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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von additiv gefertigten Bauteilen durch mehrfaches Auftragen von Material durch eine Auftragsvorrichtung.
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Additive Fertigungsverfahren wie z. B. der 3 D-Druck kommen heute in unterschiedlichen Ausprägungen bei der Fertigung von Bauteilen und ganzen Produkten zur Anwendung. Diese additiven Fertigungsverfahren unterscheiden sich hauptsächlich hinsichtlich Energieeintrag, wie z. B. über Laser, Elektronenstrahlen, hinsichtlich der Materialverwendung, wie z. B. Metalle, Tinten, Kunststoffe, hinsichtlich des Zustands des verwendeten Materials, wie z. B. Pulver, Flüssigkeiten oder Drähte und hinsichtlich der Anwendung von Materialkombinationen, wie z. B. das Einlegen von Fasern oder Nanopartikeln in Tinten. Die Aushärtung bzw. das Finishing erfolgt häufig mittels UV-Licht, es ist aber auch eine Kombination verschiedener Aushärtungsverfahren z. B. chemisch-thermisch möglich. Die additiven Fertigungsverfahren haben den Nachteil, dass die Oberflächen des zu fertigenden Werkstücks ziemlich rau und wellig sind und sich so eine glatte Oberfläche während der Herstellung so gut wie nicht darstellen lässt.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von additiv gefertigten Bauteilen durch mehrfaches Auftragen von Material durch eine Auftragsvorrichtung zu schaffen, bei dem eine Oberfläche des additiv gefertigten Bauteils in ihrer gewünschten Rauheit bzw. Glattheit hergestellt werden kann.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch Patentanspruch 1 gelöst, vorteilhafte Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen, der Beschreibung und den Figuren. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das additiv aufgetragene Material auf eine Hilfsform aufgebracht, die vor oder während des Herstellungsprozesses eingebracht wird. Diese Hilfsform weist eine vorgegebene Oberflächenstruktur mit der gewünschten Rauigkeit oder Glattheit auf, so dass diese gewünschte vorgegebene Oberflächenstruktur während der additiven Fertigung zumindest teilweise der Oberfläche des Bauteils aufgeprägt wird. Über diese Hilfsform lässt sich nun die gewünschte Oberflächenstruktur des additiv gefertigten Bauteils präzise einstellen. Damit ist es auch in einer additiven Fertigung, welche Kunststoff oder Tinte aufträgt, möglich, auch eine gewünschte glatte oder raue Oberfläche herzustellen. Dies geschieht dadurch, dass während des additiven Fertigungsprozesses das additiv aufgetragene Material die Hilfsform zumindest teilweise formschlüssig umhüllt, so dass die Oberflächenstruktur der Hilfsform an der Grenzfläche zum additiv gefertigten Bauteil aufgeprägt wird.
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In einer ersten Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Oberfläche der Hilfsform eine Rauigkeit von weniger als 5 µm Ra oder von weniger als 25 µm Rz aufweist. Auf diese Art und Weise kann durch die Hilfsform der Oberfläche des additiv gefertigten Bauteils eine glatte Oberfläche aufgeprägt werden, welche durch die heutigen additiven Fertigungsverfahren, welche Kunststoff oder Tinte als aufzutragendes Material verwenden, nicht erreicht wird.
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Hilfsform durch ihre Oberfläche dem additiv zu fertigenden Bauteil zumindest teilweise dessen Oberfläche in Bezug auf Form bzw. Formabweichung, Welligkeit, primäre oder sekundäre Rauheit aufprägt. Diese genannten Eigenschaften der Oberfläche werden auch als Ordnungen 1 bis 4 der Oberflächengestaltung bezeichnet. Die erste Ordnung der Gestaltabweichung stellt dabei sogenannte Formabweichung dar. Die zweite Ordnung bezieht sich auf die Welligkeit und die dritte und die vierte Ordnung auf die primäre bzw. sekundäre Rauheit. Auf diese Art und Weise kann die Oberfläche des additiv zu fertigenden Bauteils sowohl in Bezug auf ihre Grobstruktur als auch ihre Feinstruktur durch die Hilfsform, welche diese entsprechenden Strukturen aufprägt, gezielt gefertigt werden.
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Des Weiteren ist vorgesehen, dass die Hilfsform von dem additiv zu fertigenden Bauteil zumindest teilweise formschlüssig umhüllt ist und dass die Hilfsform am Ende des Herstellungsprozesses entfernt wird. Auf diese Art und Weise ist die hergestellte Oberfläche des additiv gefertigten Bauteils nach Beendigung des Herstellungsprozesses frei zugänglich, indem die Hilfsform entweder entfernt wird oder alternativ aufgelöst wird. Dies kann z. B. durch Wegätzen oder einen Schmelzungsprozess geschehen.
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Des Weiteren ist es möglich, dass der additive Fertigungsprozess nach dem Entfernen der Hilfsform weitergeführt wird, wobei hier auch weitere Hilfsformen zum Einsatz kommen können. Grundsätzlich können mehrere Hilfsformen hintereinander oder nebeneinander während des Fertigungsprozesses zum Einsatz kommen, um dem additiv zu fertigenden Bauteil die gewünschte Oberfläche bzw. den gewünschten Hohlraum aufzuprägen.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass die Hilfsform vor dem Einbringen in den Herstellungsprozess vorbehandelt wird. Diese Vorbehandlung dient dazu, der Hilfsform eine gute Benetzbarkeit zu verschaffen, so dass zwischen der Oberfläche der Hilfsform und der Oberfläche des additiv zu fertigenden Bauteils ein besonders guter Formschluss hergestellt wird. Durch diesen besonders guten Formschluss kann die Oberflächenstruktur der Hilfsform dem additiv zu fertigenden Bauteil besonders präzise aufgeprägt werden.
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In einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass die Hilfsform durch ein Temperiermittel in ihrer Temperatur eingestellt wird. Dabei kann die Hilfsform gekühlt oder erwärmt werden, indem die Hilfsform vor dem Fertigungsprozess auf die gewünschte Temperatur gebracht wird. Weiterhin ist es auch möglich, in der Hilfsform ein Temperiermittel zum Heizen oder Kühlen unterzubringen, welches von außen die Hilfsform mit Wärme oder Kälte versorgt und so die Hilfsform auf die gewünschte Temperatur bringt. Insbesondere kann ein elektrisches Heizelement in der Hilfsform untergebracht werden. Weiterhin kann in der Hilfsform auch ein Wärmespeicher untergebracht werden, welcher z. B. eine heiße oder kühle Flüssigkeit enthält, um so die Hilfsform auf der gewünschten Temperatur zu halten.
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In einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass die Hilfsform einen Sensor enthält, dessen Signale zur Steuerung des additiven Fertigungsprozesses verwendet werden. Dieser Sensor ist bevorzugt ein elektrischer Sensor, welcher seine Messwerte nach außen entweder drahtgebunden oder drahtlos kommuniziert. So kann dieser Sensor z. B. als Temperatursensor ausgebildet sein, um so die Temperatur der Hilfsform während der additiven Fertigung zu erfassen. Auf diese Art und Weise kann der Temperatursensor dazu genutzt werden, ein in der Hilfsform enthaltenes Temperiermittel zu steuern und so die Hilfsform auf der gewünschten Temperatur zu halten. Weiterhin können die Signale des Sensors auch genutzt werden, um die Umgebungstemperatur des Herstellungsprozesses zu steuern, indem die Signale des Sensors an einen Steuerungsrechner der Auftragsvorrichtung zur Herstellung des additiv gefertigten Bauteils gesendet werden. Anstelle oder zusätzlich zu dem Sensor kann auch eine Aktuatorik eingebracht werden, welche bestimmte Bewegungen vornehmen kann. Des Weiteren kann die Hilfsform auch Sprengstoff enthalten.
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In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass während des additiven Herstellungsprozesses neben der Hilfsform weitere Elemente eingebracht werden, welche nach Beendigung des Herstellungsprozesses in dem Bauteil verbleiben. Diese weiteren Elemente dienen insbesondere als Strukturverstärker in Form von Armierungen, um dem Bauteil zusätzliche Stabilität zu verleihen. Weiterhin können auch Hülsen zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit nach Beendigung des Herstellungsvorgangs in dem additiv gefertigten Bauteil verbleiben, ebenso Gewindeeinsätze, welche der Verschraubung des additiv gefertigten Bauteils mit anderen Bauteilen dienen.
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Außer Gewinden oder Feingewinden können natürlich auch andere Funktionalitäten eingebracht werden, wie etwa eine besondere Oberflächenglätte, eine besondere Oberflächentextur. Dabei ist auch das Einbringen einer bildgebenden, etwa einer diffraktiven/hologrammartigen oder einer bionischen Textur zur leichteren Reinigung der Oberfläche über Lotusblüten-artige oder Haifischhaut-artige Texturen möglich. Eine besondere Oberflächenkontur, die für die Funktionalität des Bauteils von Interesse sind, ist ebenfalls möglich, Beispiele dafür sind Helix-förmige Nuten in einem Gewehrlauf, die dem Projektil einen Drall geben, oder die Flankenkontur bei Zahnrändern von Maschinen, die zu mehr Laufruhe der Maschine beitragen.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand zweier Figuren näher beschrieben und erläutert.
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Es zeigen:
- 1 einen Ablaufplan für ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren additiv gefertigtes Bauteil und
- 2 den prinzipiellen Aufbau der Oberflächenstruktur eines additiv gefertigten Bauteils.
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In 1 ist der prinzipielle Ablauf eines additiven Fertigungsprozesses bei der Verwendung von Kunststoff als aufzutragendes Material 3 abgebildet. Bei dem aufzutragenden Material 3 handelt es sich um eine Art Tinte aus Kunststoff, welche mittels eines Druckkopfs 4 aufgetragen wird. Dabei wird zunächst die Hilfsform 2, welche z. B. ein Gewindeelement darstellt, das sich während des Fertigungsprozesses in dem additiv gefertigten Bauteil 1 abbilden soll, auf einer Bauplattform befestigt. In 1 ist zu erkennen, wie das Bauteil 1 durch mehrfaches Auftragen von Tinte 3 anwächst, die aufgetragene Tinte 3 wird dabei unmittelbar nach dem Auftragen durch einen UV-Trockner 5 verfestigt. Der Druckkopf 4 kann dabei über dem zu fertigenden Bauteil 1 auf der Hilfsform 1 hin- und hergefahren werden, um die Hilfsform 2 großflächig zu bedecken. Ganz rechts in 1 ist zu erkennen, wie das fertig produzierte Bauteil 1 am Schluss des Herstellungsprozesses von der Hilfsform 2 abgenommen wird, wobei zu erkennen ist, dass sich die Oberfläche der Hilfsform 2 auf die untere Oberfläche des Bauteils 1 übertragen hat. Die Hilfsform 2 verbleibt nach Beendigung des Herstellungsprozesses auf der Bauplattform und kann für die Herstellung des nächsten Bauteils 1 wiederverwendet werden. Die Bauplattform kann dabei feststehend oder auch rotierend sein.
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Wenn die Hilfsform 2 nicht fest auf der Bauplattform verbleibt, so kann das Bauteil 1 auch zunächst samt der Hilfsform 2 von der Bauplattform abgenommen werden und die Hilfsform 2 kann mechanisch z. B. durch ein Herausschrauben der Hilfsform 2 in Form eines Gewindeelementes entfernt werden. Selbstverständlich ist es möglich, anschließend die Oberfläche des Bauteils 1 weiter zu behandeln, indem ein finales Finishing erfolgt, indem die Oberfläche lackiert oder beschichtet wird.
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In 2 ist die Oberfläche des Bauteils 1, welche mit der Hilfsform 2 in Kontakt war, näher dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Oberflächenstruktur eines additiv gefertigten Bauteils 1 sehr komplex sein kann, insbesondere vier Ordnungen aufweisen kann. Die erste Ordnung stellt dabei die Grundform 1a dar. Die zweite Ordnung bezeichnet die Welligkeit 1b des Bauteils 1. Die Welligkeit 1b des Bauteils 1 wird wiederum von der sogenannten primären Rauheit 1c überlagert, welche selbst noch feiner definiert von der sekundären Rauheit 1d überlagert ist. Dieses Modell mit den vier Ordnungen zeigt, wie komplex eine Oberfläche aufgebaut sein kann, welche mittels der Hilfsform 2 dem additiv zu fertigenden Bauteil 1 durch das erfindungsgemäße Verfahren aufgeprägt werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bauteil
- 1a
- Form
- 1b
- Welligkeit
- 1c
- primäre Rauheit
- 1d
- sekundäre Rauheit
- 2
- Hilfsform
- 3
- Tinte
- 4
- Druckkopf
- 5
- UV-Trockner