-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Simulieren eines cyber-physischen Systems in einer realen Betriebssituation. Die vorliegende Erfindung betrifft darüber hinaus eine entsprechende Vorrichtung, ein entsprechendes Computerprogramm sowie ein entsprechendes Speichermedium.
-
Stand der Technik
-
In der Informatik wird als cyber-physisches System (cyber-physical system, CPS) jedweder Verbund informatischer, softwaretechnischer Komponenten mit mechanischen oder elektronischen Teilen bezeichnet, die über eine Dateninfrastruktur wie einen Feldbus oder ein anderweitiges Rechnernetz kommunizieren. Die Ausbildung von cyber-physischen Systemen entsteht aus der Vernetzung eingebetteter Systeme durch drahtgebundene oder drahtlose Kommunikationsnetze. Cyber-physische Systeme nach dem Stand der Technik sind durch einen hohen Grad an Komplexität gekennzeichnet.
-
Typische Einsatzbereiche von CPS umfassen höchst zuverlässige medizinische Geräte und Systeme, altersgerechte Assistenzsysteme, IT-Verkehrssteuerungs- und Verkehrslogistiksysteme, vernetzte Sicherheits- sowie Fahrerassistenzsysteme für Kraftfahrzeuge, industrielle Prozesssteuerungs- und Automationssysteme, nachhaltige Umweltbeeinflussungs- und Beobachtungssysteme, Energieversorgungsmanagementsysteme, militärische Systemvernetzungssysteme sowie Infrastruktursysteme für Kommunikation und Kultur.
-
Beispielsweise offenbart
WO2016023767A1 ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug, das ausgebildet ist, die Fahrzeugführung durch Teilautomatisierung und Kooperation mit dem Fahrer zu übernehmen. Das Fahrerassistenzsystem umfasst dabei mindestens ein Bedienelement, das beim Auftreten bestimmter Fahrsituationen vom Fahrer betätigt werden muss, wodurch die Vigilanz und die Aufmerksamkeit des Fahrers während der Durchführung einer teilautomatisiert durchgeführten Fahrt sichergestellt ist. Abhängig von der Betätigung des Bedienelements wird das aktuell durchgeführte teilautomatisierte Fahrmanöver bzw. die teilautomatisierte Fahrt und ein bei oder nach der Betätigung des Bedienelements durchgeführtes teilautomatisiertes Fahrmanöver fortgeführt, in der Ausführung angepasst oder beendet.
-
Offenbarung der Erfindung
-
Die Erfindung stellt ein Verfahren zum Simulieren eines cyber-physischen Systems in einer realen Betriebssituation, eine entsprechende Vorrichtung, ein entsprechendes Computerprogramm sowie ein entsprechendes Speichermedium gemäß den unabhängigen Ansprüchen bereit.
-
Der vorgeschlagene Ansatz fußt hierbei auf der Erkenntnis, dass Fahrerassistenzsysteme für hochautomatisiertes Fahren aktuell in der Entstehungsphase sind. Die Komplexität derartiger Software liegt mitunter um Größenordnungen über derjenigen heutiger kraftfahrzeugtechnischer (automotive) Systeme.
-
Dem nachfolgend vorgestellten Verfahren liegt ferner die Einsicht zugrunde, dass Systeme für hochautomatisiertes Fahren technisch aufwändig sind. Gleiches gilt für zukünftige Robotik-Systeme. Sie benötigen eine hohe Rechenleistung und einen großen Speicher und haben hohe Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Das Berücksichtigen der funktionalen Sicherheitsanforderungen erhöht zusätzlich die Systemkomplexität.
-
Heutige Systeme im automobilen Umfeld sind oft als direkt kommunizierende Applikationen oder Komponenten ausgelegt. Daten werden mit dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit sofort anderen Applikationen zur Verfügung gestellt. Der exakte zeitliche Zusammenhang der einzelnen Applikationen kann dabei aus technischen Gründen nicht exakt vorgegeben werden, z. B. da viel weniger unabhängige Rechenkerne zur Verfügung stehen, als Applikationen, die darauf ausgeführt werden sollen. Daher ist schwer vorherzusagen, wann Daten exakt gesendet werden. Aus Sicht der empfangenden Applikationen führt dies zu einem unvorhersehbaren, von der tatsächlichen Ausführungszeit abhängigen Datenalter.
-
Ein Vorschlag zur Lösung dieses Problems sieht vor, dass die Ausgaben aller Applikationen oder Komponenten einer Zeitscheibe oder Aufgabe (task) erst zu Beginn der nächsten Zeitscheibe sichtbar gemacht und die Eingaben aller Applikationen bzw. Komponenten innerhalb einer Zeitscheibe bzw. Task am Anfang der Task quasi eingefroren werden.
-
Der damit erreichbare Determinismus erleichtert entscheidend die Entwicklung, da nun bei gegebenen Eingangsdaten die Ausgabedaten und deren Empfänger - selbst im Rahmen eines komplexen Zeitscheibensystems - eindeutig feststehen.
-
Neben der vereinfachten Entwicklung ist hiermit ist auch eine endlich eindeutige Nachsimulation möglich.
-
Herkömmliche Nachsimulationen sind leider in der Regel nicht eindeutig, da der beschriebene Determinismus nicht gewährleistet ist und somit mehr oder weniger abweichende Ergebnisse entstehen. Dies erschwert das exakte Nachstellen der des zu untersuchenden Sachverhalts und erschwert jegliche Fehlersuche. Speziell in komplexen System führt dies wiederum zu nur schwer handhabbaren Situationen.
-
Ein Vorzug dieser Lösung liegt in der eröffneten Möglichkeit einer Nachsimulation, die auch bei Vorliegen lediglich partieller Messungen - also solcher Messdaten, die nicht die vollständige Betriebsdauer des Systems seit dessen Start abdecken - sowie bei Komponenten, die interne Zustände haben und Systemen mit Rückkopplungen funktioniert. Dazu wird der interne Zustand aller an der Nachsimulation, beteiligten Applikationen oder Komponenten zusätzlich in der Messung abgespeichert. Wird nun dieser interne Zustand zu Beginn der Nachsimulation aus der Messung in die Komponenten übertragen, dann ist eine eindeutige Nachsimulation möglich.
-
Durch die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten Maßnahmen sind vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen des im unabhängigen Anspruch angegebenen Grundgedankens möglich. So ist die Reduktion des Datenaufkommens im beschriebenen Verfahren in erheblichem Umfang möglich. Da oft der interne Zustand von Komponenten ein Vielfaches des normalen Datenaufkommens darstellen würde, ist es vorteilhaft, dieses Datenvolumen zu reduzieren.
-
Figurenliste
-
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigt:
- 1 das Flussdiagramm eines Verfahrens gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
- 2 ein System, welches aus Applikationen oder Komponenten besteht, die innerhalb von Zeitscheiben in Tasks organisiert sind.
-
Ausführungsformen der Erfindung
-
1 illustriert die grundlegenden Schritte des vorgeschlagenen Verfahrens (20). Erfindungsgemäß werden dabei zusätzlich zu den Messdaten des zu simulierenden cyber-physischen Systems in dessen Betrieb auch die internen Zustände der Softwarekomponenten abgespeichert (Prozess 21), die später zur Parametrierung (Prozess 22) eines geeigneten Simulators dienen können.
-
Die erste Phase dieses Vorgehens (Prozess 21) sei nunmehr im Einzelnen anhand von 2 erläutert. Wie diese Abbildung erkennen lässt, geben die Applikationen bzw. Komponenten (cl, c2) Daten aus und können diese empfangen. Die Datenausgabe ist auf der rechten Seite der jeweiligen Komponente (cl, c2) dargestellt, der Dateneingang auf der linken Seite. Die Zeit schreitet abbildungsgemäß von links nach rechts voran.
-
Weiterhin wird gezeigt, dass jede Komponente (cl, c2) zusätzlich ihren internen Zustand (16) ausgibt. Vorteilhaft ist, wenn Sie diesen im nächsten Zyklus wieder einliest. Es wäre aber auch möglich, den internen Zustand (16) nur zur Messung auszugeben und ihn z. B. auf Kommando wieder einzulesen. Ebenso wäre es denkbar, den internen Zustand (16) auf Befehl auszugeben.
-
Der interne Zustand (16) kann vorteilhaft vor der nächsten Taskaktivierung in einer Messeinrichtung abgespeichert werden. Die mit den Bezugszeichen 6 bis 11 versehenen Pfeile stellen die Messzeitpunkte im Zeitscheibensystem dar. In der Darstellung ist zu sehen, dass für Komponenten in Tasks mit einer kürzeren Zykluszeit auch deutlich öfter der interne Zustand (16) zur Messeinrichtung übertragen werden muss (so wird z. B. c2 in den Zeitpunkten 6, 7, 8 und 9 gemessen) als für Tasks mit einer größeren Zykluszeit (z. B. cl wird in 10 und 11 gemessen).
-
Kreuzförmige Markierungen am unteren Rand der Abbildung deuten an, welche Messungen entfallen könnten. Beispielsweise könnte in einer Ausgestaltung der Erfindung zu den Zeitpunkten 14 und 15 nicht, wohl aber zu den Zeitpunkten 12 und 13 gemessen werden. Eine auf diesen Messungen aufsetzende Nachsimulation könnte damit lediglich zu den Zeitpunkten 12 und 13 starten. Dies würde aber keine substanzielle Einschränkung darstellen, da dank der erfindungsgemäßen Möglichkeit zur genauen Nachsimulation die Zustände zu den Folgezeitpunkten dennoch berechnet werden können.
-
Eine entsprechende Ausführungsform der Erfindung erschließt ein enormes Potential zur Reduzierung des für die Zustandsmessung benötigten Messdatenumfangs. Auf diese Weise wird ein Messen der internen Komponentenzustände in hohem Maße praktikabel.
-
Vorteilhaft ist weiterhin der folgende Umstand: Da der Zustand (16) der Komponenten (cl, c2) zu solchen Zeitpunkten, die zwischen zwei Zustandsmessungen liegen, nachsimuliert werden kann, können die Messzeitpunkte nahezu beliebig gewählt werden. Es ist zum Beispiel denkbar, nur im Abstand von jeweils 1.000 Zyklen den Zustand (16) zu messen. Damit würde es z. B. ausreichen, die Daten von 1.000 Zyklen vor dem Nachsimulationspunkt in der Messung abzuspeichern, ohne auf eine genaue Nachsimulation verzichten zu müssen. Die Reduzierung des Datenaufkommens kann dabei fast proportional zum gewählten „Abstand“ sein. Im genannten Beispiel wären also nur 0,1 % der Zustandsmessdaten einer vollständigen Messung zu verwalten.
-
Vorteilhaft kann auch sein, den Zeitpunkt für die Zustandsmessung adaptiv zu wählen. Falls z. B. eine Komprimierung der Messdaten verwendet wird, dann könnte die Zustandsmessung nach dem erfolgreichen Wegschreiben des letzten Zustands (16) erfolgen. Dies würde dann eine variierende Zustandsmessung gestatten. Solange genügend Messdaten in der Messung vorliegen, wäre auch in dieser Ausführungsform eine eindeutige Nachsimulation möglich.
-
Besonders vorteilhaft ist es dabei, den Messzeitpunkt für den Zustand (16) auf den gemeinsamen Zyklusanfang aller Tasks (T1, T2) zu legen. In 2 sind diese mit den Bezugszeichen 12 und 13 versehen. Damit wird ein konsistenter Zustand aller Tasks (T1,T2) und ihrer Komponenten (cl, c2) erreicht, was das Nachsimulieren erleichtert. Dies schränkt nicht den möglichen Abstand zwischen den Messungen ein, sondern legt nur einen günstigen Zyklusanfang für die Messung fest.
-
Vorteilhaft ist es ferner, die Tasksystemzyklen fortlaufend zu nummerieren und die jeweilige Zyklusnummer gemeinsam mit den gemessenen Zuständen (16) der Komponenten (cl, c2) abzuspeichern. Damit ist der genaue Zyklus zum „Wiederaufspielen“ der Messung für die Nachsimulation bekannt.
-
Dieses Verfahren (20) kann beispielsweise in Software oder Hardware oder in einer Mischform aus Software und Hardware beispielsweise in einem Steuergerät implementiert sein.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-