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Gebiet der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung betrifft allgemein ein automatisches Queren eines Kreuzungsbereichs mit einem Kraftfahrzeug. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs und eine Vorrichtung zum Steuern eines solchen.
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Stand der Technik
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Das Queren eines Kreuzungsbereichs, insbesondere ein Linksabbiegen im Rechtsverkehr bzw. ein Rechtsabbiegen im Linksverkehr, stellt im autonomen Fahrbetrieb eines Kraftfahrzeugs eine Herausforderung dar, da mehrere fahrstrategische Ziele gegeneinander abzuwägen sind. So sollen Kollisionen zwischen dem Kraftfahrzeug und einem anderen zu kreuzenden Verkehrsteilnehmer vor und während des Querens effektiv vermieden werden. Dennoch soll das Kraftfahrzeug möglichst zeiteffizient, das heißt mit möglichst kurzen Wartezeiten, durch den Kreuzungsbereich gesteuert werden. Zusätzlich soll aber auch der Verkehrsfluss der anderen Verkehrsteilnehmer kaum oder möglichst gar nicht beeinträchtigt werden.
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Fahrstrategisch wäre es z.B. denkbar, dass das Kraftfahrzeug an einem Einfahrpunkt in den Kreuzungsbereich, der beispielsweise an einer Haltelinie einer Lichtsignalanlage, eines vorfahrtsregelenden Verkehrszeichens oder einer ähnlichen Stelle des Kreuzungsbereichs angeordnet sein kann, so lange wartet, bis der gesamte Kreuzungsbereich geklärt bzw. frei von anderen Verkehrsteilnehmern ist und erst dann durch den Kreuzungsbereich gesteuert wird. Mit dieser Fahrstrategie ist ein hohes Maß an Sicherheit gegeben. Diese hat jedoch den Nachteil, dass bei erhöhtem Verkehrsaufkommen nur wenige Kraftfahrzeuge während einer Schaltphase der Lichtsignalanlage den Kreuzungsbereich queren können, wobei insbesondere bei hohem Verkehrsaufkommen lange Wartezeiten entstehen können. Ein Einfahren des Kraftfahrzeugs in den Kreuzungsbereich bei z.B. einer zeitweisen Lücke zwischen mehreren anderen Verkehrsteilnehmern hätte jedoch den Nachtteil, dass, wenn kein vollständiges Queren möglich und deshalb ein Halten bzw. Warten innerhalb des Kreuzungsbereichs notwendig ist, der Verkehrsfluss der anderen Verkehrsteilnehmer durch das deren Fahrtweg querende Kraftfahrzeug gestört wird, und dadurch deren Vorfahrtsberechtigung verletzt werden kann.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine verbesserte Möglichkeit zum automatischen Steuern eines Kraftfahrzeugs durch einen Kreuzungsbereich zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs sowie eine Vorrichtung zum Steuern des Kraftfahrzeugs gemäß den unabhängigen sowie nebengeordneten Ansprüchen gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen, der Beschreibung sowie den begleitenden Figuren.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs kann mittels eines onboard-Computersystems und insbesondere mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung durchgeführt werden, die hierzu einen Prozessor, einen Speicher, eine Eingabe- und/oder Ausgabeschnittstelle für Sensoren usw. aufweisen kann. Die Vorrichtung kann ferner dazu eingerichtet sein, Sensordaten zu verarbeiten und Aktoren, wie etwa einen Fahrantrieb oder ein Lenksystem, des Kraftfahrzeugs elektronisch anzusteuern und so das Kraftfahrzeug gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren zu steuern. Das Verfahren kann insbesondere als Programmcode in dem Speicher gespeichert sein, der von dem Prozessor verarbeitet wird.
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Das Verfahren ist dazu geeignet, einen Kreuzungsbereich automatisch zu queren, und sieht hierzu die folgenden Schritte vor:
- - Zunächst wird ein von dem Kraftfahrzeug zu querender Kreuzungsbereich zumindest abschnittsweise erfasst. In diesem Zusammenhang kann unter dem Kreuzungsbereich verstanden werden, dass sich in diesem wenigstens eine erste Fahrbahn und eine zweite Fahrbahn schneiden. Vorzugsweise ist die zweite Fahrbahn zu der ersten Fahrbahn so angeordnet, dass zunächst wenigstens eine Fahrspur der ersten Fahrbahn gequert werden muss, bevor die zweite Fahrbahn erreicht wird. Das Queren kann daher ein Linksabbiegen, bezogen auf einen Rechtsverkehr, oder ein Rechtsabbiegen, bezogen auf einen Linksverkehr, sein. Das Erfassen kann z.B. mit einem oder mehreren Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs und/oder über erhaltene Daten, wie etwa Kartenmaterial oder ähnlichem, erfolgen.
- - Erfindungsgemäß wird wenigstens eine erste Trajektorie für das Kraftfahrzeug geplant, wobei die erste Trajektorie einen der ersten Fahrbahn zugewandten Einfahrpunkt und einen jenseits des Kreuzungsbereichs liegenden, der zweiten Fahrbahn zugewandten Ausfahrpunkt aufweist. Unter dem Einfahrpunkt kann z.B. ein Haltepunkt auf der ersten Fahrbahn verstanden werden, der durch ein vorfahrtsregelndes Verkehrszeichen, eine Lichtsignalanlage, eine Haltelinie oder ähnliches gekennzeichnet sein kann. Unter dem Ausfahrpunkt kann im Prinzip jede jenseits des Kreuzungsbereichs liegende Stelle verstanden werden, in der kein Gegen- oder Querverkehr mehr zu beachten ist.
- - Entlang der ersten Trajektorie wird das Kraftfahrzeug automatisch gesteuert, wobei eine mögliche Vorfahrtsberechtigung von wenigstens einem sich zwischen dem Einfahrpunkt und dem Ausfahrpunkt befindlichen Verkehrsteilnehmer beachtet wird. Dementsprechend muss nicht zwingend ein Verkehrsteilnehmer erkannt worden sein, sondern die Vorfahrtsberechtigung soll beachtet werden, wenn eine Anwesenheit eines oder mehrerer Verkehrsteilnehmer z.B. während der Laufzeit bzw. in Echtzeit erkannt wird. Der Verkehrsteilnehmer kann nicht-motorisiert, z.B. ein Fußgänger, Radfahrer oder ähnliches, oder motorisiert, z.B. ein PKW, LKW, Motorrad oder ähnliches, sein und insbesondere als Gegenverkehr bzw. als kreuzender Verkehr auftreten.
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Mit dieser Konfiguration bietet die Erfindung gleich mehrere Vorteile. So schafft diese eine Möglichkeit für ein verkehrssicheres und verkehrsflussoptimiertes Queren einer Verkehrskreuzung, da eine mögliche Vorfahrtsberechtigung anderer Verkehrsteilnehmer beachtet wird. Dadurch werden Blockadesituationen und Verkehrsstaus durch das Kraftfahrzeug vermieden. Gleichzeitig wartet das Kraftfahrzeug nicht am Einfahrpunkt auf einen komplett verkehrsteilnehmerfreien Kreuzungsbereich, sondern kann unter Beachtung der möglichen Vorfahrtsberechtigung bereits in diesen einfahren.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass vor dem Planen der ersten Trajektorie die Vorfahrtsberechtigung des Verkehrsteilnehmers und/oder des Kraftfahrzeugs ermittelt werden kann. Die Vorfahrtsberechtigung kann z.B. aus einer in dem Kraftfahrzeug vorgehaltenen, vorzugsweise digitalen Karte, z.B. eines Navigationssystems erhalten werden. Daraus kann sich beispielsweise ergeben, dass eine Fahrspur für entgegenkommende Geradeausfahrer oder eine abknickende Vorfahrtsstraße vorfahrtsberechtigt ist. Alternativ oder zusätzlich dazu, kann die Vorfahrtsberechtigung auch anhand einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung des Kraftfahrzeugs ermittelt werden. Diese kann z.B. ein am oder von dem Einfahrpunkt einsehbares Verkehrszeichen, wie ein Schild oder eine Lichtsignalanlage oder ähnliches mit einer onboard-Umfeldsensorik, z.B. optisch, erfasst und z.B. durch die Vorrichtung zum Steuern des Kraftfahrzeugs erkannt werden. Damit können noch vor dem Planen der ersten Trajektorie Wartepunkte und/oder potentielle Gefahrenstellen bestimmt und für die Planung berücksichtigt werden.
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Um unnötigen Rechenaufwand beim Planen der ersten Trajektorie zu vermeiden, kann die Vorfahrtsberechtigung des Verkehrsteilnehmers (auch nur dann) berücksichtigt werden, wenn eine prädizierte, zweite Trajektorie des Verkehrsteilnehmers die erste Trajektorie voraussichtlich schneiden wird. In anderen Worten werden für einen oder mehrere Verkehrsteilnehmer, z.B. anhand einer Prädiktion von durch das Kraftfahrzeug erfassten Bildfolgen oder ähnlichem, für einen prädizierbaren Zeitraum zu erwartende Verkehrswege in Form der zweiten Trajektorien vorhergesagt und bei wenigstens einem Schnittpunkt der jeweiligen zweiten Trajektorie mit der ersten Trajektorie des Kraftfahrzeugs die Vorfahrtsberechtigung bestimmt. Andere zweite Trajektorien, die keinen Schnittpunkt mit der ersten Trajektorie aufweisen, können dagegen unberücksichtigt bleiben und beanspruchen daher keine Rechenkapazität.
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Zur möglichst effizienten Vermeidung von Blockadesituationen oder eines Staus infolge des querenden Kraftfahrzeugs kann vor dem Planen der ersten Trajektorie wenigstens eine dem Verkehrsteilnehmer zuordbare Verkehrsfläche ermittelt werden. Unter einer solchen Verkehrsfläche kann in diesem Zusammenhang eine momentane und/oder für die Zukunft prädizierte Fläche verstanden werden, die durch den Verkehrsteilnehmer in Anspruch genommen werden könnte. Anschaulich betrachtet, kann es sich z.B. um einen zu querenden Fahrstreifen des Gegenverkehrs, einen Fußgänger- oder Radfahrerüberweg oder ähnliches handeln. Dementsprechend kann unter einem Verkehrsweg verstanden werden, dass sich der Verkehrsteilnehmer von einem ersten Punkt zu einem zweiten Punkt bewegt, zwischen denen dann die Verkehrsfläche aufgespannt ist. Die Verkehrsfläche kann z.B. aus einer in dem Kraftfahrzeug vorgehaltenen, vorzugsweise digitalen Karte, z.B. eines Navigationssystems erhalten werden. Alternativ oder zusätzlich dazu, kann die Verkehrsfläche auch anhand eines onboard-Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs bestimmt werden.
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Um den Verkehrsteilnehmer weder gefährden noch zu blockieren, kann das Kraftfahrzeug derart gesteuert werden, dass die Verkehrsfläche freigehalten wird, wenn erfasst und/oder prädiziert wird, dass die Verkehrsfläche durch den Verkehrsteilnehmer zumindest abschnittsweise belegt werden wird. In anderen Worten wird die Verkehrsfläche nicht befahren, wenn diese voraussichtlich durch den sich nähernden oder bereits darauf befindlichen Verkehrsteilnehmer belegt wird.
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Eine andere Weiterbildung sieht vor, dass die erste Trajektorie wenigstens einen zwischen dem Einfahrpunkt und der Verkehrsfläche angeordneten, ersten Wartepunkt aufweist. Das heißt, dass mindestens ein Wartepunkt eingeplant wird, der in Fahrtrichtung nach dem Einfahrpunkt in den Kreuzungsbereich angeordnet ist, jedoch noch vor der von dem vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer womöglich zu belegenden Verkehrsfläche liegt. Damit kann das Kraftfahrzeug bereits in den Kreuzungsbereich gesteuert werden, ohne dass der Verkehrsweg Verkehrsteilnehmer blockiert wird. Damit lässt sich die restliche Distanz zwischen dem ersten Wartepunkt und dem Ausfahrpunkt bereits verringern und kann im Folgenden dann zügiger überwunden werden.
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Noch zügiger kann der Kreuzungsbereich gequert werden, wenn bei einer festgestellten Einfahrberechtigung des Kraftfahrzeugs in den Kreuzungsbereich dieses entlang der ersten Trajektorie zumindest von dem Einfahrpunkt bis zu dem ersten Wartepunkt gesteuert wird. Unter einer Einfahrberechtigung kann in diesem Zusammenhang verstanden werden, dass z.B. ein am Einfahrpunkt oder von diesem aus erkennbares Verkehrszeichen, eine Lichtsignalanlage oder ähnliches, ein Einfahren in den Kreuzungsbereich grundsätzlich zulässt und sich auch sonst kein Verkehrshindernis entlang der ersten Trajektorie befindet. Anschaulich betrachtet, kann der Kreuzungsbereich beispielsweise durch eine Lichtsignalanlage verkehrsgeregelt sein und das Kraftfahrzeug eine Einfahrberechtigung haben, wenn das der ersten Fahrbahn zugeordnete Lichtsignal „grün“ zeigt. In diesem Fall kann das Kraftfahrzeug dann über eine Haltelinie am Einfahrpunkt hinweg bis zum ersten Wartepunkt gesteuert werden.
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An dem ersten Wartepunkt muss das Kraftfahrzeug allerdings nicht zwingend gestoppt werden und/oder warten. Vielmehr kann die wenigstens eine Verkehrsfläche gequert werden, wenn oder sobald diese mittels eines Umfeldsenors des Kraftfahrzeugs als zumindest für einen zum Queren benötigten Zeitraum als frei bestimmt wird. Der Umfeldsensor kann in diesem Zusammenhang auch als Oberbegriff für unterschiedliche Sensoren eines autonom fahrenden Kraftfahrzeugs verstanden werden, der z.B. eine Bilderfassungseinrichtung, wie etwa eine Kamera, Lidar oder ähnliches einschließt. Neben der bloßen sensorischen Erfassung des Umfelds des Kraftfahrzeugs kann auch eine Klassifikation der erfassten Verkehrsteilnehmer, Objekte usw. und eine Prädiktion möglicher zweiter Trajektorien bzw. Verkehrswege derselben vorgesehen und durch z.B. die Vorrichtung zum Steuern des Kraftfahrzeugs bewerkstelligt werden.
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Wie oben bereits angedeutet, sieht eine Weiterbildung vor, dass die Verkehrsfläche aus einer digital vorgehaltenen Straßenkarte bestimmt werden kann. Hierin kann die Verkehrsfläche bereits kodiert sein oder sie wird durch die Vorrichtung zum Steuern des Kraftfahrzeugs bestimmt. Aus der Straßenkarte kann die Kreuzungstopologie und/oder Kreuzungsgeometrie bestimmt werden.
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Alternativ dazu kann die Verkehrsfläche mittels eines Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs bestimmt werden. Auch hiermit können die Kreuzungstopologie und/oder Kreuzungsgeometrie bestimmt werden. Es ist auch denkbar, dass die aus der Straßenkarte bestimmten Daten durch den Umfeldsensor verifiziert werden.
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Zusätzlich oder alternativ dazu, kann zum Bestimmen der Verkehrsfläche und/oder eines Verkehrswegs wenigstens eine Fahrbahnmarkierung des Kreuzungsbereichs erfasst werden. Daraus lassen die Verkehrsfläche und/oder ein Verkehrsweg des Verkehrsteilnehmers ableiten und weiterverarbeiten. Es ist denkbar, dass die Verkehrsfläche und/oder der Verkehrsweg nicht im gesamten Kreuzungsbereich erfasst werden können, weil sich beispielsweise Hindernisse zwischen diesen und dem Umfeldsensor des Kraftfahrzeugs befinden, die Straßenkarte nicht vollständig oder nicht mehr aktuell genug ist oder eine Baustelle mit temporär veränderter Verkehrsführung eingerichtet ist. In diesem Fall kann das Bestimmen dadurch erfolgen, dass diese aus der erfassten Fahrbahnmarkierung abgeleitet werden, indem z.B. eine Fahrbahnbegrenzungslinie als Bezugsgröße herangezogen wird. Beispielsweise kann diese nach der Theorie der kürzesten Pfade, ggf. unter einer hilfsweise verwendeten Verbindungslinie zwischen den die Verkehrsfläche und/oder den Verkehrsweg einschließenden Fahrbahnbegrenzungslinie, bestimmt werden. Alternativ oder zusätzlich dazu, können der Verlauf der Verkehrsfläche und/oder des Verkehrswegs auch gestützt durch ein Bewegungsmodell für den Verkehrsteilnehmer bestimmt werden. So ist es beispielweise denkbar, dass für eine Klasse von Verkehrsteilnehmern ein Bewegungsmodell vorgehalten wird und daraus eine Abschätzung erfolgt. Der von dem Verkehrsteilnehmer voraussichtlich benötigte Raum kann dadurch zutreffender abgeschätzt werden.
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Eine Weiterbildung sieht vor, dass für mehrere Verkehrsteilnehmer mehrere Verkehrsflächen und/oder Verkehrswege bestimmt werden können. Insbesondere beim Linksabbiegen, bezogen auf Rechtsverkehr, kann eine Verkehrssituation entstehen, in der der kreuzende Gegenverkehr in unterschiedlichen Abschnitten des Kreuzungsbereichs auftritt. Beispielsweise können die Verkehrsfläche eines motorisierten Verkehrsteilnehmers in einer Gegenspur der ersten Fahrbahn und die Verkehrsfläche eines nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmers entlang eines Fußgängerübergangs der zweiten Fahrbahn, also in Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs hintereinander angeordnet sein. Dementsprechend können zwischen dem Einfahrpunkt und dem Ausfahrpunkt auch mehrere Wartepunkte entlang der ersten Trajektorie eingeplant werden.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die oben erwähnte Vorrichtung zum Steuern eines Kraftfahrzeugs. Diese kann als Steuergerät oder Steuergeräteverbund ausgebildet sein und dementsprechend den Prozessor, Speicher, Schnittstellen und ähnliches aufweisen. Die Vorrichtung ist dazu eingerichtet, Signale auszugeben, die Aktoren und andere Steuereinrichtungen des Kraftfahrzeugs dazu ansteuern, das Kraftfahrzeug längs und quer zu steuern. In der Vorrichtung kann das vorstehend beschriebene Verfahren in einer oder mehreren Ausführungsvarianten implementiert sein.
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Die Vorrichtung weist wenigstens einen Umfeldsensor auf, bei dem es sich z.B. um eine Bilderfassungseinrichtung, einen Lidar-Sensor oder ähnliches handeln kann. Des Weiteren verfügt die Vorrichtung über eine Datenverarbeitungseinrichtung, die dazu eingerichtet ist, einen von dem Kraftfahrzeug zu querenden Kreuzungsbereich in dem sich wenigstens eine erste Fahrbahn und eine zweite Fahrbahn schneiden, zumindest abschnittsweise zu erfassen. Ferner ist sie dazu eingerichtet, wenigstens eine erste Trajektorie für das Kraftfahrzeug mit einem der ersten Fahrbahn zugewandten Einfahrpunkt und einem jenseits des Kreuzungsbereichs liegenden, der zweiten Fahrbahn zugewandten Ausfahrpunkt zu planen. Des Weiteren ist die Vorrichtung dazu, das Kraftfahrzeug entlang der ersten Trajektorie unter Berücksichtigung einer Vorfahrtsberechtigung von wenigstens einem sich zwischen dem Einfahrpunkt und dem Ausfahrpunkt womöglich befindlichen Verkehrsteilnehmer zu steuern.
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Die Vorrichtung bietet damit im Wesentlichen die für das vorstehend beschriebene Verfahren erläuterten Vorteile. Insbesondere lässt sich eine Fahrstrategie zum Queren eines Kreuzungsbereichs mit optimiertem Verkehrsfluss bewerkstelligen.
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Weitere, die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend gemeinsam mit der Beschreibung der bevorzugten Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand von Figuren näher dargestellt.
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Figurenliste
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung mit Bezug auf die begleitenden Figuren detailliert beschrieben. Es zeigen:
- 1 ein Kraftfahrzeug mit einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Steuern desselben,
- 2 einen Anwendungsfall für ein Kraftfahrzeug, das erfindungsgemäß durch einen Kreuzungsbereich gesteuert wird, und
- 3 ein Flussdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs.
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Die Figuren sind lediglich schematisch und nicht maßstabsgetreu. In den Figuren sind gleiche, gleichwirkende oder ähnliche Elemente durchgängig mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1 zeigt in einer schematischen Draufsicht ein Kraftfahrzeug 100, bei dem es sich hier um einen zweispurigen PKW handelt. Das Kraftfahrzeug 100 ist für einen zumindest teilweise autonomen Fahrbetrieb eingerichtet und weist eine Vorrichtung 110 zum Steuern des Fahrbetriebs auf. Die Vorrichtung 110 ist als onboard-Computersystem ausgebildet und verfügt hier über einen Prozessor 111, einen Speicher 112 sowie über eine Eingabe-/Ausgabe-Schnittstelle 113 zum Koppeln mit anderen (nicht gezeigten) Bauteilen, Baugruppen und/oder Systemen des Kraftfahrzeugs 100. Des Weiteren weisen das Kraftfahrzeug 100 bzw. die Vorrichtung 110 mehrere Umfeldsensoren 114 auf, bei denen es sich in diesem Ausführungsbeispiel um Bilderfassungseinrichtungen in Form von Kameras und/oder Lidar-Sensoren handelt. Die Vorrichtung 110 ist ferner dazu eingerichtet, Signale zu empfangen und zu erzeugen, um zumindest einen (nicht gezeigten) Fahrantrieb sowie ein (nicht gezeigtes) Lenksystem des Kraftfahrzeugs 100 so anzusteuern, dass dieses automatisch durch den Straßenverkehr bewegt werden kann.
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In 2 ist eine typische Verkehrssituation im Straßenverkehr als typischer Anwendungsfall für die Vorrichtung 110 schematisch gezeigt. Die Verkehrssituation umfasst einen Kreuzungsbereich 200, in dem sich eine erste Fahrbahn 210, die sich in 2 von links nach rechts erstreckt, und eine zweite Fahrbahn 220, die sich in 2 von unten nach oben erstreckt, schneiden. Lediglich exemplarisch weist die erste Fahrbahn 210 in die eine Fahrtrichtung (in 2 von links nach rechts) durchgängig zwei Fahrspuren und in die entgegengesetzte, andere Fahrtrichtung (in 2 von rechts nach links) ebenfalls zwei Fahrspuren, die sich nach dem Kreuzungsbereich (in 2 links davon) zu einer Fahrspur verengt. Die zweite Fahrbahn 220 weist in jede Fahrtrichtung jeweils zwei Fahrspuren auf. Lediglich exemplarisch ist im jeweiligen Einfahrbereich des Kreuzungsbereichs 200 eine Lichtsignalanlage 230, 240 mit entsprechenden Haltelinien 250, 260 angeordnet. In diesem Ausführungsbeispiel bilden die Haltelinien 250, 260 jeweils einen Einfahrpunkt für den Kreuzungsbereich 200.
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In diesem exemplarischen Kreuzungsbereich 200 befindet sich das durch die Vorrichtung 110 zu steuernde Kraftfahrzeug 100 auf einer linken Fahrspur einer ersten Fahrtrichtung der ersten Fahrbahn 210 mit dem Fahrziel, den Kreuzungsbereich 200 zu queren bzw. überqueren und so auf die zweite Fahrbahn 220 abzubiegen. Es sei angemerkt, dass hier die Verkehrsregeln einen Rechtsverkehr vorschreiben, so dass das Kraftfahrzeug 100 für das beabsichtigte Linksabbiegen zunächst die Fahrspure(n) der entgegengesetzten Fahrtrichtung der ersten Fahrbahn 210 überqueren muss. Dort befinden sich mehrere Verkehrsteilnehmer V1, V2 und V3, die in der exemplarischen Verkehrssituation gegenüber dem linksabbiegenden Kraftfahrzeug 100 nach allgemeinen Verkehrsregeln vorfahrtsberechtigt sind. Der Verkehrsteilnehmer V1 befindet sich in seiner Fahrtrichtung auf einer Geradeausfahrspur, die beiden Verkehrsteilnehmer V2 und V3 befinden sich auf einer Rechtsabbiegerspur und werden demnach ebenfalls auf die zweite Fahrbahn 220 abbiegen. Ebenfalls noch im Kreuzungsbereich 200 befindet sich ein Fußgängerübergang 270, der hier durch eine Fahrbahnmarkierung angedeutet ist und die zweite Fahrbahn 220 parallel zu der ersten Fahrbahn 210 überquert. An dem Fußgängerübergang 270 befindet sich ein weiterer Verkehrsteilnehmer V4, der nach allgemeinen Verkehrsregeln gegenüber dem Kraftfahrzeug 100 ebenfalls vorfahrtsberechtigt ist.
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Anhand der 2 wird nun im Folgenden ein mit der Vorrichtung 110 durchführbares Verfahren zum Betrieb des Kraftfahrzeugs 100 mit dem Ziel einer automatischen Querung des Kreuzungsbereichs 200 beschrieben. Das Verfahren ist hierzu als Programmcode in dem Speicher 112 gespeichert, der von dem Prozessor 111 abgearbeitet wird. Der Programmcode kann auch ein Künstliches-Intelligenz-Modul implementieren, das auf das Durchführen des Verfahrens trainiert ist.
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Zunächst wird in einem Schritt S1 der Kreuzungsbereich 200 zumindest abschnittsweise insbesondere geometrisch und/oder topologisch erfasst, wozu die Vorrichtung 110 hier auf eine digital vorgehaltene, z.B. im Speicher 112 gespeicherte, Straßenkarte zugreift und die gewünschten Daten ableitet. Alternativ oder zusätzlich dazu, werden der Kreuzungsbereich 200 durch die Umfeldsensoren 114 erfasst und die Daten hieraus abgeleitet.
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In einem optionalen Schritt S1A wird dann die Vorfahrtsregelung des Kreuzungsbereichs 200 ermittelt. In diesem Ausführungsbeispiel werden hierzu die Daten der vorgehaltenen Straßenkarte herangezogen, um zumindest die prinzipielle Vorfahrtsregelung zwischen der ersten und zweiten Fahrbahn 210, 220 zu erhalten. Alternativ oder zusätzlich dazu, erfolgt anhand der Umfeldsensoren 114 eine Verkehrszeichenerkennung, die hier zu dem Ergebnis führt, dass die Lichtsignalanlage 230 dem Kraftfahrzeug 100 ein Signal zur Einfahrberechtigung gibt, also auf ein „grünes“ Freigabesignal geschaltet ist. Zudem wird mittels der Umfeldsensoren 114 ermittelt, ob sich andere Verkehrsteilnehmer, wie hier die Verkehrsteilnehmer V1 bis V4, im Kreuzungsbereich 200 befinden und ob sich diese relativ zu dem Kraftfahrzeug 100 und/oder anderen Bezugspunkten bewegen. Im Ergebnis wird bestimmt, ob die Verkehrsteilnehmer V1 bis V4 gegenüber dem Kraftfahrzeug 100 vorfahrtsberechtigt sind, wie dies in diesem Ausführungsbeispiel der Fall ist.
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In einem optionalen Schritt S1B werden jeweils zweite Trajektorien V11, V21, V31, V41 für den jeweiligen Verkehrsteilnehmer V1 bis V4 bestimmt, indem z.B. die Daten aus der vorgehaltenen Straßenkarte sowie Daten der Umfeldsensoren 114 fusioniert und in der Vorrichtung 110 verarbeitet werden. Diese Bestimmung umfasst hier auch eine Prädiktion, also eine Vorhersage der voraussichtlichen Bewegung der Verkehrsteilnehmer V1 bis V4. Alternativ oder zusätzlich dazu, wird zumindest für die Verkehrsteilnehmer V1 bis V4 eine von diesen voraussichtlich beanspruchte Verkehrsfläche V12, V22, V32, V42 bestimmt. Anschaulich betrachtet, erstreckt sich die Verkehrsfläche V12 des Verkehrsteilnehmers V1 beginnend bei dessen Einfahrpunkt bzw. bei der Haltelinie 260 und führt über den Kreuzungsbereich 200 entlang der ersten Fahrbahn 210 und weist eine für den Verkehrsteilnehmer V4 ausreichende Breite auf und ergibt hier die Verkehrsfläche V12, die in 2 durch zwei parallele gestrichelte Linien eingeschlossen ist. Gleichermaßen erstreckt sich die Verkehrsfläche V42 des Verkehrsteilnehmers V4 über die gesamte Fahrbahnbreite der zweiten Fahrbahn 220 und hat eine für den Verkehrsteilnehmer V4 ausreichende Breite, wobei hier die Verkehrsfläche V42 ebenfalls zwischen zwei parallelen gestrichelten Linien eingeschlossen ist.
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In einem Schritt S2 wird dann durch die Vorrichtung 110 eine erste Trajektorie 120 für das Kraftfahrzeug 100 geplant, die hier dem Fahrziel folgt, nämlich dem Linksabbiegen von der ersten Fahrbahn 210 auf die zweite Fahrbahn 220. Die erste Trajektorie 120 beginnt hier in etwa an dem Einfahrpunkt 250, führt weiter zu einem ersten Haltepunkt 121, dann weiter zu einem zweiten Haltepunkt 122 und endet dann an einem jenseits des Kreuzungsbereichs 200 auf der zweiten Fahrbahn 220 angeordneten Ausfahrpunkt 123. Dementsprechend schneidet bzw. kreuzt die erste Trajektorie 120 die zweiten Trajektorien V11, V14 der Verkehrsteilnehmer V1, V4.
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In einem Schritt S3 wird das Kraftfahrzeug 100 durch die Vorrichtung 110, die entsprechende Signale zum Ansteuern des Fahrantriebs und des Lenksystems ausgibt, entlang der ersten Trajektorie 120 gesteuert bzw. bewegt.
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Es sei angemerkt, dass die erste Trajektorie 120 auch vor dem optionalen Schritt 1B zumindest grob geplant werden kann. Denn zum Einsparen von Rechenaufwand können die Verkehrsflächen der Verkehrsteilnehmer V1 bis V4 auch nur dann bestimmt werden, wenn diese überhaupt einen Schnittpunkt mit der ersten Trajektorie 120 aufweisen. In diesem Ausführungsbeispiel wurden nach diesem Prinzip die Verkehrsflächen der Verkehrsteilnehmer V2, V3 nicht bestimmt, da diese zwar vorfahrtsberechtigt sind, jedoch die erste Trajektorie 120 des Kraftfahrzeugs 100 nicht kreuzen.
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Der erste Haltepunkt 121 ist so bestimmt, dass das Kraftfahrzeug 100 rechtzeitig vor einer Überschneidung mit der Verkehrsfläche V12 des Verkehrsteilnehmers V1 angehalten werden kann. Dementsprechend kann das Kraftfahrzeug 100, wenn die oben beschriebene Einfahrberechtigung durch die Lichtsignalanlage 230 erteilt ist, zunächst von dem Einfahrpunkt 250 bis zum ersten Haltepunkt 121 bewegt werden, wo es so lange gestoppt wird, bis mittels der Umfeldsensoren 114 erkannt wird, dass der Verkehrsteilnehmer V1 die Verkehrsfläche V12 im Schnittbereich mit der ersten Trajektorie 120 passiert und damit wieder freigegeben hat. Nach dem Passieren wird das Kraftfahrzeug 100 weiter entlang der ersten Trajektorie 120 bewegt. Gleichermaßen ist der zweite Haltepunkt 122 so bestimmt, dass das daran gestoppte Kraftfahrzeug 100 wiederum auf das Passieren des Verkehrsteilnehmers V4 warten kann und danach weiter entlang der ersten Trajektorie 120 bis zum Ausfahrpunkt 123 bewegt werden kann.
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Anschaulich betrachtet, wird die erste Trajektorie 120 mit seinen Haltepunkten 121, 122 also so geplant, dass das Kraftfahrzeug 100 bei Einfahrberechtigung bereits in den Kreuzungsbereich 200 hinein bewegt wird, um diesen noch während der momentanen Signalphase der Lichtsignalanlage 230 zu queren. Aufgrund der mit den Verkehrsflächen V12, V42 assoziierten Haltepunkte 121, 122 wird das Kraftfahrzeug 100 aber nur an solchen Stellen innerhalb des Kreuzungsbereichs 200 zum Warten gestoppt, an denen es weder einen Schnittpunkt mit der jeweiligen zweiten Trajektorie V11, V21, V31, V41 noch einen Schnittbereich mit den Verkehrsflächen V12, V42 hat und daher kein Verkehrshindernis für irgendeinen der Verkehrsteilnehmer V1 bis V4 bildet.
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Ausgehend von dem dargestellten Ausführungsbeispiel können das erfindungsgemäße Verfahren bzw. die erfindungsgemäße Vorrichtung 110 in vielerlei Hinsicht abgewandelt werden. Beispielweise ist es denkbar, dass die Vorrichtung 110 auch Fahrbahnmarkierungen des Kreuzungsbereichs 200 erfasst und daraus die Verkehrsflächen V12, V42 ableitet, so dass auf keine Straßenkarte zurückgegriffen werden muss.