-
Es ist weltweit bekannt, für die Benutzung von Straßenbauwerken eine Maut zu erheben. Solche Gebühren werden für die Benutzung von Autobahnen oder Fernstraßen, eines innerstädtischen Straßennetzes oder auch von Einzelbauwerken, wie Brücken oder Tunneln, erhoben. Gebühren können dabei für eine zeitlich begrenzte Nutzung eines Streckennetzes oder nur für die tatsächlich von einem Fahrzeug benutzte Strecke innerhalb des Netzes erhoben werden. Ebenso ist es bekannt, bei der Erhebung an sich oder der Höhe der Maut nach Art und Schadstoffklasse der Fahrzeuge zu unterscheiden. Sowohl zur Entrichtung der jeweiligen Nutzungsgebühr als auch zur Kontrolle der Nutzungsberechtigung sind unterschiedlichste Verfahren im Einsatz, die durch mehr oder weniger automatisierte Mautsysteme unterstützt werden.
-
So ist es bekannt, an Einfahrten in einen und an Ausfahrten aus einem mautpflichtigen Streckenabschnitt Schranken sowie Bezahlstationen zu errichten, an welchen die Maut für den zurückgelegten Streckenabschnitt mit Bargeld oder Geldkarte entrichtet werden kann. Dieses Verfahren führt durch den Bezahlvorgang und die davon abhängige Schrankenfreigabe zu Warteschlangen und mitunter zu erheblichen Verkehrseinschränkungen.
-
Um die Wartezeiten an Bezahl- und Kontrollstationen zu verkürzen, ist es bekannt, die Nutzungsgebühr bereits vor Einfahrt in die mautpflichtige Straßenstrecke, beispielsweise über ein Internetportal oder eine Smartphoneapplikation des Mautbetreibers, zu entrichten, wobei das amtliche Kennzeichen des zur Benutzung vorgesehenen Fahrzeugs registriert wird. An einer straßenseitigen Kontrollstation wird mittels einer Videokamera das Kennzeichen eines Fahrzeugs erfasst und mit den beim Mautbetreiber registrierten Kennzeichen verglichen. Bei einer Übereinstimmung kann dann beispielsweise eine Schranke freigegeben werden. Mit diesem Verfahren ist die Entrichtung und Kontrolle einer zeitabhängigen Maut möglich. Die Streckenabhängigkeit ist jedoch durch die Anordnung der Kontrollstationen vorgegeben. Außerdem ist durch die Kennzeichenerfassung eine Erstellung von Bewegungsprofilen der Fahrzeuge möglich, was hinsichtlich des Schutzes von Persönlichkeitsdaten bedenklich und in manchen Jurisdiktionen sogar rechtswidrig ist.
-
Dieselben Unzulänglichkeiten weist ein Innenstadtmautsystem auf, bei dem die Kennzeichen der Fahrzeuge bei Einfahrten in das mautpflichtige Streckennetz erfasst werden. Die erhobene Nutzungsgebühr gilt für eine vorgegebene Zeit, beispielsweise für den Rest des Tages. Um hier auch eine streckenabhängige Maut für Binnenfahrten erheben zu können, wäre ein erheblicher zusätzlicher Infrastrukturaufwand für weitere Erfassungsstationen erforderlich.
-
Zur Erhebung einer streckenabhängigen Maut ist es bekannt, in Fahrzeuge spezialisierte Endgeräte zur Gebührenerfassung, so genannte On-Board-Units, zu installieren, die mittels eines satellitengestützten Positionsbestimmungssystems die zurückgelegte mautpflichtige Strecke und anhand ihrer Fahrzeugart die Höhe der fälligen Maut ermitteln sowie über eine Mobilfunkschnittstelle die ermittelte Maut an einen Zentralrechner des Mautsystembetreibers übermitteln. Dabei sind die zur Nutzung vorgesehenen Fahrzeuge vorher beim Mautsystembetreiber mit Fahrzeugklasse und Kennzeichen zu registrieren. Eine Überprüfung der Mautentrichtung erfolgt an Kontrollstationen, an welchen mittels eines Videosystems Videodaten von passierenden Fahrzeugen aufgenommen werden und an welche das Endgerät des passierenden Fahrzeugs per Infrarotkommunikation Fahrzeugklasse und Kennzeichen überträgt. Die Videodaten werden zunächst dahingehend ausgewertet, ob es sich bei dem Fahrzeug um ein mautpflichtiges Fahrzeug handelt und, falls dies der Fall ist, welches Kennzeichen dies trägt. Das Kennzeichen wird dann mit dem vom Endgerät übermittelten Kennzeichen verglichen. Bei Übereinstimmung kann dann überprüft werden, ob im Zentralrechner des Mautsystembetreibers für dieses Fahrzeug eine Entrichtung der Maut gebucht worden ist. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass sämtliche mautpflichtige Fahrzeuge mit Endgeräten, einschließlich fahrzeugseitigen Stromversorgungen, auszustatten sind. Außerdem geht damit ein unverhältnismäßig hoher Infrastrukturaufwand einher.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und Mautsystem anzugeben, mit dem zeit- und streckenabhängige Straßenbenutzungsgebühren in freiem Verkehrsfluss erhoben und deren Entrichtung kontrolliert werden kann, ohne Installation spezialisierter Endgeräte im Fahrzeug und unter Wahrung der Privatsphäre des Nutzers.
-
Der verfahrensbezogene Aspekt der Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Entrichtung einer Gebühr für die Nutzung eines mautpflichtigen Straßennetzes durch ein Fahrzeug. Dabei erzeugt ein Zufallsgenerator eine zufällige Zeichenkette. Der Zufallsgenerator wird von einer unabhängige Stelle, beispielsweise einem Technischen Überwachungsverein, dem Kraftfahrtbundesamt, einem Datenschutzverein oder einer freiwilligen Kontrollstelle betrieben, die keine weitere Rolle in dem Mautverfahren hat und damit auch nicht mit weiteren Daten in Berührung kommt. In vorgebbaren Zeitabständen wird die Zeichenkette neu erzeugt, beispielsweise täglich oder auch nach anderen für eine Fahrtdauer typischen Zeitdauern. Die Zeichenkette ist vorzugsweise alphanumerisch und von ausreichender Länge, beispielsweise zwischen 16 und 256 Zeichen lang.
-
Die erzeugte Zeichenkette wird dann jeweils an ein elektronisches Bezahlsystem eines Zahlungsdienstleisters zur Abwicklung der Gebührenentrichtung sowie an ein Kontrollgerät zur straßenseitigen Überprüfung einer Nutzungsberechtigung von das Straßennetz benutzenden Fahrzeugen übermittelt. Zum Erwerb einer Nutzungsberechtigung meldet sich ein Nutzer im Bezahlsystem an und gibt dabei ein Kennzeichen des zur Nutzung vorgesehenen Fahrzeugs ein. Unter Kennzeichen des Fahrzeugs wird hier das amtlich registrierte Kraftfahrzeug-Kennzeichen verstanden. Die Anmeldung kann beispielsweise durch den Fahrer oder auch einen Dritten über ein mobiles Endgerät, beispielsweise ein Smartphone mit entsprechender Applikationssoftware, oder Internet-basiert über eine Website des Zahlungsdienstleisters erfolgen. Ein Missbrauch durch einen Dritten ist hier allenfalls zu dessen eigenen Nachteil möglich, da die Gebührenentrichtung für ein fremdes Fahrzeug erfolgen würde.
-
Das Bezahlsystem erzeugt dann aus dem Kennzeichen und der aktuell gültigen Zeichenkette mittels eines Hashalgorithmus einen Hashwert. Hierbei handelt es sich um einen so genannten gesalzenen Hashwert (engl.: salted hash), wobei das Salz durch die zufällig generierte Zeichenkette gebildet wird. Der Hashwert dient dann als anonymisierter Bezug zum Kennzeichen des Fahrzeugs. Der Zahlungsdienstleister wickelt außer der Hashwert-Bildung nur Standardaufgaben des elektronischen Zahlungsverkehrs ab. Beispielsweise kommt der in den lokalen Verkehrsbetrieben vorgesehene Zahlungsdienstleister in Betracht. Für die Gebührenentrichtung können Ad-hoc-Zahlungsverfahren, beispielsweise mittels eines Paypal-Kontos oder einer Prepaid-Karte.
-
Das Bezahlsystem überträgt den erzeugten Hashwert an ein elektronisches Betreibersystem eines Mautbetreibers, welches den übertragenen Hashwert zu Kontrollzwecken bereithält. Das Betreibersystem hält einen Pool an Hashwerten bereit, die Fahrzeugen beziehungsweise deren Kennzeichen zugeordnet sind, für die eine Nutzungsberechtigung vorliegt.
-
Das Kontrollgerät erfasst mittels Videoaufnahmen und - auswertung eines passierenden Fahrzeugs ein Kennzeichen des Fahrzeugs. Kontrollgeräte können stationär an einer festen Kontrollstelle im Straßennetz angeordnet oder mobil für wechselnde, stichprobenartige Kontrollstellen eingesetzt sein. Ein Kontrollgerät umfasst eine digitale Videokamera zur Bildaufnahme eines die Kontrollstelle passierenden Fahrzeugs sowie eine Bildauswertungseinheit zur Erkennung des Kennzeichens des aufgenommenen Fahrzeugs mittels optischer Zeichenerkennung.
-
Das Kontrollgerät erzeugt aus dem erfassten Kennzeichen und der aktuell gültigen Zeichenkette mittels des Hashalgorithmus ebenfalls den Hashwert und überträgt den erzeugten Hashwert an das Betreibersystem. Das Betreibersystem überprüft dann, ob der vom Kontrollgerät übertragene Hashwert mit einem der vom Bezahlsystem übertragenen und noch bereitgehaltenen Hashwerte übereinstimmt. Indem Bezahlsystem und Kontrollgerät denselben Hashalgorithmus verwenden, wird bei übereinstimmenden Kennzeichen derselbe gesalzene Hashwert erzeugt, der im Betreibersystem zur anonymen Überprüfung einer Nutzungsberechtigung verwendet werden kann.
-
Wesentlich für den Datenschutz ist die Tatsache, dass es dem Mautbetreiber ohne Kenntnis der jeweils gültigen Zeichenkette - dem Salz - nicht möglich ist, aus dem Hashwert das Kennzeichen zu rekonstruieren. Mit dem Verfahren ist es möglich, unter Einhaltung von Datenschutzvorgaben sowohl eine zeit- als auch eine streckenabhängige Maut zu erheben und zu kontrollieren, wobei für den Nutzer die Verwendung eines Smartphones mit entsprechender Applikationssoftware möglich ist. Erreicht wird dies durch die Nutzung von gesalzenen Hashwerten mit wechselndem Salz, wodurch personenbezogene Daten wie das Kennzeichen von bewegungsspezifische Daten wie die Position zu einer bestimmten Zeit effektiv getrennt werden. Durch die Nutzung von Smartphones kann auf eine spezialisierte, fest installierte On-Board-Unit verzichtet werden. Kontrollen der Nutzungsberechtigung sind ohne Einschränkungen des Verkehrsflusses möglich.
-
In einer besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erzeugt das Kontrollgerät einen Beweisdatensatz einer Fahrzeugpassage, wobei das Kontrollgerät den erzeugten Beweisdatensatz an das Betreibersystem übermittelt, wenn die Überprüfung im Betreibersystem ergeben hat, dass der vom Kontrollgerät übertragene Hashwert mit keinem der noch bereitgehaltenen Hashwerte übereinstimmt, und andernfalls den Beweisdatensatz löscht. Bei fehlender Übereinstimmung liegt ein Anfangsverdacht einer ordnungswidrigen Nutzung des mautpflichtigen Straßennetzes vor, sodass die Ausgabe des Beweisdatensatzes für eine nähere Überprüfung des Sachverhalts begründet ist. Bei gefundener Übereinstimmung wird der Beweisdatensatz, der persönliche Daten enthält, aus Datenschutzgründen sofort wieder gelöscht.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens weist der Beweisdatensatz ein Videobild und das Kennzeichen des passierenden Fahrzeugs sowie den Kontrollzeitpunkt auf. Um einen Anfangsverdacht näher überprüfen zu können, ist ein Videobild nötig, auf dem das Kennzeichen des Fahrzeugs und gegebenenfalls der Fahrer abgebildet sind, sowie der Kontrollzeitpunkt, an dem das Videobild aufgenommen wurde.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens löscht das Kontrollgerät den Beweisdatensatz nach Ablauf einer vorgebbaren Zeitspanne, falls das Betreibersystem nicht innerhalb der Zeitspanne einen Beweisdatensatz anfordert. Damit die persönlichen Daten im Kontrollgerät nicht unnötig lange gespeichert bleiben, kann eine Zeitspanne eingestellt werden, nach deren Ablauf der Beweisdatensatz - unabhängig ob dieser vom Betreibersystem nach Überprüfung angefordert wurde - gelöscht wird. Die Zeitspanne kann nach den nationalen Datenschutzanforderungen eingestellt werden.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens übermittelt das Bezahlsystem dem Nutzer automatisch eine elektronische Rechnung über die Gebührenentrichtung. Direkt nach erfolgter Gebührenentrichtung oder später nach Ablauf der Nutzungsberechtigung kann der Zahlungsdienstleister mittels des Bezahlsystems dem Nutzer eine elektronische Rechnung zukommen lassen. In dieser können neben dem Gebührenbetrag die eingegebenen Daten, wie Kennzeichen oder auch Nutzungsdauer oder genutzte Streckenlänge, im Klartext enthalten sein. Sie dient dem Nutzer als Nachweis bei eventueller Beanstandung.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens meldet sich ein Nutzer zum Erwerb einer zeitabhängigen Nutzungsberechtigung im Bezahlsystem an und gibt dabei ein Kennzeichen des zur Nutzung vorgesehenen Fahrzeugs sowie einen Nutzungszeitraum ein. Das Bezahlsystem wickelt dann die für den Nutzungszeitraum fällige Gebührenentrichtung ab. Bei erfolgreicher Gebührenentrichtung wird im Bezahlsystem der Hashwert erzeugt und mit dem gewünschten Nutzungszeitraum an das Betreibersystem übertragen. Das Betreibersystem hält den übertragenen Hashwert dann bis zum Ablauf des Nutzungszeitraums zu Kontrollzwecken bereit. Im bereitgehaltenen Pool werden die Hashwerte mit den zugehörigen Nutzungsdauern gespeichert, wobei ein Hashwert nach Ablauf der Nutzungsdauer gelöscht wird.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens meldet sich ein Nutzer zum Erwerb einer streckenabhängigen Nutzungsberechtigung bei Einfahrt in das mautpflichtige Straßennetz im Bezahlsystem über ein im benutzten Fahrzeug mitgeführtes, mobiles Endgerät an und gibt dabei das Kennzeichen des Fahrzeugs ein. Das Bezahlsystem überträgt den erzeugten Hashwert an das Betreibersystem und an das Endgerät. Das Betreibersystem hält den übertragenen Hashwert bereit, bis sich der Nutzer bei Ausfahrt aus dem mautpflichtigen Straßennetz im Bezahlsystem über das Endgerät wieder abmeldet. Das Endgerät bestimmt laufend seine geografische Position, beispielsweise über einen GPS-Empfänger, und übermittelt in vorgebbaren Zeitabständen seine jeweils aktuell bestimmte Position mit Bestimmungszeitpunkt und Hashwert an das Betreibersystem. Im Betreibersystem wird zu einem Hashwert aus den übermittelten Positionen eine Streckenlänge einer vom zugeordneten Fahrzeug zurückgelegten Strecke bestimmt. Hierdurch kann die für die Erhebung der Maut erforderliche Streckenlänge automatisch ermittelt werden, ohne dass ein Bewegungsprofil eines Fahrzeugs oder Nutzers geniert wird.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens führt das Betreibersystem zu einem Hashwert anhand der übermittelten Positionen und Bestimmungszeitpunkte eine Plausibilitätsprüfung nach Ort und/oder Fahrweg und/oder Geschwindigkeit des dem Hashwert zugeordneten Fahrzeugs durch. Die Plausibilitätsprüfung kann durchgeführt werden, ohne dass ein Bezug zu einem Fahrzeug oder der Person des Nutzers herstellbar ist. Auffälligkeiten können datentechnisch markiert werden, sodass bei einer Kontrolle zu diesem Hashwert der Beweisdatensatz an das Betreibersystem übermittelt werden kann, da aufgrund der Auffälligkeit ein Anfangsverdacht für eine Überprüfung begründet ist.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens fordert das Bezahlsystem nach Abmeldung durch den Nutzer vom Betreibersystem die vom Fahrzeug zwischen Einfahrt und Ausfahrt zurückgelegte Streckenlänge an und die für die Streckenlänge fällige Gebührenentrichtung ab. Bei der streckenabhängigen Maut meldet der Nutzer die Ausfahrt einfach über das Endgerät, beispielsweise durch Betätigen eines Bedienelements auf dem Berührbildschirm eines Mobilfunkgeräts, wobei dem Bezahlsystem neben dem Kennzeichen auch Fahrzeugposition und Zeitpunkt der Ausfahrt bekanntgegeben wird. Das Bezahlsystem fordert für diesen Hashwert vom Betreibersystem die zwischen Einfahrt und Ausfahrt des zugeordneten Fahrzeugs zurückgelegte Streckenlänge an. Das Betreibersystem löscht nach einer solchen Anforderung den entsprechenden Hashwert.
-
In einer weiteren besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens weist die elektronische Rechnung stets oder nach Aktivierung durch den Nutzer den zurückgelegten Fahrweg und/oder dessen Streckenlänge, für welche die Gebühr erhoben wird, auf. Wird die Ausweisung des gefahrenen Weges in der Rechnung seitens des Nutzers oder nach der gültigen Rechtslage im Land des Straßennetz als Nachweis und nicht als potentielle Verletzung der Privatsphäre gesehen, ist dies durch das vorliegende Verfahren leicht umsetzbar. Möglich ist auch eine freiwillige Aktivierung dieses Nachweises durch den Nutzer.
-
Der systembezogene Aspekt der Aufgabe wird gelöst durch ein Mautsystem zur Entrichtung einer Gebühr für die Nutzung eines mautpflichtigen Straßennetzes durch ein Fahrzeug, welches zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10 ausgebildet ist.
-
Weitere Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus nachfolgender Beschreibung eines Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnungen, in deren
- 1 ein Mautsystem für eine zeitabhängige Maut und
- 2 ein Mautsystem für eine streckenabhängige Maut
schematisch veranschaulicht sind.
-
Gemäß 1 und 2 ist ein erfindungsgemäßes Mautsystem 10 zur Entrichtung einer Gebühr für die Nutzung eines mautpflichtigen Straßennetzes durch ein Fahrzeug 1 ausgebildet und vorgesehen.
-
Das Mautsystem 10 umfasst einen Zufallsgenerator 2, der eine zufällige Zeichenkette S erzeugt und von einer unabhängigen Stelle, beispielsweise einem Technischen Überwachungsverein, dem Kraftfahrtbundesamt, einem Datenschutzverein oder einer freiwilligen Kontrollstelle betrieben wird. Diese Stelle hat keine weitere Rolle in dem Mautverfahren und kommt nicht mit weiteren Daten in Berührung. In vorgebbaren Zeitabständen wird die Zeichenkette S neu erzeugt, beispielsweise täglich. Die Zeichenkette S ist vorzugsweise alphanumerisch und von ausreichender Länge, beispielsweise zwischen 16 und 256 Zeichen lang.
-
Das Mautsystem 10 umfasst ein elektronisches Bezahlsystem 3 eines Zahlungsdienstleisters zur Abwicklung der Gebührenentrichtung mit einem Nutzer. Zum Erwerb einer Nutzungsberechtigung meldet sich ein Nutzer im Bezahlsystem 3 an und gibt dabei ein Kennzeichen K des zur Nutzung vorgesehenen Fahrzeugs 1 ein. Unter Kennzeichen K des Fahrzeugs 1 wird hier das amtlich registrierte Kraftfahrzeug-Kennzeichen verstanden. Die Anmeldung kann beispielsweise durch den Fahrer oder auch einen Dritten über ein mobiles Endgerät 5 des Mautsystems 10, beispielsweise ein Smartphone mit entsprechender Applikationssoftware, oder Internet-basiert über eine Website des Zahlungsdienstleisters erfolgen.
-
Ferner umfasst das Mautsystem 10 ein oder mehrere Kontrollgeräte 4 zur Erfassung eines Kennzeichens K eines Fahrzeugs 1. Kontrollgeräte 4 können stationär an einer festen Kontrollstelle im Straßennetz angeordnet oder mobil für wechselnde, stichprobenartige Kontrollstellen eingesetzt sein. Ein Kontrollgerät 4 umfasst eine digitale Videokamera zur Bildaufnahme eines die Kontrollstelle passierenden Fahrzeugs 1 sowie eine Bildauswertungseinheit zur Erkennung des Kennzeichens K des aufgenommenen Fahrzeugs 1 mittels optischer Zeichenerkennung.
-
Die vom Zufallsgenerator 2 erzeugte Zeichenkette S wird an das Bezahlsystem 3 sowie an die Kontrollgerät 4 übermittelt.
-
Das Bezahlsystem 3 erzeugt aus dem Kennzeichen K und der aktuell gültigen Zeichenkette S mittels eines Hashalgorithmus einen Hashwert H. Hierbei handelt es sich um einen so genannten gesalzenen Hashwert (engl.: salted hash), wobei das Salz durch die zufällig generierte Zeichenkette S gebildet wird. Der Hashwert H dient dann als anonymisierter Bezug zum Kennzeichen K des Fahrzeugs 1. Der Zahlungsdienstleister wickelt außer der Hash-wert-Bildung nur Standardaufgaben des elektronischen Zahlungsverkehrs ab. Beispielsweise kommt der in den lokalen Verkehrsbetrieben vorgesehene Zahlungsdienstleister in Betracht. Für die Gebührenentrichtung können Ad-hoc-Zahlungsverfahren, beispielsweise mittels eines Paypal-Kontos oder einer Prepaid-Karte.
-
Das Mautsystem 10 umfasst außerdem ein elektronisches Betreibersystem 5 eines Mautbetreibers, an welches das Bezahlsystem 3 den erzeugten Hashwert H überträgt und welches den übertragenen Hashwert H zu Kontrollzwecken bereithält. Das Betreibersystem 5 hält also einen Pool an Hashwerten H bereit, die Fahrzeugen 1 beziehungsweise deren Kennzeichen K zugeordnet sind, für die aktuell eine Nutzungsberechtigung vorliegt.
-
Ein Kontrollgerät 4 erzeugt aus dem erfassten Kennzeichen K und der aktuell gültigen Zeichenkette S mittels des Hashalgorithmus ebenfalls den Hashwert H und überträgt den erzeugten Hashwert H an das Betreibersystem 5. Das Betreibersystem 5 überprüft dann, ob der vom Kontrollgerät 4 übertragene Hashwert H mit einem der vom Bezahlsystem 3 übertragenen und noch bereitgehaltenen Hashwerte H übereinstimmt. Indem Bezahlsystem 3 und Kontrollgerät 4 denselben Hashalgorithmus verwenden, wird bei übereinstimmenden Kennzeichen K derselbe gesalzene Hashwert H erzeugt, der im Betreibersystem 5 zur anonymen Überprüfung einer Nutzungsberechtigung verwendet wird.
-
Das Kontrollgerät 4 erzeugt einen Beweisdatensatz D einer Fahrzeugpassage und übermittelt diesen an das Betreibersystem 5, wenn die Überprüfung dort ergeben hat, dass der vom Kontrollgerät 4 übertragene Hashwert H mit keinem der noch bereitgehaltenen Hashwerte H übereinstimmt. Andernfalls löscht das Kontrollgerät 4 den Beweisdatensatz D. Bei fehlender Übereinstimmung liegt ein Anfangsverdacht einer ordnungswidrigen Nutzung des mautpflichtigen Straßennetzes vor, sodass die Ausgabe des Beweisdatensatzes D für eine nähere Überprüfung des Sachverhalts begründet ist. Der Beweisdatensatz D kann ein Videobild und das Kennzeichen K des passierenden Fahrzeugs 1 sowie den Kontrollzeitpunkt t aufweisen. Das Kontrollgerät 4 löscht den Beweisdatensatz D nach Ablauf einer vorgebbaren Zeitspanne, falls das Betreibersystem 5 nicht innerhalb der Zeitspanne einen Beweisdatensatz anfordert. Die Zeitspanne kann nach den nationalen Datenschutzanforderungen eingestellt werden.
-
Das Bezahlsystem 3 kann dem Nutzer automatisch eine elektronische Rechnung R über die Gebührenentrichtung übermitteln. In dieser können neben dem Gebührenbetrag die eingegebenen Daten, wie Kennzeichen K oder auch Nutzungsdauer T oder genutzte Streckenlänge L, im Klartext enthalten sein. Sie dient dem Nutzer als Nachweis bei eventueller Beanstandung.
-
Gemäß 1 unterstützt das Mautsystem 10 ein Verfahren zum Erwerb einer zeitabhängigen Nutzungsberechtigung, beispielsweise zur tages-, wochen- oder jahresweisen Nutzung eines mautpflichtigen Straßennetzes.
-
Der Nutzer meldet sich im Bezahlsystem 3 an und gibt dabei ein Kennzeichen K des zur Nutzung vorgesehenen Fahrzeugs 1 sowie den gewünschten Nutzungszeitraum T ein. Das Bezahlsystem 3 wickelt dann die für den Nutzungszeitraum T fällige Gebührenentrichtung ab. Bei erfolgreicher Gebührenentrichtung wird im Bezahlsystem 3 der Hashwert H erzeugt und mit dem gewünschten Nutzungszeitraum T an das Betreibersystem 5 übertragen. Das Betreibersystem 5 hält den übertragenen Hashwert H dann bis zum Ablauf des Nutzungszeitraums T zu Kontrollzwecken bereit, danach wird er automatisch gelöscht.
-
Gemäß 2 unterstützt das Mautsystem 10 auch ein Verfahren zum Erwerb einer streckenabhängigen Nutzungsberechtigung, beispielsweise zwischen einer durch den Nutzer gewählten Einfahrt in das Streckennetz und einer späteren Ausfahrt daraus.
-
Ein Nutzer muss hier in seinem Fahrzeug 1 das mobile Endgerät 6 mitführen, welches laufend seine geografische Position Pn bestimmt, beispielsweise über einen GPS-Empfänger. Bei Einfahrt in das mautpflichtige Straßennetz meldet sich der Nutzer im Bezahlsystem 3 über das Endgerät 6 an und gibt dabei das Kennzeichen K des Fahrzeugs 1 ein; gleichzeitig werden die Einfahrtsposition P1 und der Einfahrtszeitpunkt T1 übergeben. Das Bezahlsystem 3 überträgt den erzeugten Hashwert H an das Betreibersystem 5 und an das Endgerät 6. Das Betreibersystem 5 hält den übertragenen Hashwert H bereit, bis sich der Nutzer bei Ausfahrt aus dem mautpflichtigen Straßennetz im Bezahlsystem 3 über das Endgerät 6 wieder abmeldet, wobei der Hashwert H mit der Ausfahrtsposition P2 und dem Ausfahrtszeitpunkt T2 übergeben werden. Während der Fahrt übermittelt das Endgerät 6 in vorgebbaren Zeitabständen, beispielsweise minütlich, seine jeweils aktuell bestimmte Position Pn mit Bestimmungszeitpunkt Tn und Hashwert H an das Betreibersystem 5. Im Betreibersystem 5 wird zu einem Hashwert H aus den übermittelten Positionen Pn eine Streckenlänge L einer vom zugeordneten Fahrzeug 1 zurückgelegten Strecke bestimmt. Hierbei ist es nicht möglich, ein Bewegungsprofil eines Fahrzeugs 1 in Kenntnis des Kennzeichens K oder der Person des Nutzers zu generieren.
-
Das Betreibersystem 5 kann aber zu einem Hashwert H anhand der übermittelten Positionen Pn und Bestimmungszeitpunkte Tn eine Plausibilitätsprüfung nach Ort und/oder Fahrweg und/oder Geschwindigkeit des dem Hashwert H zugeordneten Fahrzeugs 1 durchführen und Auffälligkeiten datentechnisch markieren, sodass bei einer Kontrolle zu diesem Hashwert H der Beweisdatensatz D an das Betreibersystem 5 übermittelt werden kann.
-
Nach Abmeldung durch den Nutzer fordert das Bezahlsystem 3 vom Betreibersystem 5 die vom einem Hashwert H zugeordneten Fahrzeug 1 zwischen Einfahrt und Ausfahrt zurückgelegte Streckenlänge L an und wickelt die für die Streckenlänge L fällige Gebührenentrichtung ab. Das Betreibersystem 5 löscht nach einer solchen Anforderung den entsprechenden Hashwert H, da der Nutzer nach Ausfahrt keine Nutzungsberechtigung mehr hat. Die elektronische Rechnung R kann stets oder nach Aktivierung durch den Nutzer den zurückgelegten Fahrweg und/oder dessen Streckenlänge L, für welche die Gebühr erhoben wird, aufweisen.