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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer Lenkungssteuervorrichtung zur Ansteuerung einer elektrischen Lenkung und eine Lenkungssteuervorrichtung. Zudem betrifft die Erfindung ein Lenksystem mit einer solchen Lenkungssteuervorrichtung sowie ein Fahrzeug mit einem solchen Lenksystem.
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Aus dem Stand der Technik sind konventionelle Lenksysteme mit einer hydraulischen Lenkunterstützung oder einer elektrischen Lenkunterstützung in Form einer Servolenkung bekannt, wobei zumindest in letzterem Fall zur Erzeugung der Lenkunterstützung ein Elektromotor eingesetzt wird. Als Sicherheitskonzept, beispielsweise bei einem Fehler einer elektrischen und/oder elektronischen Komponente des Lenksystems, kann eine mechanische Rückfallebene dienen, welche dazu vorgesehen ist, ein Lenken auch mit ausgefallener Lenkunterstützung zu ermöglichen und ein beherrschbaren und sicheren Betrieb zu gewährleisten. Ein plötzliches Abschalten der Lenkunterstützung führt jedoch zu einem hohen Momentensprung an einem Lenkrad des Lenksystems, was für einen Fahrer sehr irritierend sein kann und eine Unfallgefahr erhöht. Vor diesem Hintergrund wird beispielsweise in der
DE 10 2010 050 820 A1 vorgeschlagen, einen Betrieb des Lenksystems bei einem Fehler einer primären Recheneinheit mittels einer sekundären Recheneinheit in Form eines Überwachungsrechners zu steuern, wodurch ein Momentensprung am Lenkrad zumindest reduziert werden kann.
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Mit zunehmender Automatisierung im Fahrzeugbereich und insbesondere im Lenkungsbereich, wie beispielsweise im Hinblick auf das hochautomatisierte Fahren, werden ferner vollständig redundante bzw. fehlersichere Systeme gefordert, welche auch bei Auftreten eines Erstfehlers die angedachte Funktionalität fortführen und/oder aufrechterhalten können. Dazu werden in der Regel mehrere Recheneinheiten eingesetzt, wobei eine primäre Recheneinheit einen Normalbetriebszustand steuert und in einem Fehlerbetriebszustand, bei welchem eine Störung und/oder ein Ausfall der primären Recheneinheit auftritt, die primäre Recheneinheit durch eine sekundäre Recheneinheit ersetzt wird. Derartige fehlertolerante Systeme sind beispielsweise aus der
DE 10 2015 003 194 A1 und/oder der
DE 11 2015 001 283 T5 bekannt.
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Insbesondere bei geregelten Systemen besteht jedoch die Problematik, dass mittels der eingangs erwähnten Systeme die Verfügbarkeit der sekundären Recheneinheit bzw. der Rückfallebene zum Zeitpunkt des Fehlers nicht sichergestellt werden kann, da die sekundäre Recheneinheit nicht in den geschlossenen, primären Regelkreis eingebunden ist und folglich während des Normalbetriebs in einem festen Arbeitspunkt verharrt. Folglich können sogenannte „schlafende Fehler“ zumindest nicht über den gesamten Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit sicher erkannt werden, wodurch sicherheitskritische Betriebszustände entstehen können.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht insbesondere darin, ein Verfahren und eine Lenkungssteuervorrichtung mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich einer Betriebssicherheit bereitzustellen. Die Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1, 9, 10 und 11 gelöst, während vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung den Unteransprüchen entnommen werden können.
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Offenbarung der Erfindung
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Es wird ein Verfahren zum Betrieb einer Lenkungssteuervorrichtung zur Ansteuerung einer elektrischen Lenkung vorgeschlagen, wobei in zumindest einem Fehlerbetriebszustand, bei welchem eine Störung und/oder ein Ausfall einer primären Recheneinheit auftritt, die primäre Recheneinheit durch eine sekundäre Recheneinheit ersetzt wird und mittels der sekundären Recheneinheit eine Lenkungsaktuatorik der elektrischen Lenkung nach Art einer Regelung angesteuert wird, und wobei in zumindest einem Normalbetriebszustand, in welchem insbesondere die primäre Recheneinheit zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik vorgesehen ist, mittels der sekundären Recheneinheit eine Simulationseinheit, welche die Lenkungsaktuatorik zumindest teilweise simuliert und/oder nachbildet, zumindest zeitweise nach Art einer Regelung angesteuert wird, vorteilhaft um die sekundäre Recheneinheit in einem Bereitschaftsmodus zu halten und/oder um eine Funktionsfähigkeit der sekundären Recheneinheit, insbesondere über einen gesamten Betriebsbereich, zu prüfen und/oder zu überwachen. Insbesondere ist die primäre Recheneinheit dazu vorgesehen, in dem Normalbetriebszustand die Lenkungsaktuatorik nach Art einer Regelung anzusteuern, während die sekundäre Recheneinheit insbesondere dazu vorgesehen ist, in dem Normalbetriebszustand die Lenkungsaktuatorik nicht anzusteuern. Bevorzugt ist die sekundäre Recheneinheit in dem Normalbetriebszustand ausschließlich zur Ansteuerung der Simulationseinheit vorgesehen. Besonders vorteilhaft bildet die primäre Recheneinheit und die Lenkungsaktuatorik in dem Normalbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, realen und/oder primären Regelkreis aus, während die sekundäre Recheneinheit und die Simulationseinheit in dem Normalbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, virtuellen und/oder sekundären Regelkreis ausbilden. In dem Fehlerbetriebszustand wird die primäre Recheneinheit insbesondere derart durch die sekundäre Recheneinheit ersetzt, dass die sekundäre Recheneinheit in den, insbesondere geschlossenen, realen und/oder primären Regelkreis eingebunden ist und folglich die sekundäre Recheneinheit und die Lenkungsaktuatorik in dem Fehlerbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, realen Regelkreis ausbilden. Die sekundäre Recheneinheit bildet somit vorteilhaft eine, insbesondere redundante, Rückfallebene aus, welche insbesondere im Vergleich zu einer aus dem Stand der Technik bekannten Lösung eine erhöhte Verfügbarkeit aufweist. Dabei kann insbesondere im Fall, dass die sekundäre Recheneinheit dazu vorgesehen, im Normalbetriebszustand die Simulationseinheit derart anzusteuern, dass ein Arbeitspunkt und/oder Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit zumindest ähnlich und/oder vorteilhaft identisch zu der primären Recheneinheit ist, im Fehlerbetriebszustand ein vorteilhaft reibungsloser Übergang von der primären Recheneinheit auf die sekundäre Recheneinheit erreicht werden. Folglich kann durch diese Ausgestaltung insbesondere eine Betriebssicherheit erhöht und ein sogenanntes fehlersicheres System bereitgestellt werden, welches auch im Fehlerbetriebszustand verfügbar ist. Zudem kann die sekundäre Recheneinheit insbesondere zumindest virtuell in Eingriff gesetzt werden, wodurch die sekundäre Recheneinheit im laufenden Betrieb vorteilhaft auf sogenannte „schlafende Fehler“, vorzugsweise über den gesamten Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit, überwacht werden kann.
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Unter einer „Lenkungssteuervorrichtung“ soll in diesem Zusammenhang insbesondere zumindest ein Teil, insbesondere eine Unterbaugruppe, eines Lenksystems verstanden werden, welcher/welche insbesondere in zumindest einem Betriebszustand zu einer Ansteuerung der elektrischen Lenkung und insbesondere der Lenkungsaktuatorik der elektrischen Lenkung vorgesehen ist. Insbesondere umfasst die Lenkungssteuervorrichtung dazu die sekundäre Recheneinheit und die Simulationseinheit. Darüber hinaus kann die Lenkungssteuervorrichtung auch die primäre Recheneinheit umfassen. Des Weiteren soll unter einer „elektrischen Lenkung“ insbesondere zumindest ein weiterer Teil, insbesondere eine weitere Unterbaugruppe, des Lenksystems verstanden werden, welcher/welche insbesondere zumindest zu einer unmittelbaren Beeinflussung einer Fahrtrichtung des Fahrzeugs vorgesehen ist. Dazu umfasst die elektrische Lenkung insbesondere die Lenkungsaktuatorik, welche insbesondere einen, beispielsweise als Lenkgetriebe ausgebildeten, Radlenkwinkelsteller, eine Endstufe und/oder einen Stellmotor aufweisen kann. Zudem kann die elektrische Lenkung auch eine, insbesondere mit der Lenkungsaktuatorik wirkverbundene, Lenkungssensorik, wie beispielsweise wenigstens einen Lenksensor, wenigstens einen, insbesondere dem Stellmotor zugeordneten, Rotorsensor, wenigstens einen, insbesondere dem Radlenkwinkelsteller zugeordneten, Zahnstangenpositionssensor und/oder wenigstens einen, insbesondere dem Radlenkwinkelsteller zugeordneten, Zahnstangengeschwindigkeitssensor, umfassen. Die Lenkungssteuervorrichtung und die elektrische Lenkung sind somit insbesondere Teil eines Lenksystems, welches insbesondere zu einem Einsatz in einem Fahrzeug und vorzugsweise einem Kraftfahrzeug vorgesehen ist. Bevorzugt umfasst das Fahrzeug dabei zumindest einen autonomen und besonders vorteilhaft einen hochautomatisierten Fahrmodus. Zudem entspricht der Normalbetriebszustand bevorzugt einem Normalbetrieb während des autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrmodus und der Fehlerbetriebszustand einem Fehlbetrieb während des autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrmodus. Unter „vorgesehen“ soll insbesondere speziell programmiert, ausgelegt und/oder ausgestattet verstanden werden. Darunter, dass ein Objekt zu einer bestimmten Funktion vorgesehen ist, soll insbesondere verstanden werden, dass das Objekt diese bestimmte Funktion in zumindest einem Anwendungs- und/oder Betriebszustand erfüllt und/oder ausführt.
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Ferner soll unter einer „Recheneinheit“ insbesondere eine elektrische und/oder elektronische Einheit, vorteilhaft eine Reglereinheit, verstanden werden, welche einen Informationseingang, eine Informationsverarbeitung und eine Informationsausgabe aufweist. Vorteilhaft weist die Recheneinheit, insbesondere die primäre Recheneinheit und/oder die sekundäre Recheneinheit, ferner zumindest einen Prozessor, beispielsweise in Form eines Mikroprozessors, zumindest einen Betriebsspeicher, zumindest ein Ein- und/oder Ausgabemittel, zumindest ein Betriebsprogramm, zumindest eine Steuerroutine, zumindest eine Regelroutine, zumindest eine Berechnungsroutine und/oder zumindest eine Verarbeitungsroutine auf. Zudem weist die sekundäre Recheneinheit vorteilhaft eine Wirkverbindung mit der primären Recheneinheit und/oder der Lenkungsaktuatorik auf und ist insbesondere dazu vorgesehen, die primäre Recheneinheit in dem Fehlerbetriebszustand zu ersetzen und eine Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik zu übernehmen. Vorteilhaft sind die primäre Recheneinheit in dem Normalbetriebszustand und die sekundäre Recheneinheit in dem Fehlerbetriebszustand dazu vorgesehen, zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik zumindest teilweise dieselben und/oder die identischen, insbesondere bestehenden, Baugruppen und Verbindungsleitungen zu verwenden und vorzugsweise dieselbe Endstufe und/oder denselben Stellmotor zu betreiben. Die primäre Recheneinheit und die sekundäre Recheneinheit können dabei insbesondere diversitär oder identisch zueinander ausgebildet sein. Ferner umfasst die primäre Recheneinheit insbesondere eine Highlevel-Software zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik, welche vorteilhaft dazu geeignet ist, einen autonomen und vorteilhaft hochautomatisierten Fahrvorgang durchzuführen. Besonders vorteilhaft umfasst die sekundäre Recheneinheit eine weitere Highlevel-Software zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik, welche vorteilhaft dazu geeignet ist, einen autonomen und vorteilhaft hochautomatisierten Fahrvorgang durchzuführen. Des Weiteren ist die primäre Recheneinheit und/oder die sekundäre Recheneinheit vorteilhaft in ein Steuergerät der Lenkungssteuervorrichtung integriert.
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Darüber hinaus soll unter „einer Störung und/oder einem Ausfall der primären Recheneinheit“ insbesondere eine Störung und/oder ein Ausfall der primären Recheneinheit selbst und/oder einer mit der primären Recheneinheit zusammenwirkenden Peripherie-Baugruppe, wie beispielsweise einer Energieversorgung, und eine hierdurch bewirkte Störung der primären Recheneinheit verstanden werden. Ferner soll unter einer „Simulationseinheit“ insbesondere eine elektrische und/oder elektronische Einheit verstanden werden, welche insbesondere dazu vorgesehen ist, zumindest einen Teil und vorteilhaft zumindest einen Großteil der physikalischen Eigenschaften der, insbesondere realen, Lenkungsaktuatorik zu simulieren und/oder nachzubilden. Zusätzlich kann die Simulationseinheit auch dazu vorgesehen sein, Achskräfte, welche insbesondere an einer, vorteilhaft lenkbaren, Fahrzeugachse auftreten können, zu simulieren und/oder nachzubilden. Dazu umfasst die Simulationseinheit insbesondere zumindest einen Informationseingang, zumindest eine Informationsausgabe, zumindest einen weiteren Betriebsspeicher und/oder zumindest einen Speicherabschnitt, vorteilhaft im Betriebsspeicher der primären Recheneinheit und/oder sekundären Recheneinheit. Zudem kann die Simulationseinheit zur Nachbildung oder Simulation der Lenkungsaktuatorik und vorteilhaft der Achskräfte auch zumindest einen weiteren Prozessor umfassen.
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Die sekundäre Recheneinheit kann insbesondere dazu vorgesehen sein, die Simulationseinheit in dem Normalbetriebszustand nur zeitweise und/oder in regelmäßigen zeitlichen Abständen, wie beispielsweise bei einem Systemstart, nach Art einer Regelung anzusteuern. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, die sekundäre Recheneinheit für einen Selbsttest und/oder zur Prüfung einer Funktionsfähigkeit der sekundären Recheneinheit kurzfristig zu betreiben und beispielsweise mittels einer Signalrampe einen gesamten Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit zu prüfen, wodurch insbesondere eine vorteilhafte Überprüfung der sekundären Recheneinheit erreicht und gleichzeitig eine hohe Energieeffizienz, insbesondere im Vergleich zu einem Dauerbetrieb, erreicht werden kann. Vorteilhaft wird jedoch vorgeschlagen, dass die sekundäre Recheneinheit in dem Normalbetriebszustand durch, insbesondere dauerhafte, Ansteuerung der Simulationseinheit in einem Hot-Standby-Modus gehalten wird, insbesondere derart, dass im Fehlerbetriebszustand ein direkter Übergang von der primären Recheneinheit auf die sekundäre Recheneinheit ermöglicht wird und/oder erreicht werden kann. Unter dem Ausdruck „Hot-Standby-Modus“ soll in diesem Zusammenhang insbesondere ein Modus verstanden werden, bei welchem die sekundäre Recheneinheit in einem, insbesondere aktiven und vorteilhaft energiesparenden, Bereitschaftsmodus und/oder Wartemodus gehalten wird und hierdurch insbesondere sofort einsetzbar ist. Hierdurch kann insbesondere eine besonders hohe Verfügbarkeit der sekundären Recheneinheit sichergestellt werden, wodurch im Fehlerbetriebszustand eine vorteilhaft unterbrechungsfreie Übergabe von der primären Recheneinheit auf die sekundäre Recheneinheit erreicht werden kann. Dabei kann die als Rückfallebene dienende, sekundäre Recheneinheit vorteilhaft auch ohne Durchgriff auf das reale System, insbesondere in Form der Lenkungsaktuatorik, aktiv gehalten werden, um im Fehlerbetriebszustand direkt auf das redundante Ersatzsystem bzw. die sekundäre Recheneinheit umschalten zu können. Ein derartiges Verfahren bietet sich insbesondere in sicherheitskritischen Betriebszuständen, wie beispielsweise beim autonomen und insbesondere beim hochautomatisierten Fahren, an.
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Ferner wird vorgeschlagen, dass in dem Normalbetriebszustand eine Ansteuerung der Simulationseinheit durch die sekundäre Recheneinheit parallel und/oder synchron zu einer Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik durch die primäre Recheneinheit erfolgt. Insbesondere ist die sekundäre Recheneinheit in diesem Fall dazu vorgesehen, im Normalbetriebszustand die Simulationseinheit derart anzusteuern, dass ein Arbeitspunkt und/oder Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit zumindest ähnlich und/oder vorteilhaft identisch zu der primären Recheneinheit ist. Vorteilhaft ist zudem eine sekundäre Führungsgröße des sekundären Regelkreises und/oder eine der sekundären Recheneinheit zugeordnete und/oder zugeführte sekundäre Führungsgröße identisch zu einer primären Führungsgröße des primären Regelkreises und/oder einer der primären Recheneinheit zugeordneten und/oder zugeführten primären Führungsgröße. Besonders bevorzugt entspricht die primäre Führungsgröße und/oder die sekundäre Führungsgröße dabei einer Sollzahnstangenposition und/oder einer Sollzahnstangengeschwindigkeit. Hierdurch kann insbesondere ein besonders effizienter und/oder schneller Übergang im Fehlerbetriebszustand erreicht werden. Zudem kann vorteilhaft auf eine Synchronisation, beispielsweise von Systemzuständen, zwischen der primären Recheneinheit und der sekundären Recheneinheit verzichtet werden, wodurch vorteilhaft eine Dauer einer Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand signifikant reduziert werden kann.
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Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass in zumindest einem Betriebszustand wenigstens eine mit der sekundären Recheneinheit und/oder der Simulationseinheit korrelierte sekundäre Regelkenngröße zur Plausibilisierung, zur Überprüfung und/oder zur zumindest temporären Ersetzung wenigstens einer mit der primären Recheneinheit und/oder der Lenkungsaktuatorik korrelierten und insbesondere der sekundären Regelkenngröße entsprechenden primären Regelkenngröße verwendet wird. Insbesondere ist die primäre Regelkenngröße somit dem primären Regelkreis zugeordnet, während die sekundäre Regelkenngröße dem sekundären Regelkreis zugeordnet ist. Unter einer „Regelkenngröße“ soll in diesem Zusammenhang insbesondere eine Kenngröße verstanden werden, welche mit einem Regelbetrieb eines entsprechenden Regelkreises korreliert ist. Die Regelkenngröße kann beispielsweise einer Führungsgröße, einer Regelabweichung, einer Stellgröße, einer Regelgröße und/oder einer Rückführungsgröße des entsprechenden Regelkreises entsprechen. Hierdurch kann insbesondere eine vorteilhaft hohe Betriebssicherheit erreicht und/oder eine Robustheit des Systems erhöht werden, wobei insbesondere eine Überwachung des realen und/oder primären Regelkreises erreicht werden kann und/oder zumindest kurzzeitige Fehler im primären Regelkreis, wie beispielsweise eine temporäre nicht-Verfügbarkeit der entsprechenden Führungsgröße, ausgeglichen werden können, insbesondere ohne direkt auf die sekundäre Recheneinheit und einen damit verbundenen Notlauf umschalten zu müssen.
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Die Simulationseinheit könnte beispielsweise einen weiteren Prozessor in Form eines Mikroprozessors und/oder einen neuronalen Prozessor zur, insbesondere wiederholten und/oder ständigen, Simulation und/oder Nachbildung der Lenkungsaktuatorik, beispielsweise mittels einer Übertragungsfunktion, umfassen. Gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung wird jedoch vorgeschlagen, dass die Simulationseinheit wenigstens ein, insbesondere vorab appliziertes, Lenkungsmodell zur Simulation und/oder Nachbildung der Lenkungsaktuatorik umfasst. Das Lenkungsmodell kann insbesondere mittels Testmessungen und/oder mittels spezieller Algorithmen ermittelt und insbesondere in dem weiteren Betriebsspeicher der Simulationseinheit hinterlegt werden. Zudem könnte das Lenkungsmodell insbesondere einem physikalischen Modell der Lenkungsaktuatorik entsprechen, welches die reale Lenkung möglichst genau nachbildet. Vorteilhaft entspricht das Lenkungsmodell jedoch einem vereinfachten und besonders bevorzugt einem linearisierten Modell der Lenkungsaktuatorik. Hierdurch kann insbesondere ein Rechenaufwand reduziert und gleichzeitig eine besonders hohe Energieeffizienz erreicht werden.
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Weiter wird vorgeschlagen, dass die Lenkungsaktuatorik zumindest zeitweise und vorteilhaft zumindest in einer Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand nach Art einer Steuerung angesteuert wird, wobei zur Steuerung und/oder zur Vorsteuerung wenigstens ein, insbesondere linearisiertes und insbesondere invertiertes, weiteres Lenkungsmodell, welches insbesondere die Lenkungsaktuatorik zumindest teilweise simuliert und/oder nachbildet, verwendet wird. Bevorzugt ist das weitere Lenkungsmodell dabei identisch zu dem, insbesondere bereits zuvor erwähnten, Lenkungsmodell. Die Steuerung und/oder Vorsteuerung kann dabei insbesondere mittels der primären Recheneinheit, der sekundären Recheneinheit und/oder einer weiteren Recheneinheit der Lenkungssteuervorrichtung realisiert werden. Hierdurch kann insbesondere ein Steueralgorithmus vereinfacht und/oder ein Rechenaufwand weiter reduziert werden. Insbesondere in weniger kritischen Fahrsituationen, wie beispielsweise bei Autobahnfahrten, kann eine durch eine Vorsteuerung realisierte Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik ausreichend sein, um beispielsweise eine geforderte Zahnstangenposition einzustellen. Zudem kann vorteilhaft in Fällen, in welchen ein Fehler in dem primären Regelkreis auftritt, die Steuerung und/oder Vorsteuerung zumindest kurzfristig die Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik übernehmen, wodurch insbesondere eine besonders hohe Sicherheit während einer Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand erreicht werden kann.
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Die primäre Recheneinheit und die sekundäre Recheneinheit könnten insbesondere in dasselbe Steuergerät integriert sein, beispielsweise in Form eines Mehrkernprozessors und/oder in Form getrennter Prozessoren. Eine vorteilhafte Erhöhung einer Redundanz, insbesondere im Hinblick auf das autonome und vorteilhaft hochautomatisierte Fahren, kann jedoch insbesondere erreicht werden, wenn die sekundäre Recheneinheit in ein sekundäres Steuergerät integriert ist und die primäre Recheneinheit in ein von dem sekundären Steuergerät separat ausgebildetes primäres Steuergerät integriert ist.
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Bevorzugt wird ferner vorgeschlagen, dass die sekundäre Recheneinheit und die Simulationseinheit in ein gemeinsames Steuergerät, insbesondere das bereits zuvor genannte sekundäre Steuergerät, integriert sind, wodurch insbesondere Fehler durch Leitungsunterbrechungen oder dergleichen minimiert werden können und eine Betriebssicherheit weiter erhöht werden kann.
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Zudem wird eine Lenkungssteuervorrichtung, insbesondere zur Verwendung in dem zuvor genannten Verfahren, vorgeschlagen, mit zumindest einer sekundären Recheneinheit, welche dazu vorgesehen ist, in zumindest einem Fehlerbetriebszustand, bei welchem eine Störung und/oder ein Ausfall einer primären Recheneinheit auftritt, die primäre Recheneinheit zu ersetzen und eine Lenkungsaktuatorik einer elektrischen Lenkung nach Art einer Regelung anzusteuern, und mit wenigstens einer Simulationseinheit, welche die Lenkungsaktuatorik zumindest teilweise simuliert und/oder nachbildet, wobei die sekundäre Recheneinheit dazu vorgesehen ist, die Simulationseinheit in zumindest einem Normalbetriebszustand, in welchem insbesondere die primäre Recheneinheit zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik vorgesehen ist, zumindest zeitweise nach Art einer Regelung anzusteuern, vorteilhaft um die sekundäre Recheneinheit in einem Bereitschaftsmodus zu halten und/oder um eine Funktionsfähigkeit der sekundären Recheneinheit, insbesondere über einen gesamten Betriebsbereich, zu prüfen und/oder zu überwachen. Hierdurch können insbesondere die bereits zuvor erwähnten Vorteile erreicht werden. Insbesondere kann eine Betriebssicherheit erhöht und ein sogenanntes fehlersicheres System bereitgestellt werden, welches auch im Fehlerbetriebszustand verfügbar ist. Zudem kann die sekundäre Recheneinheit insbesondere zumindest virtuell in Eingriff gesetzt werden, wodurch die sekundäre Recheneinheit im laufenden Betrieb vorteilhaft auf sogenannte „schlafende Fehler“, vorzugsweise über den gesamten Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit, überwacht werden kann.
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Das Verfahren zum Betrieb der Lenkungssteuervorrichtung und die Lenkungssteuervorrichtung sollen hierbei nicht auf die oben beschriebene Anwendung und Ausführungsform beschränkt sein. Insbesondere können das Verfahren zum Betrieb der Lenkungssteuervorrichtung und die Lenkungssteuervorrichtung zu einer Erfüllung einer hierin beschriebenen Funktionsweise eine von einer hierin genannten Anzahl von einzelnen Elementen, Bauteilen und Einheiten abweichende Anzahl aufweisen.
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Figurenliste
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Weitere Vorteile ergeben sich aus der folgenden Zeichnungsbeschreibung. In den Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Die Zeichnungen, die Beschreibung und die Ansprüche enthalten zahlreiche Aspekte der Erfindung. Der Fachmann wird diese Aspekte zweckmäßigerweise auch einzeln betrachten und zu sinnvollen weiteren Kombinationen zusammenfassen.
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Es zeigen:
- 1 ein Fahrzeug mit einem Lenksystem umfassend eine Lenkungssteuervorrichtung und eine elektrische Lenkung in einer vereinfachten Darstellung,
- 2 ein primäres Steuergerät und ein sekundäres Steuergerät der Lenkungssteuervorrichtung sowie eine Lenkungsaktuatorik der elektrischen Lenkung in einer schematischen Darstellung, wobei ein Ansteuerverhalten der Lenkungssteuervorrichtung in einem Normalbetriebszustand dargestellt und ein Ansteuerverhalten der Lenkungssteuervorrichtung in einem Fehlerbetriebszustand angedeutet ist,
- 3a-b ein vereinfachtes Schaubild eines Ansteuerverhaltens einer primären Recheneinheit des primären Steuergeräts und einer sekundären Recheneinheit des sekundären Steuergeräts in dem Normalbetriebszustand,
- 4 ein vereinfachtes Schaubild eines Ansteuerverhaltens der sekundären Recheneinheit in dem Fehlerbetriebszustand und
- 5 ein beispielhaftes Ablaufdiagramm mit Hauptverfahrensschritten eines Verfahrens zum Betrieb der Lenkungssteuervorrichtung.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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1 zeigt ein beispielhaft als Personenkraftfahrzeug ausgebildetes Fahrzeug 28 mit mehreren Fahrzeugrädern (nicht dargestellt) und mit einem Lenksystem 26 in einer vereinfachten Darstellung. Das Fahrzeug 28 umfasst dabei beispielhaft zumindest einen autonomen, im vorliegenden Fall insbesondere einen hochautomatisierten, Fahrmodus (mindestens SAE-Level 3). Prinzipiell ist jedoch auch denkbar, dass ein Fahrzeug ausschließlich einen konventionellen und/oder manuellen Fahrmodus und/oder einen teilautonomen Fahrmodus umfassen könnte.
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Das Lenksystem 26 umfasst eine elektrische Lenkung 12. Die elektrische Lenkung 12 weist eine Wirkverbindung mit den Fahrzeugrädern auf und ist zur Beeinflussung einer Fahrtrichtung des Fahrzeugs 28 vorgesehen. Dazu umfasst die elektrische Lenkung 12 eine, insbesondere reale und/oder physische, Lenkungsaktuatorik 18 (vgl. 2). Die Lenkungsaktuatorik 18 ist als an sich bekannte Aktuatorik ausgebildet und kann beispielsweise einen, insbesondere als Lenkgetriebe ausgebildeten, Radlenkwinkelsteller, eine Endstufe und/oder einen Stellmotor, insbesondere zur Bereitstellung einer elektrischen Lenkunterstützung, umfassen. Zudem kann die elektrische Lenkung 12 eine Lenkungssensorik 30 umfassen. Die Lenkungssensorik 30 ist als an sich bekannte Sensorik ausgebildet. Die Lenkungssensorik 30 ist dazu vorgesehen, wenigstens eine Lenkungskenngröße 32 bereitzustellen. Dazu kann die Lenkungssensorik 30 beispielsweise wenigstens einen Lenksensor, wenigstens einen Rotorsensor, wenigstens einen Zahnstangenpositionssensor und/oder wenigstens einen Zahnstangengeschwindigkeitssensor umfassen. Darüber hinaus kann die elektrische Lenkung 12 grundsätzlich als konventionelle Lenkung mit einem mechanischen Durchgriff oder auch als Steer-by-Wire-Lenkung ausgebildet sein. Prinzipiell könnte eine elektrische Lenkung auch als zumindest teilweise elektrisch ausgebildete Hydrolenkung bzw. hydraulisch unterstützte Lenkung ausgebildet sein. In diesem Fall könnte auf einen Stellmotor auch verzichtet werden. Ferner könnte eine Lenkungskenngröße auch aus einem Bus-System oder dergleichen abgerufen werden, sodass insbesondere auch auf eine entsprechende Lenkungssensorik verzichtet werden könnte.
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Ferner umfasst das Lenksystem 26 eine Lenkungssteuervorrichtung 10. Die Lenkungssteuervorrichtung 10 ist zur Ansteuerung der elektrischen Lenkung 12 und insbesondere der Lenkungsaktuatorik 18 der elektrischen Lenkung 12 vorgesehen. Dazu umfasst die Lenkungssteuervorrichtung 10 wenigstens ein primäres Steuergerät 22 (vgl. insbesondere 2). Alternativ könnte eine Lenkungssteuervorrichtung auch als zentrale Steuervorrichtung eines Fahrzeugs ausgebildet und somit insbesondere von einem Lenksystem verschieden sein.
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Das primäre Steuergerät 22 weist eine Wirkverbindung mit der Lenkungssensorik 30 und der Lenkungsaktuatorik 18 auf. Das primäre Steuergerät 22 ist als Haupt-Steuergerät ausgebildet. Das primäre Steuergerät 22 ist zumindest dazu vorgesehen, in einem Normalbetriebszustand, insbesondere des autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrmodus, die Lenkungsaktuatorik 18 in Abhängigkeit von der Lenkungskenngröße 32 anzusteuern.
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Dazu umfasst das primäre Steuergerät 22 wenigstens eine primäre Recheneinheit 14. Die primäre Recheneinheit 14 umfasst zumindest einen primären Prozessor (nicht dargestellt), beispielsweise in Form eines Mikroprozessors, und zumindest einen primären Betriebsspeicher (nicht dargestellt). Zudem umfasst die primäre Recheneinheit 14 zumindest eine im primären Betriebsspeicher hinterlegte und mit dem Normalbetriebszustand verknüpfte primäre Betriebssoftware. Die primäre Betriebssoftware umfasst ein primäres Betriebsprogramm mit einer Regelroutine. Die primäre Betriebssoftware entspricht im vorliegenden Fall einer Highlevel-Software, welche dazu geeignet ist, einen autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrvorgang durchzuführen. Alternativ könnte eine primäre Betriebssoftware jedoch auch lediglich dazu geeignet sein, einen konventionellen und/oder teilautonomen Fahrvorgang durchzuführen.
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Die primäre Recheneinheit 14 ist dazu vorgesehen, in dem Normalbetriebszustand die Lenkungsaktuatorik 18 nach Art einer Regelung anzusteuern. Hierzu bildet die primäre Recheneinheit 14 und die Lenkungsaktuatorik 18 in dem Normalbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, realen und/oder primären Regelkreis aus. Die Lenkungskenngröße 32, im vorliegenden Fall insbesondere eine Sollzahnstangenposition und/oder eine Sollzahnstangengeschwindigkeit, bildet dabei eine primäre Führungsgröße 34 des primären Regelkreises. Der primäre Regelkreis ist auch nochmals in 3a verdeutlicht.
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Zudem umfasst das primäre Steuergerät 22 wenigstens eine weitere Recheneinheit 36. Die weitere Recheneinheit 36 umfasst zumindest einen weiteren Prozessor (nicht dargestellt), beispielsweise in Form eines Mikroprozessors, und zumindest einen weiteren Betriebsspeicher (nicht dargestellt). Zudem umfasst die weitere Recheneinheit 36 zumindest eine im weiteren Betriebsspeicher hinterlegte weitere Betriebssoftware. Die weitere Betriebssoftware umfasst ein weiteres Betriebsprogramm mit einer Steuerroutine.
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Die weitere Recheneinheit 36 ist dazu vorgesehen, die Lenkungsaktuatorik 18, insbesondere zusätzlich zu der primären Recheneinheit 14 und/oder alternativ zu der primären Recheneinheit 14, zumindest zeitweise nach Art einer Steuerung anzusteuern. Die weitere Recheneinheit 36 ist im vorliegenden Fall zur Implementierung einer Vorsteuerung vorgesehen. Dazu ist in dem weiteren Betriebsspeicher ein, insbesondere invertiertes, Lenkungsmodell hinterlegt, welches zumindest die Lenkungsaktuatorik 18 und vorteilhaft im Betrieb auftretende Achskräfte zumindest teilweise simuliert und/oder nachbildet. Das Lenkungsmodell entspricht vorteilhaft einem vereinfachten und/oder linearisierten Modell der Lenkungsaktuatorik 18. Alternativ könnte auf eine derartige weitere Recheneinheit jedoch auch verzichtet werden. In diesem Fall ist beispielsweise denkbar, eine Regelung und eine Vorsteuerung mittels derselben Recheneinheit und/oder desselben Prozessors zu realisieren. Zudem ist denkbar, eine Vorsteuerung mittels eines physikalischen Lenkungsmodells und/oder eines speziellen Algorithmus zu implementieren. Zudem könnte auf eine Vorsteuerung auch vollständig verzichtet werden.
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Da es sich bei dem Lenksystem 26 um eine sicherheitsrelevante Fahrzeugkomponente mit direktem Einfluss auf eine Fahrzeugführung handelt, wird in einem Fehlerbetriebszustand, in welchem eine Störung und/oder ein Ausfall der primären Recheneinheit 14 selbst und/oder einer mit der primären Recheneinheit 14 zusammenwirkenden Peripherie-Baugruppe, wie beispielsweise einer Energieversorgung, und eine hierdurch bewirkte Störung der primären Recheneinheit 14 auftritt, ein entsprechendes Sicherheitskonzept benötigt.
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Aus diesem Grund umfasst die Lenkungssteuervorrichtung 10 im vorliegenden Fall wenigstens ein sekundäres Steuergerät 24 (vgl. insbesondere 2). Alternativ könnte eine Lenkungssteuervorrichtung prinzipiell jedoch auch genau ein Steuergerät oder wenigstens drei Steuergeräte umfassen. Das sekundäre Steuergerät 24 ist separat von dem primären Steuergerät 22 ausgebildet. Das sekundäre Steuergerät 24 ist redundant zu dem primären Steuergerät 22 ausgebildet. Das sekundäre Steuergerät 24 weist eine Wirkverbindung mit der Lenkungssensorik 30 und der Lenkungsaktuatorik 18 auf. Das sekundäre Steuergerät 24 ist als Hilfs-Steuergerät und/oder Ersatz-Steuergerät ausgebildet. Das sekundäre Steuergerät 24 ist dazu vorgesehen, in zumindest einem Fehlerbetriebszustand, insbesondere des autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrmodus, bei welchem eine Störung und/oder ein Ausfall des primären Steuergeräts 22 und insbesondere der primären Recheneinheit 14 auftritt, die Lenkungsaktuatorik 18 in Abhängigkeit von der Lenkungskenngröße 32 anzusteuern.
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Dazu umfasst das sekundäre Steuergerät 24 wenigstens eine sekundäre Recheneinheit 16. Die sekundäre Recheneinheit 16 umfasst zumindest einen sekundären Prozessor (nicht dargestellt), beispielsweise in Form eines Mikroprozessors, und zumindest einen sekundären Betriebsspeicher (nicht dargestellt). Zudem umfasst die sekundäre Recheneinheit 16 zumindest eine im sekundären Betriebsspeicher hinterlegte und mit dem Fehlerbetriebszustand verknüpfte sekundäre Betriebssoftware. Die sekundäre Betriebssoftware umfasst ein sekundäres Betriebsprogramm mit einer Regelroutine. Die sekundäre Betriebssoftware entspricht im vorliegenden Fall ferner einer Highlevel-Software, welche dazu geeignet ist, einen autonomen und/oder hochautomatisierten Fahrvorgang durchzuführen. Alternativ könnte eine sekundäre Betriebssoftware jedoch auch lediglich dazu geeignet sein, einen konventionellen und/oder teilautonomen Fahrvorgang durchzuführen und/oder einen Notlauf bereitzustellen, beispielsweise um einen Momentensprung an einer Lenkhandhabe zu reduzieren.
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Die sekundäre Recheneinheit 16 ist dazu vorgesehen, in dem Fehlerbetriebszustand, bei welchem insbesondere eine Störung und/oder ein Ausfall der primären Recheneinheit 14 auftritt, die primäre Recheneinheit 14 zu ersetzen und eine Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 zu übernehmen. Dabei ist die sekundäre Recheneinheit 16 dazu vorgesehen, die Lenkungsaktuatorik 18 nach Art einer Regelung anzusteuern. Hierzu wird die sekundäre Recheneinheit 16 in dem Fehlerbetriebszustand in den, insbesondere geschlossenen, realen und/oder primären Regelkreis eingebunden, sodass die sekundäre Recheneinheit 16 und die Lenkungsaktuatorik 18 in dem Fehlerbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, realen Regelkreis ausbilden. Die Lenkungskenngröße 32 bildet dabei wiederum die Führungsgröße für den realen Regelkreis im Fehlerbetriebszustand. Eine Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 im Fehlerbetriebszustand ist in 2 mittels gestrichelter Linien angedeutet. Zudem ist der reale Regelkreis im Fehlerbetriebszustand auch nochmals in 4 verdeutlicht. Grundsätzlich ist natürlich auch denkbar, in einem Fehlerbetriebszustand eine abweichende Führungsgröße zu verwenden. Ferner könnten eine primäre Recheneinheit und eine sekundäre Recheneinheit insbesondere auch in dasselbe Steuergerät integriert sein, beispielsweise in Form eines Mehrkernprozessors und/oder in Form zweier getrennter Prozessoren. Des Weiteren könnte eine Lenkungssteuervorrichtung insbesondere auch wenigstens eine weitere sekundäre Recheneinheit umfassen, welche in zumindest einem weiteren Fehlerbetriebszustand, bei welchem eine Störung und/oder ein Ausfall einer primären Recheneinheit und einer sekundären Recheneinheit auftritt, die sekundäre Recheneinheit ersetzt und welche dazu vorgesehen ist, eine Lenkungsaktuatorik nach Art einer Regelung anzusteuern.
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Um eine Verfügbarkeit der sekundären Recheneinheit 16 bzw. der Rückfallebene zu erhöhen und sicherheitskritische Betriebszustände, insbesondere bei einer plötzlich auftretenden Störung und/oder einem plötzlich auftretenden Ausfall der primären Recheneinheit 14 zu verhindern, umfasst die Lenkungssteuervorrichtung 10 eine Simulationseinheit 20. Die Simulationseinheit 20 ist im vorliegenden Fall in das sekundäre Steuergerät 24 integriert. Die Simulationseinheit 20 ist dazu vorgesehen, die, insbesondere reale, Lenkungsaktuatorik 18 zumindest teilweise zu simulieren und/oder nachzubilden. Dazu umfasst die Simulationseinheit 20 ein, insbesondere vorab appliziertes, weiteres Lenkungsmodell. Das weitere Lenkungsmodell ist identisch zu dem Lenkungsmodell der weiteren Recheneinheit 36 und entspricht somit einem vereinfachten und/oder linearisierten Modell der Lenkungsaktuatorik 18. Zudem ist das weitere Lenkungsmodell in dem sekundären Betriebsspeicher und/oder einem weiteren Betriebsspeicher der Simulationseinheit 20 hinterlegt. Alternativ könnte eine Simulationseinheit natürlich auch in ein primäres Steuergerät und/oder in ein zentrales Steuergerät eines Fahrzeugs integriert sein. Zudem ist denkbar, ein physikalisches Lenkungsmodell und/oder einen speziellen Algorithmus zur Simulation und/oder Nachbildung einer Lenkungsaktuatorik zu verwenden.
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Um die sekundäre Recheneinheit 16 auch in dem Normalbetriebszustand, in welchem insbesondere die primäre Recheneinheit 14 zur Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 vorgesehen ist, in einem Bereitschaftsmodus zu halten, ist die sekundäre Recheneinheit 16 im Normalbetriebszustand dazu vorgesehen, die Simulationseinheit 20 zumindest zeitweise nach Art einer Regelung anzusteuern. Hierzu bildet die sekundäre Recheneinheit 16 und die Simulationseinheit 20 in dem Normalbetriebszustand einen, insbesondere geschlossenen, virtuellen und/oder sekundären Regelkreis aus. Die Lenkungskenngröße 32, im vorliegenden Fall insbesondere eine Sollzahnstangenposition und/oder eine Sollzahnstangengeschwindigkeit, bildet dabei eine sekundäre Führungsgröße 38 des sekundären Regelkreises. Die sekundäre Führungsgröße 38 ist somit identisch zu der primären Führungsgröße 34. Grundsätzlich ist jedoch auch denkbar, in einem Normalbetriebszustand verschiedene Führungsgrößen für einen primären Regelkreis und einen sekundären Regelkreis zu verwenden. Der sekundäre Regelkreis ist auch nochmals in 3b verdeutlicht.
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Ferner wird die sekundäre Recheneinheit 16 in dem Normalbetriebszustand durch eine, insbesondere dauerhafte, Ansteuerung der Simulationseinheit 20 in einem sogenannten „Hot-Standby-Modus“ gehalten, sodass im Fehlerbetriebszustand ein direkter Übergang von der primären Recheneinheit 14 auf die sekundäre Recheneinheit 16 erreicht werden kann. Eine Ansteuerung der Simulationseinheit 20 durch die sekundäre Recheneinheit 16 erfolgt dabei parallel und/oder synchron zu einer Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 durch die primäre Recheneinheit 14, und zwar insbesondere derart, dass ein Arbeitspunkt und/oder Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit 16 zumindest ähnlich und bevorzugt identisch mit der primären Recheneinheit 14 ist. Durch diese Ausgestaltung kann die als Rückfallebene dienende, sekundäre Recheneinheit 16 auch ohne Durchgriff auf das reale System, insbesondere in Form der Lenkungsaktuatorik 18, aktiv gehalten werden, um im Fehlerbetriebszustand direkt auf das redundante Ersatzsystem bzw. die sekundäre Recheneinheit 16 umschalten zu können. Zudem kann eine Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand signifikant reduziert werden, da auf eine Synchronisation, beispielsweise von Systemzuständen, zwischen der primären Recheneinheit 14 und der sekundären Recheneinheit 16 verzichtet werden kann. Alternativ könnte eine sekundäre Recheneinheit auch dazu vorgesehen sein, eine Simulationseinheit in einem Normalbetriebszustand nur zeitweise und/oder in regelmäßigen zeitlichen Abständen nach Art einer Regelung anzusteuern. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, die sekundäre Recheneinheit für einen Selbsttest und/oder zur Prüfung einer Funktionsfähigkeit der sekundären Recheneinheit kurzfristig zu betreiben und beispielsweise mittels einer Signalrampe einen gesamten Betriebsbereich der sekundären Recheneinheit zu prüfen.
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Zudem kann vorgesehen sein, dass die weitere Recheneinheit 36 dazu vorgesehen ist, die Lenkungsaktuatorik 18 in der Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand nach Art einer Steuerung anzusteuern, sodass mittels der Vorsteuerung zumindest kurzfristig die Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 übernommen werden kann und insbesondere eine besonders hohe Sicherheit während der Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand erreicht werden kann. Grundsätzlich könnte auf eine derartige Steuerung und/oder Vorsteuerung während einer Übergangsphase jedoch auch verzichtet werden.
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Darüber hinaus kann vorgesehen sein, dass in zumindest einem Betriebszustand wenigstens eine mit der sekundären Recheneinheit 16 und/oder der Simulationseinheit 20 korrelierte sekundäre Regelkenngröße, wie beispielsweise die sekundäre Führungsgröße 38, eine sekundäre Regelabweichung, eine sekundäre Stellgröße, eine sekundäre Regelgröße und/oder eine sekundäre Rückführungsgröße des sekundären Regelkreises, zur Plausibilisierung, zur Überprüfung und/oder zur zumindest temporären Ersetzung wenigstens einer mit der primären Recheneinheit 14 und/oder der Lenkungsaktuatorik 18 korrelierten und der sekundären Regelkenngröße entsprechenden primären Regelkenngröße, wie beispielsweise der primären Führungsgröße 34, einer primären Regelabweichung, einer primären Stellgröße, einer primären Regelgröße und/oder einer primären Rückführungsgröße des primären Regelkreises, verwendet wird, wodurch insbesondere eine Robustheit des Systems erhöht werden kann und zumindest kurzzeitige Fehler im primären Regelkreis, wie beispielsweise eine temporäre nicht-Verfügbarkeit der primären Führungsgröße 34, ausgeglichen werden können, insbesondere ohne direkt auf die sekundäre Recheneinheit 16 umschalten zu müssen.
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5 zeigt abschließend ein beispielhaftes Ablaufdiagramm mit Hauptverfahrensschritten des Verfahrens zum Betrieb der Lenkungssteuervorrichtung 10.
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Ein Verfahrensschritt 50 entspricht einem Normalbetriebszustand (vgl. auch 3a und 3b). Dabei wird die Lenkungsaktuatorik 18 mittels der primären Recheneinheit 14 nach Art einer Regelung angesteuert. Zudem wird die Simulationseinheit 20 mittels der sekundären Recheneinheit 16 nach Art einer Regelung angesteuert, wodurch die sekundäre Recheneinheit 16 in einem Hot-Standby-Modus gehalten wird.
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In einem Verfahrensschritt 52 tritt eine Störung und/oder ein Ausfall der primären Recheneinheit 14 auf, wodurch ein, insbesondere manueller oder vorteilhaft automatischer, Übergang von dem Normalbetriebszustand in einen Fehlerbetriebszustand initiiert wird. Dadurch, dass die sekundäre Recheneinheit 16 im Normalbetriebszustand aktiv gehalten wird, wird dabei ein direkter Übergang von der primären Recheneinheit 14 auf die sekundäre Recheneinheit 16 ermöglicht, wodurch eine Dauer einer Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand signifikant reduziert werden kann.
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Ein Verfahrensschritt 54 entspricht einem Fehlerbetriebszustand (vgl. auch 4). Dabei wird die primäre Recheneinheit 14 durch die sekundäre Recheneinheit 16 ersetzt, insbesondere derart dass die sekundäre Recheneinheit 16 in den, insbesondere geschlossenen, realen und/oder primären Regelkreis eingebunden wird. Im Fehlerbetriebszustand wird die Lenkungsaktuatorik 18 somit mittels der sekundären Recheneinheit 16 nach Art einer Regelung angesteuert.
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Das beispielhafte Ablaufdiagramm in 5 soll dabei insbesondere lediglich beispielhaft ein Verfahren zum Betrieb der Lenkungssteuervorrichtung 10 beschreiben. Insbesondere können einzelne Verfahrensschritte auch variieren. Ferner können optionale Verfahrensschritte hinzukommen, wie beispielsweise eine zumindest zeitweise Ansteuerung der Lenkungsaktuatorik 18 nach Art einer Steuerung, wie beispielsweise in einer Übergangsphase von dem Normalbetriebszustand in den Fehlerbetriebszustand.