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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Anpassung einer Umgebung eines drahtlosen Kommunikationssystems, insbesondere von technischen Einheiten bzw. Geräten in dessen Umgebung, sowie ein dazu eingerichtetes Computerprogramm.
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Stand der Technik
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Das Thema Vernetzung spielt in letzter Zeit eine immer wichtiger werdende Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit Entwicklungen wie dem „Internet der Dinge“ oder der „Industrie 4.0“. Dabei gibt es viele unterschiedliche Kommunikationssysteme, wie z.B. zellularen Mobilfunk, Wireless LAN, Bluetooth, ZigBee, etc., die jeweils für unterschiedliche Anwendungsszenarien optimiert worden sind. Aktuell gibt es eine schnelle Entwicklung in Richtung 5G (=5. Generation Mobilfunk), wobei ein Fokus von 5G im Gegensatz zu früheren Mobilfunkgenerationen auch auf der Vernetzung von Dingen liegt („Machine-Type Communication“) und dank der erwarteten Leistungsfähigkeit damit viele neue Anwendungsfelder erschlossen werden können. Dies umfasst den Einsatz von 5G-Technologien selbst für kritische Anwendungen in der Industrie, Anwendungen beim autonomen und vernetzten Fahren bis hin zur Vernetzung einer Vielzahl von Sensoren, beispielsweise in der Landwirtschaft oder in zukünftigen „Smart Cities“. Dabei ist auch zu beachten, dass bspw. 5G mehr ist als nur eine leistungsfähige drahtlose Vernetzungstechnologie. Vielmehr handelt es sich bei 5G um eine umfassende Vernetzungs- und Computing-Infrastruktur, die unter anderem auch (verteilte) Cloud-Lösungen mit umfasst (die sogenannten „Edge Clouds“), Mechanismen zur hochpräzisen Lokalisierung bereitstellt und viele verschiedene applikationsspezifische virtuelle Netzwerke auf der Basis der zugrundeliegenden technischen Vernetzungsinfrastruktur etablieren kann.
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Klassischerweise sind (drahtlose) Kommunikationsinfrastrukturen weitgehend entkoppelt von den darauf aufsetzenden Anwendungen sowie der Umgebung, in der das Netzwerk aufgebaut ist. Das trifft beispielsweise zu für ein WLAN, das man zu Hause installiert, oder ein klassisches Mobilfunknetzwerk, das von einem Netzbetreiber installiert wird und möglichst viele Kunden vernetzen soll. In diesen Fällen stellt das Netzwerk häufig nur einen „Best Effort“-Dienst zur Verfügung und versucht alle Datenpakete möglichst schnell vom Sender zum Empfänger zu übertragen, ungeachtet des Zustands der Anwendung oder der Umgebung. Hauptziel bei der Netzplanung ist in diesen Beispielen typischerweise, eine möglichst gute Abdeckung (Coverage) zu erzielen, so dass man bspw. überall in der Wohnung bzw. überall in einer Stadt ein ausreichend gutes Signal hat. In manchen Fällen erfolgt eine Berücksichtigung der Anforderungen der Anwendungen mit Hilfe einer Differenzierung verschiedener Verkehrs-/Prioritätsklassen bis hin zur Reservierung von Netzwerkressourcen entlang der gesamten Ende-zu-Ende-Verbindung zwischen Sender und Empfänger. Beispiele für eine Differenzierung von Verkehrs-/ oder Prioritätsklassen sind die WLAN-Erweiterung gemäß des Standards IEEE 802.11e oder der „DiffServ“-Ansatz bei der Übertragung von IP-Paketen gemäß RFC 2474 der IETF. Beispiele hingegen für eine Ende-zu-Ende-Reservierung von Netzwerkressourcen sind der „IntServ“-Ansatz bei der Übertragung von IP-Paketen mit Hilfe des „Resource Reservation Protocols“ (RSVP) gemäß IETF RFC 2210, RFC 2211 und RFC 2212 sowie die aktuellen Bestrebungen in Richtung „Network Slicing“ im Zusammenhang mit 5G. In diesen Fällen werden generell aber lediglich die Anforderungen einzelner Anwendungen betrachtet und eine Berücksichtigung der Umgebung findet nicht oder nur sehr eingeschränkt statt.
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Offenbarung der Erfindung
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zur Anpassung einer Umgebung eines drahtlosen Kommunikationssystems, insbesondere eine Anpassung oder Steuerung von technischen Einheiten bzw. Geräten in der Umgebung des Kommunikationssystems, z.B. eines 5G- oder eines WLAN-Netzes, insbesondere einer kontrollierten Umgebung, d.h. einer Umgebung mit vorliegenden Informationen über wesentliche Umgebungselemente oder das Verhalten der Umgebung als solche. Erste Informationen über tatsächliche oder geplante Veränderungen der Umgebung werden ermittelt und auf Basis der ersten Informationen werden ein zukünftiger Zustand der ersten Umgebung und dessen Auswirkung auf das Kommunikationssystem prädiziert. Abhängig vom prädizierten zukünftigen Zustand erfolgt nun eine Anpassung bzw. angepasste Steuerung der Umgebung des drahtlosen Kommunikationssystems, insbesondere von technischen Einheiten bzw. Geräten in dessen Umgebung. Konkrete Beispiele für kontrollierte Umgebungen sind Fabriken, prozesstechnische Anlagen, landwirtschaftliche Produktionsstätten, etc.
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Das vorgestellte Verfahren hat den Vorteil, dass nicht erst auf bereits aufgetretene Änderungen, z.B. hinsichtlich der Übertragungsqualität von Verbindungen, in einem Kommunikationssystem aufgrund von Veränderungen in der Umgebung reagiert werden muss, sondern dass derartige Änderungen in der Umgebung zumindest zu einem gewissen Grad vorhergesagt werden können und bereits vor einem Auftreten der Änderungen eine Anpassung der Umgebung des Kommunikationssystems derart erfolgen kann, dass diese proaktiv optimal auf die Änderungen eingestellt wird. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass mögliche Verschlechterungen der Übertragungsqualität einer Verbindung aufgrund von Änderungen in der Umgebung gar nicht erst eintreten oder dass im Fall einer Verbesserung der Übertragungsqualität einer Verbindung ein Teil der eigentlich für diese Verbindung reservierten Übertragungsressourcen freigeben werden können, so dass diese bspw. von anderen Kommunikationsteilnehmern verwendet werden können.
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Besonders relevant sind dabei dynamische Umgebungen, d.h. Umgebungen, in denen es zu einer Änderung der Eigenschaften (z.B. der Übertragungsqualität) von Verbindungen durch Bewegungen und veränderte Orte von Umgebungselementen wie Produktions- oder Bearbeitungsmaschinen, Robotern oder teilautomatisierten Fahrzeugen und / oder Kommunikationsteilnehmer kommen kann. Hier kann durch entsprechende Status- und Planungsinformationen aus der Umgebung, insbesondere von den Umgebungselementen und / oder Kommunikationsteilnehmern oder ihrer jeweiligen Anwendungen, eine Prädiktion erfolgen und eine geeignete Anpassung der Umgebung des Kommunikationssystems erfolgen.
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Vorteilhafterweise erfolgt die Prädiktion unter Hinzuziehung von abgespeicherten archivierten Daten, aus denen beispielsweise typische Abläufe abgeleitet werden können und welche die aktuell erfassten Daten somit ergänzen können.
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Vorteilhafterweise werden auch Informationen über das Kommunikationssystem, dessen IT-Infrastruktur bzw. dessen Kommunikationselemente oder -einheiten wie Router, Switches oder Basisstationen hinzugezogen. Z.B. können Verbindungsstärken, Ausstrahlrichtungen oder die Verfügbarkeit zusätzlicher oder alternativer Kommunikationseinheiten wie Router, Switches oder Basisstationen wertvolle Informationen sein, um bei prädizierten Verbindungsänderungen im Kommunikationsnetzwerk geeignete Anpassungsmaßnahmen ergreifen zu können.
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Die hier beschriebenen Verfahren können in verschiedensten Domänen sinnvoll zum Einsatz kommen, insb. im Zusammenhang mit kontrollierten Umgebungen wie Fabriken, prozesstechnischen Anlagen, landwirtschaftlichen Produktionsstätten, etc. Durch Einsatz der beschriebenen Verfahren erhöhen sich die Szenarien, in denen ein leistungsfähiges drahtloses Kommunikationssystem wie z.B. 5G eingesetzt werden kann, ohne negative Auswirkungen auf Anwendungen in der Umgebung befürchten zu müssen. Dies trägt dann wiederum zu einer Erhöhung der Flexibilität, Mobilität und Benutzbarkeit von Systemen in verschiedensten Domänen bei. Besonders vorteilhaft ist der Einsatz in der Industrie, durch welchen die Entwicklungen in Richtung Industrie 4.0 weiter beschleunigt und verbessert werden können.
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Figurenliste
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Nachfolgend ist die Erfindung unter Bezugnahme auf die beiliegenden Zeichnungen und anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- - 1 bis 3 schematisch beispielhafte Kommunikationsszenarien in einer sich ändernden Fabrikumgebung,
- - 4 und 5 schematisch ein beispielhaftes Kommunikationsszenario mit einem sich bewegenden Kommunikationsteilnehmer in einer Fabrikumgebung,
- - 6 schematisch einen beispielhaften Ablauf eines Verfahrens zur Steuerung eines drahtlosen Kommunikationssystems.
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Beschreibung der Ausführungsbeispiele
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Für viele Anwendungen im Kontext des „Internet der Dinge“, der „Industrie 4.0“ und vergleichbarer Felder bestehen höchste Anforderungen an die zugrundeliegende Vernetzungsinfrastruktur. Typische Beispiele hierfür sind:
- - Anforderungen an Latenz, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit, bspw. zur Realisierung von Closed-Loop-Control-Anwendungen in der Industrie 4.0 oder dem Automatisierten Fahren.
- - Anforderungen an die Energieeffizienz der Endgeräte, um eine lange Batterielebensdauer zu ermöglichen, z.B. in der „Smart Agriculture“
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Existierende Vernetzungstechnologien sind dafür oftmals nicht oder nur sehr eingeschränkt geeignet. Gleichzeitig ist der potenzielle Schaden, falls die Vernetzungsinfrastruktur nicht wie gewünscht funktioniert, ggf. sehr groß. Steht zum Beispiel eine Fabrik still, da eine Funkverbindung kurzfristig nicht verfügbar war, kann das zu immensen Schadenssummen führen.
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Während die genannten Anwendungsfelder oft hohe Anforderungen mit sich bringen, gibt es in vielen dieser Anwendungsdomainen sehr spezielle Randbedingungen und kontrollierte bzw. kontrollierbare Umgebungen. Dies gilt für eine Fabrik genauso wie für eine prozesstechnische Anlage oder eine landwirtschaftliche Produktionsstätte und schließt bspw. folgende Aspekte mit ein, wobei nicht alle Aspekte gleichzeitig erfüllt sein müssen:
- - definierter und bekannter Aufbau der Umgebung und detaillierte Anordnung der darin enthaltenen Objekte (z.B. Maschinen und Anlagen in einer Fabrik)
- - zeitliche und örtliche Beschränkung des Zugangs durch Personen
- - definierter und bekannter Aufbau einer Vernetzungsinfrastruktur in der Umgebung
- - Möglichkeit der Steuerung und Kontrolle verschiedenster Objekte in der Umgebung (z.B. Maschinen und Anlagen, Roboter oder fahrerlose Transportsysteme in einer Fabrik)
- - Festlegung der zu einem bestimmten Zeitpunkt zu nutzenden Dienste und Anwendungen
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In klassischen Anwendungsumgebungen von drahtlosen Kommunikationssystemen ist dies oft anders. So hat z.B. ein klassischer Mobilfunkbetreiber nur bedingt Einfluss darauf, wie sich Personen im Abdeckungsbereich bewegen, wo sie ihre Autos abstellen oder was für Dienste sie gerade nutzen wollen. Klassischerweise ist daher die Vernetzungsinfrastruktur weitestgehend „entkoppelt“ von der Umgebung, wohingegen besonders in den beschriebenen kontrollierten Umgebungen (z.B. in einer Fabrik) plötzlich eine enge Kopplung möglich wird.
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Für drahtlose Kommunikationssysteme ergeben sich besondere Herausforderungen bei der Vernetzung von Entitäten. Dies liegt vor allem an der statistischen Natur des drahtlosen Übertragungskanals.
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Dabei können insbesondere die folgenden Effekte relevant werden:
- - der Pfadverlust, d.h. die Abschwächung des Sendesignals auf dem Weg vom Sender zum Empfänger aufgrund von Effekten wie Freiraumdämpfung, Diffraktion, Absorptionsverluste, etc.,
- - das so genannte Shadow Fading, das insbesondere durch größere Änderungen der Umgebung verursacht wird, beispielsweise. wenn ein Objekt (z.B. ein Auto) zwischen die ansonsten bestehende Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger tritt,
- - das so genannte Multipath Fading, das aufgrund von mikroskopischen Änderungen in der Umgebung verursacht wird (kleinste Bewegungen, Wetter, Bewegung der Blätter von Bäumen, etc.) und einen schnellen Wechsel von konstruktiver zu destruktiver Interferenz und vice versa verschiedener Ausbreitungspfade führen kann, verbunden mit potenziell starken und schnellen Schwankungen der Qualität des Empfangssignals,
- - Interferenz, die durch andere Übertragungen im gleichen Frequenzbereich verursacht wird,
- - additives Rauschen, bspw. thermisches Rauschen der verbauten Komponenten
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Folglich ändert sich die Übertragungsqualität potenziell über die Zeit und ist abhängig vom Ort. Um die Übertragungsqualität und -effizienz zu erhöhen, ist es daher vorteilhaft, den aktuellen Zustand des Übertragungskanals geeignet zu berücksichtigen. Klassischerweise erfolgt dies reaktiv auf die Art und Weise, dass der aktuelle Zustand des Kanals zwischen Sender und Empfänger ermittelt wird (z.B. mit Hilfe spezieller Kanalmessverfahren) und basierend auf diesem Wissen dann das Übertragungserfahren entsprechend optimiert wird (z.B. mittels Adaptiver Modulation und Codierung, geeigneter Auswahl eines Mehrantennenverfahrens, etc.). Diese Optimierung erfolgt typischerweise aber nur innerhalb des Kommunikationssystems, ohne eine Kopplung mit bzw. Berücksichtigung der Umgebung oder der entsprechenden Anwendungen.
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6 zeigt schematisch einen beispielhaften Ablauf eines Verfahrens zur Ansteuerung bzw. Anpassung der Umgebung eines drahtlosen Kommunikationssystems.
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Grob umfasst das Verfahren die folgenden, wesentlichen Blöcke:
- (1) Ermittlung von Kontext-, Status- und Planungsinformationen aus der Umgebung des Kommunikationssystems in den Schritten 611, 612, 613, 620,
- (2) Prädiktion möglicher zukünftiger Zustände der Umgebung in der Zukunft und deren Auswirkungen auf das Kommunikationssystem im Schritt 631,
- (3) Optimierung oder Anpassung der Umgebung des Kommunikationssystems oder der Vernetzungsinfrastruktur in den Schritten 641 und 650.
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Die einzelnen Schritte des in 6 gezeigten Verfahrens werden nachfolgend näher erläutert.
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In einem Schritt 620 werden Kontext-, Status- und Planungsinformationen der Umgebung sowie weitere Informationen über das Netzwerk und das zugrundeliegende IT-System erfasst.
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Sie können beispielsweise in vorgelagerten Schritten von Umgebungssensoren (Schritt 611), von den (vernetzten) Geräten sowie den darauf laufenden Anwendungen (Schritt 612), bzw. von Netzwerk- oder IT-Systemen (Schritt 613) ermittelt und einer zentralen Instanz, d.h. einer zentralen Recheneinheit zur Verfügung gestellt werden bzw. an diese übermittelt werden.
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Konkrete Beispiele dafür sind:
- (a) Schritt 611:
- - Kameras, die in der Umgebung installiert sind, erfassen die Positionen und Bewegungen von Objekten.
- - Spezielle Lokalisierungssysteme (z.B. funkbasierte Verfahren) bestimmen die Positionen von bestimmten Objekten und stellen diese zur Verfügung.
- - Radar- / Lidar-Systeme erkennen z.B., falls sich ein Objekt einem bestimmten Ort annähert.
- - Verschiedenste Sensoren ermitteln die Umgebungsbedingungen, wie z.B. Temperatur, Wetter, Luftfeuchtigkeit, Helligkeit, Uhrzeit etc. und stellen diese zur Verfügung.
- (b) Schritt 612:
- - Mobile Geräte stellen z.B. ihre aktuelle Routenplanung zur Verfügung (⌷ wo fahre ich als nächstes wie hin, ggf. inkl. Geschwindigkeit, etc.).
- - Steuerungsinformationen werden bereitgestellt, aus denen z.B. ersichtlich wird, wie sich ein Roboterarm oder ein Motion-System als nächstes bewegen soll
- - Statusinformationen über das Gerät, wie z.B. Batteriezustand, aktuelle Verbindungsqualität, Auslastung, etc. werden bereitgestellt oder übermittelt.
- - Statusinformation über die Anwendung(en), z.B. mit welchen Datenmengen mit welchen Dienstgüteanforderungen muss demnächst gerechnet werden (z.B. falls ein Anwender auf einem mobilen Bedienpanel eine Augmented-Reality-Anwendung startet, ist bereits während der Initialisierungsphase absehbar, dass kurze Zeit später ggf. große Datenmengen übertragen werden müssen).
- (c) Schritt 613:
- Ermittlung und Bereitstellung von
- - Zustand von Warteschlangen, Routing-Tabellen, etc.
- - Aktuellen Scheduling-Plänen für Basisstationen, etc.
- - Infos zu aktuellem Radio Resource Management
- - Infos zu aktuellen Linkqualitäten
- - Regelmäßig aktualisierte Radio Maps für betrachtete Umgebung
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Alle gesammelten Input-Parameter werden in Schritt 620 geeignet aufbereitet (z.B. mit Filterung, Fusion von Daten, Plausibilisierung, etc.) und dann zur weiteren Verarbeitung im folgenden Schritt 631 zur Verfügung gestellt. Zusätzlich können sie vorteilhafterweise in einem Schritt 632 auch in einem geeigneten Speicher archiviert werden. Damit können auch länger zurückliegende Zustände berücksichtigt werden und z.B. die Optimierungsverfahren adaptiv weiter optimiert werden.
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In einem Schritt 631 werden basierend auf den zur Verfügung gestellten Kontext-, Status- und Planungsinformationen über die Umgebung sowie ggf. entsprechender historischer Informationen aus einer Datenbank sowie ggf. unter Berücksichtigung von Informationen über das Kommunikationssystem bzw. die Netzwerkinfrastruktur mögliche zukünftige Zustände der Umgebung prädiziert. Die Prädiktion kann hierbei vorteilhafterweise in einer Recheneinheit erfolgen, welche Zugriff auf die Speicher mit den empfangenen und abgespeicherten Daten hat, und über ausreichend Rechenressourcen für eine Prädiktion und Maßnahmenableitung verfügt. Die Recheneinheit kann in dem Kommunikationssystem integriert sein oder mit diesem verbunden sein. Die beschriebenen Verfahren können von einem Computerprogramm durchgeführt werden, welches von der Recheneinheit abgearbeitet wird.
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Auch hierfür können im Allgemeinen verschiedene Datenquellen mit einbezogen werden. Die Prädiktion bezieht sich dabei bspw. auf einen oder mehreren der folgenden Aspekte:
- - Wie sieht die Umgebung aus (z.B. wo befinden sich welche Objekte und wie schnell bewegen sich diese)?
- - Wie sehen die (zu erwartenden) Verbindungsqualitäten oder weitere Eigenschaften des Kommunikationssystem im neuen Zustand der Umgebung aus?
- - Was sind potenzielle Auswirkungen auf die Anwendungen?
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Je nach Verfügbarkeit und Art der Input-Daten sind dabei mehr oder weniger verlässliche Prädiktionen möglich. Hat man beispielsweise nur Kamerabilder von einem sich bewegenden Umgebungselement (z.B. einer Maschine, eines Roboters oder eines Fahrzeugs), so kann man damit zwar die Geschwindigkeit schätzen und die Bewegung extrapolieren, aber es besteht immer noch die Möglichkeit, dass es eine plötzliche Geschwindigkeits- und/oder Richtungsänderung gibt. Historische Daten können hier ggf. helfen. Falls z.B. das Umgebungselement an einer bestimmten Kreuzung in der Vergangenheit in 90% der Fälle recht abgebogen ist, ist es recht wahrscheinlich, dass es dies wieder tut. Bei der vorteilhaften Verfügbarkeit einer detaillierten Routenplanung ist allerdings eine Prädiktion noch sehr viel zuverlässiger möglich. Aufgrund einer generellen Restunzuverlässigkeit der Prädiktion ist das Ergebnis des Prädiktionsblocks daher vorteilhafterweise eine Reihe von möglichen zukünftigen Szenarien, die ggf. mit einer gewissen Eintrittswahrscheinlichkeit verknüpft werden können.
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Beispielsweise im Industriebereich ergibt sich hier besonders großes Potenzial bei Einbeziehung der Steuerungsprogramme in die Prädiktion. Ein Roboter beispielsweise führt oftmals ohnehin zyklische Tätigkeiten durch und sofern diese bekannt sind, kann diese Information zur Prädiktion und somit zur Anpassung bzw. Gesamtoptimierung des Kommunikationssystems hinzugezogen werden. Genauso ist bei einer Werkzeugmaschine meist fest definiert, wie sich das Werkzeug zur Fertigung eines bestimmten Objektes genau bewegen wird. Auch eine solche Information kann für eine Prädiktion und Anpassung der Umgebung des Kommunikationssystems herangezogen werden.
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Es kann optionalerweise basierend auf den (gegebenenfalls mit Wahrscheinlichkeiten versehenen) prädizierten Zuständen eine Anpassung bzw. Optimierung des Kommunikationssystems vorgenommen werden. Vorteilhafterweise können ermittelte bzw. zur Verfügung gestellte Netzwerkrichtlinien, z.B. Priorisierungen, oder Anforderungen aus Anwendungen von Kommunikationsteilnehmern, z.B. die benötigte Zuverlässigkeit, Latenz, Datenrate oder Verfügbarkeit berücksichtigt werden.
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Falls verschiedene mögliche zukünftige Zustände prädiziert worden sind, kann eine Anpassung bzw. Optimierung des Kommunikationssystems beispielsweise derart erfolgen, dass nur der wahrscheinlichste Zustand berücksichtigt wird (und angenommen wird, dass genau dies der zukünftige Zustand ist). Alternativ kann eine Anpassung bzw. Optimierung auch beispielsweise derart erfolgen, dass in allen wahrscheinlichsten Zuständen ein akzeptables Ergebnis erreicht wird, auch wenn dies dann ggf. weniger gut sein kann, wenn am Ende doch der wahrscheinlichste Zustand eintritt, aber nicht exklusiv auf diesen optimiert worden ist.
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Vorteilhafterweise erfolgt eine Anpassung bzw. Optimierung des Kommunikationssystems iterativ. Das heißt, sofern eine mögliche Strategie entwickelt wurde, wird darauf aufbauend zunächst wieder der zukünftige Zustand prädiziert, um sicherzustellen, dass es in dem Fall nicht an anderer Stelle zu Problemen kommt.
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Wurde eine insgesamt zufriedenstellende Strategie gefunden, so wird diese umgesetzt, indem Einheiten des Kommunikationssystems bzw. der Vernetzungsinfrastruktur (inkl. Computer- und Speicherinfrastruktur) geeignet angepasst, d.h. geregelt oder angesteuert werden. Beispielsweise kann eine Anpassung umfassen:
- - Geeignete Konfiguration / Steuerung von Basisstationen, Switches & Routern, etc.
- - Anpassung der Scheduling-Tabellen, Initiierung von Handovern, Nachführung von Sende-/Empfangsbeams, Anpassung der Modulations- und Codierungsverfahren und anderer Radio-Resource-Management-Funktionalitäten
- - Proaktives Cachen von Daten in der Nähe der Anwendung (oder auf dem Endgerät selbst) falls in nächster Zeit z.B. ein Verbindungsabbruch erwartet wird
- - Verlagerung von netzwerkseitigen Anwendungen, z.B. von einer Edge Cloud-Umgebung auf eine andere
- - Proaktive Durchführung einer Datensicherung
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Zusätzlich zur optionalen Anpassung des Kommunikationssystems erfolgt in Schritt 641 eine Anpassung von technischen Einheiten bzw. Elementen, insbesonder Infrastrukturelementen, der Umgebung.
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Das kann beispielsweise auch umfassen:
- - Auslösung von Warnungen, falls bestimmte Probleme erwartet aber voraussichtlich nicht verhindert werden können.
- - Steuerung von bestimmten Objekten, bspw. zur Ermöglichung einer besseren Zustandserfassung (z.B. Zoom mit einer Kamera).
- - Steuerung von möglichen Hilfsgeräten zur Vermeidung von Konnektivitätsproblemen o.ä. Denkbar wären hier z.B. spezielle ausrichtbare „Reflektoren“, die zwischen zwei Knoten eine gute Signalqualität herstellen können, selbst wenn keine direkte Sichtverbindung besteht, oder der temporäre Einsatz von Flugdrohnen als Relay zur Kompensation von möglichen Verbindungsproblemen.
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Die Anpassung von technischen Einheiten bzw. Elementen der Umgebung des Kommunikationssystems kann beispielsweise auch umfassen:
- - Anpassung von Steuerungs- und Regelungsalgorithmen (z.B. Pfadplanung eines Roboterarms, Verlangsamung oder Beschleunigung einer Bewegung, etc.).
- - Anpassung der Routenplanung von mobilen Geräten.
- - Herstellung von Verbindungen zu einem Alternativsystem (z.B. falls Probleme mit 5G- Netzwerk, der Aufbau einer WLAN-Verbindung).
- - Herstellung von redundanten Verbindungen („Multi-Link-Connectivity“).
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Falls verschiedene mögliche zukünftige Zustände prädiziert worden sind, kann eine Anpassung bzw. Optimierung der Umgebung des Kommunikationssystems beispielsweise derart erfolgen, dass nur der wahrscheinlichste Zustand berücksichtigt wird (und angenommen wird, dass genau dies der zukünftige Zustand ist). Alternativ kann eine Anpassung bzw. Optimierung auch beispielsweise derart erfolgen, dass in allen wahrscheinlichsten Zuständen oder einer Untermenge davon ein akzeptables Ergebnis erreicht wird, auch wenn dies dann ggf. weniger gut sein kann, wenn am Ende doch der wahrscheinlichste Zustand eintritt, aber nicht exklusiv auf diesen optimiert worden ist.
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Vorteilhafterweise erfolgt eine Anpassung bzw. Optimierung der Umgebung des Kommunikationssystems iterativ. Das heißt, sofern eine mögliche Strategie entwickelt wurde, wird darauf aufbauend zunächst wieder der zukünftige Zustand prädiziert, um sicherzustellen, dass es in dem Fall nicht an anderer Stelle zu Problemen kommt.
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Im Folgenden werden konkrete Ausführungsbeispiele betrachtet, bei denen ein Funksystem (z.B. 5G) bzw. deren Umgebung in einer Fabrik angepasst bzw. optimiert werden soll. Die beschriebenen Mechanismen sind entsprechend auch auf andere Kommunikationssysteme und andere Umgebungen übertragbar.
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1 zeigt eine Anordnung mit einem Kommunikationsteilnehmer 2, der mit einer Basisstation 1 über eine (schematisch gezeigte) Verbindung 3 verbunden ist. Bei dem Kommunikationsteilnehmer kann es sich um jedes Gerät mit einer geeigneten Kommunikationsschnittstelle zur Drahtloskommunikation handeln. In einem Fabrikumfeld kann das z.B. eine Produktions- oder Bearbeitungsmaschine sein oder auch ein Gerät für Augmented-Reality-Anwendungen für einen Benutzer wie z.B. eine Datenbrille. Eine andere Basisstation 6 ist prinzipiell auch in Reichweite, aber zu dieser besteht (noch) keine Verbindung. In der Umgebung, hier in der Fabrik, bewegt sich nun eine Einheit bzw. ein Umgebungselement (Infrastrukturelement) 4, z.B. ein Gabelstapler („Fork Lift“), dessen aktuelle Routenplanung 5 die direkte Sichtverbindung zwischen Kommunikationsteilnehmer 2 und Basisstation 1 kreuzt. Daher besteht die Gefahr, dass die Verbindung zwischen Basisstation 1 und Kommunikationsteilnehmer 2 abbricht oder zumindest nicht mehr gut genug ist, sofern die Einheit, z.B. der Gabelstapler, an seiner geplanten Route 5 festhält. Wäre dies bei einer Augmented-Reality-Anwendung vielleicht noch verkraftbar und hätte nur Auswirkungen auf die „Quality of Experience“, so könnte es durchaus auch kritisch sein, falls Kommunikationsteilnehmer 2 z.B. ein mobiles Bediengerät mit Safety-Funktionen (z.B. Not-Halt) oder eine kritische Maschine ist, da es bei Abbruch der Verbindung zu einer unerwünschten Notabschaltung und somit einem Produktionsstillstand kommen kann.
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In den vorgeschlagenen Verfahren soll nun zunächst die Problematik erfasst werden, um dann entsprechende Lösungsansätze erarbeiten und umzusetzen zu können. Grundlage hierfür können entsprechende Kontext-, Status- und Planungsinformationen aus der Umgebung, den Anwendungen, dem Netzwerk sowie den beteiligten Objekten sein. Im konkreten Fall könnten das insbesondere folgende Informationen sein:
- - Routenplanung der Einheit, z.B. des Gabelstaplers: Bei autonom fahrenden Staplern könnte diese direkt von der Anwendung erhalten werden, bei personengeführten Staplern könnte dies die Route sein, die dem Staplerführer gerade angezeigt wird.
- - Verbindungsinformationen (Kommunikationsteilnehmer 2 und Basisstation 1) können als Informationen vom Kommunikationssystem bzw. Kommunikationsnetzwerk erhalten werden.
- - Der Ort des Kommunikationsteilnehmers 2 kann mit Hilfe von geeigneten Lokalisierungsverfahren bestimmt werden (z.B. integriert in das Kommunikationssystem oder im Kommunikationsteilnehmer), mit Hilfe von Kameras und anderer Umgebungssensorik oder aufgrund von organisatorischen Maßnahmen oder Umgebungs- oder Infrastrukturinformationen, da z.B. bekannt ist, dass sich dieser Kommunikationsteilnehmer immer oder bei der Nutzung der derzeitigen Anwendung oder zur diesem Zeitpunkt einer bestimmten Position befindet.
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In einer kontrollierten Umgebung wie z.B. einer Fabrik können diese Informationen generell verfügbar sein. Darauf aufbauend kann dann die Problematik erkannt werden (=Prädiktion des wahrscheinlichen zukünftigen Zustandes) und dann eine entsprechende Abhilfemaßnahme erarbeitet und umgesetzt werden.
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Ein Beispiel hierfür zeigt 2. Angelehnt an das Szenario in 1 wird durch eine Route 25 einer Einheit 24 die Sicherverbindung zwischen Kommunikationsteilnehmer 22 und Basisstation 21 gestört. Bereits bevor die Störung auftritt, wird diese wie zu 1 beschrieben als (potentielles) Problem prädiziert und kann ebenfalls bereits vor dem Auftreten proaktiv durch ein Handover der Verbindung 27 des Kommunikationsteilnehmer 22 mit dem Netzwerk von Basisstation 21 zu Basisstation 26 verhindert werden. Infolgedessen kann die Einheit 24 an ihrer Fahrtroute 25 festhalten, ohne dass es zu einem Abbruch der Verbindung kommt.
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Zusätzlich zu dieser Anpassung des Kommunikationssystems basierend auf Umgebungsinformationen kann nun eine Anpassung der Umgebung bzw. ihrer Infrastruktureinheiten erfolgen.
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Wieder ausgehend von dem in 1 beschrieben Szenario wird in 3 gezeigt, wie als Reaktion auf das prognostizierte Problem eine Anpassung bzw. Optimierung der Umgebung bzw. eines ihrer Element erfolgen kann. Wiederum wird hier eine Verbindung (33) zwischen einem Kommunikationsteilnehmer (32) und einer Basisstation (31) durch eine ursprünglich geplante Route (nicht gezeigt) einer Einheit (34) gefährdet. Es besteht zwar die Möglichkeit eines Handovers zu einer alternativen Basisstation (36). Zunächst wird hier allerdings die Verbindung 33 des Kommunikationsteilnehmers 32 zur Basisstation 31 aufrechterhalten, aber die Routenplanung auf eine neue Routenplanung 35 derart angepasst, dass sie nicht mehr durch die direkte Sichtverbindung zwischen Kommunikationsteilnehmer 32 und Basisstation 31 führt, wodurch es ebenfalls zu keinem Verbindungsabbruch kommt.
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Ein weiteres Ausführungsbeispiel ist in den 4 und 5 gezeigt. Wie in 4 gezeigt fährt in einer Fabrikumgebung innerhalb von mit Markierungen 40 abgegrenzten Bereichen eine Einheit 41, z.B. ein automatisiert geführtes Transportfahrzeug AGV, die mit einer Basisstation 43 über ein (schematisch gezeigte) Verbindung 44 verbunden ist und z.B. über das Netzwerk gesteuert wird, entlang einer Route 42 auf eine Kreuzung zu. Die Basisstation 43 setzt ein so genanntes „Beamforming“-Verfahren ein, mit Hilfe dessen das Sendesignal 44 genau auf die Einheit ausgerichtet ist.
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Sofern nun der prädizierenden Recheneinheit Geschwindigkeit, Fahrtrichtung bzw. Route der Einheit bekannt sind, kann das Kommunikationssystem proaktiv angepasst werden. So ist in 5 gezeigt, dass ausgehend vom Szenario in 4 die Einheit 41 entlang ihrer Route 42 über die Kreuzung gefahren ist und dass die Ausrichtung des Beams 44 der Basisstation 34 entsprechend angepasst wurde, so dass die Funkverbindung immer optimal ist. Diese Anpassung des Kommunikationssystems auf die Bewegung des Umgebungselements (Infrastrukturelements) ist dabei nicht reaktiv auf die festgestellte Bewegung bzw. Verschlechterung der Verbindung erfolgt, was in der Regel zu einer schlechteren, weil nachgeführten Performance führt, sondern proaktiv aufgrund einer Prognose der veränderten Umgebung auf Basis von Umgebungsinformationen (geplante Route, historische Routendaten, geplanter Richtungswechsel etc.) sowie gegebenenfalls Informationen des Kommunikationssystems (mögliche Beam-Richtungen und -stärken etc.). Bei einer Auslagerung der Steuerung der Einheit (z.B. eines AGVs) durch Auslagerung auf eine Intelligenz des Kommunikationssystems kann durch einen solchen proaktiven Ansatz z.B. eine höhere Geschwindigkeit der Einheit ermöglicht werden.