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Die Erfindung betrifft einen Fahrsimulator basierend auf bekannten „Motion-Cueing-Algorithmen“ (MCA), also Steuermodulen zur physikalischen Erzeugung von Bewegungsreizen. Beschleunigungen, die durch Bewegungen eines Simulators Kräfte auf den Körper ausüben und so dem Fahrer den Eindruck einer realen Fahrt vermitteln, werden als „Motion Cues“ bezeichnet. Dieser in der Fahrsimulation häufig verwendete Begriff, bedeutet so viel wie Bewegungsreiz. „Motion-Cueing-Algorithmen“ werden im Folgenden auch „Motion-Cueing-Erzeugungsmodule“ oder Bewegungsreiz-Erzeugungsmodule genannt.
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In den letzten Jahren ist weltweit der Druck auf Automobilhersteller massiv gestiegen. Durch neue Technologien, schärfere Gesetzgebungen, neue Wettbewerber und viele weitere Faktoren, hat die Komplexität in der Entwicklung von Fahrzeugen deutlich zugenommen. Gleichzeitig sehen sich Fahrzeugentwickler einem stetig steigendem Kostendruck ausgesetzt. Um in diesem Spannungsfeld zu bestehen, sind die Entwicklung und Anwendung neuer Methoden erforderlich. Die Fahrsimulation bietet hierbei die Möglichkeit, Entwicklungs-Zeiten und -Kosten stark zu reduzieren, indem immer größere Umfänge von Erprobungen und Versuchen von der Straße in den Simulator verlagert werden. Die ausschlaggebende Voraussetzung dafür ist, dass die durch Fahrsimulation gesammelten Ergebnisse eine vergleichbare Qualität aufweisen und alle gewonnenen Erkenntnisse auch auf reale Fahrzeuge übertragbar sind. Dementsprechend befassen sich viele spezialisierte Unternehmen, Forschungsinstitute, aber auch Automobilhersteller mit der Weiterentwicklung von Soft- und Hardware der Fahrsimulation.
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Eine wesentliche Komponente eines Fahrsimulators sind sogenannte „Motion-Cueing-Algorithmen“ (MCA), also Bewegungsreiz-Erzeugungsmodule. Die Aufgabe dieser Bewegungsreiz-Erzeugungsmodule liegt in der Transformation der realen oder simulierten Fahrzeugbewegungen, so dass diese mit dem Bewegungssystem des Fahrsimulators umgesetzt werden können. Die Auslegungsschwerpunkte liegen dabei einerseits auf einer für den Fahrer möglichst realistischen Bewegungsdarstellung, wobei andererseits alle Grenzen des Bewegungssystems eingehalten werden müssen. Die Grenzen des Bewegungssystems beziehen sich im Wesentlichen auf die physikalischen Grenzen wie verfügbarer Arbeitsraum, maximale Geschwindigkeit und maximale Beschleunigungen. Im Folgenden werden diese Grenzen des Bewegungssystems vereinfachend als „Arbeitsraumgrenzen“ bezeichnet.
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Als die ersten Motion-Cueing-Erzeugungsmodule für die Flugsimulation entwickelt wurden, waren diese rein filterbasiert. Diese sogenannten klassischen MCA (auch „classical washout“ (CW) genannt) transformieren die Fahrzeugbeschleunigungen mithilfe verschiedener linearer Filter, so dass diese in einem Fahrsimulator dargestellt werden können. Durch Hochpassfilter werden dabei stationäre Beschleunigungsanteile „ausgewaschen“, wodurch der Simulator wieder in die neutrale Lage zurückkehrt. Ein großer Vorteil von klassischen MCA liegt in ihrem einfachen und übersichtlichen Aufbau, die eine schnelle Realisierung erlaubt und eine echtzeitfähige Lösung bietet. Ein großer Nachteil ist allerdings, dass der gegebene Arbeitsraum meistens nur schlecht ausgenutzt wird. Da die zukünftigen Fahrereingaben nicht bekannt sind, müssen die Filter entsprechend konservativ parametriert werden, um Überschreitungen des Arbeitsraums für alle möglichen Fahrereingaben möglichst auszuschließen. Dieses Auslegen für das Worst-Case-Szenario schränkt die durch den Fahrer wahrgenommenen Bewegungsgrößen stark ein und/oder verändert diese, sodass eine Abweichung zwischen visuell und vestibulär wahrgenommenen Bewegungsreizen entsteht. Diese Abweichungen verschlechtern die realitätsnahe Darstellung und führen gegebenenfalls zur Simulatorkrankheit (Kinetose).
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Der klassische MCA (auch „classical washout“, CW) ist ein Beispiel für ein echtzeitfähiges Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul.
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In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Forschung Erzeugungsmodulen zugewandt, die auf einem sogenannten „Model-Predictive-Control“-Ansatz (MPC) basieren. Diese optimierungsbasierten Erzeugungsmodule bieten gegenüber den klassischen, filterbasierten Erzeugungsmodulen einige Vorteile. Mithilfe einer Referenztrajektorie, welche über einen definierten Horizont prädiziert wird, werden die aktuellen Ansteuerungssignale des Simulators unter Beachtung aller Arbeitsraumgrenzen optimiert. Dadurch ergeben sich eine deutlich bessere Ausnutzung des vorhandenen Arbeitsraums und damit auch eine realistischere Bewegungsdarstellung für den Fahrer. Die größte Herausforderung bei der Entwicklung von MPC-basierten MCA besteht in der Sicherstellung der Echtzeitfähigkeit. Mithilfe des Prädiktionshorizonts kann die Größe des Rechenproblems und damit die Rechenzeit verringert werden. Allerdings nimmt dadurch auch die Qualität der erzielten Ergebnisse ab.
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Es besteht zudem die Möglichkeit mithilfe des MPC-Ansatzes ein theoretisch optimales „Motion Cueing“ für eine vorher aufgezeichnete Strecke zu generieren. Diesem Trajektorien-basierten MPC-Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul wird dabei als Referenztrajektorie die aufgezeichnete Strecke übergeben und auf dieser Basis die optimalen Ansteuerungssignale berechnet. Dadurch, dass dem Algorithmus alle Informationen über zukünftige Zustände zur Verfügung stehen, wird eine annähernd maximale Ausnutzung des Arbeitsraums erzielt. Als nachteilig erweist sich hierbei, dass die zu befahrene Strecke vorher festgelegt werden muss. Das Optimieren auf Basis der gesamten Referenztrajektorie beansprucht zudem eine hohe Rechenzeit von mehreren Stunden bis Tagen für eine Fahrt von wenigen Minuten. Die letzte Einschränkung besteht darin, dass der Simulator hierbei nur in einem sogenannten „open-loop“-Modus betrieben werden kann. Das heißt, dass durch die Festlegung auf eine aufgezeichnete Fahrt für den Fahrer keinerlei Eingriffsmöglichkeiten mehr bestehen. Dieser kann die Fahrt also nur als passiver „Beifahrer“ erleben.
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Der genannte MPC-basierte MCA ist ein Beispiel für ein nicht-echtzeitfähiges modellbasiertes, simulationsoptimierendes Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul.
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Durch diese nahezu gegensätzlichen Eigenschaften von echtzeitfähigen (z. B. filterbasierten) MCA und optimierungsbasierten MCA ergeben sich auch sehr unterschiedliche Anwendungsgebiete. Für Studien, bei denen eine möglichst realistische Bewegungsdarstellung im Vordergrund steht, ist der MPC-Ansatz die bessere Lösung, allerdings mit der erwähnten Einschränkung bezüglich der Echtzeitfähigkeit und damit der aktiven „Fahrbarkeit“ durch den Fahrer. Ist eine aktive Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug hingegen notwendig, stellen echtzeitfähige Erzeugungsmodule aufgrund ihrer Echtzeitfähigkeit die bessere Möglichkeit dar. Je nach Auswahl müssen also gewisse Kompromisse mit Einschränkungen hinsichtlich des wahrgenommenen Fahrerlebnisses getroffen werden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die vorgenannten Nachteile einer Fahrsimulation zu verhindern.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 gelöst, während in den abhängigen Ansprüchen bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung angegeben sind.
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Die Erfindung betrifft einen Fahrsimulator, der mit einer Steuereinheit zur Erzeugung von Ansteuersignalen von Simulator-Aktoren insbesondere in Form eines Signalfusionierungs-Moduls ausgestattet ist. Das Signalfusionierungs-Modul ist derart ausgestaltet, dass die Ausgangssignale durch Fusion, insbesondere Addition, eines optimalen Referenz-Signalanteils und eines Korrektur-Signalanteils generiert sind.
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Der Referenz-Signalanteil ist als optimaler Signalanteil auf Basis von mindestens einer aus einer Referenzfahrt auf einer vorgegebenen Strecke ermittelten Bewegungsgröße offline unter Verwendung eines modellbasierten simulationsoptimierenden, insbesondere prädiktiven, Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls erzeugt. Dieses Modul in Form eines Optimierers hat die Aufgabe, die Ansteuersignale zur Simulatorbewegung so gut wie möglich und unter Berücksichtigung der Arbeitsraumgrenzen an die physikalischen Bewegungsgrößen eines simulierten Fahrzeuges anzupassen. Da hierzu aber eine nicht echtzeitfähige längere Rechenzeit benötigt wird, wird der Referenz-Signalanteil zunächst offline, insbesondere durch mindestens eine Referenzfahrt, bestimmt.
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Der Korrektur-Signalanteil ist unter Verwendung eines echtzeitfähigen, insbesondere klassischen filterbasierten, Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls erzeugt.
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Während einer Echtzeitfahrt wird mindestens eine Bewegungsgröße der Referenzfahrt mit der entsprechenden Bewegungsgröße der Echtzeitfahrt verglichen. Die Differenz zwischen der Referenzfahrt-Bewegungsgröße und der Echtzeitfahrt-Bewegungsgröße ist Eingangssignal des echtzeitfähigen Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls.
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Durch die Erfindung werden die Vorteile eines Rechenzeit-intensiven, aber simulationsoptimierenden Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls mit einem Rechenzeit-minimierenden, aber echtzeitfähigen Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls kombiniert. Dieser erfindungsgemäße kombinierte „hybride MCA“ soll dem Fahrer eine eigenständige Kontrolle der Längs- und Querdynamik ermöglichen und gleichzeitig eine optimierte Ausnutzung des zu Verfügung stehenden Bewegungsraums sicherstellen. Dafür wird im Vorfeld für eine Referenzfahrt eine optimierte Simulator-Bewegung mithilfe eines vorzugsweise MPC-basierten MCA generiert. Anschließend wird während der Fahrsimulation dieses berechnete Referenz-Motion-Cueing dazu verwendet, die Beschleunigungsdarstellung eines echtzeitfähigen, vorzugsweise klassischen MCA zu verbessern. Die Voraussetzung dabei ist, dass im Vorfeld die zu befahrene Strecke festgelegt wird.
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Da die Bewegungen realer Fahrzeuge im Allgemeinen nicht unverändert durch Fahrsimulatoren darstellbar sind, werden Strategien benötigt, um realistische Bewegungssimulationen durchführen zu können. Motion-Cueing-Erzeugungsmodule verändern die Bewegungssignale, insbesondere translatorische Beschleunigungssignale und/oder rotatorische Geschwindigkeitssignale und/oder Positionen (also Trajektorien) derart, dass diese durch das Bewegungssystem eines Fahrsimulators ausführbar sind.
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Motion Cueing Erzeugungsmodule lassen sich unter anderem durch die Möglichkeit der Fahrerinteraktion mit dem Simulator kategorisieren. Unter einer Fahrerinteraktion versteht man das aktive Steuern des Fahrzeugs mittels der Pedale und des Lenkrads, analog dem Fahren eines realen Fahrzeugs. Das bedeutet, dass dem Fahrer die Möglichkeit gegeben wird, aktiv die Simulation zu beeinflussen. Viele Anwendungszwecke der Fahrsimulation setzen eine solche Eingriffsmöglichkeit durch den Fahrer voraus. Beispielsweise kann so in Studien die Fahrerablenkung durch neue Mensch-Maschine-Interaktion (MMI)-Konzepte untersucht werden.
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Echtzeitfähige Bewegungsreiz-Erzeugungsmodule, die eine solche Interaktionsmöglichkeit bieten, können auch als „Closed-Loop“ Regler betrieben werden, da der Fahrer sich hier in einer geschlossenen Prozessschleife befindet. Die rechnerisch anspruchsvolleren simulationsoptimierenden Bewegungsreiz-Erzeugungsmodule, die nicht echtzeitfähig sind, werden vorzugsweise als „Open-Loop“ Regler betrieben.
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Die Grundlage des erfindungsgemäßen hybriden MCA ist, dass der Verlauf der zu befahrenen Strecke bereits im Vorhinein bekannt ist. Dadurch kann für eine Referenzfahrt auf eben dieser definierten Strecke ein simulationsoptimierendes Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul im Vorfeld der eigentlichen Fahrsimulation berechnet werden. Mithilfe dieser optimalen Plattformtrajektorie soll jetzt das Ergebnis des „Closed-Loop“-Reglers verbessert werden. Bei diesem Vorgehen ist zwar der zu befahrene Streckenverlauf fest definiert, allerdings werden beispielsweise die Fahrten zweier unterschiedlicher Fahrer miteinander verglichen: zum einen ein nicht näher definierter Referenzfahrer, der das Eingangssignal für den simulationsoptimierenden Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul liefert, und zum anderen ein unbekannter Online-Fahrer, für den das eigentliche „Motion Cueing“ berechnet wird.
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Das Ziel des erfindungsgemäßen hybriden MCA ist es also, das Motion Cueing (MC) von nicht echtzeitfähigen Optimierungs-Erzeugungsmodulen mit dem von echtzeitfähigen Closed-Loop-Erzeugungsmodulen zu kombinieren. Auf der einen Seite soll dadurch das MC im Vergleich zu reinen Closed-Loop-Reglern, wie dem „Classical Washout“ (CW), durch die zusätzlichen Informationen aus der Referenzfahrt verbessert werden. Auf der anderen Seite soll es möglich werden, rechenintensive Open-Loop-Regler, wie z. B. MPC-basierte MCA, „fahrbar“ zu machen. Das heißt, es soll dem Fahrer ohne große Abstriche in der Qualität der wahrgenommenen Bewegungen ermöglicht werden, das Fahrzeug selbstständig zu steuern.
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Die Grundvoraussetzung hierfür ist, wie oben schon erläutert, dass die zu befahrene Strecke bereits im Vorfeld der eigentlichen Simulation festgelegt ist. Dadurch kann, basierend auf einem zu definierenden Referenzfahrer, ein Offline-MC für diese Strecke berechnet werden. Würde der Online-Fahrer sich bezüglich der Fahrzeugsteuerung exakt wie der Referenzfahrer verhalten, könnte man dieses bereits berechnete Offline-MC in der Simulation unverändert wiedergeben. Dies wird in der Realität allerdings nie der Fall sein. Zwar wurde durch die definierten Benutzungsfälle die mögliche fahrdynamische Differenz zwischen Online-und Referenzfahrt eingeschränkt, jedoch wird es immer zu fahrerindividuellen Abweichungen kommen.
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Das Konzept des hybriden MCA beruht auf der Annahme, dass mit optimierungsbasierten MCA bei Kenntnis der vollständigen, zukünftigen Fahrsignale und ohne jegliche Zeiteinschränkungen ein optimales MC hinsichtlich der gewählten Parametrierung der Kostenfunktion und der Modellierung des Bewegungssystems berechnet werden kann.
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Dieses (optimale) Referenz-MC soll so weit wie möglich in der Online-Simulation übernommen werden. Lediglich für die angesprochenen fahrdynamischen Differenzen zwischen Online-und Referenzfahrt muss ein geeignetes MC während der laufenden Simulation berechnet werden. Dieses „Korrektur“-Cueing ergibt zusammen mit dem offline berechneten „Referenz“-Cueing das vollständige Output-Signal des hybriden MCA.
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Durch die abweichende Geschwindigkeit, Beschleunigung und/oder Position bzw. Trajektorie zwischen Online- und Referenzfahrer können die Signale jedoch nicht einfach miteinander addiert werden. Der Grund liegt in der Aufzeichnung der Signale mit einer festen Abtast- bzw. Simulationszeit („sample-time“). Zu einer bestimmten Simulationszeit befinden sich der Online- und der Referenzfahrer daher an unterschiedlichen Positionen. Alle Signale, welche auf der Referenzfahrt basieren, müssen daher noch mithilfe eines „Position-Matching“ auf die Online-Fahrt bezogen werden. Dabei wird während der Simulation zu jedem Zeitschritt derjenige Zeitschritt gesucht, zu dem sich der Referenzfahrer an der nächstliegenden Position befunden hat.
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Prinzipiell lässt sich durch den erfindungsgemäßen MCA ein beliebiger Closed-Loop-Regler mit einem beliebigen Open-Loop-Regler kombinieren.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Die einzige Figur zeigt das Gesamtkonzept der Erfindung als hybrides Bewegungsreiz-Erzeugungsmodul unter Verwendung eines klassischen, filterbasierter MCA (CW) für die Generierung des Korrektur-MC und unter Verwendung eines modellbasierten prädiktive MCA (MPC) für die Generierung des Referenz-MC.
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Der Fahrsimulator ist mit einer Steuereinheit zur Erzeugung von Ansteuersignalen S von Simulator-Aktoren insbesondere in Form eines Signalfusionierungs-Modul SFM ausgestattet. Das Signalfusionierungs-Modul SFM ist derart ausgestaltet, dass die Ausgangssignale S durch Fusion eines optimalen Referenz-Signalanteils (Referenz-MC) und eines Korrektur-Signalanteils (Korrektur-MC) generiert sind.
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Der Referenz-Signalanteil (Referenz-MC) ist als optimaler Signalanteil auf Basis von mindestens einer aus einer Referenzfahrt RF auf einer vorgegebenen Strecke ermittelten Bewegungsgröße offline unter Verwendung eines modellbasierten simulationsoptimierenden und hier vorzugsweise prädiktiven Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls MPC erzeugt.
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Der Korrektur-Signalanteil (Korrektur-MC) ist unter Verwendung eines echtzeitfähigen und hier vorzugsweise klassischen filterbasierten Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls CW erzeugt.
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Während einer Echtzeitfahrt EF wird die mindestens eine Bewegungsgröße der Referenzfahrt RF mit der entsprechenden Bewegungsgröße der Echtzeitfahrt EF verglichen. Die Differenz zwischen der Referenzfahrt-Bewegungsgröße und der Echtzeitfahrt-Bewegungsgröße ist Eingangssignal des klassischen filterbasierten Bewegungsreiz-Erzeugungsmoduls CW.
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Der Erfindung liegen also zusammenfassend folgende Überlegungen zugrunde:
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Um Kosten zu sparen, werden in der Entwicklung der Automobilindustrie Fahrsimulatoren eingesetzt. Um die Ergebnisse daraus verwenden zu können, müssen Sie eine vergleichbare Qualität wie reale Testergebnisse aufweisen. Um die Fahrt in einem Fahrsimulator realistischer zu machen werden Fahrerkabinen auf einer Plattform befestigt, welche mittels Aktoren bewegt werden können.
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Um die Bewegungen dieser Aktoren zu steuern und der gefahrenen Strecke für den Bewegungsraum des Simulators anzupassen sind Motion-Cueing-Erzeugungsmodule (MCA) notwendig. Passen visuelle und vestibuläre Reize auf den Fahrer nicht zusammen, kann es zur Simulatorkrankheit (Kinetose) kommen.
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Bei den MCA gibt es unter anderem den echtzeitfähigen (z. B. klassischen CW-) Ansatz und den simulationsoptimierenden (z. B. Model- Predictive-Control MPC-) Ansatz.
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Der klassische Ansatz läuft in Echtzeit zur Fahrsituation. Doch um nicht spürbar an die Grenzen der Aktoren zu stoßen, ist der klassische MCA sehr konservativ ausgelegt. Durch diese konservative Auslegung, um nur im „Worst Case“ Szenario die Bewegungsraumgrenzen zu erreichen, wird der Bewegungsraum des Fahrsimulators bei Weiten nicht optimal ausgenützt.
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Der MPC-Ansatz hingegen berechnet auf Basis von einer aufgezeichneten Fahrt die theoretisch global optimale Ansteuerung der Aktoren. Die optimale Ansteuerung sorgt für ein realistisches Fahrerlebnis. Dies kann allerdings nur passiv erlebt werden, da der Algorithmus die Ansteuerung nicht in Echtzeit berechnen kann und deshalb vorab berechnet wird. Die Ergebnisse des Algorithmus können lediglich abgespielt werden.
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Der klassische Ansatz bietet durch konservative Parametrisierung kein realistisches Fahrgefühl und nutzt den Bewegungsraum nicht optimal aus. Der MPC-Ansatz ist nicht echtzeitfähig.
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Um gute Fahrsimulator-Eigenschaften zu erhalten, werden erfindungsgemäß beide Ansätze miteinander kombiniert. Dabei wird für eine Strecke zunächst eine Referenzfahrt gebildet. Beispielsweise wird die Strecke dazu von einer bestimmten Anzahl von Personen durchfahren, woraus eine „Durschnittsfahrt“ berechnet wird. Aus der Referenzfahrt berechnet der MPC-Algorithmus die optimale Aktoren-Ansteuerung (Referenz-MC).
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Anschließend berechnet der erfindungsgemäße „Hybrid-Algorithmus“ während der Echtzeitfahrt aus der Referenzfahrt die Differenz zur Echtzeitfahrt. Diese Differenz wird in Echtzeit mit dem klassischen Ansatz in eine zusätzliche Aktoren-Ansteuerung (Korrektur-MC) umgesetzt und das entstehende Signal, mit dem Signal aus dem MPC-Ansatz fusioniert.
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Ergebnis ist eine deutlich bessere Ansteuerung der Aktoren, die auf Echtzeitsignale reagiert und den vorhandenen Bewegungsraum des Simulators optimal ausnutzt. Der erfindungsgemäße Hybridalgorithmus ist also echtzeitfähig, nutzt den Bewegungsraum des Simulators optimal aus, sorgt für ein realistisches Fahrgefühl, vermindert dadurch Kinetose und verbessert die Qualität der Testergebnisse.