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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bearbeiten eines Werkstücks durch Drehen, wobei spanhebend Werkstückmaterial abgetragen wird.
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Stand der Technik
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Die drehende Bearbeitung von Werkstücken ist bekannt. In einer Drehmaschine rotiert das Werkstück um eine Drehachse (die das Werkstück durchsetzt und mit einer Symmetrieachse des Werkstücks zusammenfällt). Mit einem Schneidwerkzeug, dem sogenannten Drehmeißel, wird dabei die zu erzeugende Bauteilkontur abgefahren. Je nach Verfahrensvariante im Einzelnen kann der Drehmeißel entlang der Rotationsachse (Längs-Runddrehen) oder auch schräg bzw. senkrecht dazu bewegt werden (z. B. Quer-Plandrehen). Das vorliegend vorgeschlagene Verfahren kann hinsichtlich sämtlicher Varianten von Interesse sein.
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Darstellung der Erfindung
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Der vorliegenden Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein vorteilhaftes Verfahren zum Bearbeiten eines Werkstücks durch Drehen anzugeben.
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Dies wird erfindungsgemäß mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Es wird also ein Drehparameter, nämlich die Schnittgeschwindigkeit und/oder der Vorschub, während des spanhebenden Materialabtrags mit einem vordefinierten Verlauf verändert. Diese Veränderung erfolgt während des Materialabtrags, das Schneidwerkzeug des Drehmeißels bleibt bzw. ist also bei dieser Veränderung in Eingriff mit dem Werkstück.
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Diese Verfahrensführung kann insoweit von Vorteil sein, als sich infolge der Drehparametervariation ein Span mit einer entsprechend variierenden Dicke ergeben kann. Bildlich gesprochen werden dem Span damit Sollbruchstellen vorgegeben, wird also der Spanbruch begünstigt. Insgesamt können damit vergleichsweise kurze Späne erhalten werden (in Abhängigkeit von der Werkstückgröße im Bereich einiger weniger Zentimeter oder auch deutlich darunter), es kann insbesondere eine Wirrspan- bzw. Knäuelbildung verhindert werden. Bei langen Spänen ist bspw. auch die Gefahr höher, dass sie die Werkstückoberfläche beschädigen/verkratzen bzw. sich verfangen, z. B. die Kühlzufuhr abdecken, kurze Späne lassen sich hingegen leichter entfernen. Sie können bspw. auch über die Kühlung ausgespült werden, zudem ist im Vergleich zu Wirrspänen bzw. Knäueln auch die Packungsdichte höher, was entsorgungsseitig und versorgungsseitig von Vorteil ist.
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Bevorzugte Ausgestaltungen finden sich in den abhängigen Ansprüchen und der gesamten Offenbarung, wobei in der Darstellung der einzelnen Merkmale nicht immer im Einzelnen zwischen den unterschiedlichen Anspruchskategorien unterschieden wird; jedenfalls implizit ist die Offenbarung hinsichtlich sämtlicher Anspruchskategorien zu lesen. Sie ist also bspw. stets zugleich auf ein Verfahren zur drehenden Werkstückbearbeitung und auch auf eine dafür eingerichtete Drehmaschine zu lesen.
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Während der erfindungsgemäßen Veränderung des entsprechenden Drehparameters bleibt der Drehmeißel im Eingriff mit dem Werkstück und wird weiterhin spanhebend Material abgetragen. Es wird in anderen Worten nicht die Spanbildung an sich unterbrochen, sondern wird trotz der Drehparametervariation unmittelbar am Werkstück noch ein kontinuierlicher, zusammenhängender Span erzeugt. Dieser bildet sich jedoch aufgrund der Drehparametervariation mit variierender Dicke, was die vorstehend beschriebenen „Sollbruchstellen“ und damit das günstige Bruchverhalten ergibt.
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Alternativ ließe sich zwar auch mit einer Verfahrensführung, bei welcher der Drehmeißel wiederholt kurzzeitig vollständig aus dem Eingriff genommen wird, die Spanentstehung unterbrechen, könnten also bei einer entsprechenden Taktung kurze Späne erzeugt werden. Dies wäre jedoch gegenüber dem hauptanspruchsgemäßen Vorgehen zunächst schon insoweit von Nachteil, als das wiederholte Absetzen des Drehmeißels die Bearbeitungszeit verlängert und damit die Produktivität verringert, was insbesondere in der Massenfertigung nachteilig ist. Zudem können die wiederkehrenden Anschnittvorgänge verschleißträchtig sein, also eine Belastung des Drehmeißels darstellen und schlimmstenfalls zu dessen Bruch führen. Dies ist hinsichtlich der Werkzeugkosten und auch der Werkzeug-Wechselkosten nachteilig.
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Eine weitere Alternative zur hauptanspruchsgemäßen Spanbrucherzeugung mittels Drehparametervariation könnte ein gezieltes Abblasen des Spans sein, bspw. mit einem Kühlmittel, das aus einer Hochdruckdüse ausgelassen wird. Die Zugänglichkeit hierfür kann jedoch geometrischen Einschränkungen unterliegen, nämlich in Abhängigkeit von der Werkstückgeometrie nicht immer bzw. allenfalls schlecht möglich sein. Die unter hohem Druck abgelösten Späne können geschossartig auf die Werkstoffoberfläche treffen und z. B. Kratzer verursachen.
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Die hauptanspruchsgemäße Drehparametervariation ist auf eine Massenfertigung hin optimiert. Bei Betrachtung des einzelnen Werkstücks folgt sie einem vordefinierten Verlauf, es geht also nicht um eine adaptive Anpassung während des Zerspanens, sondern das Variationsprofil wird vorab festgelegt. Das Variationsprofil kann auf eine bestimmte Werkstückgeometrie abgestimmt sein (eine geeignete Spanlänge hängt bspw. auch von der Werkstückgröße ab), baugleiche Werkstücke werden dann jedoch mit demselben Drehparameterprofil bearbeitet, vgl. Anspruch 9.
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In bevorzugter Ausgestaltung wird der Vorschub moduliert, bevorzugt bleibt die Schnittgeschwindigkeit dabei konstant. Insbesondere bei einer CNC-Drehmaschine, bei welcher die Drehmeißelbewegungen computergesteuert werden, kann die Vorschubvariation vergleichsweise leicht zu implementieren sein. Je nach Werkstückgröße im Einzelnen kann dies gegenüber der Veränderung der Schnittgeschwindigkeit bspw. auch insoweit von Vorteil sein, als die Drehgeschwindigkeitsveränderung bei einer großen rotierenden Masse zumindest aufwendig sein kann.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird der Vorschub f im Zuge der Veränderung gegenüber einem mittleren Vorschub fmitt um den Betrag nach (+/-) mindestens 20 % verändert, wobei mindestens 30 % bzw. 40 % weiter und besonders bevorzugt sind. Mögliche Obergrenzen der Veränderung, die auch von Untergrenzen unabhängig von Interesse sein können und offenbart sein sollen, bspw. bei dem Betrag nach höchstens 80 %, 70 % bzw. 60 % liegen (in der Reihenfolge der Nennung zunehmend bevorzugt). Zur Illustration, liegt der maximale Vorschub fmax bspw. bei 0,05 mm, so kann im Zuge der Veränderung eine zeitweilige Verringerung auf fmin = 0,025 mm bevorzugt sein.
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In bevorzugter Ausgestaltung wird der mindestens eine Drehparameter periodisch moduliert, also mit einem sich wiederholenden Muster. Soweit im Allgemeinen ein Modulationsprofil hingegen vorab auch stochastisch erzeugt werden könnte, dessen Verlauf einer Zufallsverteilung folgen würde, ist eine periodische Modulation bevorzugt. Das periodische Muster zeichnet sich dann auch in der Dickenvariation bei der Spanbildung ab, es treten dann also auch die erwähnten „Sollbruchstellen“ im Wesentlichen äquidistant auf. Das Spanbruchverhalten kann damit gut vorhergesagt werden, und diese Reproduzierbarkeit ist speziell mit Blick auf die Massenfertigung von Bedeutung.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform folgt die periodische Modulation einem Sägezahnprofil. Dessen Grundschwingung zeichnet sich durch eine flach ansteigende Flanke und eine im Vergleich dazu steil abfallende Flanke aus, ebenso ist aber auch ein steiler Anstieg in Verbindung mit einem flachen Abfall möglich (umgekehrter Sägezahn).
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Bei einer alternativ bevorzugten Ausführungsform folgt die periodische Modulation einem Sinusprofil. Eine entsprechend gleichmäßige Modulation kann bspw. hinsichtlich einer Beanspruchung des Drehmeißels von Vorteil sein.
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Bei einer weiteren alternativen Ausführungsform folgt die periodische Modulation einer Sprungfunktion, die also periodisch zwischen einem Minimal- und einem Maximalwert hin- und herspringt.
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In bevorzugter Ausgestaltung der periodischen Veränderung liegt deren Periodendauer T bei mindestens 0,05 s, wobei mindestens 0,1 s bzw. 0,125 s weiter und besonders bevorzugt sind. Vorteilhafte Obergrenzen, die im Allgemeinen auch unabhängig von den Untergrenzen offenbart sein sollen, liegen bei in der Reihenfolge der Nennung zunehmend bevorzugt höchstens 1 s, 0,75 s bzw. 0,5 s.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform ist das Werkstück aus einem hochwarmfesten Werkstückmaterial vorgesehen. Hochwarmfeste Werkstückmaterialien sind frei von Blei- bzw. Schwefelzusätzen, die ansonsten den Spanbruch begünstigen können. Der Spanbruch kann bei hochwarmfesten Materialien also besonders kritisch sein, weswegen andererseits die Vorteile des vorliegenden Verfahrens im Besonderen zu tragen kommen.
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In bevorzugter Ausgestaltung ist das hochwarmfeste Werkstückmaterial eine Nickel-, Titan- oder Kobaltlegierung. Im Allgemeinen ist aber bspw. auch Aluminium denkbar.
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Wie bereits erwähnt, werden in bevorzugter Ausgestaltung eine Mehrzahl zueinander baugleiche Werkstücke bearbeitet, wobei die Drehparametervariation dabei jeweils demselben vordefinierten Verlauf folgt. „Baugleich“ meint insoweit, dass die Werkstücke dieselbe Ausgangsform (und auch Endform) haben und aus demselben Werkstückmaterial vorgesehen sind. Bevorzugt werden die Mehrzahl Werkstücke sequenziell auf derselben Drehmaschine bearbeitet (und dabei jeweils mit demselben Variationsprofil beaufschlagt).
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Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils oder Moduls für eine Strömungsmaschine, wobei das Bauteil als Werkstück in einer vorliegend offenbarten Weise durch Drehen bearbeitet wird. Die Strömungsmaschine ist bevorzugt ein Flugtriebwerk. Das Modul kann bspw. ein Turbinenmodul, etwa ein Hochdruck- oder Niederdruck-Turbinenmodul, bzw. auch ein Turbinenzwischengehäuse, ein Verdichtermodul, ein Drehmoment übertragendes Bauteil (Wellen, Schäfte etc.) sein. Das Bauteil kann bspw. eine Scheibe sein, welche die Laufschaufeln aufnimmt, es kann sich aber auch um ein Gehäuse- bzw. Bliskbauteil handeln. Es lassen sich insbesondere Verdichterscheiben, Verdichterläufer, Verdichtergehäuse, Blisker etc. herstellen.
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Die Erfindung betrifft auch eine Drehmaschine zum Bearbeiten eines Werkstücks durch Drehen, wobei eine Steuereinheit der Drehmaschine zur Durchführung eines vorliegend beschriebenen Verfahrens eingerichtet ist. In der Steuereinheit ist also ein entsprechendes Programm hinterlegt, mit welchem die Drehzahl oder bevorzugt der Vorschub in einer beschriebenen Weise moduliert wird.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert, wobei die einzelnen Merkmale im Rahmen der nebengeordneten Ansprüche auch in anderer Kombination erfindungswesentlich sein können und auch weiterhin nicht im Einzelnen zwischen den unterschiedlichen Anspruchskategorien unterschieden wird.
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Im Einzelnen zeigt
- 1 eine spanhebende Bearbeitung eines Werkstücks in schematischer Darstellung;
- 2 ein Diagramm zur Illustration der Vorschubmodulation während der Werkstückbearbeitung gemäß 1;
- 3 eine Drehmaschine in schematischer Darstellung.
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Bevorzugte Ausführung der Erfindung
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1 zeigt ein Werkstück 1, das durch Drehen spanhebend bearbeitet wird. Das Werkstück 1 rotiert um eine Drehachse 2, währenddessen wird mit einem Drehmei-ßel 3 die zu erzeugende Kontur abgefahren. Infolgedessen wird Werkstückmaterial in Form eines Spans 4 abgetragen.
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Der Drehmeißel 3 wird in 1 von rechts nach links bewegt, vgl. den Pfeil. Nach dieser Bewegung bestimmt sich der Vorschub f, der in der Regel in Millimeter pro Umdrehung angegeben wird. Da das Werkstück 1 aus einem hochwarmfesten, schwer zerspanbaren Werkstückmaterial vorgesehen ist, wird der Drehmeißel 3 nicht mit einem konstanten Vorschub f bewegt, sondern wird dieser moduliert.
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Dies illustriert das Diagramm gemäß 2, auf dessen x-Achse ist die Zeit (t) aufgetragen, auf der y-Achse der Vorschub (f). Der Vorschub f unterliegt einer sinusförmigen Variation, woraus ein Span 4 mit entsprechend variierender Dicke resultiert. Die Dicke des Spans 4 nimmt also der Modulation entsprechend wiederholt zu und ab, womit dem Span 4 Sollbruchstellen vorgegeben sind. Diese begünstigen den Spanbruch und damit kurze Späne, was aus verschiedenen Gründen vorteilhaft ist, vgl. die Beschreibungseinleitung im Einzelnen.
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Auch in Abhängigkeit von der Größe des Werkstücks 1 kann bspw. eine Variation des Vorschubs f zwischen fmin = 0,025 mm und fmax = 0,05 mm vorteilhaft sein. Bevorzugt ist eine periodische Variation, wobei die Periodendauer T bevorzugt bei rund 0,25 s liegen kann.
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3 zeigt eine Drehmaschine 30 in schematischer Darstellung. Das Werkstück 1 ist in einer Dreheinheit 31 drehbar gehaltert, der Drehmeißel 3 wird über eine Steuereinheit 32 bewegt. In dieser ist die Vorschubmodulation hinterlegt. Experimentelle Untersuchungen der Erfinder wurden an einem Werkstück 1 aus Inconel 718 durchgeführt, wobei beim Einstechdrehen die Stechbreite bei 5 mm und die Einstechtiefe bei 6 mm lag. Der Spanwinkel betrug 5°, der Freiwinkel 10° (Schneidstoff: Hartmetall KCU10). Die Schnittgeschwindigkeit vc lag bei rund 40 m/min.
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Bezugszeichenliste
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- Werkstück
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1
- Drehachse
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2
- Drehmeißel
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3
- Span
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4
- Drehmaschine
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30
- Dreheinheit
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31
- Steuereinheit
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32
- Vorschub
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f
- Zeit
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t