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Die Erfindung betrifft die Steuerung eines Kraftfahrzeugs. Insbesondere betrifft die Erfindung die Simulation eines Kraftfahrzeugs zum Testen einer Komponente, die zur Steuerung einer Fahrfunktion des Fahrzeugs eingerichtet ist.
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Ein Fahrzeug kann mittels einer automatischen Fahrfunktion teilweise oder vollständig gesteuert werden. Zur Entwicklung und zum Testen der Fahrfunktion wird häufig auf einen Fahrversuch verzichtet und das Fahrzeug wird durch eine Testvorrichtung ersetzt, die sich gegenüber der Fahrfunktion möglichst wie das Fahrzeug verhält. Die Testvorrichtung realisiert dazu ein Modell für das Fahrzeug, das üblicherweise als mathematische Beschreibung oder als Algorithmus vorliegt. Unterschiedlich komplexe Modelle liefern allgemein unterschiedlich realistische Aussagen. Je mehr sich das Modell der Realität annähert, desto komplexer muss es im Allgemeinen werden. Dies führt auch meistens zu einer höheren Anzahl an Fahrzeuggrößen, die zu steuern und beobachten sind. Je mehr Parameter des Fahrzeugs zu steuern oder zu beobachten sind, desto komplexer muss das Modell allgemein sein.
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Um Tests bei beliebigen Anfangsbedingungen mit der Fahrfunktion durchführen zu können, ist das simulierte Fahrzeug zunächst in einen vorbestimmten Fahrzustand zu bringen. Ein komplexes Modell kann jedoch häufig nur schwierig dazu gebracht werden, den vorbestimmten Fahrzustand anzunehmen. Insbesondere wenn der Fahrzustand Zustände von dynamischen Komponenten umfasst, etwa Stellungen von Stoßdämpfern an einem Fahrwerk, kann die Initialisierung des Modells sehr aufwändig sein. Häufig muss von einem stilstehenden Fahrzeug ausgegangen werden, um einen bestimmten Fahrzustand mit einem komplexen Modell reproduzierbar zu erreichen. Ein gewünschter Test kann dabei nur einen kleinen Teil eines vorbestimmten Szenarios umfassen, obwohl das gesamte Szenario durchlaufen werden muss, um den Testfall durchzuspielen. Das komplexe Modell erfordert in der Regel einen großen Verarbeitungsaufwand, sodass es aufwändig sein kann, das Szenario komplett zu durchlaufen.
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Aus der
DE 10 2011 102 280 A1 ist ein Fahrzeugsimulationssystem mit einer Software in The Loop-Umgebungssteuerung zum Testen von Software (SIL-Testen) bekannt. Weiteren Stand der Technik offenbart die
EP 3 217 357 A1 .
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Eine der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe besteht darin, eine verbesserte Technik zum Testen einer Fahrfunktion für ein Fahrzeug anzugeben. Die Erfindung löst die Aufgabe mittels der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche. Unteransprüche geben bevorzugte Ausführungsformen wieder.
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Eine Fahrfunktion für ein Fahrzeug stellt eine Steuergröße für das Fahrzeug in Abhängigkeit eines Fahrzustands des Fahrzeugs bereit.
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Nach einem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung umfasst eine Testvorrichtung zur Simulation eines Fahrzeugs bezüglich der Fahrfunktion ein erstes Modell für das Fahrzeug, wobei das erste Modell einen ersten Fahrzustand des Fahrzeugs in Abhängigkeit einer Steuergröße bereitstellt; ein zweites Modell für das Fahrzeug, wobei das zweite Modell einen zweiten Fahrzustand des Fahrzeugs in Abhängigkeit einer Steuergröße bereitstellt; und wobei das zweite Modell komplexer als das erste Modell ist; sowie eine Verarbeitungseinrichtung. Dabei ist die Verarbeitungseinrichtung dazu eingerichtet, das erste Modell in einen vorbestimmten ersten Fahrzustand zu steuern; das zweite Modell mit dem vorbestimmten ersten Fahrzustand zu initialisieren; ein erstes vorbestimmtes Fahrmanöver mittels des ersten Modells und ein zweites vorbestimmtes Fahrmanöver mittels des zweiten Modells zu steuern; und das zweite Modell zur Steuerung mittels der Fahrfunktion bereitzustellen.
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Die Testvorrichtung kann ein vorbestimmtes Fahrzeug gegenüber der Fahrfunktion simulieren. Durch die hierin beschriebene Technik kann die Fahrfunktion alternativ mittels des ersten oder des zweiten Modells getestet werden. Insbesondere kann vom ersten Modell in das zweite Modell umgeschaltet werden, ohne dass sich für die Fahrfunktion ein Bruch im Verhalten des simulierten Fahrzeugs ergibt. Der Übergang kann für die Fahrfunktion homogen und organisch sein, sodass insbesondere ein dynamisches Verhalten der Fahrfunktion durch den Wechsel unbeeinflusst sein kann.
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Die erhöhte Komplexität des ersten Modells kann beispielsweise dadurch ausgedrückt sein, dass der erste Fahrzustand einen Untervektorraum des zweiten Fahrzustands umfasst. Ein Fahrzustand kann als geordnetes Tupel von Parametern aufgefasst werden, denen jeweils ein Wert zugeordnet ist. Beispielsweise kann der erste Fahrzustand einen Ort, eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung des Fahrzeugs umfassen. Der zweite Fahrzustand kann alle Parameter des ersten Fahrzustands und darüber hinaus einen oder mehrere zusätzliche Parameter umfassen. Zusätzliche Parameter können beispielsweise einen Kurvenradius, eine Neigung des Fahrzeugs um eine Längs-, Hoch- oder Querachse oder einen Seitenwind umfassen. Ist das Fahrzeug als Kraftfahrzeug mit einem Antriebsstrang ausgebildet, so kann der zweite Fahrzustand auch einen oder mehrere auf den Antriebsstrang bezogene Parameter umfassen, beispielsweise ein Antriebsmoment eines Antriebsmotors, einen Öffnungszustand einer Kupplung, eine Gangstufe eines Schaltgetriebes oder eine Drehzahl eines Antriebsrads.
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Durch die Beschränkung auf grundlegende Zustände oder Variablen kann das erste Modell einfach zu realisieren sein. Eine Simulation eines Szenarios auf der Basis des ersten Modells kann weniger Verarbeitungsaufwand erfordern als auf der Basis des zweiten Modells. Der vorbestimmte Fahrzustand kann schnell erreicht werden, sodass Simulationszeit eingespart werden kann. Insbesondere wenn ein Szenario mit kleinen Variationen sehr häufig durchlaufen werden soll, kann so signifikant Verarbeitungsaufwand eingespart werden.
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Die Fahrmanöver sind weiter bevorzugt derart gewählt, dass zueinander korrespondierende Parameter des ersten und des zweiten Fahrzustands einander entsprechen, also im Wesentlichen gleiche Werte aufweisen. Durch das zweite Fahrmanöver können Parameter, die vom ersten Fahrzustand nicht umfasst sind, auf Werte gesetzt werden, die zu Werten der anderen Parameter des zweiten Fahrzustands passen. Dabei werden üblicherweise Werte der vom ersten Fahrzustand umfassten Parameter ebenfalls verändert. Durch das erste Fahrmanöver können daher die vom ersten Fahrzustand umfassten Parameter auf Werte gesetzt werden, die denen des zweiten Fahrzustands entsprechen. Kleine Abweichungen zwischen einander zugeordneten Parametern, beispielsweise der Geschwindigkeit des Fahrzeugs im ersten und im zweiten Fahrzustand, können dabei in einer Ausführungsform in Kauf genommen werden.
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Die Fahrmanöver können insbesondere derart gewählt sein, dass der zweite Fahrzustand im Wesentlichen eine homogene Dilatation (engl. „homothetic transformation“, „homothecy“ oder „homogeneous dilation“) des ersten Fahrzustands darstellt. Anders ausgedrückt kann der Zustandsraum des ersten Modells eine Untermenge des Zustandsraum des anderen Modells umfassen.
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Das zweite Modell kann mittels eines Gleichungssystems beschreibbar sein, das eine oder mehrere Funktionen umfasst, wobei wenigstens eine der n Funktionen eine Ableitung einer anderen Funktion des Gleichungssystems umfasst. Anders ausgedrückt kann das zweite Modell dynamisch sein, sodass seine mathematische Formulierung eine Differentialgleichung oder ein Differentialgleichungssystem erfordert. Eine Gleichung oder Funktion des Gleichungssystems kann ansonsten jede algorithmisch verarbeitbare Form annehmen.
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Das erste Modell kann mittels eines Gleichungssystems beschreibbar sein, das eine oder mehrere Funktionen umfasst, wobei keine der Funktionen eine Ableitung einer anderen Funktion des Gleichungssystems umfasst. Die Funktionen können insbesondere ein Polynom, eine Exponentialfunktion oder eine trigonometrische Funktion umfassen. Eine Funktion kann auch eine numerische Funktion umfassen, die nicht symbolisch, sondern nur als Bestimmungsmethode angegeben werden kann.
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Das zweite Modell kann praktisch beliebig komplex sein. In einer Ausführungsform kann das zweite Modell auch durch ein reales Fahrzeug realisiert sein. Dadurch kann ein realistischer Test unter vorbestimmten Bedingungen verbessert geplant werden. Das reale Fahrzeug kann automatisch oder durch einen Fahrer durch das vorbestimmte zweite Fahrmanöver gefahren werden. Eine Steuerung des Fahrzeugs kann verfolgt werden und es kann eine Rückmeldung ausgegeben werden, wie genau das zweite Fahrmanöver befolgt wurde. In einer Ausführungsform wird bestimmt, dass das zweite Fahrmanöver genau genug befolgt wurde, falls sich vorbestimmte Parameter, die sowohl vom ersten Modell als auch vom realen Fahrzeug umfasst sind, um weniger als ein vorbestimmtes Maß voneinander unterscheiden.
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Nach einem zweiten Aspekt der Erfindung umfasst ein System eine hierin beschriebene Testvorrichtung und eine Einrichtung zur Bereitstellung der Fahrfunktion. In einer Ausführungsform ist die Verarbeitungseinrichtung dazu eingerichtet, auch die Fahrfunktion zu realisieren. So kann der gesamte Test der Fahrfunktion beispielsweise mittels eines Computers durchgeführt werden. In einer anderen Ausführungsform ist eine Schnittstelle vorgesehen, welche die beschriebene Testvorrichtung mit der Einrichtung zur Bereitstellung der Fahrfunktion verbindet. Die Einrichtung kann auf einem anderen Verarbeitungssystem ausgeführt werden als demjenigen, das eines der Modelle realisiert oder die Testvorrichtung steuert. Insbesondere kann die Einrichtung zur Bereitstellung der Fahrfunktion auf einer Steuervorrichtung realisiert sein, die zum Einbau in ein reales Fahrzeug vorgesehen ist. In einer Ausführung umfasst das System ein hierin genanntes reales Fahrzeug als Verkörperung des zweiten Modells.
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Bevorzugt ist die Verarbeitungseinrichtung dazu eingerichtet, das erste und das zweite Modell zu realisieren. Die Verarbeitungseinrichtung kann insbesondere dazu eingerichtet sein, ein hierin beschriebenes Verfahren ganz oder teilweise auszuführen. Dazu kann die Verarbeitungseinrichtung einen programmierbaren Mikrocomputer oder Mikrocontroller umfassen und das Verfahren kann in Form eines Computerprogrammprodukts mit Programmcodemitteln vorliegen. Das Computerprogrammprodukt kann auch auf einem computerlesbaren Datenträger abgespeichert sein. Merkmale oder Vorteile des Verfahrens können auf die Vorrichtung übertragen werden oder umgekehrt.
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Nach einem weiteren Aspekt der Erfindung umfasst ein Verfahren zum Simulieren eines Fahrzeugs bezüglich einer hierin beschriebenen Fahrfunktion Schritte des Bereitstellens eines ersten Modells für das Fahrzeug, wobei das erste Modell einen ersten Fahrzustand des Fahrzeugs in Abhängigkeit einer Steuergröße bereitstellt; des Bereitstellens eines zweiten Modells für das Fahrzeug, wobei das zweite Modell einen zweiten Fahrzustand des Fahrzeugs in Abhängigkeit einer Steuergröße bereitstellt; wobei das zweite Modell komplexer als das erste Modell ist; des Steuerns des ersten Modells in einen vorbestimmten ersten Fahrzustand; des Initialisierens des zweiten Modells mit dem vorbestimmten ersten Fahrzustand; des Steuerns eines ersten vorbestimmten Fahrmanövers mittels des ersten Modells und eines zweiten vorbestimmten Fahrmanövers mittels des zweiten Modells; und des Steuerns des zweiten Modells mittels der Fahrfunktion.
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In einer weiteren Ausführungsform werden ein drittes Fahrmanöver mittels des ersten Modells und ein viertes Fahrmanöver mittels des zweiten Modells durchgeführt; und das erste Modell wird mittels der Fahrfunktion gesteuert. So kann bei Bedarf auch von der Simulation auf der Basis des komplexen zweiten Modells auf eine Simulation auf der Basis des einfachen ersten Modells zurück gewechselt werden. Die Transformation erfolgt wieder bevorzugt so, dass nach außen kein Bruch im bereitgestellten Fahrzustand erkennbar ist, außer dass bestimmte Parameter wegfallen können.
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Die Erfindung wird nun mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen genauer beschrieben, in denen:
- 1 eine Testvorrichtung; und
- 2 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens
illustriert.
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1 zeigt ein System 100, das eine Testvorrichtung 105 und eine Fahrfunktion 110 umfasst. Die gezeigten Funktionsblöcke können jeweils als physische oder logische Komponenten aufgefasst werden. Eine logische Komponente kann mittels einer passenden Verarbeitungseinrichtung 102 realisiert werden.
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Im Folgenden sind Komponenten allgemein mit dreistelligen Bezugszeichen bezeichnet; wo eine Komponente mehrfach vorgesehen ist, wird ein mit einem Punkt abgetrennter Suffix verwendet. Ein Bezugszeichen ohne Suffix bezieht sich auf alle gleichlautenden Bezugszeichen mit Suffixes.
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Die Fahrfunktion 110 ist dazu eingerichtet, für ein reales Fahrzeug, das beispielsweise im öffentlichen Straßenverkehr bewegt werden kann, eine Steuergröße 115 in Abhängigkeit eines Fahrzustands 120 des Fahrzeugs bereitzustellen. Beispielsweise kann die Fahrfunktion 110 einen Fahrassistenten, einen Bremsassistenten oder eine automatische oder autonome Steuerung des Fahrzeugs realisieren. Zur Verbindung der Fahrfunktion 110 mit der Testvorrichtung 105 kann eine Schnittstelle 130 vorgesehen sein, die physikalisch oder logisch ausgebildet sein kann.
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Die Fahrfunktion 110 kann eine oder mehrere Steuergrößen 115 bereitstellen, die durch einen Vektor ausgedrückt werden können. Eine Steuergröße 115 kann insbesondere eine Längsbewegung des Fahrzeugs betreffen und etwa mittels eines Antriebsstrangs oder eines Bremssystems des Fahrzeugs bewirkt werden. Eine Steuergröße 115 kann auch eine Quersteuerung des Fahrzeugs betreffen und beispielsweise mittels einer Lenkeinrichtung bewirkt werden.
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Der Fahrzustand 120 des Fahrzeugs umfasst üblicherweise einen Vektor mit einer vorbestimmten Anzahl Parametern, denen Werte zu einem vorbestimmten Zeitpunkt zugeordnet sind. Anzahl und Art der verwendeten Parameter können sich an Abhängigkeit der Fahrfunktion und einem betrachteten Detaillierungsgrad ändern. Beispielsweise kann eine Steuerung auf Sensorebene durchgeführt werden, wobei der Fahrzustand 120 Sensorwerte von mindestens einem Sensor des Fahrzeugs umfassen kann. In einer anderen Ausführungsform kann eine Steuerung auf einem höheren Abstraktionsniveau erfolgen, bei dem die Sensorwerte bereits verarbeitet sind. Beispielsweise kann auf der Basis von Bildern einer Kamera ein Objekt erfasst und erkannt werden, wobei der Fahrzustand 120 eine Art, einen Ort oder eine Bewegung des Objekts umfassen kann.
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Die Fahrfunktion 110 kann mittels eines Verarbeitungssystems realisiert werden, das beispielsweise einen Mikrocomputer umfasst, wobei das Verarbeitungssystem dazu eingerichtet sein kann, im oder am Fahrzeug angebracht zu werden. Allgemein kann die Fahrfunktion 110 aber auch eine Funktionskomponente umfassen, die auf verschiedene Weisen auf einem passenden Verarbeitungssystem ablaufen kann.
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Die Testvorrichtung 105 ist dazu eingerichtet, das Fahrzeug zu simulieren, indem es jeweils relevante Aspekte des Fahrzeugs bestimmt. Dazu kann die Testvorrichtung 105 insbesondere eine oder mehrere Steuergrößen 115 von der Fahrfunktion 110 übernehmen, auf deren Basis einen Fahrzustand 120 des Fahrzeugs bestimmen und den bestimmten Fahrzustand 120 an die Fahrfunktion 110 zurückliefern. Optional können noch weitere Informationen berücksichtigt werden. Beispielsweise kann eine Umgebung des Fahrzeugs in Abhängigkeit seiner Position auf der Basis von Kartendaten bestimmt werden, die für die Testvorrichtung 105 zugreifbar sind. Auf der Basis solcher Kartendaten können beispielsweise Sensorwerte bestimmt werden, die beim Abtasten der Umgebung des Fahrzeugs an einer bestimmten geographischen Position anfallen würden.
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Es wird vorgeschlagen, dass die Testvorrichtung 105 ein erstes Modell 125.1 und ein zweites Modell 125.2 umfasst, die alternativ mit der Fahrfunktion 110 verbunden werden können. Beide Modelle 125.1 und 125.2 können bevorzugt mathematisch ausgedrückt werden. Dabei ist das erste Modell 125.1 einfacher und das zweite Modell 125.2 komplexer ausgebildet. Beispielsweise kann eine Anzahl berücksichtiger Parameter des zweiten Modells 125.2 größer als die des ersten Modells 125.1 sein. Bevorzugt umfasst das zweite Modell 125.2 die Parameter des ersten Modells 125.1 und zusätzlich einen oder mehrere Parameter, die das erste Modell 125.1 nicht umfasst. In einer weiteren Ausführungsform berücksichtigt das zweite Modell 125.2 eine Dynamik des simulierten Fahrzeugs, während das erste Modell 125.1 lediglich nichtdynamische Zusammenhänge reflektieren kann. Das zweite Modell 125.2 kann beispielsweise als adaptiver Filter, etwa als Kalman-Filter, ausgebildet sein, wobei es seine Steuerstrategie in Abhängigkeit eines Erfolgs einer zuvor verwendeten Strategie anpassen kann.
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Das erste Modell 125.1 nimmt als Eingabe eine erste Steuergröße 115.1 entgegen und stellt als Ausgabegröße einen Fahrzustand 120.1 bereit, während das zweite Modell 125.2 als Eingabe eine erste Steuergröße 115.2 entgegennimmt und als Ausgabegröße einen Fahrzustand 120.2 bereitstellt. Dabei spannt bevorzugt die erste Steuergröße 115.1 einen Untervektorraum eines durch die zweite Steuergröße 115.2 aufgespannten Vektorraums auf. Entsprechend ist bevorzugt, dass ein erster Fahrzustand 120.1 einen Untervektorraum eines durch den zweiten Fahrzustand 120.2 aufgespannten Vektorraums aufspannt. Anders ausgedrückt sollen alle Parameter einer Steuergröße 115 oder eines Fahrzustands 120, die vom ersten Modell 125.1 verwendet werden, auch vom zweiten Modell 125.2 verwendet werden; gleichzeitig verwendet das zweite Modell 125.2 Parameter in der Steuergröße 115 oder dem Fahrzustand 120, der nicht vom ersten Modell 125.1 verwendet wird.
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Das zweite Modell 125.2 bestimmt einen zweiten Fahrzustand 120.2 üblicherweise nicht nur auf der Basis eines zeitlich zurückliegenden zweiten Fahrzustands 120.2, sondern zusätzlich auf der Basis eines internen Parameters, der nicht durch die zweite Steuergröße 115.2 oder den zweiten Fahrzustand 120.2 ausgedrückt ist. Die zeitliche Fortentwicklung des zweiten Fahrzustands 120.2 ist auch von dem internen Zustand abhängig.
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Um die Fahrfunktion 110 zwischen den Modellen 125.1 und 125.2 umschalten zu können sind in 1 symbolische Umschalter 135 vorgesehen, die einen Eingang und einen Ausgang der Fahrfunktion 110 mit dem Fahrzustand 120 beziehungsweise der Steuergröße 115 des jeweils gleichen Modells 125.1, 125.2 verbinden. Das Umschalten kann dann für die Fahrfunktion 110 reibungslos erfolgen, wenn die Parameter, die zwischen den ersten und zweiten Steuergrößen 115 und zwischen dem ersten und zweiten Fahrzustand 120 gleich sind, im Wesentlichen gleiche Werte aufweisen. Dazu wird vorgeschlagen, zunächst das erste Modell 125.1 in einen vorbestimmten ersten Fahrzustand 120.3 zu bringen. Der vorbestimmte Fahrzustand 120.3 umfasst üblicherweise die gleichen Parameter wie der erste Fahrzugstand 120.1. Dazu kann beispielsweise ein linearer Regler, ein PID-Regler oder ein PD-Regler verwendet werden. In dieser Phase kann die Fahrfunktion 110 mittels des Umschalters 125 mit dem ersten Modell 125.1 verbunden sein. Danach kann das zweite Modell 125.2 mit dem vorbestimmten Fahrzustand 120.3 initialisiert werden. Dazu können Werte von Parametern des Fahrzustands 120.3 in korrespondierende Parameter des zweiten Fahrzustands 120.2 übernommen werden.
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Um dann noch die internen Parameter des zweiten Modells 125.2 derart zu setzen, dass der Zustand des zweiten Modells 125.2 zumindest in sich konsistent ist, also einem real erreichbaren Zustand entspricht, der in einer Ausführungsform vorbestimmt sein kann, sollen dann mit beiden Modellen 125 ein vorbestimmtes Fahrmanöver 140 gefahren werden. Das erste Modell 125.1 soll ein erstes Fahrmanöver 140.1 und das zweite Modell 125.2 ein zweites Fahrmanöver 140.2 durchlaufen. Die Fahrmanöver 140 werden bevorzugt jeweils durch eine vorbestimmte Abfolge von Steuergrößen 115 gesteuert. Das zweite Fahrmanöver 140.2 ist üblicherweise komplexer als das erste Fahrmanöver 140.1 und kann sich von diesem vollständig unterschiedlich sein.
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Die Fahrmanöver 140 sind derart bestimmt, dass nach ihrer Beendigung die Fahrzustände 120.1 und 120.2 in den zwischen ihnen übereinstimmenden Parametern gleiche Werte aufweisen. Zusätzlich ist der zweite Fahrzustand 120.2 in sich konsistent, umfasst also eine Kombination von Werten, die real erreicht werden können. In diesem Zustand kann die Fahrfunktion 110 vom ersten Modell 125.1 auf das zweite Modell 125.2 umgeschaltet werden. Anschließend kann die Fahrfunktion 110 in dem definierten Fahrzustand 120.2 und den aus ihm hervorgehenden zweiten Fahrzuständen 120.2 beobachtet werden.
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Ein Rückschalten vom zweiten Modell 125.2 auf das erste Modell 125.1 kann auf entsprechende Weise erfolgen.
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2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens 200, anhand dessen die beschriebene Vorgehensweise genauer erläutert werden soll. Das Verfahren 200 umfasst Schritte, die dem ersten Modell 125.1 zugeordnet sind und in einem linken Bereich dargestellt sind, und Schritte, die dem zweiten Modell 125.2 zugeordnet sind und in einem rechten Bereich dargestellt sind.
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In einem Schritt 205 kann das erste Modell 125.1 aktiviert werden, indem es mit der Fahrfunktion 110 verbunden wird. Der mittels des ersten Modells 125.1 bestimmte erste Fahrzustand 120.1 kann der Fahrfunktion 110 als Eingangsgröße bereitgestellt werden, und die durch die Fahrfunktion 110 bereitgestellte Steuergröße 115 kann als erste Steuergröße 115 an das erste Modell 125.1 übergeben werden. In dieser Konstellation kann die Fahrfunktion 110 beispielsweise betrieben werden, um das simulierte Fahrzeug an eine vorbestimmte Position oder in einen vorbestimmten Fahrzustand 120.3 zu bringen. Dieser Fahrzustand 120.3 kann beispielsweise auf der Basis einer Versuchsfahrt mit dem realen Fahrzeug identifiziert worden sein und umfasst üblicherweise eine Situation, in der ein bestimmter Aspekt der Fahrfunktion 110 besonders gut untersucht werden kann. In einer Ausführungsform kann so beispielsweise eine Situation nachvollzogen werden, in der Schwierigkeiten aufgetreten sind, insbesondere weil sich die Fahrfunktion 110 nicht wie erwartet verhalten hat.
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In einem Schritt 210 kann das erste Modell 125.1 in den vorbestimmten Fahrzustand 120.3 gebracht werden. Hat das erste Modell 125.1 den vorbestimmten Fahrzustand 120.3 eingenommen, so kann in einem Schritt 215 das zweite Modell 125.2 mit dem vorbestimmten Fahrzustand 120.3 initialisiert werden, indem Parameter des zweiten Fahrzustands 120.2 mit Werten des vorbestimmten Fahrzustands 120.3 belegt werden. Parameter der zweiten Steuergröße 115.2 können in entsprechender Weise übernommen oder mittels des zweiten Modells 125.2 bestimmt werden.
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Anschließend kann in einem Schritt 220 das erste Modell 125.1 angesteuert werden, ein erstes vorbestimmtes Fahrmanöver 140.1 zu durchlaufen, und zeitgleich kann in einem Schritt 225 das zweite Modell 125.2 angesteuert werden, ein zweites vorbestimmtes Fahrmanöver 140.2 zu durchlaufen. Die Fahrmanöver 140.1 und 140.2 sind derart aufeinander abgestimmt, dass nach ihrem Durchlaufen die zwischen den Fahrzuständen 120.1 und 120.2 gleichen Parameter zumindest ungefähr gleiche Werte aufweisen, und gleichzeitig die Fahrzustände 120.1 und 120.2 jeweils in sich konsistent sind. Umfasst das zweite Modell 125.2 interne Parameter, so sollten auch diese konsistent zum bestimmten zweiten Fahrzustand 120.2 und einer bestimmten zweiten Steuergröße 115.2 sein.
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In einem Schritt 230 kann das erste Modell 125.1 deaktiviert werden; gleichzeitig kann das zweite Modell 125.2 aktiviert werden. Dadurch ist das Umschalten der Fahrfunktion 110 vom ersten Modell 125.1 auf das zweite Modell 125.2 abgeschlossen und das Verhalten der Fahrfunktion 110 kann am zweiten Modell 125.2 beobachtet werden.
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Hat die Fahrfunktion 110 ein vorbestimmtes Szenario durchlaufen, das mit dem vorbestimmten Fahrzustand 120.3 begonnen hat, so kann ein umgekehrter Umschaltvorgang durchgeführt werden. Dazu kann in einem Schritt 245 das erste Modell 125.1 initialisiert werden, indem Werte korrespondierender Parameter des bestimmten zweiten Fahrzustands 120.2 und/oder der zweiten Steuergröße 115.2 übernommen werden.
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In einem Schritt 250 kann das erste Modell 125.1 ein Manöver 140.1' durchlaufen, und in einem Schritt 255 kann das zweite Modell 125.2 ein Manöver 140.2' durchlaufen. Diese Manöver 140' können in ihrer Wirkung den Manövern 140 entgegengesetzt sein und sind so gewählt, dass nach ihrem Durchlaufen beide Modelle 125 jeweils konsistente Zustände einnehmen, wobei Werte zueinander korrespondierender Parameter im Fahrzustand 120 und/oder der Steuergröße 115 einander zumindest im Wesentlichen entsprechen.
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Anschließend können in einem Schritt 260 das erste Modell 125.1 aktiviert und in einem Schritt 265 das zweite Modell 125.2 deaktiviert werden. Danach ist das Umschalten beendet und die Fahrfunktion 110 kann bezüglich des ersten Modells 125.1 weiter beobachtet werden.
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Bezugszeichen
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- 100
- System
- 102
- Verarbeitungseinrichtung
- 105
- Testvorrichtung
- 110
- Fahrfunktion
- 115
- Steuergröße
- 120
- Fahrzustand
- 130
- Schnittstelle
- 135
- Umschalter
- 140
- Fahrmanöver
- 200
- Verfahren
- 205
- Modell 1 aktivieren
- 210
- Modell 1 in vorbestimmten Fahrzustand steuern
- 215
- Modell 2 mit vorbestimmtem Fahrzustand initialisieren
- 220
- Fahrmanöver 1 steuern
- 225
- Fahrmanöver 2 steuern
- 230
- Modell 1 deaktivieren
- 235
- Modell 2 aktivieren
- 240
- Fahrfunktion an Modell 2 beobachten
- 245
- Modell 1 initialisieren
- 250
- Fahrmanöver 1' steuern
- 255
- Fahrmanöver 2' steuern
- 260
- Modell 1 aktivieren
- 265
- Modell 2 deaktivieren
- 270
- Fahrfunktion an Modell 1 beobachten