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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen sowie ein Schwarzstartverfahren für Offshore-Energiesysteme.
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Stand der Technik
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Die elektrische Anbindung von Offshore-Energiesystemen, insbesondere Offshore-Windparks (OWP), welche sich zumeist im Küstenvorfeld in einer Entfernung von etwa 50 km bis mehr als 200 km vom nächstgelegenen Netzanschlusspunkt auf dem Festland befinden, verursacht neben hohen Kosten für den Aufbau und Betrieb von OWP einen wesentlichen Anteil an den Stromgestehungskosten. Zur Anbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen werden zumeist Seekabel eingesetzt. Eine Übertragung der von Offshore-Energiesystemen erzeugten Energie mittels Hochspannungs-Wechselstrom-Übertragung (HWÜ; englisch „high voltage alternating current“, HVAC) ist aufgrund des strukturellen Aufbaus von Seekabeln jedoch nicht möglich. Die durch die Seekabel erzeugten hohen Kapazitäten verhindern einen wirtschaftlichen Betrieb mit Wechselspannung bei Übertragungsstrecken mit Längen von mehr als einigen 100 km.
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Daher erfolgt eine Übertragung der erzeugten Offshore-Energie zumeist mittels Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ; englisch „high voltage direct current“, HVDC). Hierzu werden Voltage Source Converter (VSC) als selbstgeführte Umrichter eingesetzt. Eine von einem Offshore-Energiesystem eingehende Wechselspannung wird dabei in eine Gleichspannung gewandelt, diese über eine HGÜ-Leitung übertragen und mittels eines Wechselrichters am Ende der HGÜ-Leitung in eine an ein Landstromnetz abgehende Wechselspannung gewandelt. Eine HGÜ-Übertragung hat den Vorteil, dass die auftretenden Leitungsverluste alleine auf den Ohm'schen Widerstand des Wirkstroms beschränkt sind und nicht durch die bei einer herkömmlichen HWÜ-Übertragung zusätzlich auftretenden Blindleistungsverluste (Ladeleistung des Kabels) bestimmt sind.
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Als besonders zuverlässig und verlustarm haben sich VSC auf Basis von Diodengleichrichtern zur Umwandlung der eingehenden Wechselspannung in eine Gleichspannung erwiesen. Aus T. Hammer et al., „Diode-Rectifier HVDC link to onshore power systems: Dynamic performance of wind turbine generators and Reliability of liquid immersed HVDC Diode Rectifier Units“, CIGRE Session 46, B4-121 (2016) ist ein HGÜ-System mit Diodengleichrichtern bekannt. Der wesentliche Vorteil einer Verwendung von Diodengleichrichtern in VSC ist, dass diese deutlich kostengünstiger als herkömmliche Gleichrichtersysteme sind. Zudem arbeiten Diodengleichrichter zumeist auch effizienter.
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Eine Schwierigkeit stellt allerdings insbesondere der Schwarzstart, d. h. das Anfahren der Offshore-Energiesysteme nach einem vollständigen Ausfall der Energieerzeugung, bei solchen Offshore-Energiesystemen unter Verwendung eines HGÜ-Systems mit Diodengleichrichter dar. Bei T. Hammer et al. wird hierzu über eine parallele HWÜ-Verbindung eine vom Landstromnetz eingehenden Wechselspannung an das Offshore-Energiesystem über die HWÜ-Strecke zum Starten des Offshore-Energiesystems übertragen. Nach dem Starten des Offshore-Energiesystems ist eine Trennung der HWÜ-Strecke erforderlich. Die vom Offshore-Energiesystem erzeugte Energie wird dann vollständig mittels HGÜ an das Landstromnetz übertragen.
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Da es nicht möglich ist, eine Steuerung der Trennung auf der HGÜ-Strecke zu implementieren, muss das Offshore-Energiesystem die Steuerungsfunktionen übernehmen. Dies stellt eine besondere Herausforderung für das Offshore-Energiesystem dar und kann einen stabilen Betrieb verhindern. Auch sollten bei der Verwendung von HGÜ-Systemen mit Diodengleichrichter die Reglungssysteme des Offshore-Energiesystems (z. B. Turbinenkontrolle am Windrad), daran angepasst werden. Ein Ausbleiben dieser Anpassung kann den stabilen Betrieb des Offshore-Energiesystems negativ beeinflussen. Weiterhin könnte es nach dem Starten des Offshore-Energiesystems vor dem Trennen der HWÜ-Strecke kurzzeitig zu einem parallelen Betrieb von HWÜ- und HGÜ-Strecke kommen. Dabei könnte ein sehr starker Einschaltstrom auftreten, der sich ebenfalls negativ auf den stabilen Betrieb des Offshore-Energiesystems auswirken kann.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Probleme des Standes der Technik zu überwinden oder zumindest zu verringern und insbesondere eine Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen bereitzustellen, welche einen stabilen Betrieb eines Offshore-Energiesystems bei Verwendung eines HGÜ-Systems mit Diodengleichrichter ermöglich und das dynamische Verhalten des Offshore-Energiesystems während des Startens und im Betrieb verbessert.
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Diese Aufgaben werden erfindungsgemäß durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche 1 und 5 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung sind in den jeweiligen Unteransprüchen enthalten.
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Eine erfindungsgemäße Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen umfasst eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-, HGÜ-, Strecke, dazu eingerichtet, mittels eines Diodengleichrichters eine von einem Offshore-Energiesystem eingehende Wechselspannung in eine Gleichspannung zu wandeln, diese über eine HGÜ-Leitung (insbesondere ein HWÜ-Kabel, z. B. ein HWÜ-Unterseekabel) zu übertragen und mittels eines Wechselrichters am Ende der HGÜ-Leitung in eine an ein Landstromnetz abgehende Wechselspannung zu wandeln; und eine Hochspannungs-Wechselstrom-Übertragungs-, HWÜ-, Strecke, dazu eingerichtet, eine von dem Landstromnetz eingehende Wechselspannung über eine HWÜ-Leitung an das Offshore-Energiesystem zu übertragen. Die HWÜ-Strecke umfasst dabei einen Phasenschiebertransformator, PST, dazu eingerichtet, den Leistungsfluss zwischen dem Offshore-Energiesystem und dem Landstromnetz zu steuern.
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Vorzugsweise handelt es bei einem Offshore-Energiesystem um einen Offshore-Windpark. Eine HWÜ-Strecke dient der leitungsgebundenen Leistungsübertragung einer Hochspannungs-Wechselspannung. Unter einer HWÜ wird dabei jede Form einer Wechselstromübertragung verstanden. Insbesondere kann es sich bei einer HWÜ um eine Hochspannungs-Drehstrom-Übertragung (HDÜ) handeln. Die HWÜ wird genutzt, um einen einfachen Start bzw. Schwarzstart des Offshore-Energiesystems zu ermöglichen.
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Phasenschiebertransformatoren, welche auch als Querregeltransformatoren bezeichnet werden, zählen im Bereich Energiesysteme zum Stand der Technik. Daher ist die Funktionsweise von PST dem Fachmann hinlänglich bekannt. Für weitere Einzelheiten wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen (z. B. W. Seitlinger, „Phasenschieber-Transformatoren-Diskussion spezieller Eigenschaften“, Elektrotech. Inftech. 115, 662-665 (1998); T. Nacht, „Lastflussbasierte Optimierungsalgorithmen in der Elektrizitätswirtschaft“, Graz (2010)).
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Mittels eines erfindungsgemäß in die HWÜ-Strecke integrierten PST kann der elektrische Lastfluss auf der HWÜ-Strecke, insbesondere bei einer HDÜ, gezielt gesteuert werden. Dadurch kann in der Startphase des Offshore-Energiesystems der Lastfluss zur Vermeidung von in der HWÜ-Leitung auftretenden Lastspitzen aktiv geregelt werden. Jedoch kann auch nach der Startphase der Leistungsfluss zwischen dem Offshore-Energiesystem und dem Landstromnetz zur Vermeidung von Stromspitzen aktiv gesteuert und ausgeregelt werden. Eine Trennung der HWÜ-Strecke insbesondere nach einem Schwarzstart des Offshore-Energiesystems wie im Stand der Technik ist somit nicht erforderlich.
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In der Startphase des Offshore-Energiesystems lässt sich mittels eines in die HWÜ-Strecke integrierten PST die Spannung an der HWÜ-Leitung schrittweise hochfahren, so dass dadurch der Einschaltstrom über die HWÜ-Strecke bis auf ein zulässiges Minimum reduziert werden kann. Bevorzugt kann die Spannung an der HWÜ-Leitung dabei in mehreren gleichartigen oder variablen Schritten von 0 V auf die erforderliche Maximalspannung erhöht werden. Beispielsweise kann eine stufenförmige Erhöhung der Spannung um jeweils 10 % der Maximalspannung alle 10 Sekunden erfolgen, so dass erst nach etwa 100 Sekunden die erforderliche Maximalspannung an der HWÜ-Leitung anliegt.
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Nach dem Starten des Offshore-Energiesystems kann eine Übertragung einer von einem Offshore-Energiesystem eingehenden Wechselspannung an das Landstromnetz parallel über die HGÜ-Strecke erfolgen. Wird die HWÜ-Strecke nicht getrennt, dann könnte im Normalbetrieb und insbesondere im Falle eines Fehlers die gesamte erzeugte Leistung des Offshore-Energiesystems über die HWÜ-Strecke an das Landstromnetz übertragen werden. Da typische HWÜ-Leitungen jedoch zumeist nur für Übertragungen von ca. 10 MVA bis max. 50 MVA an Leistung ausgelegt sind, könnte durch eine solche HWÜ-Übertragung ein erheblicher Überstrom bzw. eine Überlast verursacht werden. Über einen in die HWÜ-Strecke integrierten PST kann ein Überstrom wirksam unterbunden und die Übertragungsstrecke dadurch geschützt werden.
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Die Idee der Erfindung basiert auf dem zusätzlichen Einbau eines PST in die HWÜ-Strecke einer Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen als HGÜ-System mit Diodengleichrichter gemäß Stand der Technik. Dadurch können sowohl ein sicherer Schwarzstart der Offshore-Energiesysteme als auch ein stabiler Betrieb bei HGÜ-System mit Diodengleichrichter ermöglicht werden.
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Vorzugsweise werden die HWÜ-Strecke und die HGÜ-Strecke in allen Betriebszuständen des Offshore-Energiesystems parallel betrieben. Dies kann neben dem Schwarzstart vor allem den Betrieb und das Herunterfahren betreffen.
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Vorzugsweise ist der Diodengleichrichter von Esterflüssigkeit umgeben. Diese hat hervorragende Isolationseigenschaften, ist langlebig, biologisch abbaubar, schwierig zu entflammen und nicht wassergefährdend. Daher ist Esterflüssigkeit besonderes für den anspruchsvollen Einsatz bei Offshore-Energiesystemen geeignet. Als Grundlage hierfür können leicht verfügbare Pflanzenöle genutzt werden.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Startverfahren (insbesondere ein Schwarzstartverfahren) für Offshore-Energiesysteme, wobei ein Offshore-Energiesystem über eine erfindungsgemäße Verbindung mit einem Landstromnetz verbunden ist. Es umfasst die Übertragung einer vom Landstromnetz eingehenden Wechselspannung an das Offshore-Energiesystem über die HWÜ-Strecke zum Starten des Offshore-Energiesystems, wobei eine Regelung des Leistungsflusses zwischen dem Landstromnetz dem Offshore-Energiesystem über den PST erfolgt und die Übertragung einer von einem Offshore-Energiesystem eingehende Wechselspannung an das Landstromnetz über die HGÜ-Strecke nach dem Starten des Offshore-Energiesystems. Bevorzugt umfasst ein erfindungsgemäßes Verfahren weiterhin die Regelung des Leistungsflusses vom Offshore-Energiesystem zum Landstromnetz über den PST.
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Die Vorteile eines erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich unmittelbar aus den oben beschriebenen Vorteilen der einzelnen Verbindungsmerkmale.
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Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den in den Unteransprüchen genannten Merkmalen.
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Die verschiedenen in dieser Anmeldung genannten Ausführungsformen der Erfindung sind, sofern im Einzelfall nicht anders ausgeführt, mit Vorteil miteinander kombinierbar.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird nachfolgend in einem Ausführungsbeispiel anhand der zugehörigen Zeichnung erläutert. Es zeigt:
- 1 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen und Landstromnetzen.
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Ausführliche Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Verbindung zwischen Offshore-Energiesystemen 10 und Landstromnetzen 20. Bei dem Offshore-Energiesystem 10 kann es sich insbesondere um einen Offshore-Windpark handeln.
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Die Verbindung umfasst eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-, HGÜ-, Strecke 30, dazu eingerichtet, mittels eines Diodengleichrichters 32 eine von dem Offshore-Energiesystem 10 eingehende Wechselspannung in eine Gleichspannung zu wandeln, diese über eine HGÜ-Leitung 34 zu übertragen und mittels eines Wechselrichters 36 am Ende der HGÜ-Leitung 34 in eine an ein Landstromnetz 20 abgehende Wechselspannung zu wandeln; und eine Hochspannungs-Wechselstrom-Übertragungs-, HWÜ-, Strecke 40, dazu eingerichtet, eine von dem Landstromnetz 20 eingehende Wechselspannung über eine HWÜ-Leitung 42 an das Offshore-Energiesystem 10 zu übertragen. Die HWÜ-Strecke 40 umfasst erfindungsgemäß einen Phasenschiebertransformator 40, PST, dazu eingerichtet, den Leistungsfluss zwischen dem Offshore-Energiesystem 10 und dem Landstromnetz 20 zu steuern.
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Die HWÜ-Strecke 40 und die HGÜ-Strecke 30 können in allen Betriebszuständen des Offshore-Energiesystems 10 parallel betrieben werden, d. h. eine Trennung der HWÜ-Strecke 40 insbesondere nach einem Schwarzstart des Offshore-Energiesystems 10 ist nicht erforderlich.
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Ein Start des Offshore-Energiesystems 10 kann über eine Übertragung einer vom Landstromnetz 20 eingehenden Wechselspannung an das Offshore-Energiesystem 10 über die HWÜ-Strecke 40 erfolgen, wobei eine Regelung des Leistungsflusses zwischen dem Landstromnetz 20 dem Offshore-Energiesystem 10 über den PST 44 erfolgt. Nach dem Starten des Offshore-Energiesystems 10 kann eine Übertragung einer von einem Offshore-Energiesystem 10 eingehenden Wechselspannung an das Landstromnetz 20 parallel über die HGÜ-Strecke 30 erfolgen. Vorzugsweise erfolgt dabei eine Regelung eines anteiligen Leistungsflusses vom Offshore-Energiesystem 10 zum Landstromnetz 20 über den PST 44. Dadurch wird ein stabiler Betrieb eines Offshore-Energiesystems 10 unter Verwendung eines HGÜ-Systems mit Diodengleichrichter 32 ermöglich und das dynamische Verhalten des Offshore-Energiesystems 10 während des Startens und im Betrieb wird verbessert.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Offshore-Energiesystem (z. B. Offshore-Windpark)
- 20
- Landstromnetz
- 30
- Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Strecke (HGÜ-Strecke)
- 32
- Diodengleichrichter
- 34
- HGÜ-Leitung
- 40
- Hochspannungs-Wechselstrom-Übertragungs-Strecke (HWÜ-Strecke)
- 42
- HWÜ-Leitung
- 44
- Phasenschiebertransformator (PST)