-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur biometrischen Vermessung eines Auges, bei dem mehrere Modalitäten zeitgleich aufgenommen werden sollen.
-
Zeitgleiche reflektive Messungen mittels eines Keratometers oder eines Topographen und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems können allerdings dazu führen, dass im aufgenommenen Reflexbild des Keratometers ungewollt Laserlicht des OCT-Scan-Systems als Störung abgebildet wird. Im Folgenden wird der Begriff „Keratometer“ als Synonym für Keratometer und Topographen verwendet.
-
Dadurch wird die für die Bestimmung der Topographie der Hornhaut des Auges erforderliche Zuordnung der Spots des vom Keratometer aufgenommenen Reflexbildes zu den Punkten des Referenzmusters wesentlich erschwert. Die Begriffe „Spots“ und „Punkte“ werden im Folgenden ebenfalls synonym verwendet.
-
Nach dem bekannten Stand der Technik existieren Lösungen um diesen Effekt zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren.
-
Bei einer ersten Gruppe von Lösungen werden die unterschiedlichen Aufnahmen sequentiell, d. h. nacheinander aufgenommen.
-
Hierzu zeigt die
US 2005/0203422 A1 beispielsweise ein Kombinationssystem aus Keratometer und OCT-Tomographie. Um die beiden Modalitäten voneinander zu trennen wird hier ebenfalls eine zeitliche Trennung vorgeschlagen.
-
Ein weiteres Beispiel ist der IOLMaster der Firma Carl Zeiss. Dieser ist ein Kombinationsgerät, das die Keratometrie, die Achslänge über PCI (partial coherence interferometry) und die Vorderkammertiefe über eine Spaltbeleuchtung und Bilddetektion, sowie weitere Parameter des Auges wie den sogenannten Weiß-zu-Weiß-Abstand bestimmt.
-
Bei all diesen sequentiell erfolgenden Messungen ist der Zeitaufwand für die Messungen höher. Eine Verlängerung der Datenaufnahme wirkt sich umso mehr aus, je schneller das Scan-System im Vergleich zur Belichtungszeit der Kamera ist, da die geometrischen und zeitlichen Bedingungen dadurch ungünstiger werden. Nachteilig wirkt sich außerdem aus, dass die unterschiedlichen Messungen von OCT und Ultraschall bzw. Keratometrie aufgrund möglicher Augenbewegungen an leicht verschiedenen Stellen erfolgen könnten. Im Allgemeinen ist deshalb eine Wiederholbarkeit der Messung entsprechend schwer zu realisieren.
-
Bei einer zweiten Gruppe von Lösungen werden die unterschiedlichen Aufnahmen gleichzeitig aufgenommen, wofür die Messsysteme über eine entsprechende optische Trennung verfügen müssen.
-
Als ein weiteres Beispiel ist in
US 2005/0018137 A1 ein Kombinationssystem aus Keratometer und Achslängenmessung mittels PCI beschrieben. Dabei wird die Trennung beider Modalitäten durch Strahlteilung mittels Polarisationstrennung realisiert.
-
Die bereits oben erwähnte
US 2005/0203422 A1 erwähnt als Alternative zur sequentiellen Messung der Modalitäten (mittels OCT und Keratometrie) auch eine Trennung derselben durch einen dichroitischen Strahlteiler.
-
In all diesen Beispielen erfolgt eine optische Trennung der unterschiedlichen Messsysteme entweder durch die Verwendung unterschiedlicher Wellenlängen oder über zusätzliche optische Elemente, die verhindern, dass sich die Messsysteme gegenseitig beeinflussen.
-
Nachteilig wirkt sich bei derartigen Systemen aus, dass entsprechend höhere Anforderungen an Optik und/oder Kamera gestellt werden, die deren Herstellbarkeit und/oder Preisniveau negativ beeinflussen.
-
Bei einer dritten Gruppe von Lösungen werden die unterschiedlichen Aufnahmen ebenfalls gleichzeitig aufgenommen, wofür die Messsysteme aber über keine optische Trennung verfügen müssen.
-
In der
WO 2014/049123 A1 wird ein Verfahren zur Realisierung von OCT- und sonstigen Bildaufnahmen eines Auges zur Ermittlung dessen geometrischer Parameter beschrieben. Bei diesem Verfahren erfolgt die Realisierung von OCT- und sonstigen Bildaufnahmen ebenfalls gleichzeitig.
-
Um die Lichtsignale eindeutig unterscheiden zu können ist die Intensität des bei den OCT-Bildaufnahmen entstehenden Reflexlichtes mindestens um den Faktor 2, bevorzugt um den Faktor 10 und besonders bevorzugt um den Faktor 100 geringer als die gemessene Intensität der sonstigen Bildaufnahmen.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur biometrischen Vermessung eines Auges zu entwickeln, bei dem reflektive Messungen mittels eines Keratometers und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems gleichzeitig erfolgen, wobei die durch das Beleuchtungslicht des jeweils anderen Messsystems hervorgerufenen Störungen bei der Datenauswertung zu berücksichtigen sind.
-
Diese Aufgabe wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren dadurch gelöst, dass reflektive Messungen mittels eines Keratometers und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems gleichzeitig erfolgen. Dazu werden bei der reflektiven Messung mehrere Reflexbilder nacheinander aufgenommen und alle Spots detektiert. Die dabei detektierten, vom OCT-Scan-System hervorgerufenen Störungen werden in den Reflexbildern bei der weiteren Datenauswertung berücksichtigt.
-
Insbesondere werden bei der reflektiven Messung Reflexbilder in Form von Videosequenzen aufgenommen.
-
Einer ersten Ausgestaltung entsprechend werden für die Detektion der Spots in den Reflexbildern klassische oder lernende Bildverarbeitungsverfahren verwendet werden, die auf Form- oder Texturmerkmalen bzw. Unterschieden in Wellenlänge und/oder Intensität basieren.
-
Weitere bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
-
Erfindungsgemäß ergeben sich für die Berücksichtigung der detektierten, vom OCT-Scan-System in den Reflexbildern hervorgerufenen Störungen bei der weiteren Datenauswertung zwei Varianten.
-
Gemäß einer ersten Variante erfolgt die Berücksichtigung, indem diese Teile der Reflexbilder aus der Verarbeitung ausgeschlossen werden, durch Kombination mehrerer Reflexbilder eine Vervollständigung und Zuordnung zu einem resultierenden Reflexbild und danach die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters erfolgt.
-
Im Gegensatz dazu erfolgt die Berücksichtigung, gemäß der zweiten Variante, indem die Spots der mehreren Reflexbilder einander zugeordnet werden und erst danach die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters erfolgt.
-
Die vorgeschlagene technische Lösung ist speziell für die Bestimmung biometrischer Daten eines Auges vorgesehen, bei der reflektive Messungen mittels eines Keratometers und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems gleichzeitig erfolgen. Allerdings kann das vorgeschlagene Verfahren auch für andere Kombinationen von Messverfahren am Auge angewendet werden, bei denen das Beleuchtungslicht des jeweils anderen Messsystems Störungen bei der Datenerfassung hervorrufen kann.
-
Prinzipiell kann das vorgeschlagene Verfahren auch auf anderen technischen Gebieten eingesetzt werden, bei denen beispielsweise die Topografie einer spiegelnden, geometrischen Oberfläche mit Hilfe zweier unterschiedlicher optischer Messverfahren bestimmt werden soll.
-
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben.
-
Bei dem hier beschriebenen Verfahren zur biometrischen Vermessung eines Auges erfolgen reflektive Messungen mittels eines Keratometers und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems gleichzeitig.
-
Erfindungsgemäß werden bei der reflektiven Messung mehrere Reflexbilder nacheinander aufgenommen, in allen Reflexbildern alle Spots detektiert und dabei detektierte, vom OCT-Scan-System hervorgerufene Störungen in den Reflexbildern bei der weiteren Datenauswertung berücksichtigt.
-
Hierzu werden mindestens 2, vorzugsweise 10 und besonders bevorzugt 100 oder mehr Reflexbilder der reflektiven Messung aufgenommen.
-
Vorzugsweise werden die Reflexbilder der reflektiven Messung in Form von Videosequenzen mit einer Aufnahmegeschwindigkeit von mindestens 1, vorzugsweise 5 oder mehr Reflexbildern pro Sekunde aufgenommen.
-
In den einzelnen Reflexbildern der bei der reflektiven Messung aufgenommenen Videosequenzen werden alle Spots detektiert. Hierzu kommen klassische oder lernende Bildverarbeitungsverfahren zur Anwendung, die auf Form-, Intensitäts- oder Texturmerkmalen basieren.
-
Für die Detektion lassen sich hierbei lokale Formmerkmale ausnutzen, da vom OCT-Scan-System hervorgerufene Störungen eine längliche Form aufweisen, während die vom Keratometer projizierter Lichtpunkte (Spots) eine runde Form aufweisen. Außerdem sind zwischen den Störungen und den Spots Unterschiede in deren Größe deutlich zu erkennen, was sich beispielsweise durch die Anzahl der zusammenhängende Pixel detektieren lässt.
-
Alternativ oder auch zusätzlich können Texturmerkmale verwendet werden, da sich das gespeckelte Signal des OCT-Scan-System von den Lichtpunkten unterscheiden lassen.
-
Auch eine unterschiedliche Intensität und/oder Wellenlänge lässt sich verwenden, um die Spots zu detektieren.
-
Die Verwertung dieser Merkmale kann mit klassischen Verfahren oder mittels Lernverfahren erfolgen. Alternativ kann die explizite Definition von Merkmalen mittels einer Optimierungsmethode nach dem Deep-Learning-Prinzip ganz vermieden werden.
-
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung lassen sich die Störungen in den Reflexbildern bei Synchronisierung der Bewegung des OCT-Scanners und des Kameratriggers sowie Kenntnis des optischen Designs der Messanordnungen mathematisch vorhersagen.
-
Durch eine Synchronisierung des OCT-Scanners und des Kameratriggers ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Scanmuster und Kameraaufnahmen mit hoher Genauigkeit bekannt. Aus dem optischen Design und dem Scanmuster ist außerdem der Winkel des Laserlichts zu jedem Zeitpunkt bekannt. Dadurch lassen sich die Störungen im Kamerabild relativ zum Punktmuster mathematisch vorhersagen.
-
Erfindungsgemäß ergeben sich für die Berücksichtigung der detektierten, vom OCT-Scan-System in den Reflexbildern hervorgerufenen Störungen bei der weiteren Datenauswertung zwei Varianten.
-
Gemäß einer ersten Variante erfolgt die Berücksichtigung, indem die Teile der Reflexbilder, die vom OCT-Scan-System hervorgerufene Störungen enthalten, aus der Verarbeitung ausgeschlossen werden, durch Kombination mehrerer Reflexbilder eine Vervollständigung und Zuordnung zu einem resultierenden Reflexbild und danach die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters erfolgt.
-
Die von der Störung betroffenen Teile des Bildes werden von der weiteren Verarbeitung ausgeschlossen. Zusätzliche Kamerabilder decken aufgrund anderer Lage der Störungen, die sich aus dem zeitlichen Verhalten des scannenden Lasers (Scanmuster) ergeben, die fehlenden Bereiche mit verwertbarer Information ab. So kann trotz der Störungen die gesamte mit Spots erfasste Fläche topographisch erfasst werden.
-
Die zuvor beschriebene mathematische Vorhersage der Störungen im Kamerabild erlaubt einerseits prinzipiell, die Störungen noch einfacher von der weiteren Verarbeitung auszuschließen.
-
Andererseits können die Störungen ausdrücklich verwendet werden, um die Zuordnung der Lichtpunkte zum Referenzmuster zu verbessern. Dafür werden die Störungen wie oben beschrieben durch Bildverarbeitungsmethoden im Kamerabild lokalisiert. Aus der Vorhersage ist bereits bekannt, welche Lichtpunkte von der Störung betroffen sind.
-
Für die Punktzuordnung ist also für manche Referenzpunkte bekannt, dass sie im Bild im Bereich der Störung liegen bzw. nach der Entfernung der Störung nicht mehr vorkommen können. Bei der Zuordnung von Lichtpunkten zum Referenzmuster werden dann nur solche Zuordnungen zugelassen, die sich mit der Lage der Störung vereinbaren lassen. Dadurch werden Zuordnungsfehler vermieden oder zumindest reduziert. Außerdem liefert eine Störung mit bekannter Lokalisierung Zusatzinformationen, die für die Verbesserung der Punktzuordnung genutzt werden kann. Die Erfindung zeigt, dass solche Zusatzinformationen sehr hilfreich sind, um Zuordnungsfehler und vor allem deren Propagation über größere Teile des Punktmusters zu reduzieren. Die hier beschriebene Technik hat den Vorteil, dass viele Stellen im Bild mittels des scannenden Lasers Zusatzinformation für die Zuordnung erhalten. In Kombination mit der zeitlichen Zuordnung über eine Bildsequenz (siehe oben) kann sich die Zusatzinformation soüber das gesamte Punktmuster erstrecken.
-
Im Gegensatz dazu erfolgt die Berücksichtigung, gemäß der zweiten Variante, indem die Spots der mehreren Reflexbilder einander zugeordnet werden und erst danach die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters erfolgt.
-
Bei dieser Variante kann eine explizite Erkennung der Störungen ganz entfallen, da die einzelnen Reflexbilder der Videosequenz die Störungen immer an verschiedenen Stellen enthalten. Die in den Bildern mittels Bildverarbeitungsmethoden lokalisierten Lichtpunkte werden über die Zeit zwischen den einzelnen Bildern einander zugeordnet. Dabei führen die Störungen im Allgemeinen zu fehlerhaften bzw. fehlenden Punktkoordinaten. Diese lassen sich aufgrund der zeitlichen Abfolge der Störungen aber gerade nicht in zeitlich benachbarten Bildern zuordnen. Die Zuordnung von Lichtpunkten zum Referenzmuster erfolgt dann anhand der Punktsequenzen, wobei zeitlich nur kurzzeitig auftretende vermeintliche Punkte weggelassen werden. Dadurch werden zugleich sowohl die Störungen ausgefiltert als auch in Einzelbildern nicht störungsfrei erfasste Bereiche aufgefüllt.
-
Für die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters ist es erforderlich entsprechende Grenzen bezüglich deren Abstände zu definieren.
-
Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird ein Verfahren zur biometrischen Vermessung eines Auges zur Verfügung gestellt, bei dem reflektive Messungen mittels eines Keratometers und interferometrische Messungen mittels eines OCT-Scan-Systems gleichzeitig erfolgen, wobei die durch das Beleuchtungslicht des jeweils anderen Messsystems hervorgerufenen Störungen bei der Datenauswertung berücksichtigt werden.
-
Die vorgeschlagene technische Lösung ist speziell für die Bestimmung biometrischer Daten eines Auges auf der Basis reflektiver und interferometrischer Messungen vorgesehen, kann aber auch für andere Kombinationen von Messverfahren am Auge angewendet werden, bei denen das Beleuchtungslicht des jeweils anderen Messsystems Störungen bei der Datenerfassung hervorrufen kann.
-
Das vorgeschlagene Verfahren hat den Vorteil, dass eine zeitlich aufwändige Verschachtelung, d. h. eine komplexe zeitliche Synchronisation der verschiedenen Messmethoden entfallen kann, wodurch die Messzeit wesentlich verkürzt wird.
-
Durch die Zusatzinformation, die aus den detektierten, vom OCT-Scan-System hervorgerufenen Störungen in den Reflexbildern resultieren, lässt sich außerdem die Zuordnung der detektierten Spots zu den Spots des Referenzmusters (Spotmatching) wesentlich verbessern.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- US 2005/0203422 A1 [0006, 0011]
- US 2005/0018137 A1 [0010]
- WO 2014/049123 A1 [0015]