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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abschalten eines Verbrauchers eines Fahrwerkssystems eines Fahrzeugs nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens. Zum Stand der Technik wird beispielshalber auf die nicht vorveröffentlichte
DE 10 2015 223 612 A1 verwiesen. Ferner wird zum Stand der Technik auf die gattungsbildende
DE 11 2011 105 295 T5 , die
DE 40 20 567 A1 und die
DE 10 2008 036 043 A1 verwiesen.
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Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, dass Systeme existieren, welche bei Eintreten einer Störung in der Energieversorgung eines Energiebordnetzes eines Fahrzeuges Fahrzeugverbraucher degradieren oder sogar ganz abschalten, um das Funktionieren der notwendigsten Fahrzeugverbraucher zumindest für eine gewisse Zeit sicherzustellen. Dazu werden bezüglich der Fahrsicherheit zweitrangige Fahrzeugverbraucher wie beispielsweise die Heckscheiben- oder Sitzheizung bei Erkennen einer geringen Leistungsverfügbarkeit eines Energiebordnetzes (z.B. 12 V Energiebordnetz) von einem lokalen Energie- und Leistungsmanagement, welches in einer elektronischen Steuereinheit hinterlegt ist ausgeschaltet. Das lokale Energie- und Leistungsmanagement ist in einem herkömmlichen Personenkraftwagen oder auch einem Lastwagen einem globalen Energie- und Leistungsmanagement nachgeschaltet und für die jeweiligen Energieverbraucher zuständig.
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So beschreibt die nicht vorveröffentlichte
DE 10 2015 223 612 A1 ein System und ein Verfahren zur genannten Degradation von Fahrzeugverbrauchern in einem Fahrwerkssystem bei mangelhafter Energieversorgung des Energiebordnetzes bzw. bei einer Störung des Energiebordnetzes eines Fahrzeuges. Dabei wird eine Störung im Energiebordnetz eines Fahrzeuges von einer Detektionseinheit erfasst und anschließend das Signal der Störung von der Detektionseinheit an eine Steuereinheit weitergeleitet. Die Steuereinheit ist dazu befähigt, die Energie- und Leistungsaufnahme eines Fahrwerkssystems zu degradieren oder abzuschalten. Ziel bei diesem Verfahren ist es, bei mangelnder Energieversorgung des Energiebordnetzes die hinsichtlich der Fahrsicherheit nötigsten Verbraucher wie beispielsweise die Servolenkung und die Betriebsbremse so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Um diese Aufrechterhaltung so lange wie möglich zu gewährleisten, werden deswegen andere Verbraucher degradiert oder abgeschaltet.
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Für Fahrzeuge mit einem aktiven Lenksystem, zum Beispiel einem aktiven Lenksystem an der Fahrzeugvorderachse, welches einem vom Fahrer vorgegebenen Lenkwinkel einem positiven oder negativen Lenkwinkel hinzufügen kann und/oder im Falle einer Hinterradlenkung bedeutet die Anwendung des Verfahrens aus dem Stand der Technik, dass beide Systeme in ihrer Energie- und Leistungsaufnahme reduziert und eventuell sogar komplett abgeschaltet werden können. Hierbei besteht die Gefahr, dass die Abschaltung des aktiven Lenksystems, zum Beispiels des aktiven Lenksystems an der Fahrzeugvorderachse und/oder der Hinterradlenkung zufälligerweise während einer Kurvenfahrt des Fahrzeuges erfolgt, weshalb der Fahrzeugführer das Lenkrad des Fahrzeuges bei einer nachfolgenden Geradeausfahrt schief stellen bzw. einschlagen muss um weiterhin geradeausfahren zu können. Der Fahrzeugführer gleicht damit die bei der Abschaltung der Systeme während einer Kurvenfahrt eingestellten und dann eingefrorenen Lenkwinkel aus. Dies kann zur Folge haben, dass der Fahrzeugführer das Fahrzeug als Panik-Reaktion an Ort und Stelle abstellt obwohl der Verbrennungsmotor noch läuft und ein korrektes Abstellen des Fahrzeuges an einem dafür vorgesehenen Ort gewährleistet wäre. Zudem kann bei Fahrt mit einer Lenkradschiefstellung der Fahrzeugführer insbesondere bei der Fahrzeugführung und Stabilisierung verunsichert werden. Das Risiko einer Beschädigung des Fahrzeuges zum Beispiel durch das Tangieren eines Bordsteins wird dabei erhöht.
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Die Aufgabe vorliegender Erfindung ist es, mit einer Weitentwicklung des genannten Stands der Technik die geschilderte Problematik zu verhindern.
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Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch ein Verfahren zum Abschalten eines Verbrauchers eines Fahrwerkssystems eines Fahrzeuges mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 6. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Verfahren zum Abschalten eines Verbrauchers eines Fahrwerkssystems eines Fahrzeuges wird bei Erfassen einer Störung in einer Energieversorgung des Energiebordnetzes des Fahrzeuges eingeleitet. Der abzuschaltende Verbraucher stellt dabei ein wie oben beschriebenes aktives Fahrzeuglenksystem dar, welches erfindungsgemäß vor der Abschaltung in eine Nullposition gebracht wird, in welcher der unabhängige, d.h. vom aktiven Lenksystem hinzugefügte oder im Falle einer Hinterradlenkung eingestellte Lenkwinkel den Wert Null annimmt. Bei dem aktiven Lenksystem kann es sich um eine aktive Lenkung an der Vorderachse und/oder um eine Hinterradlenkung handeln.
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Wenn die bereits genannte Detektionseinheit eine Störung in der Energieversorgung eines Energiebordnetzes eines Fahrzeuges erfasst, wird so von der Steuereinheit des aktiven Lenksystems, also beispielsweise von der Steuereinheit der aktiven Lenkung an der Vorderachse und/oder von der Steuereinheit der Hinterradlenkung erfindungsgemäß eine Einstellung des unabhängigen Lenkwinkels zu einem Wert von Null veranlasst.
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Die Einstellung des unabhängigen Lenkwinkels zu einem Wert von Null (auch als Nullposition bezeichnet), welche von der Steuereinheit veranlasst wird, kann dabei mit einer vorgegebenen Lenkwinkelgeschwindigkeit erfolgen, sodass zum Beispiel der Übergang von einem unabhängig eingestelltem Lenkwinkel zu keinem unabhängig eingestellten Lenkwinkel für den Fahrzeugführer im Wesentlichen nicht wahrnehmbar ist. Die Lenkwinkelgeschwindigkeit stellt dabei den nach der Zeit abgeleiteten Lenkwinkel dar.
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Anschließend an der von der Steuereinheit veranlassten Einstellung des unabhängigen Lenkwinkels in eine Nullposition wird das aktive Lenksystem, wie beispielsweise die aktive Lenkung der Vorderachse und/oder die Hinterradlenkung, abgeschaltet. Durch Abschaltung des aktiven Lenksystems nach einer zuvor eingestellten Nullposition des aktiven Lenksystems kann eine Lenkradschiefstellung und damit eine Verunsicherung des Fahrers während einer mangelnder Energieversorgung des Energiebordnetzes verringert oder ganz vermieden werden. Zusätzlich trägt die Abschaltung des aktiven Lenksystems, wie zum Beispiel der aktiven Lenkung an der Vorderachse und/oder der Hinterradlenkung dazu bei, dass mehr Energie und Leistung für die restlichen in einer Situation mit mangelnder Energieversorgung vorrangigeren bzw. priorisierter Fahrwerkssysteme verbleibt. So kann die Verfügbarkeit von den priorisierten Fahrwerkssystemen wie beispielsweise der Servolenkung und/oder der Betriebsbremse noch weiter verlängert werden.
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Um insbesondere eine solche Verfügbarkeit genannter priorisierter bzw. vorrangiger Fahrwerkssysteme, wie beispielsweise eine Servolenkung und/oder eine Betriebsbremse, bei herrschendem Energiemangel so lange wie möglich zu gewährleisten, ist es vorgesehen, dass der Stellvorgang in die Nullposition erst bei Überschreiten eines vorgegebenen Grenzwerts geschieht. Wird dieser Grenzwert nicht überschritten, so ist es bevorzugt, das aktive Fahrzeuglenksystem unmittelbar und an der gegeben Stelle auszuschalten.
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Dieser vorgegebene Grenzwert kann beispielsweise eine vorgegebene minimale Restenergie sein, welche das Energiebordnetzes bis zur Abschaltung aller (also auch der priorisierten) Verbraucher eines Fahrwerkssystems noch zur Verfügung steht. Alternativ oder auch zusätzlich kann der Stellvorgang erst ab einer vorgegebenen minimalen Restleistung, welche das Energiebordnetzes bis zur Abschaltung aller (also auch der priorisierten) Verbraucher eines Fahrwerkssystems noch aufbringen kann, eingeleitet werden. Eine solche Restleistung bzw. Restenergie ist dabei vorzugsweise in Prozent angegeben. Eine weitere Alternative bzw. Zusatz ist es, den Stellvorgang in die Nullposition erst ab einer vorgegebenen bzw. berechneten minimalen Restzeit einzuleiten, bis zu welcher eine Abschaltung aller (also auch der priorisierten) Verbraucher eines Fahrwerkssystems geschehen würde.
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Ein solcher Grenzwert, wie beispielsweise eine minimale Restzeit, eine minimale Restleistung oder Restenergie, kann von der Detektionseinheit bzw. einem globalen oder lokalen Energiemanagement-System in der jeweiligen Situation situationsabhängig berechnet bzw. bestimmt werden oder im System hinterlegt sein. Anschließend daran kann ein Ist-Wert-Abgleich geschehen, wobei ein Systembestandteil, wie beispielsweise die Detektionseinheit, die aktuelle Restzeit bzw. Restleitung bzw. Restenergie als Ist-Wert erfasst bzw. berechnet und diese mit dem hinterlegten bzw. berechneten Grenzwert abgleicht. Überschreitet der Ist-Wert den berechneten bzw. hinterlegten Grenzwert, steht also beispielsweise mehr als eine genannte minimale Restzeit oder eine minimale Restleistung oder eine minimale Restenergie zur Verfügung, wird bevorzugt der genannte Stellvorgang in die Nullposition des aktiven Lenksystems (bspw. der Aktivlenkung bzw. der Hinterradlenkung) eingeleitet. Befindet sich der Ist-Wert bzw. die aktuell berechnete bzw. erfasste Restzeit bzw. Restleistung bzw. Restenergie, welche dem Fahrzeug bzw. dem Bordnetz noch nur Verfügung steht bis jegliche Verbraucher eines Fahrwerkssystems (insbesondere bis die priorisierten Verbraucher des Fahrwerksystems, wie beispielsweise die Servolenkung und die Betriebsbremse) abgeschaltet werden würden, unterhalb des hinterlegten bzw. berechneten Grenzwertes, so wird das genannte aktive Lenksystem kontrolliert an aktueller Ist-Position ausgeschalten ohne vorher in die Nullposition zu fahren.
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Erhält also beispielsweise ein lokales Energie- und Leistungsmanagement der Fahrwerkssysteme von einem diesem übergeordneten globalen System die Information, dass eine Störung in der Energieversorgung bzw. ein Energiemangel erkannt wurde und nur noch sehr kurze Zeit bzw. sehr wenig Energie bzw. sehr wenig Leistung (unterhalb des hinterlegten bzw. berechneten Grenzwerts) zur Verfügung steht, werden die Steuerungen bzw. die Steuerung des aktiven Lenksystems (beispielsweise Aktivlenkung und Hinterradlenkung) dazu veranlasst deren Aktuatoren kontrolliert an der jeweiligen Ist-Position abzuschalten.
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Dabei können beispielsweise bereits bestehende KommunikationsSchnittstellen zwischen dem lokalen und dem globalen Energie- und Leistungsmanagement und dem aktiven Fahrzeuglenksystem genutzt werden. So kann zum Beispiel eine Bedatung des aktiven Fahrzeuglenksystems mit einer maximalen Stromvorgabe von 0 A ein sofortiges Abschalten der aktiven Fahrzeuglenksystems veranlassen, während eine Bedatung einer maximalen
Stromvorgabe des aktiven Fahrzeuglenksystems mit 10 A ein Anfahren in die Nullposition veranlasst. Dabei teilt beispielsweise das globale Energie- und Leistungsmanagement dem diesem untergeordneten lokalen Energie- und Leistungsmanagement die noch zur Verfügung stehende Restzeit, Restenergie und/oder Restleistung mit, die dem Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch zur Verfügung steht. Das lokale Energie- und Leistungsmanagement reagiert darauf durch eine Vorgabe von 10 A an das aktive Fahrzeuglenksystem.
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Die Restleistung bzw. Restenergie ab welcher ein Stellvorgang des aktiven Fahrzeuglenksystems, insbesondere die Hinterradlenkung in die Nullposition erfolgt, beträgt dabei vorzugsweise mehr als 25 %. Dabei beträgt die verbleibende Restdauer bevor alle Verbraucher des Fahrzeuges abgeschaltet werden bevorzugt mehrere Minuten.
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Steht dagegen weniger Restenergie, Restdauer und/oder Restleistung zur Verfügung, so gibt das lokale Energie- und Leistungsmanagement vor, dass ein Anfahren in die Nullposition des aktiven Fahrzeuglenksystems nicht eingeleitet wird. Eine Vorgabe von beispielsweise 0 A an das aktive Fahrzeuglenksystem veranlasst diese, sich dann unmittelbar und kontrolliert in der aktuellen Position auszuschalten. Die dabei noch zur Verfügung stehende Restleistung bzw. Restenergie beträgt bevorzugt weniger als 25 %, während die noch zur Verfügung stehende Restdauer bevorzugt weniger als eine Minute darstellt.
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Die Einführung eines genannten Grenzwertes ermöglicht eine kontrollierte Abschaltung der aktiven Lenksysteme (beispielsweise der Aktivlenkung an der Vorderachse bzw. der Hinterradlenkung). Gleichzeitig kann jedoch auch verhindert werden, dass priorisierte Verbraucher des Fahrwerksystems, wie beispielsweise die Servolenkung bzw. die Betriebsbremse, welche so lange wie möglich mit Energie versorgt werden sollen, bei nur sehr wenig zur Verfügung stehenden Energie bzw. Leistung frühzeitig abgeschaltet werden und stattdessen die verbleibende Energie dazu aufgewandt wird, das aktive Lenksystem in eine Nullposition zu fahren.
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Der Fahrer kann dann beispielsweise mittels eines Anzeige- und Bedienkonzepts über eine unmittelbar folgende Abschaltung der jeweiligen Verbraucher des Fahrwerkssystems informiert werden. In schwierigen Fahrsituationen ist der Fahrer so entsprechend informiert und sensibilisiert.
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Außerdem ist es durch das genannte Verfahren möglich, die priorisierten Verbraucher, wie beispielsweise die Servolenkung und die Betriebsbremse, zu einem spätesten möglichen Zeitpunkt und mit einem definierten Gradienten abzuschalten, was einen wesentlichen Beitrag zur Fahrsicherheit liefert.
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Die Vorrichtung zur Durchführung des genannten Verfahrens umfasst dabei eine bereits genannte Detektionseinheit zum Erfassen einer Störung in einem Energiebordnetz eines Fahrzeuges, eine Steuereinheit zur Veranlassung einer Abschaltung von Verbrauchern des aktiven Lenksystems und ein aktives Lenksystem, welches auf Veranlassung der genannten Steuereinheit abgeschaltet wird.