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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage, welche wenigstens ein Rotorblatt aufweist, wobei Sensorsignale, die geeignet sind, eine Blattbelastung an dem wenigstens einen Rotorblatt zu charakterisieren, erfasst werden, eine Blattbelastung auf der Grundlage der erfassten Sensorsignale und einer Kalibrierfunktion ermittelt wird, und die Windenergieanlage, insbesondere ein Einstellwinkel des wenigstens einen Rotorblatts, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung gesteuert wird.
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Bei Steuer- bzw. Regelstrategien zur Minimierung von Belastungen einer Windenergieanlage kommt insbesondere eine Steuerung eines Einstellwinkels der Rotorblätter zum Einsatz. Vorzugsweise werden hierbei die Rotorblätter individuell während des Umlaufs in den Wind gedreht (gepitcht), so dass eine mechanische Gesamtlast, die über eine Rotornabe, eine Rotorwelle und eine Gondel auf einen Turm der Windenergieanlage eingeleitet wird, minimiert werden kann. In diesem Fall wird von einer individuellen Einstellwinkel Steuerung gesprochen (Individual Pitch Control).
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Insbesondere ist es hierbei vorteilhaft, wenn eine individuelle Blattbelastung, insbesondere ein Blattbiegemoment, für jedes Rotorblatt zur Steuerung bereitgestellt werden kann. In diesem Fall wird von einer Rotorblatt Feedback Regelung gesprochen (Blade Feedback Control).
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Sensoren zur Messung von Blattbelastungen können im Allgemeinen nicht exakt an jenem Ort angebracht werden, an dem diese nach theoretischen Betrachtungen angebracht sein sollen. Des Weiteren können Sensoren im Verlauf der Zeit ihre Eigenschaft ändern, so dass eine Kalibrierung der Sensoren notwendig ist.
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Um Belastungsmessungen durchzuführen, werden üblicherweise Dehnungssensoren, beispielsweise Faser-Bragg-Gitter- (Fiber Bragg Grating-)Sensoren oder Dehnungsmessstreifen verwendet, die derart verschaltet werden, dass ausschließlich Biegedehnungen, nicht aber Normalkräfte aufgrund von Temperaturausdehnung oder Fliehkräften, berücksichtigt werden. Die Kalibrierung der Sensoren erfolgt üblicherweise statisch gegen das Schwerkraftbiegemoment aus der bekannten Masse und dem bekannten Schwerpunkt des Abstandes des Rotorblatts von der Messstelle bei waagerecht gestelltem Rotorblatt. Zur Bestimmung eines möglichen Offsets der Sensoren zur Messung der Blattbiegemomente wird das Rotorblatt vorzugsweise vertikal gestellt. Das Schlagbiegemoment des Rotorblatts, welches im Wesentlichen senkrecht zu einer Bezugsebene des Rotorblatts ist, oder das Schwenkbiegemoment, welches im Wesentlichen parallel zu einer Bezugsebene des Rotorblatts ist, ist hierbei durch Drehen des Blattstellwinkels um 90° ansprechbar.
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Die Druckschrift
WO 2008/014935 A2 betrifft ein Verfahren zum Kalibrieren wenigstens eines Sensors einer Windenergieanlage, wobei die Windenergieanlage wenigstens ein bewegbares Bauteil aufweist, wobei das Bauteil um eine vorbestimmbare Achse geschwenkt oder gedreht wird und wobei ein von dem wenigstens einen Sensor erfasster Messwert, der ein Maß für die Belastung des Bauteils ist, ausgewertet wird.
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Die
DE 102 19 664 A1 betrifft eine Windenergieanlage mit einem Turm, einer im Bereich der Spitze des Turms vorzugsweise auf einer bezüglich einer im Wesentlichen in Schwererichtung verlaufenden Drehachse drehbar gelagerten Maschinengondel, einen bezüglich einer im Wesentlichen horizontalen Rotorachse drehbar gelagerten und wenigstens ein bezüglich der Rotorachse im Wesentlichen radial abstehendes Rotorblatt aufweisenden Rotor, eine dem Rotor zugeordneten Sensoreinrichtung zum Erzeugen von Sensorsignalen in Abhängigkeit von der mechanischen Belastung des Rotors und einer die Sensorsignale empfangenden Auswerteeinrichtung, insbesondere Datenverarbeitungseinrichtung, wobei wenigstens einem, vorzugweise jedem, Rotorblatt des Rotors wenigstens zwei, vorzugsweise paarweise montierte, Sensorelemente zugeordnet sind und die Auswerteeinrichtung zum Ermitteln von die mechanischen Belastungen wenigstens eines Rotorblatts darstellenden Auswertungssignalen auf der Grundlage der von den diesem Rotorblatt zugeordneten Sensorelementen erzeugten Sensorsignalen ausgelegt ist.
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Es ist eine Aufgabe der Erfindung, eine Kalibrierung einer Steuerung einer Windenergieanlage zu verbessern. Diese Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen werden in den Unteransprüchen beansprucht.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage, welche wenigstens ein Rotorblatt aufweist, folgende Arbeitsschritte aufweisend:
- Erfassen von Sensorsignalen, die geeignet sind, eine Blattbelastung, insbesondere ein Schlagbiegemoment, an dem wenigstens einen Rotorblatt zu charakterisieren;
- Ermitteln einer Blattbelastung, insbesondere eines Werts der Blattbelastung, auf der Grundlage der erfassten Sensorsignale und einer Kalibrierfunktion; und
- Steuern der Windenergieanlage, insbesondere eines Einstellwinkels des einen Rotorblatts, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung, wobei die Kalibrierfunktion mittels Kalibriervorgängen auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung angepasst wird, wobei zum Anpassen der Kalibrierfunktion jüngere Kalibriervorgänge höher gewichtet werden als ältere Kalibriervorgänge. Vorzugsweise erfolgt das Gewichten in Abhängigkeit einer vordefinierten Zeitkonstante, welche vorzugsweise einen vordefinierten Zeitabschnitt definiert.
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Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage, welche wenigstens ein Rotorblatt aufweist, folgende Arbeitsschritte aufweisend: Erfassen von Sensorsignalen, die geeignet sind, eine Blattbelastung, insbesondere ein Schlagbiegemoment, an dem wenigstens einen Rotorblatt zu charakterisieren;
Ermitteln einer Blattbelastung, insbesondere eines Werts der Blattbelastung, auf der Grundlage der erfassten Sensorsignale und einer Kalibrierfunktion; und
Steuern der Windenergieanlage, insbesondere eines Einstellwinkels des wenigstens einen Rotorblatts, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung;
wobei die Kalibrierfunktion mittels Kalibriervorgängen auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung angepasst wird, wobei zum Anpassen der Kalibrierfunktion eine vordefinierte Anzahl an Kalibriervorgängen in Abhängigkeit einer vordefinierten Zeitkonstante, welche vorzugsweise einen vordefinierten Zeitabschnitt definiert, berücksichtigt werden, wobei vorzugsweise ein älterer Kalibriervorgang, insbesondere ein ältester Kalibriervorgang, nicht mehr berücksichtigt wird, sobald ein jüngerer Kalibriervorgang, insbesondere ein jüngster Kalibriervorgang, berücksichtigt wird.
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Vorzugsweise ist die Blattbelastung ein Biegemoment, insbesondere ein Schlagbiegemoment. Weiter vorzugsweise werden die erfindungsgemäßen Verfahren computergestützt ausgeführt. Entsprechend betrifft die Erfindung in einem dritten Aspekt ein System zum Betreiben einer Windenergieanlage, welche wenigstens ein Rotorblatt aufweist, aufweisend:
- Eine Schnittstelle, eingerichtet zum Erfassen von Sensorsignalen, die geeignet sind, eine Blattbelastung, insbesondere ein Schlagbiegemoment, an dem wenigstens einen Rotorblatt zu charakterisieren;
- Auswertungsmittel, eingerichtet zum Ermitteln einer Blattbelastung auf der Grundlage der erfassten Sensorsignale und einer Kalibrierfunktion, des Weiteren eingerichtet zum Anpassen der Kalibrierfunktion mittels Kalibriervorgängen auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung, wobei jüngere Kalibriervorgänge höher gewichtet werden als ältere Kalibriervorgänge und/oder wobei eine vordefinierte Anzahl an Kalibriervorgängen oder Kalibriervorgänge in Abhängigkeit einer vordefinierten Zeitkonstante, welche vorzugsweise einen vordefinierten Zeitabschnitt definiert, berücksichtigt werden, wobei vorzugsweise ein älterer Kalibriervorgang, insbesondere ein ältester Kalibriervorgang, nicht mehr berücksichtigt wird, sobald ein jüngerer Kalibriervorgang, insbesondere ein jüngster Kalibriervorgang, berücksichtigt wird; und
- Steuermittel zum Steuern der Windenergieanlage, insbesondere eines Einstellwinkels wenigstens eines Rotorblatts, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung.
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Weitere Aspekte der Erfindung betreffen ein Computerprogramm, ein Computer-lesbares Medium sowie eine Windenergieanlage.
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Die im Nachfolgenden erläuterten Merkmale und Vorteile in Bezug auf die erfindungsgemäßen Verfahren gemäß dem ersten und zweiten Aspekt der Erfindung gelten entsprechend auch für die anderen Aspekte der Erfindung.
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Ein Einstellwinkel im Sinne der Erfindung ist vorzugsweise ein um eine Rotorblattlängsachse gemessener Winkel zwischen einer Bezugsebene eines Rotorblatts und einer von der Rotorblattlängsachse beim Drehen des Rotors überstrichenen Rotorebene, die bevorzugt senkrecht zur Rotorachse liegt oder bei Rotoren mit Konuswinkel eine Kegelmantelfäche darstellt. Vorzugsweise ist der Einstellwinkel dann als 0° definiert, wenn das Rotorblatt in Betriebsstellung ist, d. h. im Betrieb mit optimaler Schnelllaufzahl die die maximale Leistung an der Rotorwelle liefert. Der Einstellwinkel kann alternativ oder zusätzlich auch als Winkel zwischen einer Rotorblattsehne, welche vorzugsweise zumindest im Wesentlichen von einer Rotorblattvorderkante zu einer Rotorblatthinterkante verläuft, an einem vordefinierten Profilschnitt des Rotorblatts und der oben genannten Rotorebene oder Kegelmantelfläche definiert sein.
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Ein Schlagbiegemoment im Sinne der Erfindung tritt vorzugsweise senkrecht zu der Bezugsebene des Rotorblatts auf. Vorzugsweise ist dieses dann senkrecht zu der Rotorebene, wenn der Einstellwinkel des Rotorblatts 0° beträgt.
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Ein Steuern einer Windenergieanlage im Sinne der vorliegenden Erfindung ist vorzugsweise ein Vorgeben von Sollwerten von Betriebsparametern der Windenergieanlage bei sich drehendem Rotor im Trudelbetrieb, bei welchem die Rotorblätter vorzugsweise in einer Fahnenstellung sind, oder im Produktionsbetrieb.
Eine Kalibrierfunktion im Sinne der Erfindung ist vorzugsweise eine Zuordnungsvorschrift zwischen Sensorsignalen oder Blattbelastungen als Eingangsgrößen und einer justierten Blattbelastung als Ausgangsgröße.
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Ein Gain im Sinne der Erfindung ist vorzugsweise ein Proportionalanteil einer Kalibrierfunktion.
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Ein Mittel im Sinne der vorliegenden Erfindung kann hard- und/oder softwaretechnisch ausgebildet sein, insbesondere eine, vorzugsweise mit einem Speicher- und/oder Bussystem daten- bzw. signalverbundene, insbesondere digitale, Verarbeitungs-, insbesondere Mikroprozessoreinheit (CPU) und/oder ein oder mehrere Programme oder Programmmodule aufweisen. Die CPU kann dazu ausgebildet sein, Befehle, die als ein in einem Speichersystem abgelegtes Programm implementiert sind, abzuarbeiten, Eingangssignale von einem Datenbus zu erfassen und/oder Ausgangssignale an einen Datenbus abzugeben. Ein Speichersystem kann ein oder mehrere, insbesondere verschiedene, Speichermedien, insbesondere optische, magnetische, Festkörper- und/oder andere nicht-flüchtige Medien, aufweisen. Das Programm kann derart beschaffen sein, dass es die hier beschriebenen Verfahren verkörpert bzw. auszuführen imstande ist, so dass die CPU die Schritte solcher Verfahren ausführen kann und damit insbesondere eine Windenergieanlage steuern und/oder überwachen kann.
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Eine Zeitkonstante im Sinne der Erfindung charakterisiert vorzugsweise eine charakteristische Zeitdauer oder Abklingdauer. Vorzugsweise kann die Zeitkonstante auch als Zeitraum angegeben werden.
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Die Erfindung basiert insbesondere auf dem Ansatz einer adaptiven Kalibrierung für Messungen der Blattbelastung an einem Sensor an einem Rotorblatt. Die Kalibrierung wird hierbei durchgeführt, während die Windenergieanlage einem kontinuierlichen Steuervorgang unterliegt.
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Sensorsignale, welche erfindungsgemäß erfasst werden, sind dabei geeignet, eine Blattbelastung, insbesondere ein Schlagbiegemoment, an dem wenigstens einen Rotorblatt zu charakterisieren. Erfindungsgemäß werden insbesondere dieselben Sensorsignale, anhand welcher die Windenergieanlage gesteuert wird, zusätzlich zum Kalibrieren einer Kalibrierfunktion in Bezug auf die zur Messung eingesetzten Sensoren verwendet. Auf der Grundlage dieser Kalibrierfunktion werden die Sensorsignale und/oder die auf der Grundlage der Sensorsignale ermittelten Blattbelastungen korrigiert.
Um einzelne Messwerte der Sensoren, welche weitab der üblichen erhaltenen Sensormessungen liegen, sogenannte Einzelausreißer, nicht zur Grundlage der Steuerung der Windenergieanlage zu machen, wird die Kalibrierfunktion erfindungsgemäß nicht mittels einzelner Messungen und/oder darauf basierender ermittelter Blattbelastungen angepasst, sondern es wird eine Mehrzahl an Messungen berücksichtigt, um die Kalibrierfunktion anzupassen. Insbesondere wird hierzu eine Mehrzahl an Kalibriervorgängen herangezogen. Ein Kalibriervorgang im Sinne der Erfindung beruht hierbei vorzugsweise auf einem Ermitteln einer Abweichung der auf der Grundlage von Messungen ermittelten Blattbelastung von einer Soll-Blattbelastung. Durch das Berücksichtigen einer Mehrzahl an Messwerten bzw. einer Mehrzahl an Kalibriervorgängen, insbesondere einer vordefinierten Anzahl oder einer Anzahl in Abhängigkeit einer vordefinierten Zeitkonstante, welche vorzugsweise einen vordefinierten Zeitabschnitt definiert, wird der Einfluss einzelner Messungen bzw. Kalibriervorgänge auf die Kalibrierfunktion reduziert. Hierdurch wird eine statistisch hochwertige Anpassung der Kalibrierfunktion erreicht.
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Vorzugsweise werden erfindungsgemäß darüber hinaus jüngere Messwerte oder Kalibriervorgänge höher gewichtet als ältere Messwerte bzw. Kalibriervorgänge. Jüngere Kalibriervorgänge sind hierbei die zuletzt ausgeführten Kalibriervorgänge. Der jüngste Kalibriervorgang ist demnach der als letztes ausgeführte Kalibriervorgang. Alternativ oder zusätzlich wird erfindungsgemäß, nachdem ein neuer Messwert gemessen bzw. ein neuer Kalibriervorgang durchgeführt wurde und dieser Messwert bzw. Kalibriervorgang zum Anpassen der Kalibrierfunktion berücksichtigt wird, ein älterer Messwert bzw. Kalibriervorgang, insbesondere der älteste Kalibriervorgang, nicht mehr berücksichtigt.
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Durch die höhere Gewichtung jüngerer Messwerte bzw. Kalibriervorgänge und das Aussortieren älterer Kalibriervorgänge wird erreicht, dass die Anpassung auf jeweils jüngste Veränderungen an den Sensoren oder den Rotorblättern, welche eine Nach-Kalibrierung vonnöten machen, reagiert. Ältere Messwerte bzw. Kalibriervorgänge werden hierbei zwar noch berücksichtigt, um Störeffekte durch die sogenannten Einzelausreißer zu verringern. Eine dauerhafte Abweichung der aus den Sensorsignalen ermittelten Blattbelastungen, welche eine Nach-Kalibrierung notwendig macht, wird jedoch durch den nach und nach zunehmenden Einfluss der jüngeren Messwerte bzw. Kalibriervorgänge berücksichtigt.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren wird die Kalibrierfunktion kontinuierlich im Betrieb der Windenergieanlage angepasst. Ein solches Anpassen, welches insbesondere auch während des Betriebs der Windenergieanlage stattfindet, steht im Gegensatz zu Kalibrierungsverfahren, bei denen die Windenergieanlage in eine vordefinierte stationäre Stellung gebracht werden muss. Insbesondere ist auf diese Weise eine ständige Nach-Kalibrierung möglich.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren wird die Kalibrierfunktion ausschließlich dann angepasst, wenn vordefinierte Kriterien, insbesondere in Bezug auf die Betriebsbedingungen oder einen Betriebszustand der Windenergieanlage, erfüllt sind. Betriebsbedingungen sind vorzugsweise Umweltparameter wie Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Tageszeit etc. Durch das Berücksichtigen von Kriterien als Randbedingungen kann gewährleistet werden, dass nur solche Messwerte bzw. Kalibrierungsvorgänge bei dem Anpassen der Kalibrierfunktion berücksichtigt werden, welche eine hohe Aussagekraft in Bezug auf systematische Fehler bei der Messung durch Sensoren aufweisen. Auch werden vorzugsweise nur solche Zeiträume berücksichtigt, während welcher die vordefinierten Kriterien erfüllt sind.
In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung weisen die erfindungsgemäßen Verfahren des Weiteren den Arbeitsschritt auf:
- Ermitteln wenigstens eines Korrekturparameters der Kalibrierfunktion, insbesondere einen Offset und/oder Gain, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung. Die Korrekturparameter werden vorzugsweise in einem Kalibriervorgang ermittelt und der jeweils zum Anpassen der Kalibrierfunktion verwendete Korrekturparameter wird auf der Grundlage einer Mehrzahl von Kalibriervorgängen berechnet.
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Entsprechend ist das Auswertungsmittel in einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Systems eingerichtet, wenigstens einen Korrekturparameter zu der Kalibrierfunktion auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung zu ermitteln.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren ist die Zeitkonstante nach einem Neustart der Windenergieanlage, insbesondere nach einer Neuinstallation oder einem Komponentenaustausch, kleiner, insbesondere 10 bis 75 % der Zeitkonstante im laufenden Betrieb. Durch die kleinere Zeitkonstante nach einem Neustart werden weniger Messwerte bzw. Kalibriervorgänge für die Anpassung der Korrekturfunktion berücksichtigt, so dass der Anpassungsvorgang schneller von statten gehen kann. Da die Windenergieanlage mit einer Default-Korrekturfunktion ausgestattet wird bzw. mit Default-Werten der Korrekturparameter gestartet wird (vorzugsweise 0 für Offset, 1 für Gain), ist das relativ schnelle erstmalige Anpassen auf die realen Verhältnisse besonders wichtig. Vorzugsweise wird nach einem erstmaligen Anpassen der Kalibrierfunktion nach der Neuinstallation der Windenergieanlage oder dem Komponentenaustausch auf die vordefinierte Zeitkonstante im laufenden Betrieb umgestellt. Vorzugweise entspricht die Zeitdauer, nach welcher umgestellt wird, 1 bis 10 Mal der Zeitkonstante.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt eine Wichtung der Kalibriervorgänge in der Weise, dass neue Kalibriervorgänge eine Anpassung der Kalibrierfunktion bewirken, welche eine vorbestimmte Differenz in Bezug auf eine Änderung eines Werts der Kalibrierfunktion nicht übersteigt. Hierdurch kann ein geglättetes Verhalten bei der Steuerung der Windenergieanlage erreicht werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt die Wichtung in der Weise, dass eine Anpassung der Kalibrierfunktion über die vorbestimmte Differenz hinaus eine Vielzahl an Kalibriervorgängen erfordert, insbesondere wenigstens ein Drittel der zur Anpassung berücksichtigten Kalibriervorgänge. Auch hierdurch wird ein besonders geglättetes Steuerverhalten der Windenergieanlage erreicht. Insbesondere können auf diese Weise Sprünge bei der Sollwertvorgabe für die Einstellparameter der Windenergieanlage vermieden werden. Ein solcher Einstellparameter ist beispielsweise der individuelle Einstellwinkel für ein jeweiliges Rotorblatt.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird beim Berücksichtigen der Kalibriervorgänge eine Verzögerungsfunktion, insbesondere eine Funktion eines PT1-Glieds, abgebildet.
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Ein PT1-Glied im Sinne der Erfindung ist vorzugsweise eine Übertragungsfunktion mit proportionalem Übertragungsverhalten mit Verzögerung erster Ordnung. Vorzugsweise ist die zeitliche Antwort eines PT1-Glieds in Bezug auf einen Eingangswert im zeitlichen Verlauf eine Exponentialfunktion.
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Eine Wichtung
A der Kalibriervorgänge beträgt demnach anfänglich K und nimmt nach und nach im zeitlichen Verlauf ab, je länger die Kalibriervorgänge zurückliegen. Mathematisch kann dieser Verlauf durch die folgende Beziehung beschrieben werden:
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K gibt hierbei den anfänglichen Wert an, T ist eine vordefinierte Zeitkonstante des PT1-Glieds. Der zuletzt berücksichtigte Wert, d.h. der jüngste Wert, liegt bei t=0. Die Wichtung der Werte nimmt ab, je älter die Werte sind.
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Die Verwendung einer Verzögerungsfunktion bewirkt eine besonders vorteilhafte Glättung des Steuerverhaltens der Windenergieanlage.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung weisen die erfindungsgemäßen Verfahren, in welchen die Korrekturparameter ein Offset und/oder ein Gain sind, des Weiteren folgende Arbeitsschritte auf:
- Ermitteln eines Offset-Werts der Kalibrierfunktion für das wenigstens eine Rotorblatt, wobei ausschließlich Werte der Blattbelastung innerhalb eines vordefinierten Winkelsektors α um die obere Drehstellung des Rotorblatts, insbesondere etwa 3° ≥ α ≥ -3° berücksichtigt werden; und/oder
- Ermitteln eines Gain-Werts der Kalibrierfunktion des wenigstens einen Rotorblatts, wobei ausschließlich Werte der Blattbelastung, welche eine Randbedingung in Bezug auf eine vordefinierten Zeitkonstante erfüllen, welche vorzugsweise einen vordefinierten Zeitabschnitt definiert, welcher vorzugsweise wenigstens einer halben Umdrehung, bevorzugt einer ganzen oder zwei Umdrehungen, des Rotors entspricht, berücksichtigt werden; und wobei die Kalibrierfunktion mittels der ermittelten Werte angepasst wird.
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In einer obere Drehstellung im Sinne der Erfindung zeigt ein Rotorblatt vertikal nach oben. Diese obere Drehstellung entspricht erfindungsgemäß etwa α = 0°.
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Zusätzlich werden beim Ermitteln des Gain-Werts vorzugsweise auch andere Parameter berücksichtigt, insbesondere ein Drehmoment.
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Durch die Berücksichtigung von Werten im Bereich der oberen Drehstellung des Rotorblatts können Einflüsse durch einen Tilt- und Konus-Winkel der Rotorblätter weitgehend kompensiert werden, weil diese Winkel in der oberen Position gegenläufig wirken und sich somit gegenseitig aufheben, so dass im Wesentlichen lediglich ein Einfluss des Eigengewichts des Rotorblatts als Einflussgröße auf den Sensor beim Ermitteln des Offset-Werts berücksichtigt werden muss.
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Durch die Berücksichtigung wenigstens einer halben Umdrehung eines Rotors bei dem Ermitteln des Gain-Werts werden relativ lange Zeitabschnitte berücksichtigt, welche eine besonders gute statistische Ausmittelung kurzzeitiger Betriebspunktabweichungen ermöglichen.
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Vorzugsweise werden die Korrekturparameter wenigstens einmal, insbesondere nach einer Neuinstallation der Windenergieanlage oder nach einem Austausch von Komponenten, mittels einer statischen Kalibrierung kalibriert, bei welcher die einzelnen Rotorblätter in vordefinierte Stellungen gebracht werden müssen. Ein solches Verfahren ist beispielsweise aus dem eingangs genannten Dokument
WO 2008/014935 A2 bekannt.
In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren ist die Kalibrierfunktion sensorspezifisch. Vorzugsweise sind für jede einzelne Sensoreinrichtung an den Rotorblättern jeweils eigene Kalibrierfunktionen vorgesehen, mittels welchen die individuellen Messfehler der einzelnen Sensoren korrigiert werden. Hierdurch wird eine besondere exakte Kalibration der Steuerung der gesamten Windenergieanlage ermöglicht.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren wird zum Ermitteln des wenigstens einen Korrekturparameters, insbesondere des Gain-Werts, eine auf der Grundlage der Sensorsignale ermittelte Blattbelastung mit einem Erwartungswert der Blattbelastung verglichen, welcher aus einer Datenbank mit empirischen oder simulierten Daten entnommen wird oder mittels einer Simulation bereitgestellt wird.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung weisen die erfindungsgemäßen Verfahren des Weiteren die folgenden Arbeitsschritte auf, wobei der wenigstens eine Korrekturparameter ein Gain ist:
- Abgleichen des Gain-Werts mit jeweils einem vordefinierten Grenzwert L, insbesondere 0,85 < L < 1,15, bevorzugt 0,92 < L < 1,08, besonders bevorzugt 0,94 < L < 1,06; und
- Ausgeben einer Statusmitteilung, insbesondere einer Warnmeldung oder einer Fehlermeldung, wenn der Gain-Wert den jeweils vordefinierten Grenzwert erreicht und/oder über- oder unterschreitet. Übersteigt der Gain-Wert einen vordefinierten Grenzwert, so ist dies ein Hinweis darauf, dass an dem Sensor oder dem jeweiligen Rotorblatt eine erhebliche Störung vorliegt. Beispielsweise könnten sich in diesem Fall einzelne Sensoren abgelöst haben oder eine Beschädigung des Rotorblatts vorliegen. Das Ausgeben einer Statusmitteilung an einen Benutzer initialisiert eine Überprüfung der Windenergieanlage durch den Benutzer.
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Entsprechend ist das Auswertungsmittel in einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Systems eingerichtet, den Gain-Wert mit jeweils einem vordefinierten Grenzwert L abzugleichen und eine Statusmitteilung auszugeben, wenn der Gain-Wert den jeweils vordefinierten Grenzwert erreicht und/oder über- oder unterschreitet.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren ist der wenigstens eine Korrekturparameter ein Offset und das Ermitteln des Offset-Werts erfolgt in einem Trudelbetrieb der Windanlage, vorzugsweise bei einer wahren Windgeschwindigkeit von weniger als etwa 4,5 m/s. Vorzugsweise wird der Offset-Wert auch nur ermittelt, wenn die Rotordrehzahl kleiner als eine vordefinierte Grenzdrehzahl ist, insbesondere etwa 2,5 U/min oder 25% der Nenndrehzahl. Weiter vorzugsweise wird der Offset-Wert lediglich ermittelt, wenn ein Einstellwinkel des Rotorblatts größer als ein vordefinierter Grenzwinkel, bevorzugt > etwa 55°, noch bevorzugter > etwa 69°, ist. Noch weiter vorzugsweise wird der Offset-Wert lediglich ermittelt, wenn eine Außentemperatur T > etwa 3° ist. Durch die einzelnen Maßnahmen wird gewährleistet, dass die für die Kalibrierung aufgenommenen Werte bei relativ geringen Belastungen des Rotorblatts erfolgt. Insbesondere ist die Anlage während des Ermittelns des Offset-Werts im Trudelbetrieb und nicht vereist.
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Durch die Filterung der Messungen, welche zum Bestimmen des Offsets verwendet werden, ergeben sich auch über einen längeren Zeitraum, je nach Witterungsverhältnissen, nur wenig relevante Messungen. Vorzugsweise ist daher ein Zeitzähler vorgesehen, welcher nur jene Zeiträume für die Kalibriervorgänge berücksichtigt, während welcher relevante Messungen auftreten. Entsprechend lang sind Kalibrierungszeiten, insbesondere wenn große Zeitkonstanten vorgesehen sind, also relativ viele Kalibriervorgänge zur Anpassung der Kalibrierfunktion berücksichtigt werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist der wenigstens eine Korrekturparameter ein Gain und das Ermitteln des Gain-Werts erfolgt in einem vordefinierten Intervall der Windgeschwindigkeit v, vorzugsweise etwa 7,5 m/s > v > 5,5 m/s. Vorzugsweise erfolgt das Ermitteln des Gain-Werts nach einem vordefinierten Intervall der Rotordrehzahl N, vorzugsweise etwa 98% der Nenndrehzahl oder etwa 9,5 U/min > N > 6,7 U/min oder etwa 70% der Nenndrehzahl. Weiter vorzugsweise erfolgt das Ermitteln des Gain-Werts in einem vordefinierten Intervall des Rotormoments MRot, vorzugsweise etwa ein Bereich von etwa 2% des Nennmoments, beispielsweise in einem Bereich zwischen 30% des Nennmoments und 60% des Nennmoments. In einer bevorzugten Ausführung etwa 44% des Nennmoments +-1% oder etwa 1250 kNm > MRot > 1200 kNm. Weiter vorzugsweise erfolgt das Ermitteln des Gain-Werts in einem vordefinierten Intervall des Schlagbiegemoments M, vorzugsweise zwischen etwa 40% und 70% des Nenn-Schlagbiegemomentes, also des mittleren Schlagbiegemomentes beim Erreichen der Nennleistung, wobei zum Kalibrieren des Gains nur ein vergleichsweise kleines Intervall in dem genannten Bereich zugelassen wird, z.B. zwischen etwa 65 und 65,5% des Nenn-Schlagbiegemomentes. Weiter vorzugsweise wenn eine Außentemperatur T > etwa 3 °C beträgt. Durch die vordefinierten Kriterien in Bezug auf die zum Ermitteln des Gain-Werts herangezogenen Messungen kann gewährleistet werden, dass die Blattbelastung in einem Bereich mit sehr reproduzierbaren Ergebnissen liegen. Insbesondere sind in diesem Bereich keine Abhängigkeiten von anderen Zustandsgrößen, wie beispielsweise der Luftdichte, vorhanden bzw. vernachlässigbar. Vorzugsweise liegt beim Ermitteln des Gain-Werts die Drehzahl im Bereich der optimalen Schnelllaufzahl.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verfahren weist der Rotor wenigstens zwei Rotorblätter auf und das Steuern umfasst ein Bestimmen eines individuellen Einstellwinkel-Sollwerts für jedes Rotorblatt, wobei ein Einstellwinkel jedes Rotorblatts auf der Grundlage dieses individuellen Einstellwinkel-Sollwerts eingestellt wird.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Ausführungsbeispielen, welche in Bezug auf die Figuren beschrieben werden. Hierbei zeigt wenigstens teilweise schematisiert:
- 1 eine Windenergieanlage mit einem System zum Betreiben der Windenergieanlage; und
- 2 ein Verfahren zum Betreiben der Windenergieanlage nach 1.
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1 zeigt eine Windenergieanlage 1 mit einem Turm 6, auf welchem ein Turmkopf in Form einer Maschinengondel 5 angebracht ist. Die Maschinengondel 5 ist um eine vertikale Drehachse A drehbar, um der jeweiligen Windrichtung WR, angedeutet durch einen Pfeil, nachgeführt werden zu können.
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An der Maschinengondel 5 ist ein Rotor 2 um eine Rotorachse R drehbar gelagert. Dieser Rotor weist drei Rotorblätter 3a, 3b, 3c auf, mittels welcher eine Rotornabe 4 bei Einwirken des Windes in Rotation versetzt wird. Der Rotor 2 ist vorzugsweise über ein Getriebe (nicht dargestellt) mit einer Generatoreinrichtung (nicht dargestellt) gekoppelt, um elektrische Energie zu erzeugen.
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Die Rotorblätter 3a, 3b, 3c sind jeweils um eine Rotorblattlängsachse E schwenkbar, wobei der Grad des Verschwenkens durch einen Einstellwinkel angegeben wird.
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Die Windenergieanlage 1 weist des Weiteren ein System 10 zum Betreiben der Windenergieanlage mit mehreren Komponenten auf, in der 1 dargestellt durch die geschweifte Klammer.
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Das System 10 weist vorzugsweise eine Positionserfassungseinrichtung 20 zum Erfassen der Drehstellung der Rotorblätter 3a, 3b, 3c auf. Vorzugsweise kann die Positionserfassungseinrichtung 20 auch den Einstellwinkel der Rotorblätter 3a, 3b, 3c um die Rotorblattlängsachse E erfassen.
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Das System 10 weist des Weiteren vorzugsweise Sensoreinrichtungen 40a, 40b auf, welche jeweils an einem der Rotorblätter 3a, 3b, 3c angeordnet sind, um die Blattbelastung an dem jeweiligen Rotorblatt 3a, 3b, 3c zu erfassen.
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Positionssignale mit Positionsdaten P (nicht in 1 dargestellt) der Positionserfassungseinrichtung 20 und Sensorsignale S (nicht in 1 dargestellt) mit Sensordaten werden in dem System 10 erfasst und mittels einer Schnittstelle 30 und an ein Auswertungsmittel 50 weitergereicht.
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Dieses Auswertungsmittel 50 ist dazu eingerichtet, auf der Grundlage der Positionssignale P, der Sensorsignale S und weiterer Referenzdaten R Blattbelastungen M (alle nicht in 1 dargestellt) an den Rotorblättern 3a, 3b, 3c zu ermitteln.
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Ein Steuermittel 60 des Systems 10 ist dazu eingerichtet, auf der Grundlage der ermittelten Blattbelastung M der Rotorblätter 3a, 3b, 3c die Windenergieanlage 1, insbesondere die Einstellwinkel der Rotorblätter 3a, 3b, 3c um die jeweilige Rotorblattlängsachse E, einzustellen. Auf diese Weise wird ein sicherer, verschleiß- und/oder ertragsoptimierter Betrieb der Windenergieanlage 1 gewährleistet.
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Ein von dem erfindungsgemäßen System 10 ausgeführtes Verfahren 100 zum Betreiben der Windenergieanlage 1 ist in 2 mittels eines Blockdiagramms dargestellt. Entsprechend weist das System 10 Mittel oder Module auf, insbesondere das Auswertungsmittel 50, welche hardwaretechnisch oder softwaretechnisch implementiert und eingerichtet sind, um ein solches Verfahren 100 computerimplementiert auszuführen.
Vorzugsweise umfasst ein Vorgang zum Steuern der Windenergieanlage 1 auf der Grundlage der Blattbelastung M der Rotorblätter 3a, 3b, 3c drei grundlegende Arbeitsschritte.
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So werden in einem ersten Arbeitsschritt 101 Sensorsignale S der Sensoreinrichtungen 40a, 40b erfasst. Diese Sensorsignale S charakterisieren ein an den Rotorblättern 3a, 3b, 3c anliegende Blattbelastung M, insbesondere ein Schlagbiegemoment. Anhand dieser Sensorsignale S werden die Schlagbiegemomente M an den Rotorblättern 3a, 3b, 3c mittels einer Zuordnungsvorschrift in einem zweiten Arbeitsschritt 102 bestimmt. Schließlich werden die Einstellwinkel, insbesondere Sollwerte der Einstellwinkel, der Rotorblätter 3a, 3b, 3c individuell auf der Grundlage der jeweils ermittelten Schlagbiegemomente M und etwaiger weiterer Steuerparameter der Windenergieanlage 1 in einem dritten Arbeitsschritt 103 ermittelt.
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Um eine zuverlässige und exakte Steuerung des Einstellwinkels der Rotorblätter 3a, 3b, 3c zu gewährleisten, ist es von Vorteil, die Zuordnungsvorschrift zwischen den Sensorsignale S und den zu ermittelnden Schlagbiegemomenten M den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.
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Daher enthält die Zuordnungsvorschrift zwischen den Sensorsignalen
S als Eingangsgröße und der Blattbelastung
M als Ausgangsgröße Kalibrierterme, welche erfindungsgemäß verallgemeinernd als Kalibrierfunktion, bezeichnet werden. Durch diese Kalibrierterme können insbesondere Sensor-Verstimmungen und Toleranzen und spezifische Eigenschaften der jeweiligen Rotorblätter
3a,
3b,
3c berücksichtigt werden. Vorzugsweise weisen die Kalibrierterme Korrekturparameter
KP auf. Im Falle eines linearen Kalibrierterms sind diese Kalibrierparameter
KP ein Offset-Parameter oder Offset, welcher zur Null-Punkt-Kalibrierung dient, und ein sogenannter Gain-Parameter oder Gain, welcher als Korrekturfaktor zum Ausgleich von Fehlern erster Ordnung dient.
Vorzugsweise weist eine Funktion zur Ermittlung eines Blattbiegemoments
M, insbesondere des Schlagbiegemoments, dabei folgende Form auf:
wobei m ein Umrechnungsfaktor von den Sensorsignalen
S zur Blattbelastung
M ist. Bei einem optimalen System ohne Kalibrierungsbedarf wäre der Offset
0 und der Gain
1.
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Des Weiteren können weitere Korrekturparameter KP vorgesehen sein, welche zur Korrektur von Fehlern höherer Ordnung dienen.
Vorzugsweise sind die Kalibrierfunktionen hierbei für jedes Rotorblatt 3a, 3b, 3c bzw. für jede Sensoreinrichtung 40a, 40b, welche an den Rotorblättern 3a, 3b, 3c angebracht ist, individuell angepasst. Diese Kalibrierfunktionen korrigieren vorzugsweise den auf der Grundlage einer Messung ermittelten Wert der Blattbelastung M. Alternativ kann die Kalibrierfunktion aber auch zum Korrigieren der unmittelbar aus den Sensoreinrichtungen 40a, 40b gewonnenen Sensorsignalen S eingesetzt werden.
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Die Kalibrierfunktion wird vorzugsweise kontinuierlich nachkalibriert, d. h. die Korrekturparameter KP werden kontinuierlich auf der Grundlage der zum Steuern der Windenergieanlage erfassten Sensorsignale ermittelt 104a, 104b. Dies ist insbesondere vorteilhaft, da die Sensoreinrichtungen 40a, 40b im Verlauf der Zeit ihre Eigenschaft ändern können (Sensordrift). Auch ist es möglich, dass die Rotorblätter 3a, 3b, 3c oder auch eine Einrichtung zum Verstellen des Einstellwinkels der Rotorblätter 3a, 3b, 3c beschädigt werden, so dass eine Nach-Kalibrierung der Windenergieanlage 1 notwendig wird.
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Vorzugsweise wird der Wert der Korrekturparameter KP auf der Grundlage des Positionssignals P der Rotorblätter 3a, 3b, 3c, insbesondere deren Drehstellung und deren jeweiliger Einstellwinkel, und Referenzdaten R sowie dem gemessenen Schlagbiegemoment M bestimmt 104a; 104b. Zum Ermitteln der Korrekturparameter KP wird hierbei eine Abweichung eines Werts des Schlagbiegemoments M, welcher auf der auf der Grundlage einer Zuordnungsvorschrift mit momentan gültigen Korrekturtermen ermittelt wurde, und einem Soll-Wert des Schlagbiegemoments M berechnet. Der Soll-Wert wird hierbei jeweils aus Referenzdaten R bestimmt. Die Korrekturparameter KP werden dann jeweils so eingestellt, dass eine solche Abweichung oder mehrere solcher Abweichungen möglichst gering oder sogar nicht mehr vorhanden ist bzw. sind.
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Vorzugsweise können die Referenzdaten R aus Messungen in Bezug auf das Schlagbiegemoment M in vordefinierten Betriebsbedingungen der Windenergieanlage ermittelt werden. Diese vordefinierten Betriebsparameter dienen als Randbedingungen und sind im Falle der Korrekturparameter KP Offset und Gain vorzugsweise verschieden. So sind für den Offset in erster Linie die Rotordrehzahl (Trudelzustand), der Einstellwinkel, die Drehstellung des Rotorblatts 3a, 3b, 3c sowie die Temperatur und die Windgeschwindigkeit als vordefinierte Betriebsbedingungen maßgeblich. Vorzugsweise werden die Referenzdaten R beim Offset in der oberen Drehstellung des jeweiligen Rotorblatts 3a, 3b, 3c bestimmt, da sich in dieser Drehstellung Einflüsse durch einen Tiltwinkel der Rotorachse R und einen Konuswinkel der Rotorblätter 3a, 3b, 3c auf die Blattbelastung M im Wesentlichen gegenseitig aufheben. In Bezug auf den Gain sind die Betriebsbedingungen vorzugsweise in Bezug auf die Parameter Rotordrehzahl, Windgeschwindigkeit, Rotor- oder Generatormoment,, sowie Außentemperatur maßgeblich.
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Alternativ oder zusätzlich können die Referenzdaten R als Erwartungswert bestimmt werden, welcher aus einer Datenbank mit empirischen oder simulierten Referenzdaten entnommen wird oder mittels einer Simulation bereitgestellt wird. Die Referenzdaten R können dabei als Funktion, aber auch in jeder anderen Art von eindeutiger Zuordnungsvorschrift, wie beispielsweise einer Tabelle, in Abhängigkeit der Betriebsbedingungen und/oder der Positionsdaten P hinterlegt sein. Die Korrekturparameter KP werden dann in der Weise eingestellt, dass diese mit den anhand von Messungen ermittelten Soll-Werten oder den anhand von Erwartungs-Werten ermittelten Soll-Werten übereinstimmen. Diese ermittelten Werte der Korrekturparameter KP werden nachfolgend zum Ermitteln der Blattbelastung M in Arbeitsschritt 102 in der Kalibrierfunktion eingesetzt. Die auf diese Weise ermittelten Werte der Blattbelastung M werden dann, wie in 2 dargestellt, einerseits zum Steuern der Windenergieanlage in Arbeitsschritt 103 verwendet, und werden andererseits wiederum zum Anpassen der Kalibrierterme an den Arbeitsschritt 104a; 104b ausgegeben. Auf diese Weise kann eine Kalibrierung iterativ in mehreren Schritten erfolgen.
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Bei der Ermittlung des tatsächlichen Werts des Korrekturparameters KP, welcher an die Korrekturfunktion ausgegeben wird, ist vorzugsweise vorgesehen, den aktuell ermittelten Wert der Korrekturparameter KP sowie weitere, in der Vergangenheit bestimmte Werte der Korrekturparameter zu berücksichtigen.
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Vorzugsweise wird hierzu eine Verzögerungsfunktion, insbesondere eine Funktion eines PT1-Glieds, eingesetzt, welche eine vordefinierte Anzahl an Werten der Korrekturparameter KP berücksichtigt bzw. eine Anzahl an Werten, welche einem vordefinierten Zeitabschnitt entsprechen. Dieser Zeitabschnitt wird vorzugsweise über eine Zeitkonstante T definiert.
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Zum einen werden bei einer solchen Funktion Werte der Korrekturparameter KP, welche in einem älteren Kalibriervorgang bestimmt wurden, vorzugsweise nicht mehr berücksichtigt, sobald ein Wert eines jüngeren Kalibriervorgangs neu bestimmt wird. Des Weiteren werden bei einer solchen Verzögerungsfunktion vorzugsweise jüngere Werte der Korrekturparameter KP höher gewichtet als ältere Werte. Auf diese Weise wird eine statistische Ausmittelung der auf der Grundlage von Messungen bzw. der Sensorsignale S ermittelten Korrekturwerte erreicht, welche insbesondere die Signifikanz kurzzeitiger Betriebspunktabweichungen bzw. Messabweichungen herabsetzen.
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Für verschiedene Korrekturparameter KP können hierbei verschiedene Zeitkonstanten T zum Einsatz kommen. Für einen Offset beispielsweise eine Zeitkonstante von T = 100 Sekunden, für einen Gain beispielsweise eine Zeitkonstante von T = 200 Sekunden.
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Durch den Einsatz von Verzögerungsfunktionen bei der Kalibrierung können statistisch hochwertige Ergebnisse erzielt werden. Des Weiteren kann ein Einfluss von kurzzeitigen Fehlmessungen oder Effekten, wie beispielsweise eines temporären Eisansatzes, auf die zukünftige Berechnung des Schlagbiegemoments M gering gehalten werden.
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Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass vorzugsweise lediglich solche Sensorsignale S oder Kalibriervorgänge berücksichtigt werden, welche unter den oben genannten Randbedingungen erfasst wurden. Der Zeitraum des Vorliegens dieser Randbedingungen wird mittels eines Zeitzählers gemessen, so dass der reale Zeitabschnitt, welcher durch die Zeitkonstante definiert wird, wesentlich länger sein kann. Beispielsweise kann ein PT1-Glied mit einer eingestellten Zeitkonstanten von T = 100s zur Bestimmung des Offsets einen realen Zeitabschnitt von mehreren Tagen in der Vergangenheit berücksichtigen, wenn im Schnitt nur zweimal pro Tag für einen Zeitraum von zwei Sekunden Kalibriervorgänge unter den vorgegebenen Randbedingungen ausgeführt werden könnten. Mitarbeiter, die Reparaturen an der Windenergieanlage vornehmen, können die Zeitzähler und die Korrekturterme vorzugsweise wieder zurücksetzen.
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Nach einem Neustart der Windenergieanlage 1 kommen vorzugsweise kleinere Zeitkonstanten T zum Einsatz als im laufenden Betrieb. Hierdurch kann eine schnelle, wenn auch statistisch ungenauere, Anpassung der Kalibrierfunktion nach einem Neustart erfolgen. Der laufende Betrieb wird hierbei vorzugsweise als Betrieb nach einem Zeitraum nach dem Neustart definiert, welcher ein bis zehn Mal dem Wert der Zeitkonstante bei Neustart entspricht. Beispielsweise kann ein Wertepaar für die Zeitkonstanten Tklein = 15s und Tgroß = 150s betragen. Die Umschaltung erfolgt mithin automatisch, wenn die zuvor erwähnten Zeitzähler ein Mehrfaches der kleineren Zeitkonstante T der PT1-Glied-Einstellung überschreitet.
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Vorzugsweise werden für die Korrekturparameter KP Grenzwerte vorgegeben, wobei in einem Arbeitsschritt 105 diese Grenzwerte mit den in Arbeitsschritt 104a, 104b ermittelten Werten der Korrekturparameter KP verglichen werden 105. Liegt der Wert eines Korrekturparameters außerhalb des Grenzwertes oder Grenzwertbereichs, so wird vorzugsweise eine Warnmeldung oder Fehlermeldung ausgegeben 106. Auf der Grundlage dieser Meldung können Maßnahmen zum Schutz der Windenergieanlage getroffen werden. Beispielsweise kann der Betrieb der Windenergieanlage im Falle einer Fehlermeldung gedrosselt oder gestoppt werden. Zusätzlich kann, wie in 2 dargestellt, die Ausgabe der Korrekturparameter an die Korrekturfunktion bei Auftreten einer Fehlermeldung unterbunden werden.
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Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den im Vorhergehenden beschriebenen Ausführungsbeispielen lediglich um Beispiele handelt, die den Schutzbereich, die Anwendung und den Aufbau in keiner Weise einschränken. Vielmehr wird dem Fachmann durch die vorausgehenden Ausführungsbeispiele ein Leitfaden für die Umsetzung von wenigstens einer Ausführungsform gegeben, wobei diverse Änderungen, insbesondere im Hinblick auf die Funktion und Anordnung der beschriebenen Bestandteile, vorgenommen werden können, ohne den Schutzbereich zu verlassen, welcher sich aus den Ansprüchen und diesen äquivalenten Merkmalskombinationen ergibt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Windenergieanlage
- 2
- Rotor
- 3a, 3b, 3c
- Rotorblatt
- 4
- Rotornabe
- 5
- Gondel
- 6
- Turm
- 10
- System
- 20
- Positionserfassungseinrichtung
- 30
- Schnittstelle
- 40a, 40b
- Sensoreinrichtung
- 50
- Auswertungsmittel
- 60
- Steuermittel
- 100
- Verfahren
- 101-106
- Verfahrensschritte
- R
- Rotorachse
- E
- Rotorblattlängsachse
- A
- Drehachse
- WR
- Windrichtung
- P
- Positionssignal
- R
- Referenzdaten
- S
- Sensorsignal
- M
- Blattbelastung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2008/014935 A2 [0006, 0040]
- DE 10219664 A1 [0007]