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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln eines Fahrbahnzustands einer Fahrbahn.
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Der Fahrbahnzustand einer Fahrbahn wird beeinflusst durch Wettereinflüsse, wie Regen, Schnee oder Eis. Diese können einen Reibungskoeffizienten zwischen einem Reifen eines Fahrzeugs und einer Fahrbahnoberfläche negativ beeinflussen, sodass sich ein Bremsweg des Fahrzeugs deutlich verlängert. Es ist bekannt Wettereinflüsse durch spezielle Sensoren zu erfassen. Regen kann beispielsweise durch einen optischen Regensensor erkannt werden. Durch diese Erkennung, kann wiederum auf eine Veränderung des Reibungskoeffizienten zwischen einem Reifen und der Fahrbahn bei Regen geschlossen werden. Aus der
DE 10 2014 203 312 A1 sind Fahrzeugsteuersysteme und die Generierung und Nutzung eines Modells zur Erkennung der Fahrbahn bekannt. Die Modelle werden dabei für die Optimierung einer Fahrzeug-Antriebsstrangleistung herangezogen. Es wird eine Straßenneigung über eine Region modelliert und eine Straßenneigungsänderungen genutzt, um den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs zu optimieren.
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Demgemäß ist vorgesehen:
- Ein Verfahren zum Ermitteln eines Fahrbahnzustands einer Fahrbahn, wobei ein Fahrbahnzustand wenigstens einen der folgenden Werte annehmen kann: „nass“, „trocken“, „Schnee“, mit den folgenden Schritten:
- Bereitstellen einer Definition verschiedener Fahrbahnzustände; Unterteilen eines in Fahrtrichtung befindlichen Streckenabschnitts der Fahrbahn in Teilabschnitte; Schätzen des Fahrbahnzustands in den Teilabschnitten, insbesondere mittels Sensordaten, welche von wenigstens einem Sensor generiert wurden; Ermitteln von Unsicherheiten der Schätzung des Fahrbahnzustands in Form einer Emissionsmatrix; Generieren eines Transitionsmodells mit Übergangswahrscheinlichkeiten von einem ersten Fahrbahnzustand zu einem zweiten Fahrbahnzustand zwischen verschiedenen Teilabschnitten in Form einer Transitionsmatrix; Ermitteln einer Wahrscheinlichkeit für wenigstens einen Fahrbahnzustand in einem Teilabschnitt mittels eines rekursiven probabilistischen Filters und aufgrund der Schätzung des Fahrbahnzustands, der Transitionsmatrix und aufgrund der Emissionsmatrix.
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In dieser Patentanmeldung ist ein Streckenabschnitt eine Wegstrecke innerhalb eines Erfassungsbereichs eines Sensors oder eine Wegstrecke, zu der Messdaten aus einer anderen Quelle vorliegen. Der Streckenabschnitt wird in mehrere Teilabschnitte unterteilt.
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Ein Fahrbahnzustand eines Streckenabschnitts oder Teilabschnitts ist probabilistisch und kann beispielsweise Werte von 1 = trocken, 2 = nass und 3 = Schnee annehmen. Es versteht sich das auch andere Fahrbahnzustände berücksichtigt werden können.
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Der Vektor P(K) beschreibt die Wahrscheinlichkeiten der Zustände in einem Teilabschnitt K. Dementsprechend ergibt die Summe der Einträge von P(K) gleich 1.
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Ein Transitionsmodell modelliert den Übergang zwischen zwei Teilabschnitten K und K +1. Eine Transitionsmatrix beschreibt in einem Eintrag (I, J) die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels von Zustand I auf Zustand J. Kommt es nicht zu numerischen Ungenauigkeiten beträgt die Zeilensumme einer Transitionsmatrix also gleich 1. Die Transitionsmatrix kann beispielsweise aus Wetterdaten, Verkehrsdaten, Erfahrungswerten und/oder dergleichen bestimmt werden und kann ferner von einer Strecke sowie Parametern wie Jahreszeit, Temperatur und/oder dergleichen abhängen.
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ŝ ist in dieser Patentanmeldung eine Schätzung des Fahrbahnzustands eines vorausliegenden Teilabschnitts aufgrund von Sensordaten. Die Schätzung unterliegt einer Unsicherheit, die durch eine Emissionsmatrix E beschrieben wird, d. h. der Eintrag die (I, J) der Emissionsmatrix entspricht der Wahrscheinlichkeit den Zustand J zu schätzen, wenn der tatsächliche Zustand I ist. Kommt es nicht zu numerischen Ungenauigkeiten beträgt die Zeilensumme einer Emissionsmatrix also gleich 1.Für einen perfekten Schätzer wäre die also E die Einheitsmatrix. Die Emissionsmatrix ist sensorspezifisch bzw. spezifisch für den Ursprung der Daten und kann ferner auch abhängig von der Entfernung zwischen dem Sensor und dem Teilabschnitt abhängen.
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Eine Markov-Kette ist ein stochastischer Prozess. Eine Markov-Kette ist darüber definiert, dass auch durch Kenntnis einer nur begrenzten Vorgeschichte ebenso gute Prognosen über die zukünftige Entwicklung möglich sind wie bei Kenntnis der gesamten Vorgeschichte des Prozesses. Man unterscheidet Markov-Ketten unterschiedlicher Ordnung bzw. mit unterschiedlichen Schritten. Im Falle einer Markov-Kette erster Ordnung heißt das: Der zukünftige Zustand des Prozesses ist nur durch den aktuellen Zustand bedingt und wird nicht durch vergangene Zustände beeinflusst. Ziel bei der Anwendung von Markov-Ketten ist es, Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten zukünftiger Ereignisse anzugeben.
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Als Rekursion bezeichnet man den Vorgang, dass Regeln auf ein Produkt, das sie hervorgebracht haben, von neuem angewandt werden. Das Grundprinzip ist dabei das Zurückführen einer allgemeinen Aufgabe auf eine einfachere Aufgabe derselben Klasse. Rekursion bedeutet also, dass eine Funktion in ihrer Definition selbst nochmals aufgerufen wird.
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Ein Sensor, auch als Detektor, (Messgrößen- oder Mess-)Aufnehmer oder (Mess-)Fühler bezeichnet, ist ein technisches Bauteil, das bestimmte physikalische, chemische Eigenschaften oder Zustände, z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, Druck, Geschwindigkeit, Helligkeit, Beschleunigung, pH-Wert, lonenstärke, elektrochemisches Potential und/oder die stoffliche Beschaffenheit seiner Umgebung qualitativ oder als Messgröße quantitativ erfassen kann. Diese Größen werden mittels physikalischer oder chemischer Effekte erfasst und als Sensordaten in ein weiterverarbeitbares elektrisches Signal umgeformt. Fahrzeugsensoren sind an einem Fahrzeug montiert, um eine Fahrzeugumgebung zu erfassen. Sensordaten, die von Fahrzeugsensoren erfasst werden, sind Fahrzeugumgebungsbezogene Sensordaten. In dieser Patentanmeldung können Sensordaten auch von Sensoren erfasst werden, die nicht mit einem Egofahrzeug verbunden sind, Sensordaten können von anderen Fahrzeugen oder über das Internet an das Egofahrzeug übermittelt werden.
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Die Sensorfusion bzw. Fusion von Sensordaten umfasst Methoden, um Daten aus unterschiedlichen Sensoren oder Informationsquellen zu verknüpfen mit dem Ziel, neues und präziseres Wissen über Messwerte und Ereignisse zu gewinnen.
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Eine Schätzung ist die genäherte Bestimmung von Zahlenwerten, Größen oder Parametern durch Augenschein, Erfahrung oder rechengestützte Methoden. Das Ergebnis einer Schätzung weicht im Regelfall von einem wahren Wert ab, unterliegt also einer Unsicherheit.
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Um zwei Matrizen miteinander multiplizieren zu können, muss die Spaltenzahl der ersten Matrix mit der Zeilenzahl der zweiten Matrix übereinstimmen. Das Matrizenprodukt ist wieder eine Matrix, deren Einträge durch komponentenweise Multiplikation und Summation der Einträge der entsprechenden Zeile der ersten Matrix mit der entsprechenden Spalte der zweiten Matrix ermittelt werden.
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Ein probabilistisches Filter ist ein Verfahren zur Schätzung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen unbeobachteter Zustände eines Systems. Zum Beispiel sind Bayes-Filter probabilistische Filter.
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Ein Bayes-Filter ist ein rekursives, probabilistisches Verfahren zur Schätzung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen unbeobachteter Zustände eines Systems, insbesondere einer Markov-Kette, bei gegebenen Beobachtungen und Messungen. Kalman-Filter und Partikelfilter sind Bayes-Filter.
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Als Wetter bezeichnet man den spürbaren, kurzfristigen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort der Erdoberfläche, der unter anderem als Sonnenschein, Bewölkung, Regen, Wind, Hitze oder Kälte in Erscheinung tritt. Die Meteorologie klassifiziert das örtliche Wetter einer bestimmten Zeit anhand der verschiedenen Phänomene in der Troposphäre, dem unteren Teil der Atmosphäre. Den Verlauf des Wetters bestimmt die von Sonnenstrahlung und regionaler Energiebilanz geprägte atmosphärische Zirkulation. Physikalisch lässt sich ein Wetter durch thermodynamische Zustandsgrößen wie etwa Druck, Temperatur, Dichte beschreiben. Wetterdaten sind Daten, die sich auf das Wetter beziehen.
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Erfahrungswerte ergeben sich aufgrund von Zusammenhängen oder Kausalitäten, die auf Erfahrungen beruhen. Erfahrungswerte lassen sich nicht immer mit einem spezifischen Wirkmechanismus erklären.
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Streckenabschnittspezifische Daten sind Daten, die einem Streckenabschnitt inhärent sind, beispielsweise der Höhenverlauf einer Strecke über NN (Normalnull).
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Die der Erfindung zugrunde liegende Idee liegt darin, zur Ermittlung eines Fahrbahnzustandes sowohl punktuelle Schätzungen des Fahrbahnzustands bzw. Reibwerts unter bzw. vor dem Fahrzeug sowie aufgrund von sequenziellen Informationen, d. h. Schätzungen an einem vorhergehenden Wegpunkt oder Zeitpunkt. Dementsprechend sieht die Erfindung vor, sequenzielle Schätzungen über einen Erfassungsbereich zu fusionieren. Dementsprechend hängt die Schätzung des Fahrbahnzustands in einem K+1-ten Abschnitt von der Schätzung des Fahrbahnzustands in dem K-ten Abschnitt ab.
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Die Erfindung beruht auf einem m-stufigen probabilistischen Filter. D.h. die Schätzung des Fahrbahnzustands in einem K+M-ten Abschnitt hängt von den Schätzungen des Fahrbahnzustands in den K-ten bis K+M-1-ten Abschnitten ab.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen ergeben sich aus den weiteren Unteransprüchen sowie aus der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Figuren der Zeichnung.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird der Übergang zwischen zwei Teilabschnitten als Markovkette modelliert. Somit lässt sich der Fahrbahnzustand in einem folgenden Streckenabschnitt bzw. Teilabschnitt auch bei lediglich einer begrenzten Kenntnis der Vorgeschichte modellieren, d. h. es ist nicht notwendig die gesamte Vorgeschichte eines Fahrbahnzustands zu kennen.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird die Wahrscheinlichkeit für einen Fahrbahnzustand in einem Teilabschnitt aufgrund der Relationen
und
ermittelt. Die linke Seite dieser Relationen kann dabei fortlaufend auf Zeilensumme gleich 1 normiert werden (durch Division der einzelnen Vektoreinträge durch die Summe der Vektoreinträge), um wieder eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zu erhalten.
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Schätzungen, die sich mit diesem Relationen beschreiben lassen, werden auch als M-Schritt Bayes-Filter bezeichnet. Da dieses Filter mehrere bzw. bis zu M Schritte umfasst, ist es gegenüber dem klassischen Bayes-Filter, das nur einen Schritt umfasst, ein modifiziertes Bayes-Filter.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird der Fahrbahnzustand in den Teilabschnitten von einem ersten Sensor und von einem zweiten Sensor geschätzt, wobei die Emissionsmatrizen des ersten Sensors und des zweiten Sensors fusioniert werden. Somit lässt sich eine Schätzung verbessern, unter der Annahme, dass Unsicherheiten des ersten Sensors unabhängig von Unsicherheiten des zweiten Sensors und Unsicherheiten des zweiten Sensors unabhängig von Unsicherheiten des ersten Sensors sind. Somit lässt sich beispielsweise auch berücksichtigen, dass Unsicherheiten eines Sensors häufig hardwarespezifisch sind.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird die Transitionsmatrix aufgrund von Wetterdaten, Verkehrsdaten, Erfahrungswerten, Jahreszeit, Temperatur und/oder streckenabschnittspezifischen Daten generiert.
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Es versteht sich, dass die Transitionsmatrix auch mittels künstlicher Intelligenz, die auf die genannten Daten zurückgreift, generiert werden kann. Die genannten Daten bzw. Aspekte beeinflussen Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen Zuständen in mehreren Teilabschnitten maßgeblich.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung werden die Emissionsmatrizen eines Sensors, die in verschiedenen Teilabschnitten generiert wurden, fusioniert.
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Dementsprechend hängen die Unsicherheiten eines Sensors in einem Teilabschnitt von den Unsicherheiten des Sensors in vorhergehenden Teilabschnitten ab. Somit lässt sich beispielsweise berücksichtigen, dass Unsicherheiten eines Sensors häufig hardwarespezifisch sind.
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Dabei ist es auch zweckmäßig, wenn Schätzungen, z.B. die die ermittelten Wahrscheinlichkeitsverteilungen, eines Fahrbahnzustands vorwärts und rückwärts propagiert werden. Dementsprechend kann vorgesehen sein, dass eine Schätzung für einen K+1-ten Teilabschnitt eine Schätzung des K-ten Teilabschnitts beeinflusst. Somit lassen sich beispielsweise Schätzungen für Kurvenstrecken generieren, beispielsweise, wenn ein Teilabschnitt gerade außerhalb des Sichtfeldes eines optischen Sensors liegt.
Ein Computer ist eine Einrichtung zum Verarbeiten von Daten, die mittels programmierbarer Rechenvorschriften Daten verarbeiten kann. Eine Auswerteeinrichtung kann ein Computer sein.
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Software ist ein Sammelbegriff für Programme und zugehörige Daten. Vorzugsweise umfasst das Computerprogramm eine Architektur eines künstlichen neuronalen Netzwerks. Die Auswerteeinrichtung ist ausgeführt, das künstliche neuronale Netzwerk mit den Daten zu speisen.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren der Zeichnungen angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen dabei:
- 1 ein schematisches Blockdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln eines Fahrbahnzustands gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
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Die beiliegenden Zeichnungen sollen ein weiteres Verständnis der Ausführungsformen der Erfindung vermitteln. Sie veranschaulichen Ausführungsformen und dienen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Erklärung von Prinzipien und Konzepten der Erfindung. Andere Ausführungsformen und viele der genannten Vorteile ergeben sich im Hinblick auf die Zeichnungen. Die Elemente der Zeichnungen sind nicht notwendigerweise maßstabsgetreu zueinander gezeigt.
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In den Figuren der Zeichnungen sind gleiche, funktionsgleiche und gleichwirkende Elemente, Merkmale und Komponenten - sofern nicht anders ausgeführt ist - jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein schematisches Blockdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln eines Fahrbahnzustands gemäß einer Ausführungsform der Erfindung. In dem Schritt S1 wird eine Definition verschiedener Fahrbahnzustände bereitgestellt. In dem Schritt S2 wird ein in Fahrtrichtung befindlicher Streckenabschnitt der Fahrbahn in Teilabschnitte unterteilt. In dem Schritt S3 wird ein Fahrbahnzustand in den Teilabschnitten mittels Sensordaten, welche von einem Sensor generiert wurden, geschätzt. In dem Schritt S4 werden Unsicherheiten der Schätzung des Fahrbahnzustands in Abhängigkeit des tatsächlichen Fahrbahnzustands in Form einer Emissionsmatrix ermittelt. In dem Schritt S5 wird ein Transitionsmodell mit Übergangswahrscheinlichkeiten von einem ersten Zustand zu einem zweiten Zustand zwischen verschiedenen Teilabschnitten in Form einer Transitionsmatrix generiert. In dem Schritt S6 wird eine Wahrscheinlichkeit für einen Fahrbahnzustand in einem Teilabschnitt mittels eines probabilistischen Filters und aufgrund der Transitionsmatrix und aufgrund der Emissionsmatrix ermittelt.