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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln und Bewerten eines Verdrehspiels in einem Kraftfahrzeugantriebsstrang, sogenannten Antriebsstrangspiel. Steuerungsverfahren für einen Kraftfahrzeugantriebsstrang, bei welchen ein „Spiel“ im Antriebsstrang Berücksichtigung findet, sind aus dem Stand der Technik bekannt, insbesondere aus der
DE 10 2012 011 756 A1 .
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Nachfolgend ist die Erfindung anhand eines beispielhaften Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs beschrieben, dies ist nicht als eine Einschränkung der Erfindung zu verstehen. Bei einem Personenkraftwagen (PKW) erzeugt ein Antriebsmotor, häufig eine Brennkraftmaschine oder eine elektrische Antriebsmaschine oder eine Kombination aus beiden, eine Antriebsleistung (Drehzahl / Drehmoment) zum Überwinden von Fahrwiderständen (insbesondere Rollwiderstand, Steigungswiderstand, Luftwiderstand, Reibungswiderstand). Diese Antriebsleistung wird vom Antriebsmotor über ein Fahrzeuggetriebe, welches insbesondere zum Anpassen des bereitgestellten Drehmoments an die Fahranforderungen eingerichtet ist, in Richtung auf einen Radantriebe, welcher zum Übertragen dieser Antriebsleistung auf eine Fahrbahnoberfläche eingerichtet ist, übertragen. Weiter kann ein solcher Antriebsstrang ein Differentialgetriebe aufweisen und andere Bauteile. Im Zusammenhang mit Zahnrädern, wie diese in diesem Fahrzeuggetriebe und/oder im Differentialgetriebe Anwendung finden und auch im Zusammenhang mit anderen Bauteilen des Antriebsstrangs, besteht ein Spiel zwischen den genannten Bauteilen, anders gewendet sind Bauteile im Antriebsstrang, insbesondere bei einem Lastwechsel (Übergang von Schubbetrieb in Zugbetrieb oder umgekehrt) gegeneinander freibeweglich. Diese Beweglichkeit wird allgemein als Spiel bezeichnet und im Zusammenhang mit dem Antriebsstrang als sogenanntes Antriebsstrangspiel. Zum einen ist ein solches Spiel nötig, um ein Verklemmen des Antriebsstrangs, wie es durch thermische Dehnung oder Fertigungstoleranzen verursacht werden kann, zu vermeiden, zum anderen kann sich dieses Spiel zwischen dem Antriebsmotor und dem Radantrieb aufsummieren und insbesondere den Fahrkomfort negativ beeinflussen.
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Bei PKWs finden zunehmend elektrische Antriebsmaschinen (Elektromotor/Generator) als Antriebsmotor Anwendung und anders als bei einer Brennkraftmaschine, bei welcher sich das Drehmoment beim Lastwechsel langsam aufbaut, geschieht eine Umkehrung der Drehmomentrichtung bei einer elektrischen Antriebsmaschine schnell, nahezu instantan. Dies kann dazu führen, dass beim Lastwechsel - der Kraftfahrzeugantriebsstrang wechselt von einer Beschleunigungs- auf eine Verzögerungsanforderung - eine sogenannte dynamische Kurzzeitbelastung (Laststoß) auf die Komponenten des Antriebsstrangs einwirkt. Tendenziell gilt der Zusammenhang, größeres Antriebsstrangspiel größere dynamische Kurzzeitbelastung bei ansonsten gleichen Bedingungen. Weiter ist die Ermüdung und im Extremfall das Versagen von Bauteile im Antriebsstrang durch die auftretenden Lastwechsel- und dynamischen Kurzzeitbelastungen beeinflusst. Insbesondere in Verbindung mit dem Einsatz von elektrischen Antriebsmaschinen, welcher im Vergleich zu einer Brennkraftmaschine zu einem schnelleren Lastwechsel führt, besteht demnach ein allgemeines Bedürfnis, dieses Antriebsstrangspiel zu ermitteln und zu überwachen.
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Es ist eine Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zum Ermitteln und Bewerten des Antriebsstrangspiels in einem Kraftfahrzeugantriebsstrang anzugeben und so die Betriebssicherheit des Kraftfahrzeugantriebsstrangs zu verbessern. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst, zu bevorzugende Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche.
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Eine Grundidee der Erfindung ist es, ein Antriebsstrangspiel bei der Herstellung (initiales Antriebsstrangspiel) des Kraftfahrzeugs zu ermitteln, insbesondere wenn das Kraftfahrzeug wenigstens teilweise oder ausschließlich mit einer elektrischen Antriebsmaschine als Antriebsmotor antreibbar ist. Weiter vorzugsweise ist es vorgesehen, dies initiale Antriebsstrangspiel mit einem ersten Vergleichsantriebsstrangspiel zu vergleichen beziehungsweise in einer Speichereinrichtung abzuspeichern. Ein solches Vergleichsantriebsstrangspiel kann rechnerisch oder versuchstechnisch ermittelt sein und ist beliebig vorgebbar.
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Weiter kann es vorgesehen sein, das tatsächlich auftretende Antriebsstrangspiel während des regulären Betrieb des Kraftfahrzeugantriebsstrangs oder in einem Prüfmodus zu überprüfen und so ein Betriebs-Antriebsstrangspiel zu ermitteln und vorzugsweise diese Betriebs-Antriebsstrangspiel mit dem initialen Antriebsstrangspiel oder einem Vergleichsantriebsstrangspiel zu vergleichen. Mit einem solchen Vergleich ist es ermöglicht, festzustellen, ob sich das Spiel im Antriebsstrang über die Betriebszeit, verändert, insbesondere vergrößert. Insbesondere bei mehrmaliger Prüfung des Betriebs-Antriebsstrangspiels, beispielsweise nach 1000 km, nach 5000 km und nach 10000 km, oder nach vorgebbaren anderen Betriebszeiten, ist auch eine Änderungsgeschwindigkeit des Antriebsstrangspiels ermittelbar.
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Vorzugsweise ist es vorgesehen, während des Betriebs des Kraftfahrzeugantriebsstrangs oder in einem Prüfmodus einen vorgebbaren Lastwechsel zur Ermittlung des tatsächlichen Antriebsstrangspiels auszuführen, sogenannter Detektionslastwechsel. Vorzugsweise wird das bei einem Detektionslastwechsel bestimmt tatsächliche Antriebstrangspiel in einer Speichereinrichtung gespeichert, vorzugsweise in einem Kraftfahrzeugsteuergerät. Weiter vorzugsweise kann dieses tatsächliche Antriebsstrangspiel mit einem zu einem anderen Zeitpunkt ermittelten Antriebsstrangspiel, mit dem initialen Antriebsstrangspiel oder mit einem Grenzwert für das zulässige Antriebsstrangspiel verglichen werden. Insbesondere durch ein solches Verfahren ist es somit ermöglicht, Veränderungen im Antriebsstrangspiel über der Fahrzeuglaufzeit festzustellen und diese vorzugsweise auch zu bewerten.
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In einer bevorzugt Ausführungsform ist das Massenträgheitsmoment des Kraftfahrzeugantriebsstrangs beziehungsweise von Komponenten des Kraftfahrzeugantriebsstrangs, vorzugsweise von allen Komponenten des Kraftfahrzeugantriebsstrangs und vorzugsweise auch des Kraftfahrzeugs, welches mit diesem Kraftfahrzeugantriebsstrang antreibbar ist, in einer Speichereinrichtung, vorzugsweise in einem Kraftfahrzeugsteuergerät gespeichert.
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Vorzugsweise ist es ermöglicht, das ermittelte tatsächliche Antriebsstrangspiel in einem Kraftfahrzeugsteuergerät abzuspeichern und die, bei einem Lastwechsel auftretenden realen Drehzahl- und Drehmomentenverläufe mit berechneten Drehzahl- und Drehmomentverläufen basierend auf der Drehimpulsänderungsformel zu vergleichen. Insbesondere mit einem solchen Vergleich ist es ermöglicht, die während eines Lastwechsels auftretenden Drehzahlspitzen über die Betriebszeit des Kraftfahrzeugantriebsstrangs zu überwachen und Veränderungen in diesen und damit im Antriebsstrangspiel, zu erfassen und zu bewerten.
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Weiter vorzugsweise liegt dieser Bewertung die Erkenntnis zu Grunde, dass bei einer Vergrößerung einer solchen Drehzahlspitze gegenüber der berechneten Drehzahlspitze, beziehungsweise einer Vergrößerung dieser bei gleichen oder wenigstens vergleichbaren Lastwechseln im Vergleich zu einer Drehzahlspitze, welche zu einem unterschiedlichen Zeitpunkten der Betriebszeit des Kraftfahrzeugantriebsstrangs aufgenommen wurde, das Antriebsstrangspiel ansteigt.
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Weiter vorzugsweise ist vorgesehen, dass in einem Fall, in dem das tatsächliche Antriebsstrangspiel einen ersten Grenzwert erreicht oder übersteigt, ein Fehlerwert bestimmt wird. Vorzugsweise wird dieser Fehlerwert in einer Speichereinrichtung abgespeichert. Insbesondere durch das Festhalten des Fehlerwerts in einer Speichereinrichtung, vorzugsweise einem Kraftfahrzeugsteuergerät, ist es ermöglicht, diesen zu einem späteren Zeitpunkt auszulesen und zur Beurteilung des Kraftfahrzeugantriebsstrangs heranzuziehen.
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In einer bevorzugt Ausführungsform ist für den Fall, dass das tatsächliche Antriebsstrangspiel den ersten Grenzwert oder einen weiteren, vorzugsweise einen größeren Grenzwert als den ersten Grenzwert, erreicht oder übersteigt, vorgesehen einen Warnhinweis in einem Kraftfahrzeug auszugeben oder die Steuerung des Antriebsmotors in einem anderen Betriebsmodus zu versetzten, welcher zu geringeren dynamischen Kurzzeitbelastungen führt, oder beides. Vorzugsweise kann der Warnhinweis so gestaltet sein, dass der Fahrer zu einem Werkstattbesuch aufgefordert wird.
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Nachfolgend sind einzelne Merkmale und Ausführungsformen der Erfindung anhand der Figuren näher erläutert, dabei zeigt:
- 1 zeigt beispielhaft, wie sich den Drehzahlverlauf 1 eines als Elektromotor ausgestalteten Antriebsmotors aufgetragen über der Zeit. Der Drehzahlverlauf 1 weist eine Drehzahlspitze 2 auf, wie diese bei einem Lastwechsel typischerweise auftritt, wenn im Kraftfahrzeugantriebsstrang ein Antriebsstrangspiel vorhanden ist. Die Drehzahlspitze liegt in der Zeitspanne 3, in welcher der Flankenwechsel der an der Leistungsübertragung beteiligten Zahnräder im Antriebsstrang, stattfindet. Bis der Anlagewechsel aller Zahnflanken, welche an der Übertragung der Antriebsleistung vom Antriebsmotor zum Radantrieb beteiligt sind, bei einem Wechsel der Drehmomentrichtung (Schubbetrieb / Zugbetrieb) im Antriebsstrang bei den antreibbaren Rädern ankommt, kann der Elektromotor - quasi lastfrei Hochdrehen und aus diesem Hochdrehen ergibt sich als Folge des Antriebsstrangspiels eine Drehzahlspitze 2 im Drehzahlverlauf 1 des Antriebsmotors.
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Sobald das Antriebsstrangspiel aufgebracht ist, bildlich gesprochen also wenn die Zahnflanken des Antriebsstrangs in der Gegenrichtung in Anlage sind, und die gesamte Trägheitsmasse des Kraftfahrzeugs an den Elektromotor angebunden ist, wird die Beschleunigung des Antriebsmotors eingebremst. Damit ist erkennbar, dass ein großes Antriebsstrangspiel zu einem größeren Drehzahlspitze führt als ein kleines Antriebsstrangspiel. Wie dargelegt, kann aus der Veränderung der Drehzahlspitzen über die Zeit bei vergleichbaren Lastwechseln auf die Veränderung des Antriebsstrangspiels rückgeschlossen werden.
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In 2 ist dargestellt, wie sich das Drehmoment beim Lastwechsel im Vergleich zwischen einer Brennkraftmaschine (Brennkraftmaschinendrehmomentverlauf 5) und einer elektrischen Antriebsmaschine (Elektromotordrehmomentverlauf 4) ändert, dabei sind die Drehmomentverläufe zeitlich übereinstimmend mit der Drehzahlverlauf in 1 dargestellt.
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Der Zusammenhang des Drehzahl-Anstiegs ist über die Formel der Drehimpulsänderung (Änderung des Drehimpulses = Änderung der Massenträgheit und / oder der Winkelgeschwindigkeit) definiert. In 2 ist der systembedingt flachere Anstieg des Brennkraftmaschinendrehmomentverlaufs 5 gegenüber dem Elektromotordrehmomentverlauf 4 dargestellt. Ein zum gleichen Zeitpunkt anliegendes geringeres Drehmoment an der Brennraftmaschine führt zu einer geringeren Beschleunigung des Antriebsstrangs und damit auch zu einer geringeren dynamischen Kurzzeitbelastung im Vergleich zu einer elektrischen Antriebsmaschine. Über diesen Zusammenhang ist die höhere Bedeutung des vorgeschlagenen Verfahrens für einen Kraftfahrzeugantriebsstrang welcher teilweise (Hybridantrieb) oder vollständig (Batterieelektrischesfahrzeug, BEV) mit einer elektrischen Antriebsmaschine antreibbar ist.
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Wenn man das Massenträgheitsmoment der Antriebsstrang-Komponenten und des gesamten Kraftfahrzeugs in einem Kraftfahrzeug-Steuergerät speichert, kann man die realen Drehzahl- und Drehmomentverläufe mit den berechenbaren Verläufen aus der Drehimpulsänderungsformel vergleichen und die lokale Drehzahlspitze eines Lastwechsels über die Betriebszeit des Kraftfahrzeugantriebsstrangs überwachen. Steigen die lokalen Drehzahlspitzen bei gleichen oder wenigstens vergleichbaren Lastwechseln über die Antriebsstrangbetriebszeit an, bedeutet das, dass das Antriebsstrangspiel ansteigt. Ein größeres Antriebsstrangspiel, bei ansonsten konstanten Bedingungen, bedeutet, dass der Antriebsmotor bei einem Lastwechsel mehr Zeit hat um Hochzudrehen, d.h. die auftretende Drehzahlspitze ist bei größeren Antriebsstrangspiel größer. Somit lässt sich insbesondere aus einer solchen Drehzahlspitze das Antriebsstrangspiel ermitteln.
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Übersteigt das ermittelt Antriebsstrangspiel einen vorgebbaren ersten Grenzwert, kann man dies in einem Fehlerspeicher festhalten und zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere bei einem Werkstattbesuch auslesen und berücksichtigen. Übersteigt das gemessene Antriebsstrangspiel einen weiteren Grenzwert, welcher höher ist als der erste Grenzwert, kann dem Fahrer über eine Fehlerausgabe (optisch und/oder akustisch) ein Hinweis für ein Antriebsstrangproblem gegeben werden und weiter kann ein sofortiger Werkstattbesuch vorgeschlagen werden und/oder der Kraftfahrzeugantriebsstrang wird in einen Notbetrieb versetzt werden, insbesondere um einer Beschädigung von Bauteilen im Kraftfahrzeugantriebsstrang vorzubeugen.
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Weiter ist vorgeschlagen, das Initiale-Antriebsstrangspiel unmittelbar bei der Herstellung eines Kraftfahrzeugs, also noch in der Fertigung oder vorzugsweise vor er Auslieferung an einen Endkunden, insbesondere also mittels eines sogenannten Bandende-Test, zu ermitteln und somit fehlerhafte Komponenten im Antriebsstrang, welche ein erhöhtes Antriebsstrangspiel verursachen können, zu erkennen.
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Mit der vorgeschlagenen Erfindung ist es insbesondere ermöglicht:
- • Am Ende der Produktionslinie das Spiel im Antriebsstrang (Initial-Antriebsstrangspiel) des Neufahrzeuges zu ermitteln und zu bewerten und so den Zustand des neu hergestellten Kraftfahrzeugs zu erfassen und zu bewerten,
- • Weiter kann das vorgeschlagene Verfahren als Onboarddiagnose (OBD) während der Betriebszeit des Kraftfahrzeugs, also insbesondere über die gesamte Kraftfahrzeuglebensdauer, eingesetzt werden. Ein solcher „dauerhafter“ Einsatz des vorgeschlagenen Verfahrens ermöglicht den Kraftfahrzeugantriebsstrang bei auffällig großen Werten (Grenzwertüberschreitung, starke Änderung des Antriebsstrangspiels oder dergleichen) zu überwachen und so unmittelbar beim Auftreten oder vor dem Auftreten eines Schadens am Kraftfahrzeugantriebsstrang eine Fehlermeldung auszugeben, die Steuerung des Kraftfahrzeugantriebsstrangs, insbesondere des Antriebsmotors, anzupassen (Notprogramm) oder einen Wartungsintervall zu verkürzen.
- • Weiter ist es ermöglicht, insbesondere fortlaufend oder treppenartig, die Informationen über den Lastwechsel und damit über das tatsächlich vorherrschende Antriebsstrangspiel zur Antriebsstrangsteuerung zu nutzen und so ein Drehmoment im Kraftfahrzeugantriebsstrang derart anzupassen, dass sich ein komfortables Fahrverhalten ergibt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012011756 A1 [0001]