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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen der Alterung eines Bipolartransistors mit isolierter Gate-Elektrode und ein Verfahren zum Abschalten oder Funktionseinschränken eines Bipolartransistors mit isolierter Gate-Elektrode sowie eine Vorrichtung mit einem Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode.
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Aufgrund des zyklischen Verlaufs der Sperrschichttemperatur in einem Leistungshalbleiter, wie beispielsweise einem IGBT, und der thermischen Ausdehnung kommt es zu mechanischen Spannungen in der Aufbau- oder entsprechend Verbindungstechnik. Lotschichtdegradation oder Bonddrahtschäden sind entsprechend bekannte Ausfall- oder Einschränkmechanismen.
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Bisher wird unter Kenntnis der Sperrschichttemperatur anhand von Lebensdauermodellen der Lebensdauerverbrauch abgeschätzt. Die Bestimmung der Sperrschichttemperatur in einem geschlossenen Leistungshalbleitermodul stellt eine Herausforderung dar. Dazu gibt es den Ansatz die im Leistungshalbleiter auftretenden Verlustleistungen Q̇̇ anhand eines thermischen Netzwerkes zu berechnen. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Auswertung von temperatursensitiven Parametern (TSEPs).
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Diese Parameter sind elektrische Größen des Leistungshalbleiters, welche sich mit der Sperrschichttemperatur verändern. Zudem wird neben derartigen Ansätzen im Stand der Technik auch zusätzliche Sensorik an den Leistungshalbleitern angebracht.
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Weiterhin wird nach dem Stand der Technik im Allgemeinen versucht eine Sperrschichttemperatur im Schaltbetrieb des Leistungshalbleiters zu bestimmen. Anschließend werden entsprechende Alterungseffekte identifiziert. Die Sperrschichttemperatur ist dabei insbesondere eine sogenannte „virtuelle Sperrschichttemperatur“, da diese eine analytische Ersatzgröße für eine inhomogene Temperaturverteilung über einem Siliziumchip des Leistungshalbleiters ist. So kann beispielsweise die Verlustleistung eines Leistungshalbleiters bestimmt werden und daraus mittels eines thermischen Netzwerkes die Sperrschichttemperatur berechnet werden (T. Krone, L. Dang Hung, M. Jung, A. Mertens, „Advanced Condition Monitoring System Based on On-Line Semiconductor Loss Measurements", ECCE 2016; T. Krone, L. Dang Hung, M. Jung, A. Mertens, „On-Line Semiconductor Switching Loss Measurement System for an Advanced Condition Monitoring Concept", EPE 2016).
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Zudem können temperatursensitive Parameter ausgewertet werden. Dabei wird zum einen die Einschaltschwellspannung, der interne Gatewiderstand oder die Ausschaltzeit herangezogen (J. A. Ccoa, B. Strauss, G. Mitic, A. Lindemann, „Investigation of Temperature Sensitive Electrical Parameters for Power Semiconductors (IGBT) in Real-Time Applications", PCIM 2014; B. Strauss, A. Lindemann, „Measuring the junction temperature of an IGBT using its threshold voltage as a temperature sensitive electrical parameter (TSEP)", SSD 2016; M. Denk, M. Bakran, „Junction Temperature Measurement during Inverter Operation using a TJ-IGBT-Driver", PCIM 2015; M. Denk, M. Bakran, „Investigation of the characteristic properties of IGBT power modules for robust in-situ health monitoring", EPE 2016; H. Kuhn, A. Mertens, „On-line junction temperature measurement of IGBTs based on temperature sensitive electrical parameters", EPE 2009;P. Sun, H. Luo, Y. Dong, W. Li, X. He, G. Chen, E. Yang, Z. Dong, „Online junction temperature extraction with turn-off delay time for high power IGBTs", ECCE 2014; H. Luo, Y. Chen, P. Sun, W. Li, X. He „Junction Temperature Extraction Approach With Turn-Off Delay Time for High-Voltage High-Power IGBT Modules", IEEE Transactions on Power Electronics 31 (2016); C. Felgemacher, B. Dombert, C. Noeding, P. Zacharias, „IGBT Online-Temperature Monitoring using Turn-Off Delay as a Temperature Sensitive Electrical Parameter", CIPS 2016; L. Li, P. Ning, X. Wen, Y. Li, Q. GE, D. Zhang, X. Tai, „A turn-off delay time measurement and junction temperature estimation method for IGBT", APEC 2017).
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Anhand der Sperrschichttemperatur und dem Strom, welcher durch den Leistungshalbleiter fließt, können Änderungen in der Durchlasscharakteristik des Leistungshalbleiters ausgewertet und Alterungseffekte bestimmt werden (R. Nielsen, J. Due, S. Munk-Nielsen, „Innovative measuring system for wear-out indication of high power IGBT modules", ECCE 2011).
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Zudem werden gemäß dem Stand der Technik mittels Lebensdauermodellen der Lebensdauerverbrauch bestimmt (M. Held, P. Jacob, G. Nicoletti, P. Scacco, M. H. Poech, „ Fast power cycling test of IGBT modules in traction application", Second Int. Conf. Power Electronics and Drive Systems 1997; R. Bayerer, T. Herrmann, T. Licht, J. Lutz, M. Feller, „Model for Power Cycling lifetime of IGBT Modules - variuous factors influencing lifetime", CIPS 2008) .
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Insbesondere wenn die Sperrschichttemperatur über die Ausschaltzeit bestimmt wird, ist eine aufwändige Kalibrierung erforderlich.
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Aufgabe der Erfindung ist es den Stand der Technik zu verbessern.
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Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Bestimmen der Alterung eines Bipolartransistors mit isolierter Gate-Elektrode, wobei der Bipolartransistor eine IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung aufweist, mit den Schritten
- - Ermitteln einer Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder einer abgeleiteten Größe der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung des Bipolartransistors,
- - messtechnisches Bestimmen der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder einer abgeleiteten Größe der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung und
- - Bilden einer Differenz der Abschätzungs-Emitter-Durchlassspannung oder der abgeleiteten Größe der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung und der messtechnisch bestimmten IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder der messtechnisch bestimmten abgeleiteten Größe der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung, sodass eine Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ermittelt ist, welche ein Maß für die Alterung des Bipolartransistors darstellt.
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Somit kann ohne aufwändige Kalibrierung und der „Hilfsgröße“ Sperrschichttemperatur ein direkter Parameter für die Alterung des Leistungshalbleiterbauelements bestimmt werden. Zudem kann dieser Wert während des Betriebes des Leistungshalbleiterbauelements kontinuierlich bestimmt werden und es kann bei Überschreiten eines Referenzwertes oder Schwellwertes ein Sicherheitsverfahren wie beispielsweise das Herunterdrosseln der Leistung und dergleichen eingeleitet werden.
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Zudem kann das Verfahren bei derzeit bereits verfügbaren geschlossenen Leistungshalbleiterelementen verwendet werden. Dies ist insbesondere deshalb möglich, da das Ermitteln der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung mit bereits vorliegenden Größen oder mit entsprechend geringem Nachrüstaufwand möglich ist.
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Ein wesentlicher Gedanke der Erfindung beruht darauf, dass die IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung durch Alterungseffekte, wie sie beispielsweise bei der Degeneration von Bonddrähten entstehen, eine wesentliche Veränderung erfolgt, wohingegen die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung sich nicht verändert. Dies liegt insbesondere daran, dass Größen zum Bestimmen der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung kaum der Alterung unterliegen.
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Folgendes begriffliche sei erläutert:
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Unter „Alterung“ eines Leistungshalbleiterelements, wie beispielsweise eines Bipolartransistors, wird die Einschränkung des Leistungshalbleiterelements aufgrund der Benutzung im Laufe der Zeit verstanden. So kann sich beispielsweise die Alterung durch eine Erhöhung der Temperatur, wie beispielsweise eine Erhöhung der Sperrschichttemperatur, manifestieren.
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Ein „Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode“ ist insbesondere ein sogenannter IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) und ist ein Halbleiterbauelement, das insbesondere in der Leistungselektronik verwendet wird, da es Vorteile des Bipolartransistors (gutes Durchlassverhalten, hohe Spannung und Robustheit) und die Vorteile eines Feldeffekttransistors (nahezu leistungslose Ansteuerung) vereinigt. Mithin sind sowohl n- und p- Kanal-IGBTs als selbstleitender oder selbstsperrender Typ umfasst.
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Die „IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung“ ist insbesondere die Spannung zwischen dem Kollektor- und Emitteranschluss im durchgeschalteten Fall. Die Durchlassspannung wird auch Flussspannung, Schleusenspannung, Schwellspannung oder Vorwärtsspannung bezeichnet.
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Die „Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung“ ist eine mittels einer Funktion zu ermittelnde Größe, welche im ungealterten Fall im Wesentlichen die IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung als Wert berechnet.
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Sowohl für die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung als auch für sämtliche weiteren Größen umfassen die zugehörigen abgeleiteten Größen jeweils Größen, welche proportional zu der Ursprungsgröße sind und/oder einen zusätzlichen Offsetwert, welcher positiv oder negativ sein kann, umfasst. Je nachdem, wie der Messaufbau ist und wo die einzelnen Größen bestimmt werden, weichen die Zahlen von der Ursprungsgröße und der jeweils abgeleiteten Größe voneinander ab, verhalten sich jedoch im Betrieb des Bipolartransistors im Wesentlichen gleich.
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Das „Ermitteln“ der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung erfolgt insbesondere mittels einer Funktion, in welche gemessene Werte verarbeitet werden. Dies kann beispielsweise innerhalb eines FPGAs oder aber auch eines Rechners, wie beispielsweise Steuergerät, erfolgen. Mithin liegt nach dem Ermitteln der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder der entsprechenden abgeleiteten Größe ein Zahlenwert vor.
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Ein „messtechnisches Bestimmen“ wird beispielsweise durch einen Spannungsmesser oder Strommesser realisiert, welcher die entsprechende Größe wie beispielsweise IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ermittelt. Nach dem messtechnischen Bestimmen liegt somit ebenfalls ein Zahlenwert für die entsprechende Größe vor.
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Beim „Bilden einer Differenz“ der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder abgeleiteten Größe der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung und der messtechnisch bestimmten IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder messtechnisch bestimmten abgeleiteten Größe der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung wird entsprechend in dem Rechner oder Steuergerät oder auch einer Transistorschaltung (Differenzbilder) die zuvor bestimmten Zahlenwerte oder Repräsentationen der Zahlenwerte voneinander abgezogen. Dabei kann sowohl der Betragswert als auch ein Wert mit negativen oder positiven Vorzeichen verwendet werden. Beim Bilden der Differenz wird als Wert die „Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ermittelt.
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Aufgrund dessen, dass sich die real anliegende IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung aufgrund von Alterung verändert und diese Alterungseffekte im Wesentlichen auf die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung keine oder nur eine geringe Auswirkung haben, ist die Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ein Maß für die Alterung des Bipolartransistors. Selbstverständlich können oder kann sich aufgrund von Verläufen oder des zeitlichen Ablaufs auch ein funktionaler Verlauf für die Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ergeben. Diese kann beispielsweise integriert, geglättet oder in sonstiger Weise signaltechnisch oder rechentechnisch aufbereitet werden.
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In einer weiteren Ausführungsform erfolgt das Ermitteln der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung oder der abgeleiteten Größe der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung mittels einer mathematischen Funktion und die mathematische Funktion ist oder weist als Variablen eine Ausschaltzeit des Bipolartransistors oder eine abgeleitete Größe der Ausschaltzeit des Bipolartransistors, eine Zwischenkreisspannung des Bipolartransistors oder eine abgeleitete Größe der Zwischenkreisspannung und einen Kollektorstrom oder eine abgeleitete Größe des Kollektorstroms auf, wobei die Ausschaltzeit, die abgeleitete Größe der Ausschaltzeit, die Zwischenkreisspannung, die abgeleitete Größe der Zwischenkreisspannung, der Kollektorstrom und/oder die abgeleitete Größe des Kollektorstroms messtechnisch bestimmbar sind.
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Ein Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode, weist zumeist einen Gatetreiber auf, mittels welchem automatisch sowohl die Zwischenkreisspannung als auch die Ausschaltzeit bestimmbar sind. Wird nun beispielsweise der Kollektorstrom an einer induktiven Last bestimmt, so liegen drei Größen vor, mittels derer die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung berechnet werden kann.
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Dabei beschreibt die „mathematische Funktion“ einen Verlauf, welcher anhand von Variablen und Parametern im Wesentlichen den Verlauf der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung im ungealterten Zustand nachbildet. Die mathematische Funktion kann dabei insbesondere
sein.
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Die Variablen der mathematischen Funktion sind
die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung, U
Zk die Zwischenkreisspannung, toff die Ausschaltzeit des Bipolartransistors und I
L der fließende Strom an der induktiven Last, welcher im Wesentlichen dem Kollektorstrom entspricht. C
1 bis C
16 sind die Parameter der mathematischen Funktion.
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Die „Zwischenkreisspannung“ ist insbesondere die Spannung, welche an dem Bipolartransistoren zur Versorgung anliegt. Bei einem Umrichter einer Windenergieanlage ist dies beispielsweise die Spannung, welche nach dem Gleichrichten vorliegt und welche durch ein Halbbrückenmodul an der Netzspannung angepasst werden soll. In einem Elektrofahrzeug entspricht die Zwischenkreisspannung insbesondere der Spannung der Batterie, welche für die Elektromotoren durch Halbbrücken aufbereitet werden soll.
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Die „Ausschaltzeit“ ist insbesondere die Zeit welche nach einem Abschaltsignal bis zum vollständigen Ausbilden der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung benötigt wird. Auch proportionale Zeiten, welche in dem zuvor beschriebenen Wirkzusammenhang ermittelbar sind, sind damit umfasst. So kann beispielsweise der Startzeitpunkt zum Bestimmen der Ausschaltzeit anhand einer negativen Spannungsflanke einer Gatetreiberspannung definiert werden. Das Ende der Ausschaltzeit kann beispielsweise durch eine positiv induzierte Spannung zwischen einem Leistungsemitter und einem Hilfsemitter oder auch anhand der Abnahme des Kollektorstroms, beispielsweise mit einer sogenannten Rogowski-Spule, ermittelt werden. Wesentlich ist, dass das messtechnische Bestimmen der Ausschaltzeit reproduzierbar bestimmt wird.
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Der „Kollektorstrom“ ist insbesondere der Strom, welcher durch den IGBT einem induktiven Verbraucher (induktive Last) aufgeprägt wird.
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Um auf eine messtechnische Bestimmung des Kollektorstroms zu verzichten kann alternativ oder ergänzend zum Ermitteln der Abschätzung-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung eine Einschaltzeit des Bipolartransistors oder eine abgeleitete Größe der Einschaltzeit des Bipolartransistors verwendet werden, wobei diese Größe entsprechend messtechnisch bestimmt wird.
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Vorteilhafterweise kann bei diesem Vorgehen auf das Bestimmen des Kollektorstroms verzichtet werden und sämtliche Größen werden im Allgemeinen bereits durch eine Messvorrichtung auf dem Gatetreiber zur Verfügung gestellt.
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Vorliegend hat sich überaschenderweise gezeigt, dass die Einschaltzeit ebenfalls zum Ermitteln einer Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung herangezogen werden kann.
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Um die Parameter der mathematischen Funktion zu bestimmen, kann durch ein mathematisches Anpassen mittels einer Anpassfunktion die mathematische Funktion bestimmt werden. Dies kann beispielsweise mittels der Methode der kleinsten Quadrate oder mittels des Levenberg-Marquardt-Algorithmus'.
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Mathematisches Anpassen wird auch als Fitten bezeichnet. Vorliegend wird dazu insbesondere ein ungealterter Bipolartransistor sämtlichen Systemzuständen ausgesetzt und es werden sowohl die IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannungen als auch die Messwerte für die Variablen zu jedem Zeitpunkt ermittelt. Der durch das Fitten sich ergebende Parametersatz wird anschließend beispielsweise in einem FPGA oder Steuergerät hinterlegt, sodass mittels der mathematischen Funktion die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ermittelt werden kann.
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Dieses Vorgehen erfolgt insbesondere in einem ungealterten Zustand des Bipolartransistors. Ein ungealterter Zustand liegt insbesondere dann vor, wenn ein Bipolartransistor weniger als 5% der Schaltvorgänge der zu erwartenden Lebensdauer durchgeführt hat. Insbesondere werden neu hergestellte IGBTs dafür verwendet.
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Aufgrund dessen, dass durch das vorher beschriebene Verfahren ein Maß für die Alterung des Bipolartransistors ermittelbar ist, kann die Aufgabe zusätzlich gelöst werden durch ein Verfahren zum Abschalten oder Funktionseinschränken eines Bipolartransistors mit isolierter Gate-Elektrode, wobei ein zuvor beschriebenes Verfahren zur Bestimmung der Alterung durchgeführt wird und das bei einem Überschreiten eines Schwellwertes der Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung der Bipolartransistor abgeschaltet oder eingeschränkt wird.
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Ein „Schwellwert“ auch als Grenzwert bezeichnet, ist der Wert, der beim Überschreiten dieses Wertes durch die Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung zum Funktionseinschränken oder Abschalten des Bipolartransistors mit isolierter Gate-Elektrode oder dem das entsprechend aufweisende Bauteil führt. Dabei kann der Schwellwert sowohl ein einzelner Wert als auch ein Funktionsverlauf eines Wertes darstellen.
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Zudem kann die Aufgabe gelöst werden durch eine Vorrichtung mit einem Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode, welche derart eingerichtet ist, dass ein zuvor beschriebenes Verfahren zum Bestimmen der Alterung eines Bipolartransistors oder ein zuvor beschriebenes Verfahren zum Abschalten oder Funktionseinschränkung eines Bipolartransistors durchgeführt wird.
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Dabei kann die Vorrichtung einen Gatetreiber aufweisen und die Vorrichtung derart eingerichtet sein, dass mittels des Gatetreibers, die Ausschaltzeit des Bipolartransistors oder die abgeleitete Größe der Ausschaltzeit des Bipolartransistors, die Zwischenkreisspannung des Bipolartransistors oder abgeleitete Größe der Zwischenkreisspannung des Bipolartransistors und/oder die Einschaltzeit des Bipolartransistors oder die abgeleitete Größe der Einschaltzeit des Bipolartransistors messtechnisch bestimmt werden.
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In dieser Ausgestaltung kann, sofern der Gatetreiber die Einschaltzeit oder die entsprechende abgeleitete Größe bestimmt auf eine zusätzliche messtechnische Vorrichtung, welche einen Kollektorstrom ermittelt, verzichtet werden.
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Insbesondere weist der Gate-Treiber eine Messschaltung zum messtechnischen Bestimmen der einzelnen Größen auf.
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Die „Vorrichtung“ kann beispielsweise ein Umrichter oder einen Umrichter aufweisende Windenergieanlage oder aufweisendes Elektrofahrzeug sein.
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In einer weiteren Ausführungsform weist die Vorrichtung eine induktive Last auf und die Vorrichtung ist derart eingerichtet, dass der Kollektorstrom oder eine abgeleitete Größe des Kollektorstroms an der induktiven Last messtechnisch bestimmt wird.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Dabei zeigen
- 1 eine stark schematische Darstellung eines Umrichters bestehend aus Halbbrückenmodulen und
- 2 ein schematisches Ablaufdiagramm zum Bestimmen der Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung.
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Eine Umrichterschaltung 101, welche eine Gleichspannung in eine Wechselspannung überführt, weist drei Halbbrücken 105 mit jeweils zwei IGBTs auf, wobei der Emitter des einen IGBT 103 mit dem Kollektor des anderen IGBT 103 elektrisch leitend miteinander verbunden sind. An jeder Halbbrücke 105 liegt die Zwischenkreisspannung UZk an. Jeder IGBT 103 weist einen Gatetreiber 107 auf, welcher das Gate ansteuert und welcher eine Messschaltung aufweist. Jeder Gatetreiber 107 ermittelt mittels der Messschaltung messtechnisch eine IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung UCE,on,e und eine Ausschaltzeit toff. Die Zwischenkreisspannung UZk an der Eingangsquelle für den gesamten Umrichter mittels Spannungsmesser gemessen.
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In einer ersten Alternative ermittelt der Gatetreiber zusätzlich eine Einschaltzeit ton. In einer zweiten Alternative wird der Strom I1, I2, I3 in der jeweiligen induktiven Last 109 messtechnisch bestimmt.
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In fabrikneuem Zustand werden die IGBTs
103 in die Umrichterschaltung eingebaut. Anschließend erfolgt ein Ermitteln der Funktion zum Bestimmen der Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung
Hierzu wird die Formel
verwendet. Für den Kollektorstrom I
L wird jeweils der an der induktiven Last
109 ermittelte Strom I
1, I
2, I
3 eingesetzt. Die Werte für toff werden durch die Messschaltung des Gatetreibers bereitgestellt. Die Spannung UZk wird an der Eingangsquelle gemessen. Analog kann eine Formel ŬCE, on, e für t
on ermittelt werden.
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Die Umrichterschaltung 101 wird einmal durch sämtliche Betriebszustände „gefahren“ und es werden mittels dem Levenberg-Marquardt-Algorithmus' die Parameter C1 bis C16 bestimmt.
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Die Funktion ÜCE,on,e mit den mittels Anpassung ermittelten Parameter C1 bis C16 wird in einem Steuergerät (nicht dargestellt) abgelegt. An das Steuergerät übertragen die einzelnen Gatetreiber während des Betriebes die Werte UCE,on,e und die Ausschaltzeit toff, sowie in einer Alternative die Einschaltzeit ton, wobei eine zuvor ermittelte entsprechende Formel für ŬCE, on, e verwendet wird. In einer anderen Alternative wird an das Steuergerät auch der messtechnisch ermittelte Stromwert an der induktiven Last 109 übermittelt. Das Steuergerät berechnet die Abschätzungs-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung ŬCE, on, e und zieht diesen Wert von dem durch den Gatetreiber 107 übermittelten Wert für die IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung rechentechnisch ab und bildet so den Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung δUCE,e.
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In eine Alternative ist die Umrichterschaltung 101 in einem Elektrofahrzeug eingebaut und versorgt dort entsprechende Elektromotoren, welche die induktive Last 109 darstellen. Wird nun im Fahrbetrieb des Elektrofahrzeugs festgestellt, dass die Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung δUCE,e oberhalb eines Schwellwertes liegt, wird die Umschalteinrichtung 101 mittels der Gatetreiber 107 in seiner Funktionalität derart eingeschränkt, dass die Höhe des geschalteten Stroms reduziert wird. Einem Fahrer wird dabei zusätzlich angezeigt, dass eine Fehlfunktion vorliegt und gegebenenfalls eine Werkstatt aufgesucht werden muss. Somit wird das Fahren nicht gänzlich unmöglich gemacht, sondern lediglich das Fahrverhalten eingeschränkt, sodass ein sicheres Verbringen des Elektrofahrzeuges zur Werkstatt realisiert werden kann.
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In einer weiteren Alternative wird die Umrichterschaltung 101 in einer Windenergieanlage eingesetzt und dient dazu, eine gleichgerichtete Spannung in eine netzkonforme Spannung umzuwandeln. Sollte hier wiederum festgestellt werden, dass die Delta-Kollektor-Emitter-Durchlassspannung δUCE,e einen Schwellwert übersteigt, kann die Windenergieanlage heruntergedrosselt und ein entsprechendes Wartungsteam angefordert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 101
- Umrichterschaltung
- 103
- IGBT
- 105
- Halbbrücke
- 107
- Gatetreiber
- 109
- induktive Last
- 211
- ermitteln von ŬCE, on, e
- 213
- Eingangsvariablen
- 215
- Differenzbildung
- 217
- messtechnisches Bestimmen der IGBT-Kollektor-Emitter-Durchlasspannung
- 219
- Alterungswert
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- T. Krone, L. Dang Hung, M. Jung, A. Mertens, „Advanced Condition Monitoring System Based on On-Line Semiconductor Loss Measurements“, ECCE 2016 [0005]
- T. Krone, L. Dang Hung, M. Jung, A. Mertens, „On-Line Semiconductor Switching Loss Measurement System for an Advanced Condition Monitoring Concept“, EPE 2016 [0005]
- J. A. Ccoa, B. Strauss, G. Mitic, A. Lindemann, „Investigation of Temperature Sensitive Electrical Parameters for Power Semiconductors (IGBT) in Real-Time Applications“, PCIM 2014 [0006]
- B. Strauss, A. Lindemann, „Measuring the junction temperature of an IGBT using its threshold voltage as a temperature sensitive electrical parameter (TSEP)“, SSD 2016 [0006]
- M. Denk, M. Bakran, „Junction Temperature Measurement during Inverter Operation using a TJ-IGBT-Driver“, PCIM 2015 [0006]
- M. Denk, M. Bakran, „Investigation of the characteristic properties of IGBT power modules for robust in-situ health monitoring“, EPE 2016 [0006]
- H. Kuhn, A. Mertens, „On-line junction temperature measurement of IGBTs based on temperature sensitive electrical parameters“, EPE 2009 [0006]
- P. Sun, H. Luo, Y. Dong, W. Li, X. He, G. Chen, E. Yang, Z. Dong, „Online junction temperature extraction with turn-off delay time for high power IGBTs“, ECCE 2014 [0006]
- H. Luo, Y. Chen, P. Sun, W. Li, X. He „Junction Temperature Extraction Approach With Turn-Off Delay Time for High-Voltage High-Power IGBT Modules“, IEEE Transactions on Power Electronics 31 (2016) [0006]
- C. Felgemacher, B. Dombert, C. Noeding, P. Zacharias, „IGBT Online-Temperature Monitoring using Turn-Off Delay as a Temperature Sensitive Electrical Parameter“, CIPS 2016 [0006]
- L. Li, P. Ning, X. Wen, Y. Li, Q. GE, D. Zhang, X. Tai, „A turn-off delay time measurement and junction temperature estimation method for IGBT“, APEC 2017 [0006]
- R. Nielsen, J. Due, S. Munk-Nielsen, „Innovative measuring system for wear-out indication of high power IGBT modules“, ECCE 2011 [0007]
- M. Held, P. Jacob, G. Nicoletti, P. Scacco, M. H. Poech, „ Fast power cycling test of IGBT modules in traction application“, Second Int. Conf. Power Electronics and Drive Systems 1997 [0008]
- R. Bayerer, T. Herrmann, T. Licht, J. Lutz, M. Feller, „Model for Power Cycling lifetime of IGBT Modules - variuous factors influencing lifetime“, CIPS 2008 [0008]