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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen einer Änderung einer Masseverteilung eines Rotorblatts einer Windkraftanlage. Die Erfindung betrifft weiterhin eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, wobei die Vorrichtung Schwingungsaufnehmer am Rotorblatt und/oder an mit diesem verbundenen Komponenten der Windenergieanlage sowie eine Auswertevorrichtung für Signale der Schwingungsaufnehmer aufweist.
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Die Auswertung von Schwingungen eines Rotorblatts einer Windkraftanlage entweder über Schwingungsaufnehmer, die in dem Rotorblatt selbst angeordnet sind und/oder über Schwingungsaufnehmer, die an Komponenten angeordnet sind, die mit dem Rotorblatt verbunden sind, wie beispielsweise einem Triebstrang oder einer Gondel der Windenergieanlage, ist ein probates Mittel, um Beschädigungen der Rotorblätter oder die Anlagerung von Zusatzmassen zu detektieren. Solche Zusatzmassen können beispielsweise aus einer Anlagerung von Dreck und insbesondere von Eis resultieren. Eis kann sich dabei in großen Mengen an Rotorblättern ablagern, bis in den 10- oder 100 Kilogramm (kg) Bereich. Zur Vermeidung von Gefahren durch abfallendes und abgeschleudertes Eis ist die Kenntnis der angelagerten Masse des Eises von größtem Interesse.
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Die Druckschrift
DE 10 2016 124 554 A1 beschreibt ein Verfahren zum Erkennen einer Anlagerung von Eis an einem Rotorblatt einer Windkraftanlage, bei der anhand einer Änderung einer Eigenfrequenz auf eine Eisanlagerung geschlossen wird. Um zuverlässige Detektionsergebnisse zu erzielen, wird dieses indirekte Verfahren kombiniert mit Messergebnissen von Sensoren, anhand derer unmittelbar auf einen Eiszuwachs geschlossen werden kann. Sensoren, mit denen dieses möglich ist, sind beispielsweise Leitfähigkeitssensoren an der Oberfläche des Rotorblatts oder optisch oder akustisch arbeitende Sensoren, die eine Schichtdicke eines Eiszuwachses bestimmen können. Nachteilig an diesen Sensoren ist, dass sie Eis nur lokal unmittelbar im Bereich des Sensors detektieren können.
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Aus der Druckschrift
DE 10 2006 009 480 B1 ist ein Verfahren bekannt, bei dem eine Mehrzahl derartiger direkter Sensoren zur Bestimmung eines Dickenprofils vorgesehen sind, um eine Dickenmessung einer angelagerten Eisschicht auch über einen größeren räumlichen Bereich an dem Rotorblatt detektieren zu können. Aufgrund der Vielzahl von Sensoren ist eine derartige Anordnung aufwändig in der Installation und auch der Wartung und/oder Fehlerbehebung.
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Insbesondere im Hinblick auf ein Anwachsen von Eis ist jedoch die Frage der Verteilung der Zusatzmasse am Rotorblatts relevant, da Eis, das weiter außen am Rotor angeordnet ist, zu einer größeren statischen Unwucht führt als eine Anordnung einer gleich großen Zusatzmasse im Bereich der Blattwurzel. Eine große statische Unwucht stellt eine Belastung für Lager des Rotors dar, die zu einem Lagenschaden oder zumindest einer Lebenszeitverkürzung des Lagers führen kann.
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Zudem läuft an einer Spitze des Rotorblatts aufwachsendes Eis Gefahr, weit vom Standort der Windkraftanlage weggeschleudert zu werden. Eisansatz im Bereich der Blattwurzel in insofern weniger kritisch, als es auch bei drehender Windenergieanlage im Allgemeinen nicht außerhalb des Rotorradius geschleudert würde. Dieser Bereich ist in der Regel als Gefahrenbereich markiert, wohingegen weiter vom Standort der Windenergieanlage weg geschleudertes Eis zu einer Sach- und Personengefährdung führen kann.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, mit der eine auf einem Rotor aufwachsende Zusatzmasse, z. B. eine Eismasse, nicht nur detektiert werden kann, sondern auch eine Verteilung der Zusatzmasse entlang dem Rotorblatt ermittelt werden kann.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren und eine Vorrichtung mit den jeweiligen Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Gemäß einem erfindungsgemäßen Verfahren werden erste Eigenfrequenzzustände des Rotorblatts der Windenergieanlage ermittelt. Dieses kann anhand von Messungen erfolgen oder auch anhand von Modellen, wenn eine Massenverteilung des Rotorblatts und Informationen über Steifigkeiten des Rotorblatts bekannt sind. Im Betrieb der Windkraftanlage werden Schwingungen des Rotorblatts bei einer unbekannten zweiten Masseverteilung, die sich ggf. von der ersten Massenverteilung unterscheidet, durchgeführt. Aus den Schwingungsmessungen werden zweite Eigenfrequenzzustände ermittelt. Anhand einer Abweichung der zweiten Eigenfrequenzzustände von den ersten Eigenfrequenzzuständen kann abgelesen werden, ob und wie sich die zweite Masseverteilung von der ersten Masseverteilung unterscheidet, ob also ein Dreck- bzw. Eisansatz erfolgt ist. Aus den gemessenen Änderungen der Eigenfrequenzzustände wird dann eine Verteilung von Zusatzmassen abgeleitet, die dem Unterschied der zweiten zur ersten Masseverteilung entspricht.
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Die Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass durch die Betrachtung von mindestens zwei Eigenfrequenzzuständen nicht nur das Vorhandensein einer Zusatzmasse am Rotorblatt detektiert werden kann, sondern auch Aussagen über die Position bzw. Verteilung der Zusatzmassen abgeleitet werden können. Als Eigenfrequenzzustände werden im Rahmen der Anmeldung Resonanzfrequenzen und/oder Resonanzamplituden von Schwingungszuständen verschiedener Ordnung verstanden.
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Eine Bestimmung der ersten Eigenfrequenzzustände anhand von Messdaten kann erfolgen, indem Schwingungen des Rotorblatts bei der ersten Masseverteilung ermittelt werden und die ersten Eigenfrequenzzustände des Rotorblatts aus den erfassten Schwingungen ermittelt werden. Bevorzugt werden dazu die Schwingungen anhand von Messsignalen von Sensoren erfasst, die beispielsweise in oder an den Rotorblättern angeordnet sein können, wobei aus den Messsignalen abgeleitete zeitabhängige Schwingungsauslenkung für einen bestimmten Zeitraum aufgezeichnet werden.
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Aus den in der Zeitdomäne aufgezeichneten Schwingungsauslenkungen kann dann durch Transformation in den Frequenzbereich ein Amplitudenspektrum bestimmt werden und die Eigenfrequenzzustände anhand von Maxima des Amplitudenspektrums ermittelt werden. Eigenfrequenzzustände sind dabei beispielsweise durch eine Frequenz und/oder eine Schwingungsamplitude gekennzeichnet.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird die zweite Masseverteilung anhand von bekannten Abhängigkeiten der Frequenzen der Eigenfrequenzzustände von Massenverteilungen bestimmt. So kann empirisch gewonnenes oder aus Modellrechnungen geschlussfolgertes Wissen über die Auswirkungen von Zusatzmassen auf die Eigenfrequenzzustände herangezogen werden, um die unbekannte zweite Masseverteilung zu bestimmen. Bevorzugt wird die zweite Masseverteilung anhand von bekannten Abhängigkeiten des Verhältnisses der Frequenzen verschiedener Eigenfrequenzzustände von Massenverteilungen bestimmt. Dieser Ausgestaltung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Frequenzverhältnis verschiedener Eigenfrequenzen sich sehr charakteristisch mit bestimmten Änderungen der Masseverteilung ändert. So kann insbesondere zwischen sich gleichmäßig entlang des Rotorblatts verteilten und eher lokalen Eis- oder Dreckansätzen unterschieden werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird die zweite Masseverteilung bestimmt, indem Eigenfrequenzzuständen angenommener Masseverteilungen anhand von mathematischen Modellen des Rotorblatts bestimmt und mit den gemessenen zweiten Eigenfrequenzzuständen verglichen werden. Die mathematischen Modelle berücksichtigen dabei bevorzugt die ersten Eigenfrequenzzustände, z.B. um freie Parameter des Modells an die tatsächlichen Messungen anzupassen.
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Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Bestimmen einer Änderung einer Masseverteilung eines Rotorblatts einer Windkraftanlage weist mindestens einen Sensor zur Aufnahme einer Schwingung des Rotorblatts auf und eine Auswerteeinheit, wobei die Vorrichtung zur Durchführung eines derartigen Verfahrens eingerichtet ist. Es ergeben sich die im Zusammenhang mit dem Verfahren genannten Vorteile.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels mit Hilfe von Figuren näher erläutert. Die Figuren zeigen:
- 1 eine schematische Schnittdarstellung eines Teils einer Windkraftanlage;
- 2 ein Diagramm zur Darstellung von Eigenfrequenzzuständen bei einem Rotorblatt einer Windkraftanlage;
- 3 eine Darstellung eines Amplitudenspektrums von Schwingungszuständen eines Rotorblatts einer Windkraftanlage;
- 4 ein Diagramm zur Darstellung des Einflusses unterschiedlicher Masseverteilungen auf verschiedene Eigenschwingungszustände des Rotorblatts; und
- 5 ein Flussdiagramm eines Verfahrens zur Ermittlung einer Masseverteilung z.B. eines Eisansatzes an einem Rotorblatt.
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In 1 ist exemplarisch eine Schnittzeichnung eines Teils einer Windenergieanlage 1 dargestellt, die eine Vorrichtung 6 zur Bestimmung einer Änderung einer Massenverteilung eines Rotorblatts aufweist. Die in 1 gezeigte Windenergieanlage 1 ist somit zur Durchführung eines anmeldegemäßen Verfahrens zur Bestimmung einer Änderung einer Massenverteilung eines Rotorblatts geeignet und eingerichtet.
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Die Windenergieanlage 1 weist eine auf einem Turm 2 drehbar aufgesetzte Gondel 3 auf, die einen Rotor 4 trägt. Der Rotor 4 weist mindestens ein Rotorblatt 41 auf, das an einer Nabe 42 mit einer Rotorwelle 51 verbunden ist. Der Bereich der Nabe 42 und des Ansatzes der Rotorblätter 41 ist von einem Spinner 43 abgedeckt.
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In der 1 sind beispielhaft zwei abgelängt dargestellte Rotorblätter 41 gezeigt. Dieses ist rein beispielhaft, häufig weisen Windkraftanlagen drei Rotorblätter 41 auf.
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Die genannte Rotorwelle 51 ist Teil eines Triebstrangs 5. Sie überträgt die Drehbewegung des Rotors 4 auf ein Getriebe 52. Dieses wiederum ist über eine Getriebewelle 53 und eine Kupplung 54 mit einem Generator 55 gekoppelt, der die mechanische Energie des Rotors 4 in elektrische Energie umwandelt. Die Darstellung der Windenergieanlage 1 mit Getriebe 55 ist ebenfalls rein beispielhaft. Die anmeldungsgemäße Vorrichtung und das anmeldungsgemäße Verfahren können ebenso gut mit einer getriebelosen Windenergieanlage umgesetzt werden.
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Die Vorrichtung 6 zum Bestimmen einer Änderung einer Massenverteilung eines Rotorblatts, nachfolgend kurz Überwachungsvorrichtung 6 genannt, umfasst mindestens einen Schwingungsaufnehmer 61, nachfolgend abkürzend als Sensor 61 bezeichnet.
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Vorliegend ist in jedem der dargestellten Rotorblätter 41 ein Sensor 61 angeordnet. Jeder Sensor 61 ist über eine Sensorleitung 62 mit einer Auswerteeinheit 63 verbunden. Die Art der Verbindung ist in der 1 rein beispielhaft dargestellt. In der Regel erfolgt eine Verbindung zwischen den Sensoren 61 und der Auswerteeinheit 63 über in dem Rotorblatt 41 verlaufende Sensorleitungen bis in den Spinner 43, von wo aus eine in der Regel drahtlose Übertragung zur Auswerteeinheit 63 erfolgt. In alternativen Ausgestaltungen können die Sensoren 61 mit Energiegewinnungseinheiten gekoppelt sein (energy harvesting), so dass sie Energie beispielsweise aus der Drehung des Rotors 4 beziehen und unmittelbar vom Rotorblatt 41 aus Daten über Funk an die Auswerteeinheit 63 übertragen. Auch eine Energieversorgung der Sensoren 61 über optische Fasern innerhalb der Rotorblätter 41, ebenso wie eine optische Datenübermittlung von den Sensoren 61 zur Auswerteeinheit 63 oder zumindest zu einer Funk-Relaisstation im Spinner 43 ist denkbar.
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Die Sensoren 61 sind Schwingungsaufnehmer, die eine Schwingung des Rotorblatts 41 erfassen. Die Sensoren 61 können Beschleunigungs-, Dehnungs- oder auch Drehratensensoren sein. Eine Schwingung wird dann als Änderung eines gemessenen Beschleunigungswerts, einer gemessenen Geschwindigkeit oder einer gemessenen Ausdehnung erfasst. Die Anordnung der Sensoren 61 innerhalb des Rotorblatts 51 kann derart sein, dass Schwingungen in Schwenkrichtung („edge“) und/oder in Schlagrichtung („flap“) und/oder in Torsionsrichtung des jeweiligen Rotorblatts 41 erfasst werden.
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Rein beispielhaft sind die beiden dargestellten Sensoren 61 in der 1 etwa in einem unteren Drittel des Rotorblatts 41 angeordnet. Die Sensoren 61 können jedoch auch an anderen Positionen im Rotorblatt 41 angeordnet sein. Außerdem ist es möglich, mehrere Sensoren 61 in jedem Rotorblatt 41 anzuordnen, die gemeinsam oder unabhängig voneinander ausgewertet werden.
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Weiter ist es möglich, Schwingungen der Rotorblätter 41 auch an anderen Komponenten der Windenergieanlage 1 zu erfassen, an denen dann entsprechende Schwingungssensoren angeordnet sind. Beispielsweise können Sensoren in der Nabe 42 und/oder entlang des Triebstrangs 5 angeordnet sein, wobei Schwingungen des Rotorblatts 41, die sich in diesen Sensoren zeigen, anhand z.B. ihres Frequenzbereichs von inhärenten Schwingungen am Triebstrang 5, beispielsweise aufgrund von Zahnradeingriffen im Getriebe 42, unterschieden werden können.
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2 zeigt in einer schematischen Darstellung zunächst mögliche Schwingungszustände 7 eines Rotorblatts, beispielsweise eines der Rotorblätter 41 gemäß 1. Dargestellt ist eine Schwingungsamplitude auf der vertikalen Achse des Diagramms in Abhängigkeit einer Position entlang des Rotorblatts auf der horizontalen Achse.
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Jede der Kurven 71-74 gibt jeweils eine momentane Auslenkung wieder, die charakteristisch für den jeweiligen Schwingungszustand 7 ist. Die Position „0“ auf der horizontalen Achse entspricht der Position der Blattwurzel und die Position „max“ auf der horizontalen Achse entspricht der Position der Blattspitze.
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In 2 sind vier Schwingungszustände 7 dargestellt, ein Grundzustand in Kurve 71, eine erste Oberschwingung in Kurve 72, die sich durch einen Schwingungsknoten entlang der Erstreckung des Rotorblatts auszeichnet, eine zweite Oberschwingung in Kurve 73, der sich durch zwei Schwingungsknoten auszeichnet und eine dritte Oberschwingung in Kurve 74, die sich durch drei Schwingungsknoten entlang des Rotorblatts auszeichnet. Im Weiteren wird die Grundschwingung gemäß Kurve 71 als erster Eigenfrequenzzustand bezeichnet und die erste, zweite und dritte Oberschwingung als zweiter, dritter und vierter Eigenfrequenzzustand.
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In 2 sind Transversalschwingungen, also Schwingungen in Schwenkrichtung oder Schlagrichtung des Rotorblatts dargestellt. Ein vergleichbares Bild ergibt sich auch für Torsionsschwingungen, also Verdrehungen des Rotorblattes um seine Längsachse.
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Beim Betrieb der Überwachungsvorrichtung 6 wird für jeden der Sensoren 61 die aus seinen Messsignalen abgeleitete zeitabhängige Schwingungsauslenkung für einen bestimmten Zeitraum aufgezeichnet.
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Bevorzugt wird dann ein Amplitudenspektrum aus der in der Zeitdomäne aufgezeichneten Schwingung ermittelt. Die Transformation in den Frequenzbereich, also die Darstellung als Spektrum, kann beispielsweise mittels einer Fast-Fourier-Transformation (FFT) oder einer Wavelet-Transformation erfolgen. Alternativ kann anstelle einer Transformation in den Frequenzbereich eine Ermittlung von Eigenfrequenzzuständen auch im Zeitbereich durch entsprechende Filterung oder durch stochastische Methoden erfolgen, beispielsweise über die sogenannte „Stochastic-Subspace Identification“ (SSI).
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3 zeigt ein beispielsweise über FFT aus den Schwingungsaufzeichnungen im Zeitbereich in den Frequenzbereich transformiertes Spektrum in einer Spektralkurve 75. Auf der vertikalen Achse ist die Amplitude der Schwingung abhängig von der auf der horizontalen Achse aufgetragenen Frequenz wiedergegeben.
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In dieser Darstellung können Eigenfrequenzzustände auf einfache Weise als Maxima der Spektralkurve 75 identifiziert werden. Die Zuordnung der Maxima zu den verschiedenen Eigenfrequenzzuständen ist durch die aufsteigende Frequenz möglich.
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Die beschriebene Schwingungsmessung und Bildung eines Spektrums wird in regelmäßigen Zeitabständen wiederholt. Ändert sich eine Massenverteilung am Rotorblatt 41, beispielsweise durch eine Eisbildung, verändern sich die aus dem Spektrum gemäß 3 ermittelten Eigenfrequenzzustände. Diese sind charakterisiert durch ihre Frequenz sowie eine zugeordnete maximale Amplitude.
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Dabei zeigt es sich, dass die Eigenfrequenzzustände sich auf unterschiedliche Art verändern, abhängig davon wie der Massenzuwachs des Rotorblatts örtlich verteilt ist.
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Dieses ist in 4 beispielhaft anhand einer Modellrechnung dargestellt. Die 4 zeigt in einem Diagramm auf der vertikalen Achse die maximale Amplitude von zwei Eigenfrequenzzuständen, nämlich dem zweiten Eigenfrequenzzustand und dem dritten Eigenfrequenzzustand, während des Aufwachsens von Eis (oder allgemeiner einer Zusatzmasse), die auf der horizontalen Achse dargestellt ist. Die Einheiten auf der horizontalen Achse sind dabei %-Angaben, die ein Anwachsen von 0-100% der Zusatzmasse angeben.
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Die maximalen Amplituden der Eigenfrequenzzustände sind dahingehend normalisiert, dass sie den Wert 1 aufweisen, wenn das Rotorblatt sich im ursprünglichen Zustand befindet, also noch keine Zusatzmasse aufgewachsen ist (d.h. bei dem Wert 0% auf der horizontalen Achse).
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In der 4 sind die Ergebnisse 8 zweier verschiedener Modellrechnungen dargestellt. Die erste Modellrechnung gibt die Entwicklung des zweiten und dritten Eigenfrequenzzustandes wieder, wenn der Eisansatz gleichmäßig verteilt über die gesamte Blattlänge erfolgt. Die entsprechend berechneten Verhältnisse der Frequenz zum eisfreien Zustand sind im Diagramm durch Rauten 81 für den zweiten Eigenfrequenzzustand und Kreise 82 für den dritten Eigenfrequenzzustand wiedergegeben.
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In einem zweiten Szenario wächst das Eis nicht gleichmäßig über die gesamte Blattlänge an, sondern ist in einem äußeren Bereich des Rotorblattes konzentriert. Für dieses Szenario ist das Verhältnisse der Frequenz zum eisfreien Zustand des zweiten Schwingungszustands durch Quadrate 83 und das Verhältnisse der Frequenz zum eisfreien Zustand des dritten Schwingungszustandes durch Dreiecke 84 im Diagramm wiedergegeben.
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Die 4 zeigt, dass sich in beiden Fällen mit wachsender Zusatzmasse die Eigenfrequenzzustände zu kleineren Frequenzen verschieben. Die Verschiebung ist für ein konzentriertes Aufwachsen des Eises an der Blattspitze ausgeprägter als für das gleichmäßige Aufwachsen.
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Für das anmeldungsgemäße Verfahren ist besonders relevant, dass das Verhältnis der Frequenz zum eisfreien Zustand des zweiten und dritten Eigenfrequenzzustands sich in den beiden Szenarien unterschiedlich verhält. Bei gleichmäßigem Aufwachsen der Eisschicht verlaufen die Änderungen der maximalen Amplitude für den zweiten und den dritten Eigenfrequenzzustand im Wesentlichen gleichmäßig über den gesamten berechneten Bereich, wohingegen bei Lokalisierung der Zusatzmasse an der Blattspitze die Amplitude des zweiten Schwingungszustands deutlicher mit Zunahme der Zusatzmasse absinkt als die des dritten Eigenfrequenzzustandes.
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Aus diesem unterschiedlichen Verhalten kann durch einen Vergleich der Änderungen der Eigenfrequenzzustände, entweder in Hinblick auf ihre Frequenz aber auch in Hinblick auf ihre Amplitude, mit den Modellrechnungen auf die Massenverteilung der Zusatzmasse am Rotorblatt geschlossen werden.
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Bei einem anmeldungsgemäßen Verfahren können entsprechend die Änderungen der Eigenfrequenzzustände mit vorab vorgenommenen Modellrechnungen zur Massenverteilung oder auch mit in-situ vorgenommenen Modellrechnungen zur Massenverteilung vergleichen werden und eine Massenverteilung, die sich durch das Anwachsen der Zusatzmasse ergibt, abgeleitet werden.
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Ein Ausführungsbeispiel eines anmeldungsgemäßen Verfahrens wird nachfolgend mit Bezug auf 5 anhand eines Flussdiagramms näher erläutert. Das Verfahren kann beispielsweise im Zusammenhang mit der in 1 gezeigten Windenergieanlage 1 ausgeführt werden. Das Verfahren wird beispielhaft mit Bezug auf die Windenergieanlage 1 gemäß 1 erläutert.
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In einem ersten Schritt S1 werden erste Eigenfrequenzzustände der Rotorblätter 41 des Rotors 4 der Windenergieanlage 1 in einem eisfreien Zustand des Rotors 4 ermittelt. Eigenfrequenzzustände sind solche Schwingungszustände, in denen die Rotorblätter 41 nach einer Schwingungsanregung schwingen. Wie im Zusammenhang mit 3 erläutert ist, zeigen sich Eigenfrequenzzustände an Maxima eines Schwingungsspektrums. Die ersten Eigenfrequenzzustände können entsprechend in dem Schritt S1 ermittelt werden, indem ein Zeitverlauf von Schwingungen, z.B. durch einen oder mehrere Sensoren 61 gemessen und aufgezeichnet wird. Durch Transformation in den Frequenzbereich wird aus dem Zeitverlauf ein Schwingungsspektrum errechnet. Die Eigenfrequenzzustände ergeben sich dann aus der Position (und ggf. Höhe) der Maxima im Spektrum.
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Alternativ zu einer Messung an der Windenergieanlage 1 können die ersten Eigenfrequenzzustände auf vergleichbare Art anhand von Messungen bestimmt werden, die herstellerseitig bereits auf Prüfständen im Rahmen von Qualitätskontrollen durchgeführt werden. Weiter ist es möglich, die ersten Eigenfrequenzzustände anhand von Modelldaten der Rotorblätter 41 zu berechnen.
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Die Eigenfrequenzzustände der Rotorblätter 41 in dem eisfreien Zustand stellen Referenzmessungen bei einer ersten Masseverteilung der Rotorblätter 41 dar.
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In einem zweiten Schritt S2 werden Schwingungen der Rotorblätter 41 bei einer zweiten, unbekannten und ggf. von der ersten abweichenden Masseverteilung gemessen und wie zuvor beschrieben daraus in einem Schritt S3 zweite Eigenfrequenzzustände ermittelt.
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In einem folgenden Schritt S4 werden die Unterschiede der Eigenfrequenzzustände bestimmt, insbesondere werden eventuell erfolgte Frequenzverschiebungen der Eigenfrequenzzustände ermittelt. Aus diesen wird dann in einem Schritt S5 die zweite Masseverteilung abgeleitet. Aus dem Unterschied der zweiten zur ersten Masseverteilung kann die Menge und Position eines eventuellen Eisansatzes berechnet werden.
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Die Schritte S2 bis S5 werden bevorzugt in gewissen Zeitabständen wiederholt, um eine (quasi-) kontinuierliche Überwachung der Rotorblätter 41 im Hinblick auf einen Eis- oder Dreckansatz zu gewährleisten.
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Zur Ermittlung der zweiten Masseverteilung kann empirisch oder methodisch gewonnenes Wissen über den Effekt von Zusatzmassen auf die Eigenfrequenzzustände herangezogen werden, das beispielsweise aus Kurven, wie sie in 4 gezeigt sind, hervorgeht. Insbesondere kann dabei der Effekt von Zusatzmassen auf ein Verhältnis von Frequenzen der Eigenfrequenzzustände verschiedener Eigenfrequenzen berücksichtigt werden.
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Wenn zu dem Schwingungsverhalten der Rotorblätter 41 ein mathematisches Modell vorhanden ist, kann auch eine Modellrechnung eingesetzt werden, bei dem eine Verteilung von Zusatzmassen variiert wird und aus dem Modell abgeleitete Eigenfrequenzzustände mit den gemessenen verglichen werden. Die Zusatzmassenverteilung wird solange variiert, bis ein „best-fit“ erreicht ist.
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Wird das Verfahren über einen längeren Zeitraum eingesetzt, innerhalb dessen sich eine Alterung der Rotorblätter 41 in den ersten Eigenfrequenzzuständen bemerkbar macht, ist es sinnvoll, den Schritt S1 zu wiederholen und so eine aktuelle Referenz der Eigenfrequenzzustände in einem eisfreien Zustand zu erhalten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Windenergieanlage
- 2
- Turm
- 3
- Gondel
- 4
- Rotor
- 41
- Blatt
- 42
- Nabe
- 43
- Spinner
- 5
- Triebstrang
- 51
- Rotorwelle
- 52
- Getriebe
- 53
- Getriebewelle
- 54
- Kupplung
- 55
- Generator
- 6
- Überwachungsvorrichtung
- 61
- Sensor
- 62
- Sensorleitung
- 63
- Auswerteeinheit
- 7
- Schwingungszustand
- 71-74
- Kurve
- 75
- Spektralkurve
- 8
- Ergebnis Modellrechnung
- 81
- Raute (2. Eigenfrequenzzustand, gleichmäßiger Eisansatz)
- 82
- Kreis (3. Eigenfrequenzzustand, gleichmäßiger Eisansatz)
- 83
- Quadrat (2. Eigenfrequenzzustand, lokaler Eisansatz)
- 84
- Dreieck (3. Eigenfrequenzzustand, lokaler Eisansatz)
- S1-S5
- Schritt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016124554 A1 [0003]
- DE 102006009480 B1 [0004]