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Die Erfindung betrifft ein hydraulisches Bindemittel, insbesondere zur Herstellung von Mörtel, Beton und Spezialprodukten auf einer Basis von Hüttensand.
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Aus dem Stand der Technik sind verschiedene Verfahren zu einer Sanierung von geschädigtem Mauerwerk bekannt. Eine Sanierung von sulfathaltigem, insbesondere historischem, Mauerwerk stellt dabei besonders hohe Anforderungen an bei der Sanierung verwendete Mörtel und Inj ektionsmaterialien.
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Aluminat- und aluminatferritische Zementklinkerphasen oder deren Hydrate reagieren mit dem Sulfat des Mauerwerks in Anwesenheit von Wasser zu Ettringit. Daraus ergibt sich eine Volumenvergrößerung bis auf das Achtfache der Ausgangsverbindung Tricalciumaluminat (C3A). Durch die starke Volumenzunahme und die Entfestigung kommt es zu Gefügeschädigungen im Mauerwerk, welche zu Verformungen, Einstürzen, Rissbildungen und Abplatzungen führen.
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Calciumsilikathydrate, kurz C-S-H, sind festigkeitsbildende Hydratationsprodukte von Bindemitteln mit hydraulischen, latent hydraulischen oder puzzolanischen Anteilen. Reagieren diese Phasen mit Carbonat- und Sulfationen in Anwesenheit von Wasser entsteht Thaumasit. Reaktives Carbonat wird oft als Kalksteinmehl in Mörteln oder Injektionsstoffen eingesetzt. Die Thaumasitbildung bewirkt eine Zersetzung von C-S-H-Phasen und damit eine Entfestigung eines Mörtelgefüges.
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Bei inhomogenem Mauerwerk ist eine umfassende Materialanalyse sehr aufwendig oder wird in der Planung nicht ausreichend berücksichtigt. Aus Kostengründen wird häufig nicht analysiert, welche Materialien im Bestand verwendet wurden. Die Gefahr einer Instandsetzung von sulfatischer Bausubstanz mit hydraulischen Materialien ist deshalb sehr groß.
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Sulfatische Bausubstanz, die durch eine Instandsetzung mit hydraulischem Material geschädigt wurde, ist nicht sanierbar. In der Regel wird ein verwendeter hydraulischer, zementhaltiger Verpressmörtel mit dem Mauerwerk komplett ausgetauscht. Das ist mit extrem hohen Kosten verbunden, die die ursprünglichen Sanierkosten um ein Vielfaches überschreiten.
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Allgemein bekannt zur Sanierung von gipshaltigem Mauerwerk ist ein Einsatz so genannter hochsulfatbeständiger Zemente, auch als SR-Zement oder HS-Zemente bezeichnet. Die Bezeichnung „SR“ oder „HS“ bezieht sich auf die Verwendung der Zemente in Beton, jedoch nicht auf die Eignung für den Einsatz der Bindemittel in Mörteln, welche in gipshaltigem Mauerwerk eingesetzt werden sollen und einem „inneren Sulfatangriff“ ausgesetzt sind. Eine Nichtbeachtung dieser Tatsache kann in vielen Fällen aufgrund einer Volumenexpansion und Nicht-Dauerhaftigkeit der Zemente zu schwerwiegenden Folgeschäden am Mauerwerk führen.
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Gemäß WTA-Merkblatt 2-11 soll eine fachgerechte Sanierung sulfatischer Bausubstanz mit sulfatischen Materialien oder Trockensystemen erfolgen. Bei Anwendung derartiger Materialien im Außenbereich bei ständiger Durchfeuchtung und so genannter Frost-Tauwechsel-Beanspruchung, kurz FTWB, sind damit durchgeführte Sanierungen oft nicht dauerhaft.
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Aus der
DE 31 24 521 A1 ist ein Sulfathüttenzement bekannt, der ein feingemahlenes Gemisch von78 % bis 85 % basischer Hochofenschlacke, 10 % bis 18 % Calciumsulfat, als Anhydrit berechnet, und 1 % bis 6 % Portlandklinker umfasst. Eine chemische Zusammensetzung der Hochofenschlacke hat 30 % bis 45 % Calciumoxid, 10 % bis 20 % Aluminiumoxid, 3 % bis 20 % Magnesiumoxid und 25 % bis 45 % Siliziumdioxid in der Weise, dass die jeweiligen Prozentsätze zusammen 100 % ergeben. Die Hochofenschlacke hat sechswertig und vierwertig koordinierte Kationen, die in einem Verhältnis von 0,3 bis 0,5 zueinander stehen. Eine spezifische Oberfläche der gemahlenen Schlacke ist größer als 450 qm/kg nach Blaine und ein Siebrückstand der gemahlenen Schlacke ist auf einem Sieb mit einer Maschenweite von 15 µm weniger als 60 %.
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Aus der
DE 34 37 680 A1 ist ein Bindemittel für Restaurierungsmörtel bekannt, wobei darin fein vermahlen eine hydraulische, eine latent hydraulische und eine puzzolanische Komponente so aufeinander abgestimmt sind, dass der damit hergestellte Mörtel in Berührung mit gipshaltigem Mauerwerk raumbeständig bleibt. Die hydraulische Komponente ist Portlandzementklinker oder hydraulischer Kalk und die latent hydraulische Komponente ist Hüttensand. Die puzzolanische Komponente ist Trass, Ziegelmehl, Phonolith, Flugasche aus Wirbelschichtfeuerungen oder so genannter Si-Stoff. Dabei umfasst das Bindemittel 6 Masse-% bis 30 Masse-% Portlandzementklinker, 85 Masse-% bis 6 Masse-% Hüttensand, 9 Masse-% bis 64 Masse-% Trass, Phonolith, Flugasche. Alternativ umfasst das Bindemittel 10 Masse-% bis 69 Masse-% Portlandzementklinker, 85 Masse-% bis 6 Masse-% Hüttensand, 5 Masse-% bis 25 Masse-% Si-Stoff, Ziegelmehl.
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Weiterhin ist aus der
DE 10 2009 024 200 B3 ein anorganisches Bindemittel mit hoher Beständigkeit gegen eine Reaktion mit Calciumsulfat zu Thaumasit und Ettringit bekannt, das bei seiner Erhärtung calciumarme C-S-H-Phasen mit einem Calcium/Silizium-Verhältnis von 0,8 bis 1,2 bildet. Das erhärtete Bindemittel ist frei von Calciumhydroxid und Calciumsulfat-Dihydrat. Das Bindemittel ist frei von Calciumsulfat, Calciumoxid und Calciumhydroxid und enthält bis zu 5 Masse-% Portlandzementklinker, mindestens 20 Masse-% Hüttensand oder 10 Masse-% - 80 Masse-% Braunkohlen- oder Steinkohlenflugasche oder 10 Masse-% - 80 Masse-% Silikastaub und einen Anreger aus der Gruppe Alkalikarbonat, Alkalihydroxid, Alkalisilikat und Alkalisilikathydrat. Weiterhin wird eine Verwendung des Bindemittels zur Sanierung von gipshaltigem Mauerwerk beschrieben.
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Es ist allgemein bekannt, dass bei der Produktion von einer Tonne Portlandzementklinker Rohstoff bedingt und thermisch bedingt ca. 0,85 Tonnen Kohlendioxid emittiert werden. Aufgrund dieser hohen spezifischen CO2-Emission hat die Zementherstellung weltweit einen hohen Anteil am globalen CO2-Ausstoß.
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Weiterhin ist allgemein bekannt, dass den auf Hüttensand basierenden Bindemittel der hochalkalische Anreger als Flüssigkomponente hinzugegeben wird. Zum Ausschluss von Gesundheitsrisiken einer verarbeitenden Person ist hierbei eine besonders aufwändige Handhabung erforderlich. Deshalb werden derartige alkaliaktivierte Systeme meist nur in geschlossenen Anlagen ohne händische Verarbeitung verwendet, was die Anwendungsbreite stark einschränkt. Auch besteht bei der Herstellung alkalischer Lösungen im Allgemeinen einen große Umweltgefährdung. Ebenso führen die hohen pH-Werte der alkalischen Anregerlösung zur Aktivierung von Hüttensand mit Alkalihydroxiden zu Problemen mit dem Arbeitsschutz während der Verarbeitung des Stoffsystems. Eine Integration der Alkalihydroxide in Pulverform in das Stoffsystem ist aufgrund einer Hygroskopie derselben nicht möglich. Auch führen die Alkalihydroxide zu einer Ausblühneigung durch Bildung von Alkalicarbonaten und Alkalisulfaten auf entsprechenden Baustoffoberflächen.
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Ferner offenbart die
DE 10 2007 063 620 A1 ein mineralisches, hydraulisches Bindemittel zur Herstellung von Beton oder Mörteln oder Zementsuspensionen auf Basis von einem Zement, wobei der Zement Klinkerphasen aufweist, die mit Wasser zu Zementstein erhärtende Hydratphasen bilden. Der Zement weist nach dem Anmachen mit Wasser eine Ruhephase auf, in der keine beachtlichen Erhärtungsreaktionen stattfinden. Weiterhin umfasst das Bindemittel zusätzlich eine feinteilige Si0
2-Komponente in Form von gefällter Kieselsäure mit Korngrößen in Form von Agglomeratteilchen zwischen 3 µm und 15 µm und eine feinteilige CaO-Komponente, die mit Anmachwasser während der Ruhephase aufgrund einer puzzolanischen Reaktion erhärtende, eine Frühfestigkeit bewirkende Calciumsilikathydratphasen bilden. Der Zement ist ein Portlandzement oder Portlandkompositzement oder Hochofenzement.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes hydraulisches Bindemittel, insbesondere zur Herstellung von Mörtel, Beton und Spezialprodukten auf einer Basis von Hüttensand, anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem hydraulischen Bindemittel gelöst, welches die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das erfindungsgemäße hydraulische Bindemittel ist insbesondere zur Herstellung von Mörtel, Beton und Spezialprodukten auf einer Basis von Hüttensand vorgesehen und ist
- - frei von ungebundenem Calciumsulfat und ungebundenem Calciumoxid und
- - frei von Portlandzementklinker. Weiterhin umfasst das hydraulische Bindemittel
- - ultrafein gemahlenen Hüttensand mit einer Oberfläche von mindestens 10.000 cm2 je Gramm nach Blaine und
- - einen ultrafein gemahlenen erdalkalischen Anreger mit einer Oberfläche von mindestens 15 m2 je Gramm nach BET. Das Bindemittel weist dabei eine hohe Beständigkeit gegen eine Reaktion mit Calciumsulfat zu Thaumasit und Ettringit auf, bildet bei seiner Erhärtung calciumarme C-S-H-Phasen mit einem Calcium/Silizium-Verhältnis von 0,8 bis 1,2 und ist im erhärteten Zustand beispielsweise frei von Calciumsulfat-Dihydrat.
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Unter der Freiheit von ungebundenem Calciumsulfat und ungebundenem Calciumoxid wird verstanden, dass Calciumsulfat und Calciumoxid nicht in ungebundener Form im Bindemittel vorliegen. Darunter wird verstanden, dass Calciumsulfat und Calciumoxid nicht zusätzlich zu den weiteren Bindemittelbestandteilen zum Bindemittel hinzugefügt werden. Jedoch können Calciumsulfat und Calciumoxid in gebundener Form Bestandteile der weiteren Mörtelbestandteile sein. So ist beispielsweise Calciumoxid glasig im Hüttensand gebunden.
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Aufgrund der ultrafein gemahlenen Form des Hüttensands und des erdalkalischen Anregers ist erstmals die Möglichkeit gegeben, Hüttensande durch erdalkalische Anreger derart zu aktivieren, dass eine praktisch verwertbare Festigkeit, insbesondere eine Frühfestigkeit, eines das Bindemittel umfassenden Endprodukts, beispielsweise Mörtel, Beton oder Spezialprodukt, erzielt werden kann. Die ultrafein gemahlene Form des Hüttensands führt dazu, dass dieses gegenüber Hüttensand mit „normaler Korngröße“ deutlich schneller reagiert, so dass für dessen Hydratation für eine deutlich geringere Zeit ausreichend Wasser oder Feuchtigkeit zur Verfügung stehen muss, um die festigkeitsbildenden C-S-H-Phasen zu bilden. Somit kann einfacher sichergestellt werden, dass die angestrebten Festigkeiten erreicht werden.
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Auch kann aufgrund der Verwendung des erdalkalischen Anregers eine Umweltgefährdung und eine Gefährdung verarbeitender Personen minimiert werden, wodurch ein Arbeitsschutz während der Verarbeitung des Stoffsystems sichergestellt werden kann. Auch wird aufgrund der Verwendung des erdalkalischen Anregers eine Bildung von Alkalicarbonaten und Alkalisulfaten vermieden und somit eine Ausblühneigung auf entsprechenden Baustoffoberflächen minimiert.
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Gleichzeitig kann aufgrund der Freiheit von Portlandzementklinker ein CO2-Ausstoß bei der Herstellung des das Bindemittel umfassenden Endprodukts signifikant reduziert werden.
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Weiterhin steht aufgrund der Freiheit von Portlandzementklinker kein Aluminium für eine sekundäre Ettringitbildung zur Verfügung. Durch einen niedrigen CaO-Gehalt der Ausgangsstoffe im Vergleich zu Portlandzementklinker entsteht kein Portlandit und es bilden sich C-S-H-Phasen mit niedrigem Calcium/Silicium-Verhältnis aus, welche sich stabiler verhalten als die üblicherweise bei der Hydratation von Portlandzement entstehenden C-S-H-Phasen. Dabei ist die Zusammensetzung des Bindemittels so gewählt, dass eine sekundäre Bildung der Minerale Ettringit und Thaumasit als Ursache für auftretende Schäden ausgeschlossen wird. Somit ist eine gefügeschädigende Bildung von Thaumasit in den Kontaktbereichen Altmörtel-Saniermörtel nicht möglich. Das mittels des Bindemittels erzeugte Endprodukt bleibt dabei zumindest nahezu volumenneutral. Infolgedessen verhält sich das Material im sulfatischen und hydraulischen Milieu stabil. Das mittels des Bindemittels erzeugte Endprodukt bleibt unter pessimistischen Rahmenbedingungen, wie hoher Feuchte und niedriger Temperatur, stabil. Rein sulfatische und hydraulische Untergründe sind mit diesem Material verfug-, beschicht- und verpressbar. Es kommt dabei, auch bei langer Einwirkzeit, zu keinerlei Schäden.
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Aufgrund des geringen Calcium/Silizium-Verhältnisses weisen die C-S-H-Phasen eine höhere Sulfatresistenz auf und sind nicht in der Lage, mit Calciumsulfat-Dihydrat (Gips) zu Thaumasit zu reagieren. Eine Senkung des Calcium/Silizium-Verhältnisses in den C-S-H-Phasen wird durch die Verwendung hoher Mengen an puzzolanischen und/oder latent-hydraulischen Stoffen erreicht.
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Dabei ist das Bindemittel sowohl mit Calciumsulfat-Dihydrat als auch mit calciumsulfatdefizitären Bindemitteln kompatibel. Bei einem Kontakt des Bindemittels ist eine gefügeschädigende Bildung von Thaumasit nicht möglich. Das Bindemittel besteht zu wesentlichen Anteilen aus Hüttensand, Steinkohlenflugasche und anderen latent-hydraulischen bzw. puzzolanischen Stoffen. Bei der Hydratation dieser Stoffe werden C-S-H-Phasen gebildet, die sich von den C-S-H-Phasen, welche bei der Hydratation von Portlandzementklinker entstehen, unterscheiden. Dies betrifft insbesondere das Calcium/Silizium-Verhältnis. Die bei der Hydratation von Portlandzementklinker entstehenden C-S-H-Phasen weisen ein Calcium/Silizium-Verhältnis von etwa 1,7 auf. Im Unterschied dazu weisen die C-S-H-Phasen, die bei der Hydratation von Steinkohlenflugasche oder Hüttensand bzw. anderen puzzolanischen oder latent-hydraulischen Stoffen entstehen, ein deutlich geringeres Calcium/Silizium-Verhältnis von etwa 0,8 bis 1,1 auf. Ursächlich dafür sind die Abwesenheit von Calciumhydroxid im erhärteten Bindemittel und die demzufolge geringe Calciumionenkonzentration in der Porenlösung. Um C-S-H-Phasen mit einem sehr geringen Calcium/Silizium-Verhältnis zu bilden, ist eine Reduktion des Anteils an Portlandzementklinker im Bindemittel erforderlich und die Verwendung von hohen Anteilen an puzzolanischen und latent-hydraulischen Stoffen. Weiterhin ist das Bindemittel frei von ungebundenem Kalk (Calciumoxid), außer dem beispielsweise im Hüttensand gebundenen Kalk.
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Somit kann das mittels des Bindemittels erzeugte Endprodukt universell eingesetzt werden, sowohl in sulfatischer als auch in hydraulischer Materialumgebung. So können Sanierungsobjekte insbesondere bei Unsicherheiten des tatsächlichen Baubestandes im Stein und Mörtel dauerhaft und sicher saniert werden. Daraus folgend eignet sich das mittels des Bindemittels erzeugte Endprodukt für die Sanierung von sulfatischem Mauerwerk sowie für bereits fehlerhaft mit hydraulischen Materialien saniertes Mauerwerk.
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In einer möglichen Ausgestaltung des hydraulischen Bindemittels umfasst der erdalkalische Anreger Calciumhydroxid, welcher sich insbesondere durch eine gute Verarbeitbarkeit auszeichnet.
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In einer weiteren möglichen Ausgestaltung des hydraulischen Bindemittels umfasst dieses 90 Masse-% bis 99,8 Masse-% Hüttensand und 0,2 Masse-% bis 10 Masse-% erdalkalischen Anreger. Ein solches Verhältnis zwischen Hüttensand und erdalkalischem Anreger führt in besonders vorteilhafter Weise zur Erreichung einer zuverlässigen Aktivierung des Bindemittels.