußere Einflüsse ausgefallen Reifens wird somit zuverlässig unterbunden.
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BEZUGSZEICHENLISTE:
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Radachse
- 3
- Rad
- 4
- Rad
- 5
- Radachse
- 6
- Rad
- 7
- Rad
- 8
- Achsdifferentialgetriebe
- 9
- Achsdifferentialgetriebe
- 10
- Ausgangswelle
- 11
- Ausgangswelle
- 12
- Ausgangswelle
- 13
- Ausgangswelle
- 14
- Eingangswelle
- 15
- Eingangswelle
- 16
- Mittendifferentialgetriebe