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Die Erfindung betrifft ein unwuchterregtes Werkzeugsystem zur inkrementellen Umformung der Oberfläche und der oberflächennahen Randschicht, dem maschinellen Oberflächenhämmern.
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Der Einsatz des maschinellen Oberflächenhämmerns dient insbesondere zur Einglättung, Kaltverfestigung und Mikrostrukturierung schwer zugänglicher Oberflächenbereiche von in der Umformtechnik eingesetzten Werkzeugen sowie allgemeinen Maschinenelementen, bei dem ein oszillierender Hammerkopf in einem definierten Bahnverlauf von einer Bearbeitungsmaschine, einem Industrieroboter oder einen anderen Manipulator über eine zu bearbeitende Oberfläche geführt wird.
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Aus dem Stand der Technik sind zum Einsatz dieses Verfahrens unterschiedliche Systeme bekannt, mit denen eine Bearbeitung beliebiger 3-D Freiformflächen ermöglicht wird. Die mechanischen Systeme (
DE 10 2015 203 487 A1 ) sind analog zu Schlagbohrmaschinenantrieben ausgestaltet und übertragen die Schlagenergie durch mechanisch gekoppelte stellglieder. Bei elektromagnetisch angetriebenen Werkzeugsystemen (
DE 10 2006 033 004 A1 ) bewegt sich ein Permanentmagnet oder ein elektrisch erzeugtes Magnetfeld in einem Erregerfeld und führt so zu einer linearen Bewegung des Stößels. Die Intensität der Bearbeitung sowie die Frequenz können sehr genau eingestellt werden.. Das pneumatische System (
DE 10 2010 019 547 A1 ) basiert auf der Verdrängung eines Kolbens durch anliegenden Luftdruck. Hierbei ist ein linearer Zusammenhang zwischen dem anliegenden Luftdruck und der Schlagenergie erkennbar. Die Gemeinsamkeit dieser Systeme ist die lineare Ausrichtung der Antriebe in Wirkrichtung. Nachteile der bisher bekannten Systeme liegen in der Einschränkung, dass keine schwer erreichbaren Oberflächen, wie sie beispielsweise bei Bohrungen (Mantelfläche) oder Hinterschneidungen vorliegen, bearbeitet werden können und ein großer Bauraum oberhalb der zu bearbeitenden Oberfläche notwendig ist. Die Umleitung der Schlagenergie in die schwer zu bearbeitenden Oberflächenbereiche ist zwar mit einem am Institut für Produktionstechnik entwickelten Hebelsystem möglich, hierbei muss jedoch eine erhebliche Reduktion der Schlagenergie des eigentlichen Aktuators in Kauf genommen werden und der notwendige Bauraum über der zu bearbeitenden Fläche ist groß.
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Weiterhin entsprechen die Unwuchterreger (
EP 1 728 716 A1 ) zur Anregung von Strukturen zur Schwingungsanalyse oder Unwuchtrüttler mit gegenläufigen Unwuchtscheiben (
DE 1 254 897 ) dem Stand der Technik. Mit diesen Vorrichtungen wird, wie in
DE 195 39 150 A1 beschrieben, eine geradlinige, kreisförmige, viereckförmige oder daraus kombinierte Schwingung erzeugt. Derartige Vibrationsantriebe eigenen sich gemäß der genannten Offenlegungsschrift (
DE 195 39 150 A1 ) besonders als Schwingungsanreger für Siebmaschinen, Fördereinrichtungen oder Rüttler, werden bislang jedoch nur in größerem Ausführungen und in keinem Fall zur Bearbeitung technischer Oberflächen eingesetzt.
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Basierend auf dem dargestellten Stand der Technik zum maschinellen Oberflächenhämmern und der Unwuchterregung liegt der Zweck der vorliegenden Erfindung darin, eine inkrementelle, maschinelle und deterministische Bearbeitung von Metalloberflächen zu ermöglichen, die durch ein dem Stand der Technik entsprechendes Hämmersystem nicht zugänglich sind oder bei denen ein großer Bauraum oberhalb der zu bearbeitenden Oberfläche benötigt wird. Aufgrund der Erfindung soll die Möglichkeit geschaffen werden, Energie mittels eines Hammerkopfes gezielt und gerichtet in die oberflächennahe Randschicht einzubringen und somit eine Einglättung, Härtesteigerung aufgrund von Kaltverfestigung, Druckeigenspannungen und Strukturierung zu realisieren. Während der Bearbeitung trifft die Flächennormale des Hammerkopfes wiederholt auf die Oberfläche des Werkstücks auf. Hierdurch ist eine effektive Bearbeitung der Oberfläche gegeben. Die behandelten Oberflächen weisen eine gleichbleibende und hohe Bearbeitungsqualität auf und der vergleichsweise große körperliche Einsatz zur manuellen abschließenden Oberflächenbearbeitung wird erheblich reduziert.
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Diese Vorteile können durch ein unwuchterregtes Hämmersystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 realisiert werden.
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Der Prozess der Oberflächenbearbeitung von schwer zugänglichen Oberflächenbereichen mittels maschinellem Oberflächenhämmern zur Einglättung, Härtesteigerung, dem Einbringen von Druckeigenspannungen und der Möglichkeit zur Oberflächenstrukturierung wird durch ein Verfahren mit den charakteristischen Eigenschaften nach Anspruch 6 realisiert.
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Weiterbildungen des Werkzeugsystems und des Verfahrens sind in den jeweiligen Unteransprüchen ausgeführt.
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Das erfindungsgemäße unwuchterregte Hämmersystem bezieht sich darauf, dass das System einen mittels gegenläufiger Unwuchtmassen angetriebenen Hammerkopf besitzt und eine Bearbeitungsmaschine umfasst, die der geführten Positionierung des Werkzeugsystems über einer zu bearbeitenden Oberfläche dient.
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Die Schlagenergie des Systems ist abhängig von der Drehzahl der Unwuchtmassen, welche in der Bearbeitungsfrequenz zum Ausdruck kommt, und dem Abstand des Hammerkopfes zur zu bearbeitenden Oberfläche in der Ruhelage, welcher als Hub beschrieben ist.
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Die Ausrichtung des Hämmersystems in Relation zur Oberfläche des Werkstücks erfolgt vorzugsweise über die aus den vorherigen Bearbeitungsschritten vorliegenden Datensätze eines verwendeten CAD/CAM-Systems. Durch Einlernen der Bearbeitungsmaschine ist ebenfalls ein automatisierter Werkzeugwechsel umsetzbar. Bei Verwendung des Spindelantriebs ist die Bearbeitungsfrequenz direkt über die Maschinensteuerung einstell- und regelbar. Vorteilhaft ist hierbei die Richtung der resultierenden Bearbeitungskraft senkrecht zur Ausrichtung der Maschinen- und Antriebsspindel. Aufgrund des Kraftflusses durch das konische Ende des Hämmersystems in direkter Umgebung des Hammerkopfes ist eine Beeinträchtigung der Spindellagerung der Bearbeitungsmaschine nicht zu erwarten.
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Im Vergleich zu den Hämmersystemen aus dem Stand der Technik weist das unwuchterregte Hämmersystem den besonderen Vorteil auf, dass die Bearbeitungsenergie zur Manipulation der Oberfläche mit den Unwuchtmassen in direkter Nähe zum Bearbeitungspunkt erzeugt wird und der Kraftfluss auf diese Art nicht über das Gehäuse und die Bearbeitungsmaschine läuft, sondern unmittelbar in das Werkstück übertragen wird.
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Der Antrieb liegt vorteilhaft koaxial mit der Drehachse der Unwuchtmassen im Bearbeitungskopf der Werkzeugmaschine. Hierdurch entfallen das Anbringen von Außenliegenden Anschlüssen und die Gefahr, dass Anschlussleitungen im Bereich des Bearbeitungsraumes den Verfahrweg des Systems einschränken oder sie beschädigt werden.
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In einer weiteren Ausführungsform kann das System mit einem eigenen Antrieb ausgestattet sein, sodass eine Ansteuerung über die Bearbeitungsmaschine entfällt und das System über eine eigene Drehzahlregelung verfügt. Dies ist besonders in Hinblick auf den Einsatz auf Industrierobotern vorteilhaft, da diese dann lediglich die Positionierung des unwuchterregten Hämmersystems relativ zur Oberfläche des Werkstücks übernehmen müssen.
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Durch den modularen Aufbau des Hämmersystems können Beschaffungskosten reduziert werden. Weiterhin lassen sich die Rüst- und Umbaukosten durch den Einsatz automatisierter Werkzeugwechsler reduzieren und die Stillstandszeiten vermindern.
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Die genannten und weitere Vorteile werden unter Bezugnahme auf die begleitenden Abbildungen nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel dargelegt.
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Das Gehäuse (5) des Hämmersystems nimmt die übrigen benötigten Komponenten auf. Es ist aus einem Stück gefertigt und am besonders hoch belasteten Bereich mit einem entsprechend großen Radius versehen, um der andauernden wechselnden Beanspruchung des Hämmerprozesses gerecht zu werden. Hammerkopfseitig läuft das Gehäuse konisch zu und ist mit einer Anschlussbohrung zur Fixierung des Bolzens der Hammerkopfaufnahme (13) versehen. Im rohrförmigen Teil befinden sich die Lagerstellen (9 und 12) für die Innen- und Hohlwelle (6 und 7) zum Antrieb der Unwuchtmassen (10 und 11). In Richtung des Manipulators sitzt im Gehäuse der Getriebekasten. Das gesamte System weist eine vergleichsweise geringe Baugröße und Masse auf.
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Das Getriebe besteht aus einem zweistufigen (1) und einem dreistufigen (3) Stirnradgetriebe. Die Drehzahl des Antriebs wird zunächst auf eine Welle geleitet, welche die Getriebeeinheit der Innenwelle (6) und der außen liegenden Hohlwelle (7) gleichermaßen antreibt. Das zweistufige Getriebe koppelt die Hohlwelle kinematisch an den Hauptantrieb, das dreistufige Getriebe definiert die Drehzahl der Innenwelle. Sowohl das zwei- als auch das dreistufige Getriebe besitzen eine Übersetzung von Eins. Durch den Unterschied in der Anzahl der Stufen dreht sich die Innenwelle entgegen des Drehsinnes der Hohlwelle. Die kinematische Kopplung der beiden verwendeten Wellen ist nötig, damit sich die Unwuchtmassen (10 und 11) jeweils im Umkehrpunkt treffen, eine maximale Kraft erzeugen und sich nach einer weiteren Drehung um 90° senkrecht zur Bewegungsbahn des Hammerkopfes gegenüberstehen. Somit werden die lateralen Kräfte ausgeglichen und das System führt lediglich eine Schwingung in die gewünschte Richtung aus. Ebenso können anstelle eine Getriebes anderweitig synchronisierte Einzelantriebe verwendet werden. Diese können ebenso wie das Getriebe gezielt verstimmt werden, um eine umlaufende Bewegung des Hammerkopfes zu generieren.
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Im Inneren des Gehäuses befinden sich die Hohlwelle (7) und Innenwelle (8) zur Realisierung der gegenläufigen Bewegung der Unwuchtmassen. Die Wellen sind im werkzeugseitigen Teil des Gehäuses mit je einem Gleitlager (9 und 12) gelagert. Im Getriebe werden die Wellen durch Kugellager (2 und 4) abgestützt. Die werkzeugseitigen Lager sind hierbei als ballige Gleitlager ausgeführt, was eine leichte Winkelabweichung im Betrieb zulässt. Zusätzlich weisen Gleitlager eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen schlagartige Beanspruchung auf und können selbstschmierend ausgeführt sein. Dies ermöglicht lange Wartungsintervalle. Die Getriebelager sind als standardmäßig erhältliche Rillenkugellager ausgeführt. Da im Getriebe selbst erwartungsgemäß keine großen, stoßartigen Lasten auftreten, ist dies vertretbar. Hinzu kommt eine gute Erreichbarkeit der Verschleißteile in diesem Bereich.
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Die Hammerkopfaufnahme (13) befindet sich am konisch zulaufenden Bereich des Gehäuses (5). Sie ist als Drehteil mit einer Ausnehmung und einer Bohrung zur Montage des Hammerkopfes (14) konstruiert. Die Aufnahme des Hammerkopfes besitzt eine entsprechende Passung zur Anbindung an das Gehäuse sowie zur Aufnahme des Hammerkopfes im Bereich der Spitze des Werkzeugs. Eine Montage und Demontage des Hammerkopfes ist durch die gute Zugänglichkeit jederzeit und ohne Spezialwerkzeug möglich.
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Wird das Werkzeugsystem autonom, das heißt ohne Rückgriff auf ein Bearbeitungszentrum oder einen Industrieroboter mit Spindelantrieb genutzt, kann am Werkzeug ein regelbarer Elektromotor angebracht werden. Dieser ermöglicht dann die gegenläufige Bewegung der Unwuchtmassen. Ist ein Spindelantrieb vorhanden, kann dieser zum Antrieb des Hämmersystems genutzt werden. Durch die Übersetzung des implementierten Getriebes von 1:1 kann die Hämmerfrequenz im eingeschwungenen Zustand über die Drehzahl des Spindelantriebs geregelt werden. Hierzu muss lediglich die Drehzahl des Bearbeitungszentrums angepasst werden.
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Aufgrund der Konstruktion der Hohlwelle ist es weiterhin möglich, das Werkzeug durch einen definierten Kühlstrom in einer angemessenen Betriebstemperatur zu halten. Das Kühlmedium, bspw. Luft oder ein beliebiger Kühlschmierstoff, kann dann im Inneren der Hohlwelle bis in die Werkzeugspitze gefördert werden und an deren Außenseite entlang des Gehäuses mittels eines Ventils am getriebeseitigen Ende des Werkzeugs wieder aus dem System entnommen werden. Somit lassen sich nicht nur Getriebe, Wellen und Lager, sondern auch die Werkzeugspitze ausreichend kühlen.
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Zur Aufnahme des Werkzeugs am Manipulator kann ein beliebiger Adapter angeflanscht werden. Eine modulare Ausführung ist möglich, was die Einsatzmöglichkeiten des Systems in hohem Maße ausdehnt.
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Die Merkmale des Werkzeugsystems lassen sich folgendermaßen stichpunktartig zusammenfassen:
- • Bearbeitung schwer zugänglicher Oberflächenbereiche möglich
- • Nutzung eines vorhandenen Spindelantriebs inklusive Steuerung und Regelung
- • keine axiale Belastung der Spindellagerung
- • Einsatz auf Bearbeitungsmaschinen oder Industrierobotern möglich
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102015203487 A1 [0003]
- DE 102006033004 A1 [0003]
- DE 102010019547 A1 [0003]
- EP 1728716 A1 [0004]
- DE 1254897 [0004]
- DE 19539150 A1 [0004]