-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Koordinatenmessgerät zum dimensionellen Messen eines Werkstücks.
-
Koordinatenmessgeräte, insbesondere mit taktilen und/oder optischen Messsensoren, werden in der dimensionellen Messtechnik verwendet, um die Form einer Werkstückoberfläche, beispielsweise durch Abtastung, zu bestimmen. Da die dimensionelle Messtechnik im Regelfall in Industriezweigen Anwendung findet, in denen sehr hohe Genauigkeiten, beispielsweise für nachfolgende Bearbeitungsschritte oder zur Qualitätssicherung erforderlich sind, ist eine fehlerfreie Funktionsweise und Anbringung der Messsensorik sowie der zu vermessenden Werkstücke über die gesamte Lebensdauer zu gewährleisten.
-
Insbesondere in der industriellen Koordinatenmesstechnik kommt es u.a. aufgrund der Vielseitigkeit in der Geometrie und Dimension der zu messenden Teile bzw. Werkstücke zunehmend zu einer Erhöhung der Anforderungen an Genauigkeit, Flexibilität und Kompaktheit der Messgeräte bzw. des Messaufbaus.
-
Insbesondere in der Karosseriemesstechnik kommen häufig sogenannte Horizontalarm-Messgeräte zum Einsatz. Bei derartigen Horizontalarm-Messgeräten handelt es sich meist um Koordinatenmessgeräte in Ständerbauweise. Sie weisen einen oder mehrere Ständer auf, die im Allgemeinen parallel zur Längsachse der zu vermessenden Karosserie verfahrbar sind. An diesen Ständern befindet sich eine höhenverstellbare Lagerung. In dieser Lagerung liegt wiederum verstellbar der sogenannte Horizontalarm, der in der Waagerechten in den eigentlichen Messraum verschoben werden kann. Am Ende dieses Horizontalarms befinden sich einer oder mehrere Messsensoren zum Messen des Werkstücks. Der Messsensor bzw. die Messsensoren sind ggf. um einen oder auch um mehrere Achsen drehbar an dem Horizontalarm angebracht. Auf diese Weise wird für den Messsensor bzw. die Messsensoren im Allgemeinen eine Fünf-Achs-Zustellung realisiert. Somit lässt sich die Sensorik jedem Punkt im Volumen aus jeder Richtung zustellen (abzüglich dem Eigenvolumen des Messsensors verlängert um seinen Arbeitsabstand, mit anderen Worten: abzüglich seinem Tool-Vektor).
-
Ein Problem dieser Bauweise ist der mit ihr einhergehende Flächenverbrauch und die sogenannte Hinterraumgefährdung. Der Gefahrenbereich ist nämlich doppelt so groß wie das Messraumvolumen, da sich der Horizontalarm während der Bewegung des Koordinatenmessgeräts nicht nur nach vorne hin in das Messraumvolumen hinein bewegt, sondern auch auf der gegenüberliegenden Seite nach hinten aus dem Ständer hinaus bewegt wird. Ist der Horizontalarm beispielsweise vollständig aus dem Messraumvolumen zurückgezogen, so ragt dieser vollständig nach hinten hin aus dem Ständer heraus. Dies ist nicht nur ineffizient aus Fabrikflächennutzungssicht, sondern auch in Bezug auf die Arbeitssicherheit als überaus gefährlich zu erachten.
-
Auch aus technischer Sicht ist die oben beschriebene, herkömmliche Bauweise eines Horizontalarm-Messgeräts nicht optimal. Da die Systemgenauigkeit maßgeblich von der Genauigkeit der Bekanntheit der Sensorposition und -lage abhängt, kommen typischerweise sehr massive Horizontalarme mit konstantem Querschnitt zum Einsatz. Anders wäre eine Präzisionslagerung des Horizontalarms kaum möglich. Eine konische Ausgestaltung des Horizontalarms bzw. eine in Richtung des Messraumvolumens abnehmende Wandstärke des Horizontalarms als Ausgleich für den zuvor genannten Effekt wird im Allgemeinen nicht angewendet. Dies ist für den dynamischen Betrieb der Maschine nicht günstig, da es zu einer deutlichen Massenvorverlagerung kommt, wenn der Horizontalarm ausgefahren wird.
-
Das zuletzt genannte Problem könnte u.U. durch die Verwendung von Horizontalarmen in Metallschaumbauweise gelöst oder zumindest abgemildert werden. Eine derartige Bauweise der Horizontalarme würde es erlauben, die gleichen Steifigkeiten mit deutlich geringeren Massen zu realisieren. Das grundsätzliche Problem der Hinterraumgefährdung durch den im Zweifelsfall um die Messraumtiefe nach hinten hinausragenden Horizontalarm lässt sich damit aber nicht lösen.
-
Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Koordinatenmessgerät bereitzustellen, das die oben genannten Probleme löst. Dabei ist es insbesondere eine Aufgabe, ein Koordinatenmessgerät herzustellen, das das oben genannte Problem der Hinterraumgefährdung löst und dennoch hohe Messgenauigkeiten ermöglicht.
-
Diese Aufgabe wird gemäß einem Aspekt der vorliegenden Erfindung durch ein Koordinatenmessgerät zum dimensionellen Messen eines Werkstücks gelöst, wobei das Koordinatenmessgerät folgende Bauteile aufweist:
- - eine Werkstückaufnahme zur Aufnahme des Werkstücks;
- - einen Ständer, wobei die Werkstückaufnahme und der Ständer relativ zueinander entlang einer ersten Achse verfahrbar sind;
- - einen Arm, der an dem Ständer gelagert ist und gegenüber diesem entlang einer zweiten Achse quer zu der ersten Achse verfahrbar ist;
- - einen Messsensor, der an dem Arm angeordnet ist und dazu eingerichtet ist, ein erstes Messsignal zu erfassen; und
- - eine Auswerteeinheit, die dazu eingerichtet ist, Koordinaten des Werkstücks basierend auf dem ersten Messsignal zu ermitteln;
wobei der Arm faltbar ausgestaltet ist und entlang einer dritten Achse quer zu der ersten und der zweiten Achse ausfaltbar ist, um gegenüber dem Ständer ausgefahren zu werden, und entlang der dritten Achse zusammenfaltbar ist, um gegenüber dem Ständer eingefahren zu werden.
-
Unter dem Begriff „quer“ wird vorliegend jede Art der Ausrichtung verstanden, die nicht parallel ist. Unter „quer“ kann, muss jedoch nicht notwendigerweise, „orthogonal“ verstanden werden. Auch andere Ausrichtungen kleiner 90° oder größer 90° fallen unter den Begriff „quer“.
-
Der Begriff „Werkstück“ ist vorliegend nicht einschränkend auszulegen. Hierbei kann es sich um jegliche Art von Messobjekt handeln.
-
Das erfindungsgemäße Koordinatenmessgerät zeichnet sich also insbesondere dadurch aus, dass der Arm, an dem der zumindest eine Messsensor angeordnet ist, faltbar ausgestaltet ist. Der Arm lässt sich somit durch Ausfalten in das Messraumvolumen ausfahren und durch Zusammenfalten aus dem Messraumvolumen wieder zurückziehen bzw. einfahren. Vorzugsweise geschieht dieses Aus- und Einfahren des Arms in der Art einer Ziehharmonika. Andere Faltmechanismen sind ebenso denkbar wie z.B. Gliederketten mit geeigneten Winkelanschlägen, die ein horizontales Vorschieben ermöglichen.
-
Durch diese Maßnahme wird der Hinterraum, also der aus Ständer-Sicht dem Messraum gegenüberliegende Raum, durch das Koordinatenmessgerät zu keinem Zeitpunkt während dessen Betrieb mehr eingenommen. Der Arm wird aufgrund seiner Faltbarkeit lediglich nach vorne hin in den Messraum ausgefahren und aus diesem wieder zurückgezogen, ohne dabei jedoch nach hinten hin aus dem Ständer herauszuragen. Die bei konventionellen Horizontalarm-Messgeräten auftretende Hinterraumgefährdung lässt sich mit dem erfindungsgemäßen Koordinatenmessgerät daher gänzlich ausschließen.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung ist das Koordinatenmessgerät in Ständerbauweise ausgeführt, wobei die erste Achse, entlang derer die Werkstückaufnahme und der Ständer relativ zueinander verfahrbar sind, und die dritte Achse, entlang derer der Arm gegenüber dem Ständer ausfahrbar ist, horizontal ausgerichtet sind, und wobei die zweite Achse, entlang derer der Arm an dem Ständer verschiebbar gelagert ist, vertikal ausgerichtet ist.
-
Gemäß dieser Bauweise wird der Arm, wie oben bereits erwähnt, typischerweise als Horizontalarm bezeichnet.
-
Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass es sich bei der Werkstückaufnahme grundsätzlich um jede Art von Werkstückaufnahme handeln kann. Bei einer solchen Werkstückaufnahme kann es sich um jegliche Art von Bodenplatte oder beispielsweise auch um eine Tischplatte eines Koordinatenmessgerätes handeln. Ebenso kommen fixe oder bewegliche Werkstückeinspannungen als derartige Werkstückaufnahmen in Betracht. Wichtig zu erwähnen ist ebenfalls, dass die Werkstückaufnahme und der Ständer relativ zueinander entlang der dritten Achse verfahrbar sind. Dies bedeutet, dass hierfür je nach Ausführungsbeispiel grundsätzlich drei Möglichkeiten bestehen: 1. Werkstückaufnahme bewegt sich und Ständer steht still; 2. Werkstückaufnahme steht still und Ständer bewegt sich; 3. Werkstückaufnahme und Ständer bewegen sich beide.
-
Gemäß einer Ausgestaltung ist es vorgesehen, dass der Horizontalarm und/oder die Werkstückaufnahme zusätzlich auch um eine, zwei oder drei Achsen rotierbar ist/sind. Damit werden auch Rotationsfreiheitsgrade für den Horizontalarm und/oder das Werkstück ermöglicht. Dies wiederum ermöglicht es, sämtliche zugänglichen Oberflächen des Werkstücks dem Ständer zukehren zu können, so dass sich sog. Doppelständeranlagen erübrigen.
-
Des Weiteren ist es gemäß einer Ausgestaltung bevorzugt, dass der Arm ein erstes Ende hat, das an dem Ständer gelagert ist und entlang der dritten Achse unbeweglich ist, und dass der Messsensor an einem dem ersten Ende gegenüberliegenden zweiten, freien Ende des Armes angeordnet ist, das entlang der ersten, der zweiten und der dritten Achse verfahrbar ist.
-
Das am Ständer gelagerte fixe, erste Ende bewegt sich während des Betriebs des Koordinatenmessgeräts also nur entlang der ersten und der zweiten Achse, nicht jedoch entlang der dritten Achse. Dieses erste Ende des Armes bewegt sich also „nur“ mit dem Ständer mit. Lediglich die nach vorne hin auskragenden Teile des Armes werden auch entlang der dritten Achse bewegt. Diese Möglichkeit wird insbesondere durch den oben beschriebenen Faltmechanismus des Armes ermöglicht.
-
Dabei ist es besonders bevorzugt, dass der Arm entlang der dritten Achse in ein Messraumvolumen ein- und ausfahrbar ist, und gegenüber einer von dem Messraumvolumen abgewandten Rückseite des Ständers weder absteht noch während des Ein- und Ausfahrens über diese Rückseite hinaus bewegt wird.
-
Dies ermöglicht einen sehr kompakten Aufbau des Koordinatenmessgeräts, da nach hinten hin, also über die Rückseite des Ständers hinaus, das Koordinatenmessgerät in dem Hinterraum keinerlei Platz beansprucht. Neben dem sehr kompakten Aufbau hat dies, wie bereits erwähnt, vor allen Dingen sicherheitstechnische Vorteile.
-
Gemäß einer Ausgestaltung kann der Arm eine eine ausrollbare Gliederkette aufweisende Trägerstruktur umfassen. Beispielsweise kann der Faltmechanismus des Arms durch eine in einer Richtung gegen Zusammenfalten gesperrte, ausrollbare Gliederkette ausgeführt sein. Alternativ dazu kann der Faltmechanismus des Arms ein flexibles Band aufweisen, bei welchem ein fester Längenunterschied zwischen seiner Ober- und Unterseite dazu verwendet wird, es über einen festen Lagerpunkt vorschieben zu können, ohne dass es dabei nach unten abklappt.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung weist der Arm eine als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur auf. Die Origamistruktur weist vorzugsweise eine Vielzahl von Festkörperelementen auf.
-
Bei Origamistrukturen handelt es sich um mechanische Strukturen, die mittels einer Mehrzahl von Festkörperelementen faltbar sind und dadurch, selbst in einem Fall, in dem die Origamistruktur in dem ausgefalteten Zustand ein Volumen von bis zu einigen 10 cm3 einnimmt, weiterhin mechanisch stabil und belastbar bleiben. Origamistrukturen nutzen dabei die Vorteile von Festkörpergelenken. Die Auslegung der Origamistruktur erfolgt anhand der Origami-Mathematik. Dies wird beispielhaft in einer Veröffentlichung von Pachi, Tomohiro: „Rigid-foldable thick origami", Origami, 2011, 5. Jg., S. 253-264 dargestellt. Weitere Informationen zu Origamistrukturen finden sich in Deleo, Antonio A-lessandro et al. in ResearchGate (2018) „COMPOSITE ORIGAMI: FOLDABLE STRUCTURES BASED ON TACHI-MIURA-POLYHEDRON ORIGAMI TECHNIQUE‟.
-
Unter dem Begriff „Festkörpergelenk“ wird ein (oftmals materialgeschwächter und/oder querschnittsverringerter) Bereich eines Bauteils, welcher eine Relativbewegung (Drehung) zwischen zwei Starrkörperbereichen des Bauteils durch Biegung erlaubt, verstanden. Das Festkörpergelenk ist somit kein herkömmliches Gelenk im Sinne eines kinematischen Paares, sondern beruht auf dem Prinzip der Elastostatik (Elastizität). Die Funktion eines Festkörpergelenks wird durch einen Bereich verminderter Biegesteifigkeit relativ zu zwei angrenzenden Bereichen höherer Biegesteifigkeit erreicht. Die verminderte Biegesteifigkeit wird meist durch lokale Querschnittsverringerung und/oder lokale Materialschwächung erzeugt. Ein Festkörpergelenk kann ferner mit einem konventionellen Drehgelenk, welches über einen eingeschränkten Drehbereich verfügt, verglichen werden, ohne dabei die Nachteile eines solchen, konventionellen Drehgelenks nach sich zu ziehen. Weitere Einzelheiten können beispielsweise der Veröffentlichung Nicolae Lobontiu: Compliant Mechanisms: Design of Flexure Hinges. CRC Press, Boca Raton, USA 2002, ISBN 978-0-8493-1367-7 entnommen werden.
-
Festkörpergelenke sind besonders vorteilhaft in Origamistrukturen. Grundsätzlich ist es jedoch auch möglich, die erfindungsgemäß als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur mit anderen, konventionellen Gelenkarten zu fertigen, wobei beispielsweise verschiedene Gelenktypen kombiniert werden können. Festkörpergelenke stellen somit vorliegend einen besonders vorteilhaften Vertreter aller Gelenkarten dar, ohne die Verwendung anderer Gelenkarten zur Herstellung der erfindungsgemäßen Origamistruktur auszuschließen oder zu beschränken.
-
Der Einsatz einer als Origamistruktur ausgestalteten Trägerstruktur in dem Arm des Koordinatenmessgeräts bringt diverse Vorteile mit sich. Origamistrukturen haben einen oder mehrere exakt definierte ausgefaltete Zustände sowie einen oder mehrere exakt definierte zusammengefaltete Zustände. Ebenso ist es möglich, Zwischenzustände über die Origamistrukturen exakt zu definieren. Hierdurch wird eine sehr genaue Positionierung des an dem Arm angebrachten, zumindest einen Messsensors ermöglicht.
-
Ein weiterer Vorteil besteht in dem sehr kompakten Aufbau derartiger Origamistrukturen.
-
Ferner sind Origamistrukturen in Bezug auf das Steifigkeit-zu-Masse-Verhältnis allen konventionellen Bauweisen überlegen. Dementsprechend können die Origamistrukturen in dem vorliegenden Anwendungsfeld eine sehr hohe Präzision bei gleichzeitig sehr geringem Gewicht gewährleisten.
-
In der oben genannten, bevorzugten Ausgestaltung, in der die Trägerstruktur des Arms eine Origamistruktur umfasst, weist die Trägerstruktur vorzugsweise eine Vielzahl von plattenförmigen Segmenten auf, von denen jeweils mindestens zwei über ein Festkörpergelenk miteinander einstückig verbunden sind. Vorzugsweise können die Segmente mit Werkstoffen zur Optimierung spezifischer Steifigkeiten, wie z.B. Faserverbundwerkstoffen, Sandwich-Bauweisen, Schaumbauweisen oder ggf. Hochleistungswerkstoffen, wie z.B. technische Keramiken, hergestellt sein. Zur Herstellung der als Origamistruktur ausgestalteten Trägerstruktur bieten sich beispielsweise 3D-Druckverfahren, jedoch auch konventionelle Materialbearbeitungsmethoden (wie z.B. CNC-Fräsen) an. Ein Vorteil des 3D-Druckverfahrens zur Herstellung der Trägerstruktur besteht darin, dass selbst hochkomplexe Geometrien, wie z.B. im Inneren angeordnete Hohlräume, gefertigt werden können.
-
Ein weiterer Vorteil von Origamistrukturen, die mit Festkörpergelenken ausgestattet sind, besteht in ihrer Spielfreiheit des Knick- bzw. Biegefreiheitsgrades. D.h. mit anderen Worten, dass Festkörpergelenke im Gegensatz zu konventionellen, mechanischen Gelenken, die ein kinematisches Paar aufweisen, an der Biegestelle kein Spiel aufweisen, wie dies beispielsweise bei einem konventionellen Schenkelgelenk der Fall ist. Dadurch, dass bei Festkörpergelenken die Biegbarkeit an der Biegestelle durch lokale Materialschwächung und/oder Querschnittsverringerung erzielt wird, ist die Gesamtstruktur weiterhin einstückig ausgebildet und die Biegestelle somit spielfrei.
-
Die als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur weist somit selbst nach einer Vielzahl von Faltbewegungen, beispielsweise dem wiederholten Aus- und Einfahren des Arms, eine gleichbleibende Reproduzierbarkeit auf. Dies hat wiederum zum Vorteil, dass die Trägerstruktur je nach geometrischem Aufbau bzw. je nach geometrischer Anzahl der Vielzahl von Festkörpergelenken in dem zusammengefalteten Zustand vorzugsweise sehr kompakte Maße umfasst und dennoch reproduzierbar ausfaltbar ist.
-
Die Reproduzierbarkeit der als Origamistruktur ausgestalteten Trägerstruktur wird insbesondere durch eine vorbestimmte Positionierung der Vielzahl von Festkörpergelenken in Kombination mit einer Dimensionierung und geometrischen Ausgestaltung der beidseitig an die Festkörpergelenke angrenzenden Starrbereiche der Trägerstruktur gewährleistet.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung weist die Origamistruktur eine Vielzahl von Bauelementen unterschiedlicher Art und/oder Größe auf, wobei Bauelemente einer ersten Art größer sind und/oder eine größere Wandstärke aufweisen als Bauelemente einer zweiten Art, und wobei die Bauelemente der ersten Art in ausgefaltetem Zustand des Armes einen geringeren Abstand von dem Ständer haben als die Bauelemente der zweiten Art.
-
Die Origami-Kinematik ist gemäß dieser Ausgestaltung also mit zum Ständer zunehmenden Querschnitten und/oder Wandstärken und/oder Flächensegmentgrößen und/oder Flächensegmentformen ausgeführt. Auf diese Weise lässt sich die Steifigkeit der Trägerstruktur erhöhen und einer Schlingerbewegung des Armes vorbeugen.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung weist der Arm einen Antrieb auf, der dazu eingerichtet ist, den Arm entlang der dritten Achse auszufalten, um den Arm gegenüber dem Ständer auszufahren und bzw. oder entlang der dritten Achse zusammenzufalten, um den Arm gegenüber dem Ständer einzufahren.
-
Der Antrieb ist vorzugsweise als motorischer Antrieb ausgestaltet. Der Antrieb kann in die Origamistruktur integriert sein. In einem solchen Fall weist der Antrieb vorzugsweise Hebel-, Dreh-, Zug- und/oder Schub-Elemente auf, die in die Origamistruktur integriert sind und für eine entsprechende Kraftübertragung sorgen. Der Antrieb weist vorzugsweise einen motorischen Aktuator auf, beispielsweise einen Elektromotor, der mit diesen Elementen gekoppelt ist, so dass die vom Aktuator erzeugte Kraft über die genannten Elemente auf die Origamistruktur übertragen wird, um den Arm auszufalten oder zusammenzufalten.
-
Für Anwendungen, bei denen geringere Präzisionsanforderungen bestehen, kann es genügen, Positionssensoren in oder an dem Antrieb des Armes anzubringen, die dazu ausgestaltet sind, die jeweilige Position des Armes bzw. die jeweilige Position des daran angeordneten Messsensors und damit den Toolcenterpoint zu bestimmen. Im Allgemeinen werden die für die dimensionelle Koordinatenmesstechnik üblichen Genauigkeiten von 100 µm und darunter am Toolcenterpoint im dynamischen Betrieb auch mit einer sehr präzisen und steifen Origami-Kinematik nicht erreichbar sein.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung ist es daher vorgesehen, dass das Koordinatenmessgerät ferner einen Überwachungssensor aufweist, der dazu eingerichtet ist, ein zweites Messsignal zur Bestimmung einer Position und Lage des Messsensors zu erfassen, und dass die Auswerteeinheit dazu eingerichtet ist, die Position und Lage des Messsensors basierend auf dem zweiten Messsignal zu ermitteln und die Koordinaten des Werkstücks basierend auf der Position und Lage des Messsensors und dem ersten Messsignal zu ermitteln.
-
Bei dem Überwachungssensor handelt es sich also um einen weiteren Sensor, der die Position des zumindest einen Messsensors, mit dem das Werkstück gemessen wird, ermittelt bzw. überwacht. Vorzugsweise handelt es sich bei dem Überwachungssensor um ein 6D-Lokalisierungssystem, das dazu eingerichtet ist, die 6D-Probe des freien Endes des Armes zu bestimmen. Für diese 6D-Lokalisierung können unterschiedliche Ansätze zum Einsatz kommen. Vorzugsweise weist der Überwachungssensor einen oder mehrere optische Sensoren auf.
-
Gemäß einer Ausgestaltung ist der Messsensor dazu eingerichtet, die Koordinaten des Werkstücks in einem ersten, gegenüber dem Messsensor körperfesten Koordinatensystem in Form des ersten Messsignals zu erfassen, wobei der Überwachungssensor dazu eingerichtet ist, die Position und Lage des Messsensors in einem zweiten Koordinatensystem in Form des zweiten Messsignals zu erfassen, und wobei die Auswerteeinheit dazu eingerichtet ist, die Koordinaten des Werkstücks in dem zweiten Koordinatensystem basierend auf dem ersten und dem zweiten Messsignal zu ermitteln.
-
Vorzugsweise ist der Überwachungssensor in Bezug auf das zweite Koordinatensystem vorkalibriert (intrinsisch kalibriert), so dass die Position des Überwachungssensors in dem zweiten Koordinatensystem in dem Messraumvolumen bekannt ist. Sind mehrere Überwachungssensoren vorhanden, sind diese vorzugsweise untereinander kalibriert (extrinsisch kalibriert).
-
Der Überwachungssensor übermittelt vorzugsweise in Echtzeit die Position und Lage des Messsensors in dem zweiten Koordinatensystem. Der Überwachungssensor kann sich grundsätzlich gegenüber dem zweiten Koordinatensystem bewegen, z.B. wenn der Überwachungssensor an dem Arm des Koordinatenmessgeräts angeordnet ist. Allerdings sollte die Position und Lage des Überwachungssensors in Bezug auf das zweite Koordinatensystem stets bekannt sein.
-
Der Messsensor ermittelt die Koordinaten des Werkstücks in dem ersten Koordinatensystem, das gegenüber dem Messsensor ortsfest ist. Über die durch den Überwachungssensor ermittelte Position und Lage des Messsensors in dem zweiten Koordinatensystem können über eine Koordinatentransformation zwischen dem ersten und dem zweiten Koordinatensystem die Koordinaten des Werkstücks in dem zweiten Koordinatensystem ermittelt werden. Hierfür wertet die Auswerteeinheit sowohl das erste als das zweite Messsignal aus.
-
Gemäß einer Ausgestaltung ist der Überwachungssensor an oder in dem Arm angeordnet.
-
Beispielsweise kann der Überwachungssensor mindestens drei Interferometer mit faseroptischen Zuleitungen aufweisen, deren Austrittsoptiken an einem freien Ende des Armes angeordnet sind, wobei die mindestens drei Interferometer das zweite Messsignal erzeugen.
-
Die Austrittsoptiken sind also vorzugsweise an dem freien Ende des Armes angeordnet, an dem auch der zumindest eine Messsensor angeordnet ist. Die optischen Fasern und Austrittsoptiken können gewichtsmäßig nahezu vernachlässigt werden. Lediglich die Interferometer sind gewichtsmäßig zu berücksichtigen. Diese sind daher vorzugsweise in dem Ständer oder einem anderen stabilen Teil des Koordinatenmessgeräts angeordnet. Wärmeeintrag und Masse des Überwachungssensors haben daher keinen Einfluss auf die Stabilität des Armes. Die Interferometer sind vorzugsweise dazu eingerichtet, neben dem Abstand des sensorseitigen Armendes zum ständerseitigen Armende (entlang der dritten Achse) auch den Gier- und Nickwinkel zwischen beiden zu messen. Dies kann beispielsweise über die Wellenlängenunterschiede dreier im Dreieck stehender Interferometerstrahlengänge erfolgen. Gleichzeitig können die Interferometerstrahlen verwendet werden. um über Strahlenteiler auf positionssensitive Sensorik (Pixelarray oder auch Quadrantendioden) abgebildet zu werden. Auf diese Weise kann mithilfe der Interferometer auch der Lateralversatz und Rollwinkel ermittelt werden.
-
Grundsätzlich werden für die Ermittlung des Lateralversatzes und des Rollwinkels aber nicht mehr als zwei Strahlen benötigt. Insofern können die polarisierten Single-Mode-Beam des Interferometers bzw. mit in die Fasern eingekoppelter Pilotstrahlen verwendet werden, um gleichzeitig zwei dieser Strahlen auf einer einzigen Kamera mit Pol-Filter-Array zu überlagern. Die Positionen und relativen Lagen der beiden auf diese Kamera registrierten „Leuchtflecken“ ergeben dann direkt die Lateralposition und den Rollwinkel.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung ist der Überwachungssensor in die Origamistruktur integriert.
-
In die Origamistruktur kann hochgenaue optische bzw. optronische Messtechnik eingebaut werden, die zur Lokalisierung der Position und Lage des freien Armendes bzw. der Position und Lage des Messsensors dienen kann. Die Einhausung in die Origamistruktur schützt den Überwachungssensor zum einen gegen den Einfluss des u.U. rauen Fertigungsumfeldes. Zum anderen kann sie arbeitssicherheitstechnisch vorteilhaft sein, wenn Lichtwellenlängen und/oder -leistungen und/oder -pulsenergien in dem Überwachungssensor zum Einsatz kommen, die eine Gefahr für die Umgebung darstellen könnten.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung ist der Überwachungssensor dazu eingerichtet, zumindest einen optischen Marker auf dem Messsensor und/oder in dessen Umgebung zu erfassen, wobei die Auswerteeinheit dazu eingerichtet ist, die Position und Lage des Messsensors basierend auf dem zumindest einen optischen Marker zu ermitteln.
-
Ist der Überwachungssensor an dem Arm angeordnet, so kann dieser ausgehend von dem Arm in den umgebenden Raum blicken und kann seine eigene Position vorzugsweise anhand von in dem umgebenden Raum bekannten Referenzobjekten (z.B. optische Marker) ermitteln. Sofern dann die Relativposition zwischen dem Überwachungssensor und dem Messsensor bekannt ist und diese beispielsweise konstant bleibt, ist auch die Position des Messsensors bekannt. Wie oben bereits erwähnt, können somit unter Hinzunahme des vom Messsensor erzeugten ersten Messsensors die Koordinaten des Werkstücks ermittelt werden.
-
Ebenso ist es möglich, dass der Überwachungssensor nicht an dem Arm angeordnet ist und sozusagen von außen auf den Arm und auf den daran angeordneten Messsensor blickt. In einem solchen Fall ist es von Vorteil, wenn an dem Arm und/oder an dem Messsensor eine oder mehrere optische Marker angeordnet sind, die der Überwachungssensor von außen zur Positionsbestimmung erfasst.
-
Ebenso sind weitere Möglichkeiten für die Realisierung des Überwachungssensors denkbar. Der Überwachungssensor kann beispielsweise eine Hartmann-Schack-Sensorik bzw. Wellenfrontmesstechnik aufweisen. Zudem ist es denkbar, dass der Überwachungssensor ein Lidar (light detection and ranging) bzw. Ladar (laser detection and ranging) Gerät aufweist in Kombination mit Markern oder Lichtpunkten auf positionssensitiven Detektoren. Ferner kann der Überwachungssensor einen modemgekoppelten Laser zur Abstandsmessung aufweisen. Weitere messtechnische Prinzipien, die dem Überwachungssensor zugrunde liegen können, sind Lasertracking und weißlichtinterferometrische flächige „Fernantastung“ eines entsprechend strukturierten Targets am freien Ende des Armes, welches für 6D-Lokalisierung strukturiert ist.
-
Ebenso ist es möglich, die oben genannten Messprinzipien mit konventionellen Absolutmessgebern an der Armaktuatorik zu kombinieren.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung kann das Koordinatenmessgerät ferner einen Temperatursensor aufweisen, der dazu eingerichtet ist, eine Temperatur des Armes in Form eines Temperatursignals zu erfassen, wobei die Auswerteeinheit dazu eingerichtet ist, die Koordinaten des Werkstücks auch basierend auf dem Temperatursignal zu ermitteln.
-
Mittels des Temperatursensors oder einer Vielzahl von Temperatursensoren kann vorzugsweise eine Temperaturverteilung der Trägerstruktur des Armes überwacht werden. Somit kann eine rechnerische Positionskorrektur der Trägerstruktur des Armes erfolgen, durch die temperaturbedingte Ausdehnungen der Trägerstruktur korrigiert werden. Dies ist insbesondere vorteilhaft, wenn die Trägerstruktur als Origamistruktur ausgestaltet ist, da die Origamistruktur typischerweise ein sehr großes Verhältnis von Oberfläche zu durchwärmendem Material (eine geringe Wandstärke) hat. Mithin ist die Dehnungsantwort der Trägerstruktur auf Temperaturänderungen schnell zu verzeichnen. Eine derartige thermografische Überwachung kann jedoch auch von außen mittels optischer Sensoren bzw. Kameras erfolgen.
-
Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
-
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Ansicht eines ersten Ausführungsbeispiels eines Koordinatenmessgeräts gemäß der vorliegenden Erfindung in einem ersten Zustand;
- 2 eine schematische Ansicht des in 1 gezeigten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Koordinatenmessgerätes in einem zweiten Zustand;
- 3 eine schematische Ansicht eines zweiten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Koordinatenmessgerätes; und
- 4 eine schematische Ansicht eines dritten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Koordinatenmessgerätes.
-
1 und 2 zeigen ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Koordinatenmessgerätes in zwei unterschiedlichen Betriebszuständen. Das Koordinatenmessgerät ist darin in seiner Gesamtheit mit der Bezugsziffer 10 gekennzeichnet.
-
Das Koordinatenmessgerät 10 dient der dimensionellen Messung eines Messobjektes. In den Abbildungen ist ein quaderförmiges Werkstück 12 rein schematisch und beispielhaft als Messobjekt dargestellt. Das Werkstück 12 ist auf einer Werkstückaufnahme 14 angeordnet. Diese Werkstückaufnahme 14 ist vorliegend als Werkstücktisch ausgestaltet. Dieser Tisch wird häufig auch als Messtisch bezeichnet. Beispielsweise kann es sich dabei um eine stabile Granitplatte handeln. Es ist jedoch auch denkbar, andere Arten von Werkstückaufnahmen zu verwenden, beispielsweise eine Werkstückeinspannung oder eine unmittelbar auf dem Boden liegende Bodenplatte.
-
Das Koordinatenmessgerät 10 weist ferner einen Ständer 16 auf, der gegenüber der Werkstückaufnahme 14 entlang einer in den Figuren als y-Achse bezeichneten, ersten Achse verfahrbar ist. Es versteht sich, dass es ebenso denkbar wäre, die Werkstückaufnahme 14 entlang der y-Achse relativ zu dem Ständer 16 zu verfahren. Die y-Achse verläuft unabhängig davon vorzugsweise in horizontaler Richtung. Die y-Achse wird vorliegend allgemein als „erste Achse“ bezeichnet.
-
Der Ständer 16, welcher grundsätzlich auch als Säule bezeichnet werden kann, erstreckt sich im Wesentlichen entlang einer zweiten Achse, welche in den Abbildungen als z-Achse bezeichnet ist. Diese zweite Achse (z-Achse) verläuft orthogonal zu der ersten Achse (y-Achse) vorzugsweise in vertikaler Richtung.
-
An dem Ständer 16 ist ein Arm 18 in z-Richtung höhenverstellbar gelagert. Die Lagerung 20 ist in 1 lediglich schematisch anhand von gestrichelten Linien dargestellt. Der Arm 18 selbst erstreckt sich im Wesentlichen entlang einer dritten Achse, welche in den Zeichnungen als x-Achse bezeichnet ist und vorzugsweise orthogonal zu den ersten beiden Achsen (y-Achse und z-Achse) verläuft. Der Arm 18 erstreckt sich dementsprechend vorzugsweise in horizontaler Richtung. Der Arm 18 wird daher auch als Horizontalarm bezeichnet.
-
Das ständerseitige Ende des Horizontalarms 18 (in 1 nicht sichtbar) ist mit einem Schieber 22 fix verbunden, der mittels der bereits erwähnten Lagerung 20 innerhalb des Ständers 16 in z-Richtung höhenverstellbar ist. Das gegenüberliegende freie Ende 24 lässt sich gegenüber dem ständerseitigen Ende des Horizontalarms 18 in weiter unten noch zu beschreibender Weise auch entlang der x-Achse erstellen. Dementsprechend kann das freie Ende 24 des Horizontalarms 18 entlang aller drei Raumrichtungen bewegt werden.
-
An dem freien Ende 24 des Horizontalarms 18 ist ein Messsensor 26 angeordnet. Dieser Messsensor 26 dient der Messung des Werkstücks 12. Der Messsensor 26 ist dazu eingerichtet, ein erstes Messsignal zu erfassen, auf Basis dessen sich die Koordinaten diverser Oberflächenpunkte des Werkstücks 12 ermitteln lassen. Die Auswertung dieses Messsignals, welches vorliegend als „erstes Messsignal“ bezeichnet wird, erfolgt in einer Auswerteeinheit 28.
-
Bei der Auswerteeinheit 28 handelt es sich vorzugsweise um einen Computer, auf dem eine entsprechende messtechnische Software gespeichert ist, die zur Auswertung des genannten Messsignals dient. Die Auswerteeinheit 28 ist mit dem Messsensor 26 über eine Datenverbindung 30 gekoppelt. Diese Datenverbindung 30 kann als kabelgebundene, aber auch als kabellose Datenverbindung ausgestaltet sein.
-
Typischerweise dient die Auswerteeinheit 28 nicht nur der Auswertung des vom Messsensor 26 erzeugten Messsignals, sondern auch der Steuerung des Koordinatenmessgerätes 10, also beispielsweise der Steuerung der Aktoren, mithilfe derer der Ständer 16 und der Horizontalarm 18 entlang der genannten Achsen bewegt werden. Die Auswerteeinheit 28 wird daher häufig auch als Auswerte- und Steuereinheit bezeichnet.
-
Der Messsensor 26 ist in dem vorliegend gezeigten Ausführungsbeispiel als optischer Messsensor ausgestaltet. Dieser optische Sensor 26 kann beispielsweise als Laserscanner ausgestaltet sein. Alternativ dazu kann die optische Messung mithilfe von Streifenlichtprojektion oder einer fotogrammetrischen Auswertung erfolgen.
-
Anstelle eines optischen Sensors kann jedoch auch ein taktiler Sensor als Messsensor 26 eingesetzt werden, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen. Ebenso ist es möglich, eine Kombination eines taktilen und eines optischen Sensors als Messsensor 26 einzusetzen. Ebenso können mehrere (zwei, drei oder mehr) Sensoren an dem freien Ende 24 des Horizontalarms 18 angeordnet sein.
-
Vorzugsweise ist der zumindest eine Messsensor 26 an dem freien Ende 24 des Horizontalarms 18 gelenkig gelagert. Auf diese Weise lässt sich der Messsensor 26 gegenüber dem Horizontalarm 18 um eine, zwei oder drei Achsen verschwenken. Insgesamt lässt sich auf diese Weise ein 6-dimensionales Messsystem erzeugen.
-
Der Messsensor 26 lässt sich mithilfe des Horizontalarms 18 gegenüber dem Ständer 16 entlang der x-Achse ein- und ausfahren, um somit zusätzlich zu den Bewegungen des Ständers 16 und des Schiebers 22 an jeden beliebigen Punkt innerhalb des Messraumvolumens 32 gebracht zu werden. Als Messraumvolumen 32 wird das vom Koordinatenmessgerät 10 messtechnisch grundsätzlich erfassbare Volumen bezeichnet. In dem vorliegend gezeigten Fall ist das Messraumvolumen beispielsweise auf ein Volumen oberhalb des Messtisches 14 begrenzt. Das Messraumvolumen 32 befindet sich in 1 und 2 somit links des Ständers 16.
-
Der Horizontalarm 18 ist erfindungsgemäß faltbar ausgestaltet. Der Horizontalarm 18 lässt sich entlang der x-Achse ausfalten, um gegenüber dem Ständer 16 ausgefahren und in das Messraumvolumen 32 hinein gefahren zu werden. Umgekehrt lässt sich der Horizontalarm 18 zusammenfalten, um gegenüber dem Ständer 16 eingefahren und aus dem Messraumvolumen 32 zumindest teilweise zurückgezogen zu werden. 2 zeigt einen Zustand des Koordinatenmessgeräts 10, in dem der Horizontalarm 18 im Vergleich zu dem in 1 gezeigten Zustand weiter eingefahren bzw. zusammengefaltet ist.
-
Dieser Faltmechanismus des Horizontalarms 18 hat insbesondere den Vorteil, dass sich der Horizontalarm 18 während seiner Ein- und Ausfahrbewegung nicht in den sogenannten Hinterraum 36 hinein bewegt. Als Hinterraum wird der Raum bezeichnet, der in Bezug auf den Ständer 16 dem Messraumvolumen 32 gegenüberliegt. Der Hinterraum 36 befindet sich also auf der von dem Messraumvolumen 32 abgewandten Rückseite 38 des Ständers 16.
-
Aufgrund der Faltbarkeit des Horizontalarms 18 steht dieser weder während seiner Einfahrbewegung noch während seiner Ausfahrbewegung noch im Stillstand des Koordinatenmessgerätes 10 über die Rückseite 38 hinaus. Dies erweist sich nicht nur in Bezug auf die Verkleinerung des Bauraums des Koordinatenmessgeräts 10 als vorteilhaft, sondern auch in Bezug auf die sogenannte Hinterraumgefährdung. Ein Einbringen von Teilen des Koordinatenmessgeräts 10, insbesondere ein Einbringen des Horizontalarms 18 in den Hinterraum 36, kann hierdurch nämlich vermieden werden. Sich in diesem Hinterraum 36 bewegende Personen werden somit durch den Betrieb des Koordinatenmessgeräts 10 nicht gefährdet.
-
Der Horizontalarm 18 wird vorzugsweise über einen Antrieb 40 bewegt, der in 1 und 2 lediglich schematisch eingezeichnet ist. Bei diesem Antrieb 40 handelt es sich vorzugsweise um einen Elektromotor, der dazu eingerichtet ist, den Horizontalarm 18 entlang der x-Achse auszufalten, um den Horizontalarm 18 gegenüber dem Ständer 16 auszufahren. Entsprechend ist der Antrieb 40 auch dafür eingerichtet, den Horizontalarm 18 entlang der x-Achse zusammenzufalten, um den Horizontalarm 18 gegenüber dem Ständer 16 einzufahren.
-
Der Horizontalarm 18 weist vorzugsweise eine als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur 42 auf. Diese als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur 42 wird vorliegend auch als Origami-Kinematik bezeichnet. Sie weist vorzugsweise eine Vielzahl von Festkörpergelenken 44 auf, mittels derer die Origamistruktur 42 bzw. der Horizontalarm 18 in exakt vordefinierter Art und Weise ausfaltbar und zusammenfaltbar ist. Die als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur 42 des Horizontalarms 18 ist gemäß Origami-mathematischer Zusammenhänge entworfen und repräsentiert beispielsweise eine hochkomplexe 3D-Geometrie. Diese Geometrie der Trägerstruktur 42 ist in 1 und 2 lediglich schematisch und stark vereinfacht dargestellt.
-
Grundsätzlich ist es möglich, die Position und Lage (Pose) des Messsensors 26 anhand üblicher Maßverkörperungen, wie sie in Koordinatenmessgeräten typischerweise verwendet werden, zu bestimmen. Derartige Maßverkörperungen können auch in dem Horizontalarm 18 vorgesehen sein. Wenngleich die in dem Horizontalarm integrierte Origami-Kinematik grundsätzlich mit hoher Präzision ausgeführt sein kann, ist es dennoch von Vorteil, die Pose des freien Endes 24 des Horizontalarms 18 und damit die Pose des Messsensors 26 durch einen oder mehrere zusätzliche Sensoren noch exakter zu ermitteln.
-
Gemäß dem in 3 schematisch gezeigten zweiten Ausführungsbeispiel weist das Koordinatenmessgerät 10 hierzu einen Überwachungssensor 46 auf, der dazu eingerichtet ist, ein zweites Messsignal zur Bestimmung der Pose des Messsensors 26 zu erfassen und dieses an die Auswerteeinheit 28 weiterzugeben. Die Auswerteeinheit 28 ermittelt in diesem Fall die Pose des Messsensors 26 basierend auf dem vom Überwachungssensor 26 erzeugten zweiten Messsignal. Damit ist es für die Auswerteeinheit 28 möglich, die Koordinaten des Werkstücks 12 basierend auf der ermittelten Pose des Messsensors 26 sowie dem vom Messsensor 26 selbst erzeugten (ersten) Messsignal zu ermitteln. Der Messsensor 26 ist dabei vorzugsweise dazu eingerichtet, die Koordinaten des Werkstücks in einem ersten, gegenüber dem Messsensor 26 körperfesten Koordinatensystem in Form des ersten Messsignals zu erfassen. Der Überwachungssensor 46 ist dazu eingerichtet, die Pose des Messsensors 26 in einem zweiten Koordinatensystem in Form des zweiten Messsignals zu erfassen. Die Auswerteeinheit 28 ist dazu eingerichtet, die Koordinaten des Werkstücks 12 in dem zweiten Koordinatensystem basierend auf dem ersten und dem zweiten Messsignal zu ermitteln.
-
In dem in 3 gezeigten zweiten Ausführungsbeispiel ist der Überwachungssensor 46 in den Horizontalarm 18 zumindest teilweise integriert. Vorzugsweise ist der Überwachungssensor 46 in die Origamistruktur 42 des Horizontalarms 18 integriert. Die Origamistruktur 42 dient dabei als Einhausung bzw. Umhausung für mehrere optische Messelemente. Der Überwachungssensor 46 weist drei Interferometer 48 auf, die in dem in 3 gezeigten Ausführungsbeispiel in dem Schieber 22 des Ständers 16 angeordnet sind. Diese drei Interferometer 48 sind mit drei faseroptischen Zuleitungen 50 verbunden, deren Austrittsoptiken 52 am freien Ende 24 des Horizontalarms 16 angeordnet sind. Die drei Interferometer 48 sind dazu eingerichtet, neben dem x-Abstand des ständerseitigen Endes des Horizontalarms 18 zum freien Ende 24 des Horizontalarms 18 auch die Gier-Nick- und Rollwinkel sowie den Lateralversatz des Horizontalarms 18 zu messen.
-
Bei dem in 4 gezeigten dritten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Koordinatenmessgeräts 10 weist der Horizontalarm 18 wiederum eine als Origamistruktur ausgestaltete Trägerstruktur 42 auf. Die Origamistruktur weist hier jedoch eine Vielzahl von Bauelementen unterschiedlicher Art und/oder Größe auf. Bauelemente 54 einer ersten Art sind größer ausgestaltet und/oder weisen eine größere Wandstärke auf, als Bauelemente einer zweiten Art 56, die gegenüber den Bauelementen 54 der ersten Art einen größeren Abstand von dem Ständer 16 haben. Bauelemente 58 einer dritten Art sind im Vergleich zu den Bauelementen 54, 56 der ersten beiden Arten noch kleiner ausgestaltet und/oder weisen eine noch kleinere Wandstärke auf als diese. Die Origamistruktur 42 ist in diesem Ausführungsbeispiel also mit zum Ständer 16 zunehmenden Querschnitten und/oder Wandstärken und/oder Flächensegmentgrößen und/oder Flächensegmentformen ausgeführt. Hierdurch wird die Stabilität des Horizontalarms 18 zusätzlich verbessert und eine Schlingerbewegung dessen verhindert.
-
Ferner weist das Koordinatenmessgerät 10 gemäß des in 3 gezeigten dritten Ausführungsbeispiels noch einen Temperatursensor 60 auf, der dazu eingerichtet ist, eine Temperatur des Horizontalarms 18 zu erfassen und dieses Temperatursignal an die Auswerteeinheit 28 für dessen Auswertung weiterzugeben. Die Auswerteeinheit 28 ist dazu eingerichtet, dieses Temperatursignal zu verwenden, um die Berechnung der Pose des Messsensors 26 und damit die Berechnung der Koordinaten des Werkstücks 12 zu korrigieren. Temperaturbedingte Verformungen des Horizontalarms 18 können damit rein rechnerisch ausgeglichen werden.
-
Der Überwachungssensor 46' ist in dem in 4 gezeigten dritten Ausführungsbeispiel des Koordinatenmessgeräts 10 anders ausgestaltet als der in 3 gezeigte Überwachungssensor 46. Der Überwachungssensor 46' dient jedoch letztlich dem gleichen Zweck, nämlich der Bestimmung der Pose des Messsensors 26. Der Überwachungssensor 46' ist dazu eingerichtet, mehrere optische Marker 62, die sich in der Umgebung des Koordinatenmessgeräts 10 befinden, optisch zu erfassen. Der Überwachungssensor 46' weist dazu eine oder mehrere Kameras auf. Die Kamerabilder lassen sich innerhalb der Auswerteeinheit 28 beispielsweise fotogrammetrisch auswerten, um mit dieser fotogrammetrischen Auswertung auf Basis der bekannten Positionen der optischen Marker 62 die Pose des Messsensors 26 zu berechnen.
-
Ein ähnliches Prinzip der Berechnung der Pose des Messsensors 26 kann auch dadurch realisiert sein, dass ein solcher Überwachungssensor 46' nicht an dem Horizontalarm 18 selbst angeordnet ist, sondern in der Umgebung des Koordinatenmessgerätes 10 an einem bekannten Ort fixiert ist und auf den Horizontalarm 18 ausgerichtet ist. In diesem Fall ist es von Vorteil, wenn die optischen Marker 62 an dem Horizontalarm 18 verteilt angeordnet sind. Auch dann ließe sich die Position des Horizontalarms 18 bzw. die Pose des Messsensors 26 mithilfe der optischen Marker 62 anhand der vom Überwachungssensor 46' gelieferten Bilder innerhalb der Auswerteeinheit 28 ermitteln.
-
Abschließend sei erwähnt, dass in 1-4 der Antrieb 40, die Interferometer 48 sowie der Temperatursensor 60 jeweils der Einfachheit halber an der gleichen Stelle angeordnet sind. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass die entsprechenden Bauteile einander ersetzen. Dies dient lediglich der vereinfachten Darstellbarkeit. Es versteht sich, dass die Bauteile 40, 46 und 60 generell auch in ein und demselben Ausführungsbeispiel miteinander kombinierbar sind. Dies gilt auch für die übrigen Bauteile des Koordinatenmessgeräts 10 gemäß der einzelnen Ausführungsbeispiele, die untereinander kombinierbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Pachi, Tomohiro: „Rigid-foldable thick origami“, Origami, 2011, 5. Jg., S. 253-264 [0024]
- Antonio A-lessandro et al. in ResearchGate (2018) „COMPOSITE ORIGAMI: FOLDABLE STRUCTURES BASED ON TACHI-MIURA-POLYHEDRON ORIGAMI TECHNIQUE‟ [0024]
- Nicolae Lobontiu: Compliant Mechanisms: Design of Flexure Hinges. CRC Press, Boca Raton, USA 2002, ISBN 978-0-8493-1367-7 [0025]