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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines mindestens eine Sichtseite aufweisenden Kunststoff-Bauteils mit lackierter Oberfläche zumindest an der Sichtseite.
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Faserverstärkte Kunststoff-Bauteile gewinnen in der Praxis immer mehr an Bedeutung, beispielsweise bei der Herstellung von Außenanbauteilen von Kraftfahrzeugen. Durch die Faserverstärkung können vergleichsweise kostengünstig herstellbare Kunststoff-Bauteile hinsichtlich ihrer mechanischen Performance derart verbessert werden, dass sie mit deutlich schwereren Metallbauteilen konkurrenzfähig sind. Eine solche Gewichtseinsparung ist insbesondere im Zuge der angestrebten Reduzierung von CO2-haltigen Kraftfahrzeugabgasen konventioneller Fahrzeuge sowie auch im Zusammenhang mit der E-Mobilität von besonderer Bedeutung. Im Stand der Technik werden solche Composite-Bauteile aus Thermoplast-Materialien als Strukturbauteile, beispielsweise im Pkw-Bereich, genutzt, wo sie nach außen hin nicht sichtbar sind. Dies ist z.B. bei Frontend-Strukturen, Türunterstrukturen, Sitzschalen, Crashsystemen, unter der Motorhaube, in Dachmodulen, Türen etc. der Fall. Bei solchen Einsatzzwecken ist die Oberfläche der faserverstärkten Kunststoff-Bauteile von untergeordneter Bedeutung, so dass diese in der Regel nicht lackiert werden.
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Composite-Bauteile aus Duroplast-Materialien haben bessere optische Eigenschaften und sind daher für Sichtanwendungen besser geeignet. Sie finden Anwendung beispielsweise im Sport (Skier, Skateboards etc.) sowie im Transportbereich (Flugzeug, Schiffbau, Automotive etc,). Ferner werden derartige Strukturen z.B. bei Bauanwendungen im Bereich von Fassadenelementen etc. und auch bei Möbelanwendungen, insbesondere Küchenfronten, Türen oder dergleichen eingesetzt. Nachteilig hierbei sind jedoch die grundsätzlichen Einschränkungen, welche bei der Verarbeitung von Duroplast-Materialien zu berücksichtigen sind. Dies ist beispielsweise die relativ langsame Verarbeitungszeit, insbesondere gegenüber klassischen thermoplastischen Kunststoff-Verarbeitungsverfahren, wie z.B. Extrusion und Spritzguss. Ferner sind Duroplaste nur sehr schwer recyclierbar.
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Aus der
DE 10 2012 004 109 A1 ist ein faserverstärktes Kunststoff-Kraftfahrzeugbauteil bekannt, bei dem eine mehrlagige Verstärkungsfaserstruktur bereitgestellt wird, die zumindest eine Deckschicht aus einem Faservlies aufweist, welches in ein Matrixsystem eingebettet ist. Diese Deckschicht bildet eine lackierfähige Class-A-Oberfläche. Der vorbenannte Schichtaufbau ist jedoch vergleichsweise aufwendig und daher teuer.
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Vor dem beschriebenen Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoff-Bauteils mit lackierter Oberfläche an einer Sichtseite des Bauteils anzugeben, welches eine hohe mechanische Performance aufweist, kostengünstig herstellbar ist und dabei gleichzeitig eine hohe Güte der lackierten Oberfläche gewährleistet.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung eines mindestens eine Sichtseite aufweisenden Kunststoff-Bauteils mit lackierter Oberfläche zumindest an der Sichtseite,
- - wobei mindestens ein, vorzugsweise Verstärkungsfasern enthaltendes und/oder geschäumtes, Einlegeteil in ein Spritzgusswerkzeug eingelegt wird und
- - wobei im Spritzgusswerkzeug das Einlegeteil an seiner der Sichtseite des fertig hergestellten Kunststoff-Bauteils zugewandten Seite mit einem thermoplastischen Überzugs-Kunststoff überflutet wird, der Oberflächen-Unebenheiten des Einlegeteils ausgleicht und dabei eine Überzugs-Kunststoffschicht bildet und
- - wobei danach die Sichtseite des spritzgegossenen Kunststoff-Bauteils mit einer Lackierschicht versehen wird, die aufgrund der die Unebenheiten des Einlageteils ausgleichenden Überzugs-Kunststoffschicht eine Class-A-Oberfläche des Kunststoff-Bauteils mit einem visuellen Glanzeindruck von mindestens 8, vorzugsweise mindestens 11 bildet.
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Die mechanische Performance des Kunststoff-Bauteils wird zweckmäßigerweise durch Verstärkungsfasern im Einlegeteil erhöht, die allerdings Unebenheiten an der Oberfläche des Einlegeteils verursachen. Im Rahmen der Erfindung liegt es aber auch, dass das Einlegeteil eine anders gestaltete, Unebenheiten aufweisende Oberfläche aufweist. Dies ist z.B. bei Einlegeteilen aus geschäumtem Material (z.B. Kunststoff und/oder Metall) oder auch aus Vollmaterial, z.B. Metall, mit entsprechend rauer Oberfläche der Fall. Die erfindungsgemäße Lehre beruht auf der Erkenntnis, dass durch eine dünne, thermoplastische Beschichtung der Unebenheiten aufweisenden Einlegeteil-Oberfläche diese Unebenheiten ausgeglichen werden können, so dass eine glatte Grundlage für eine Lackierung mit Class-A-Oberflächengüte geschaffen wird. Erfindungsgemäß wird diese thermoplastische Überzugsschicht aus dem Überzugs-Kunststoff im Spritzgussverfahren auf das Einlegeteil aufgebracht, so dass das entsprechend hergestellte Kunststoff-Bauteil für eine Massenfertigung mit hohen Stückzahlen bestens geeignet ist. Durch die Beschichtung des Einlegeteils mit dem thermoplastischen Überzugs-Kunststoff wird eine Basis dafür geschaffen, dass die anschließende Lackierung einen sehr hohen Glanzgrad aufweisen kann und damit insbesondere den hohen Anforderungen für Außenanbauteile im Kraftfahrzeugbereich, beispielsweise Stoßfänger, Spoiler oder dergleichen entspricht.
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Erfindungsgemäß weist die lackierte Class-A-Oberfläche des Kunststoff-Bauteils an der Sichtseite einen visuellen Glanzeindruck von mindestens 8, z.B. mindestens 9, vorzugsweise mindestens 10, insbesondere mindestens 11, besonders bevorzugt mindestens 12 und ganz besonders bevorzugt mindestens 13 auf. Dieser visuelle Glanzeindruck kann beispielsweise gemäß der DIN EN ISO 2813 vom Februar 2015 bestimmt werden. Diese DIN-Norm beschreibt u.a. technische Verfahren zur Bestimmung des visuellen Glanzeindrucks. In Bild 1 der DIN-Norm sind visuelle Glanzeindrücke 1 bis 13 in Abhängigkeit von gemessenen Glanzeinheiten (GU) im Bereich von 0 bis 100 dargestellt, die mittels eines geeigneten Glanzmessgerätes, beispielsweise dem Gerät „Rhopoint IQ“ von der Firma Rhopoint Instruments Limited, St. Leonards-on-Sea, UK, auf unterschiedliche Weise in Abhängigkeit vom Einfallswinkel der Lichtquelle gemessen werden können. Gemäß Bild 1 entspricht der visuelle Glanzeindruck 9 beispielsweise 35 gemessenen Glanzeinheiten (GU) bei einem Messwinkel des Messgeräts (s. Bild 2) von 20°, 70 GU bei 60° und 95 GU bei 85°. Ein Glanzeindruck von 11 hingegen entspricht 64 GU bei 20°, 90 GU bei 60° und 98 GU bei 85°. Anhand Bild 1 ist erkennbar, dass insbesondere im hochglänzenden Bereich die Messmethode bei 20° aufgrund der entsprechend hohen Sensibilität der Messwerte sehr aussagekräftig ist. D.h. bereits geringe Änderungen im visuellen Glanzeindruck haben große Veränderungen bei den gemessenen Glanzwerten (GU) zufolge. Der visuelle Glanzwert, welcher von 1 = stumpf-matt bis 13 = hochglänzend reicht, kann somit gemäß der Norm mittels geeigneter Glanzmessgeräte technisch exakt bestimmt werden.
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Die auf den Überzugs-Kunststoff aufgetragene Lackierschicht, welche die Class-A-Oberfläche letztendlich bildet, ist zweckmäßigerweise ein flüssiger, ggf. auch pulverförmiger Beschichtungsstoff, welcher durch chemische und / oder physikalische Vorgänge (beispielsweise Verdampfen des Lösungsmittels oder dergleichen) zu einem in der Regel geschlossenen, einen festen Aggregatzustand aufweisenden Film aufgebaut wird. Typische Inhaltsstoffe von Lacken sind Bindemittel, Füllstoffe, Pigmente, Lösemittel, Harze und / oder Acrylate sowie Additive und Biozide. Vorzugsweise enthält die Lackierschicht Farbpigmente, zweckmäßigerweise in derart hoher Konzentration, dass sie die Oberfläche des Überzugs-Kunststoffes blickdicht überlagern. Die Lackierschicht weist zweckmäßigerweise eine Schichtdicke von maximal 1000 µm, z.B. 5 bis 1000 µm auf.
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Im Rahmen der Erfindung liegt es insbesondere, dass der Überzugs-Kunststoff mit einer lediglich geringen Schichtdicke, beispielsweise maximal 3 mm, insbesondere maximal 2 mm, besonders bevorzugt maximal 1 mm aufgetragen wird. Zweckmäßigerweise beträgt die Schichtdicke 0,05 bis 2 mm, z.B. 0,1 bis 1 mm. Im Rahmen der Erfindung liegen insbesondere auch Schichtdicken im Bereich von beispielsweise 30 µm bis 200 µm, insbesondere 50 µm bis 150 µm. Hierdurch kann insgesamt das Einlegeteil konstruktiv sehr nahe an der lackierten Oberfläche platziert werden, woraus sich mechanische Vorteile ergeben können. Ferner wird hierdurch der Materialverbrauch des Überzugs-Kunststoffs gering gehalten.
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Das z.B. band- oder platttenförmig förmig ausgebildete Einlageteil weist zweckmäßigerweise eine Kunststoff-Matrix auf, in die die Verstärkungsfasern eingebettet sind. Im Rahmen der Erfindung liegt es, dass die Verstärkungsfasern des Einlegeteils allesamt als unidirektionale Endlosfasern ausgebildet sind. Alternativ hierzu können die Verstärkungsfasern beispielsweise auch als Gewebe ausgebildet sein. Die Verstärkungsfasern können parallel und senkrecht zur Bandrichtung ausgerichtet sein oder aber auch alternativ in einem Winkel von 45° zur Bandrichtung verlaufen. Andere Ausrichtungen der Verstärkungsfasern liegen jedoch auch im Rahmen der Erfindung. Im Rahmen der Erfindung liegt es ferner, dass die Verstärkungsfasern aus Glas und / oder Carbon und / oder Kunststoff, insbesondere Aramid, und/oder Naturfasern, z.B. Flachs, bestehen. Vorzugsweise ist das Einlegeteil als Organoblech ausgebildet. Bei einem Organoblech handelt es sich um ein thermoplastisches Faser-Matrix-Halbzeug. Organobleche sind vorgefertigte, bandförmige Halbzeuge und bestehen in der Regel aus einem die Verstärkungsfasern enthaltenden Fasergewebe oder - gelege (beispielsweise auch unidirektional), das in eine thermoplastische Kunststoff-Matrix eingebettet ist.
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Zweckmäßigerweise sind das Basismaterial des Überzugs-Kunststoffes und das Basismaterial der Kunststoff-Matrix des Einlegeteils miteinander kompatibel, z.B. identisch, so dass eine sehr gute Haftung dieser beiden Kunststoffe aneinander vorliegt. Im Rahmen der Erfindung liegt es, dass das Basismaterial des Überzugs-Kunststoffs aus Polyamid (PA), insbesondere PA66 und/oder Polypropylen (PP) und/oder Polyethylen (PE), insbesondere HDPE, und/oder Polyvinylchlorid (PVC) und/oder Polybutylenterephthalat (PBT) und/oder Polyethylenterephthalat (PET) und/oder Polyphenylensulfid (PPS) und/oder Polycarbonat (PC) und/oder PC + Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) und/oder Polyphthalamid (PPA) und/oder einem thermoplastischen Elastomer (TPE), insbesondere einem thermoplastischen Polyurethan (TPE-U) und/oder Polyaryletherketon (PAEK) und/oder Polyetherimid (PEI) und/oder Polyethylenterephthalat (PET) und/oder Polybutylenterephthalat (PBT) und/oder Polyphenylensulfid (PPS) und/oder Polytetrafluorethylen (PTFE) und/oder Polyvinylacetat (PVAC) und/oder Silikon besteht und das Basismaterial der Kunststoff-Matrix aus Polyamid (PA), insbesondere PA66 und/oder Polypropylen (PP) und/oder Polyethylen (PE), insbesondere HDPE, und/oder Polyvinylchlorid (PVC) und/oder Polybutylenterephthalat (PBT) und/oder Polyethylenterephthalat (PET) und/oder Polyphenylensulfid (PPS) und/oder Polycarbonat (PC) und/oder PC + Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) und/oder Polyphthalamid (PPA) und/oder einem thermoplastischen Elastomer (TPE), insbesondere einem thermoplastischen Polyurethan (TPE-U) und/oder Polyaryletherketon (PAEK) und/oder Polyetherimid (PEI) und/oder Polyethylenterephthalat (PET) und/oder Polybutylenterephthalat (PBT) und/oder Polyphenylensulfid (PPS) und/oder Polytetrafluorethylen (PTFE) und/oder Polyvinylacetat (PVAC) und/oder Silikon besteht. Im Rahmen der Erfindung liegt es ferner grundsätzlich, dass als Basismaterial für den Überzugs-Kunststoff und/oder der Kunststoff-Matrix Recyclat verwendet wird.
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Zweckmäßigerweise besteht der Überzugs-Kunststoff aus einem sehr leicht fließenden Material, um auch bei dünner Schichtdicke eine vollständige Bedeckung der unebenen Oberfläche des Einlegeteils an der Sichtseite zu erleichtern und dabei gleichzeitig die Unebenheiten wirksam auszugleichen. Es liegt daher insbesondere im Rahmen der Erfindung, dass die Schmelzvolumenrate MVR des Überzugs-Kunststoffes (Ü) bei seiner Applikationstemperatur T MVR/T/10kg mindestens 10 cm3/10 min, vorzugsweise mindestens 20 cm3/10 min, besonders bevorzugt mindestens 30 cm3/10 min beträgt. Die Schmelzvolumenrate wird zweckmäßigerweise gemäß DIN EN ISO 1133-1:2011 bestimmt. Die Applikationstemperatur T hängt vom Basismaterial des Überzugskunststoffes ab. Diese Temperatur ist beispielsweise bei der Verwendung von PP deutlich niedriger als bei der Verwendung von ABS als Überzugsmaterial. Um die gewünschte hohe Fließfähigkeit zu gewährleisten und/oder den Volumenschrumpf des Überzugs-Kunststoffes zu reduzieren, kann der Überzugs-Kunststoff mindestens einen Füllstoff enthalten, vorzugsweise in Form von Vollglaskugeln und/oder Hohlglaskugeln und/oder expandierbaren Mikrohohlkugeln und/oder organischem Füllstoff wie z.B. Naturfasern, insbesondere Holzfasern oder Holzmehl, und/oder anorganischem Füllstoff, wie z.B. Kreide und/oder Calciumcarbonat und/oder Graphit und/oder Gips und/oder Leitruß und/oder Eisenoxid und/oder Calciumchlorid und/oder Dolomit und/oder Kaolin und/oder Siliziumdioxid (Quarz) und/oder Natriumcarbonat und/oder Calciumcarbonat und/oder Titandioxid und/oder Silikat und/oder Wollastonit und/oder Glimmer und/oder Montmorillonite und/oder Talkum und/oder Glasfasern und/oder Mineralfasern enthalten. Der Gewichtsanteil des Füllstoffes im Überzugs-Kunststoff kann zweckmäßigerweise bis zu 70 % betragen, z.B. 5 - 70 %, beispielsweise 20 - 60 %. Dem Überzugs-Kunststoff kann auch mindestens ein Additiv zugesetzt sein, beispielsweise in einer Gewichtskonzentration bis zu 3 %, z.B. 1 - 3 Gew.-%. Das Additiv kann ein Stabilisator (z.B UV-Stabilisator), Nukleierungsmittel, Gleit- und/oder Trennmittel, Tensid, Wachs, Antistatikum, Antifog-Mittel, Farbstoff, Pigment, Flammschutzmittel oder UV-Absorber sein.
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Das Einlegeteil kann eine ebene Struktur aufweisen, z.B. plattenförmig ausgebildet sein. Im Rahmen der Erfindung liegt es insbesondere aber auch, dass das Einlegeteil vor dem oder aber auch beim Schließvorgang des Spritzgusswerkzeugs umgeformt wird und dabei vorzugsweise eine U- oder L-förmige Querschnittsform annimmt. Insbesondere kann das Einlageteil hierbei auch eckig umgeformt werden, z.B. mit Biegeradien < 3 mm, insbesondere < 2 mm beispielsweise < 1 mm in den Ecken.
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Die Lackierung kann nach Beendigung des Spritzgussverfahrens auf die Oberfläche des Überzugs-Kunststoffes aufgebracht werden. Im Rahmen der Erfindung liegt es insbesondere aber auch, dass die Lackierschicht im Spritzguss-Werkzeug selber aufgebracht wird. Dies kann beispielsweise im Reaction-Injection-Moulding-Verfahren (RIM) oder auch im Resin-Transfer-in-Mold-Coating-Verfahren erfolgen. Die Lackierschicht kann als UVgehärtete Lackierschicht und/oder als Dual-Cure-Lackierschicht in Form einer Mehrkomponentenlackierung ausgebildet sein.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Einlegeteil im Spritzgusswerkzeug zusätzlich mit einem, vorzugsweise thermoplastischen Struktur-Kunststoff hinterspritzt. Diese Hinterspritzung mit dem Struktur-Kunststoff kann beispielsweise dem Kunststoff-Bauteil eine, vorzugsweise rückseitige, Verrippung verleihen. So ist es beispielsweise mit dem erfindungsgemäßen Verfahren insbesondere möglich, einen Träger (z.B. einen sog. „Erlanger Träger“) herzustellen, bei dem ein vorzugsweise eckiges, im Querschnitt U-förmig ausgebildetes faserverstärktes Einlegeteil an der Sichtseite (d.h. an der geschlossenen Seite des U) mit der erfindungsgemäßen Beschichtung aus dem Überzugs-Kunststoff versehen wird und rückseitig in dem von dem Einlegeteil gebildeten U-förmigen Hohlraum mit einer Verrippung aus Struktur-Kunststoff. Abschließend erfolgt dann eine Lackierung der durch den Überzugs-Kunststoff gebildeten Sichtseite in Class-A-Qualität.
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Zweckmäßigerweise bestehen der Überzugs-Kunststoff und der Struktur-Kunststoff aus denselben Materialien. Im Rahmen der Erfindung liegt es insbesondere aber auch, dass der Überzugs-Kunststoff und der Struktur-Kunststoff aus unterschiedlichen Materialien bestehen. In diesem Fall liegt ein 2K-Spritzgussverfahren vor. Damit ist es insbesondere möglich, die gewünschte niedrige Viskosität nur für den Überzugs-Kunststoff einzustellen, beispielsweise mittels der genannten Maßnahmen in Form von Hohlglaskugeln etc., während der Struktur-Kunststoff aus einem gewöhnlichen, nicht mit besonderen Füllstoffen versehenen Basiskunststoff besteht, beispielsweise einem Material, wie es zuvor bereits als Basismaterial für den Überzugs-Kunststoff genannt wurde. Obwohl in diesem Fall der Struktur-Kunststoff und der Überzugs-Kunststoff aus unterschiedlichen Materialien bestehen, können die Basismaterialien beider Kunststoffe vorzugsweise identisch sein (z.B. Überzugs-Kunststoff PA mit Füllstoffen und Struktur-Kunststoff PA ohne Füllstoffe). Im Rahmen der Erfindung liegt es ferner, dass der Struktur-Kunststoff selbst faserverstärkt ausgebildet ist, beispielsweise mit Glas- und/oder Carbon- und/oder Kunststofffasern, z.B. aus Aramid. Das Spritzgusswerkzeug kann mit mindestens einem Schieber versehen sein, so dass im Werkzeug eine sequentielle Aufbringung des Überzugs-Kunststoffes auf das Einlegeteil an der Sichtseite in einem ersten Schritt und eine anschließende rückseitige Überspritzung des Einlegeteils mit dem Struktur-Kunststoff in einem zweiten Schritt - oder aber auch umgekehrt - erfolgen kann.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner ein Kunststoff-Bauteil, insbesondere Kfz-Außen- oder - Innenraumbauteil, welches mit dem vorgenannten erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurde. Beispiele für Kfz-Außenbauteile sind Stoßfänger, Spoiler (z.B. Dachkantenspoiler), Türen, Dächer, Motorhauben und Heckklappen. Beispiele für Kfz-Innenbauteile sind Sitze, Instrumententafeln etc.. Als geeignete Anwendungen außerhalb des Automobilbereichs können Sport-Anwendungen wie z.B. Skateboards, Snowboards, Skier, Rahmen etc. sowie der Möbelbau, z.B. Türen, Outdoor-Möbel etc. und auch Bauanwendungen, z.B. Fassadenelemente genannt werden. Infrage kommen ferner z.B. Anwendungen im Flugzeugbau (z.B. Interieur-Bauteile) sowie im Schiff- bzw. Bootsbau (z.B. Interieur oder Exterieur, insbesondere Kabinenelemente).
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand einer lediglich ein Ausführungsbeispiel darstellenden Zeichnung ausführlich erläutert. Es zeigen schematisch:
- 1 bis 3 ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten Kunststoff-Bauteils mit Class-A-Oberfläche und
- 4 bis 6 eine weitere Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die 1 bis 3 zeigen ein Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten, eine Sichtseite 1 aufweisenden Kunststoff-Bauteils 2 mit lackierter Oberfläche an der Sichtseite 1. Hierbei wird zunächst ein Verstärkungsfasern 3 enthaltendes ebenes Einlegeteil 4 in ein Spritzgusswerkzeug 5 eingelegt (1). Danach wird im Spritzgusswerkzeug 5 das Einlegeteil 4 an seiner der Sichtseite 1 des fertig hergestellten Kunststoff-Bauteils 2 zugewandten Seite mit einem thermoplastischen Überzugs-Kunststoff Ü überflutet, der Oberflächen-unebenheiten des Einlegeteils 4 ausgleicht (2) und eine entsprechende Überzugs-Kunststoffschicht 6 bildet. Sodann wird das noch in der Herstellung befindliche Kunststoff-Bauteil 2 aus dem Spritzgusswerkzeug 5 entnommen und danach die ebene Sichtseite 1 dieses Kunststoff-Bauteils 2 im Bereich des Einlegeteils 4 mit einer Lackierschicht 7 versehen (3). Aufgrund der die Unebenheiten des Einlegeteils 4 ausgleichenden Überzugs-Kunststoffschicht 6, auf die die Lackierschicht 7 aufgetragen wird, kann eine Lackierung erzeugt werden, welche eine Class-A-Oberfläche an der ebenen Sichtseite 1 des lackierten Kunststoff-Bauteils 2 mit einem visuellen Glanzeindruck von mindestens 12 bildet, was einer hochglänzenden Oberfläche entspricht. Die Überzugs-Kunststoffschicht 6 wurde mit einer Schichtdicke δ von 50 µm bis 150 µm auf das Einlegeteil 4 aufgetragen. Im Ausführungsbeispiel ist das Einlegeteil 4 als Organoblech ausgebildet. Das Organoblech 4 weist eine Kunststoff-Matrix M auf, in die die Verstärkungsfasern 3 in Form eines Gewebes eingebettet sind. Die Verstärkungsfasern 3 sind im Ausführungsbeispiel als Glasfasern ausgebildet. Die Lackierschicht 7 wird in Form einer UV-härtenden Lackierung aufgebracht. Im Ausführungsbeispiel bestehen sowohl das Basismaterial des Überzugs-Kunststoffes Ü und auch das Basismaterial der Kunststoff-Matrix M des Organoblechs 4 aus Polyamid. Hierzu enthält der Überzugs-Kunststoff Ü einen Füllstoff 8 in Form von Vollglas- und/oder Hohlglaskugeln, die insbesondere den Volumenschrumpf des Überzugs-Kunststoffes Ü bei dessen Abkühlvorgang reduzieren, so dass die hervorragende Oberflächengüte auch nach dem Schrumpfvorgang erhalten bleibt.
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Im Ausführungsbeispiel gemäß 4 bis 6 wird zunächst das Einlegeteil 4 beim Schließvorgang des mehrere Fließkanäle 20 sowie zwei Werkzeughälften 50, 50' aufweisenden Spritzwerkzeuges 5 umgeformt wird und nimmt dabei eine U-förmige Querschnittsform an. Nach Aufbringung des Überzugs-Kunststoffes Ü auf das Einlegeteil 4 wird dieses zusätzlich mit einem thermoplastischen Struktur-Kunststoff S hinterspritzt (5). Diese Hinterspritzung mit dem Struktur-Kunststoff S verleiht dem Kunststoff-Bauteil 2 eine rückseitige Verrippung 9 und damit eine erhebliche mechanische Stabilisierung. Im Ausführungsbeispiel bestehen der Überzugs-Kunststoff Ü und der Struktur-Kunststoff S aus unterschiedlichen Materialien. Hierdurch ist es insbesondere möglich, dem Überzugs-Kunststoff Ü eine sehr niedrige Viskosität, beispielsweise durch Zumengung der bereits erwähnten Füllstoffe 8 zu verleihen, so dass sich der Überzugs-Kunststoff Ü selbst bei äußerst geringer Schichtdicke vollflächig im Überflutungsvorgang über die gesamte Oberfläche des Einlegeteils 4 an der Sichtseite 1 des Kunststoff-Bauteils 2 ausbreitet und eine geschlossene Überzugs-Kunststoffschicht 6 bildet. Ferner weist der Struktur-Kunststoff S selbst auch eine (nicht näher dargestellte) Faserverstärkung in Form von fein in der Matrix des Struktur-Kunststoffes S dispergierten Fasern (z.B. Glasfasern) mit einer durchschnittlichen Faserlänge < 5 mm, z.B. < 2mm auf. Abschließend wird mit Lackiermaterial L die Lackierschicht 7 ebenfalls im Spritzgusswerkzeug 5 auf die Oberfläche der Überzugs-Kunststoffschicht 6 aufgebracht und das fertige Kunststoff-Bauteil 2 sodann entnommen (in 6 vergrößert dargestellt). Auch hier weist die Lackierschicht 7 aufgrund des Glättungseffektes der Überzugs-Kunststoffschicht 6 eine Class-A-Hochglanzoberfläche mit einem visuellen Glanzeindruck von mindestens 12 auf.
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Die im Ausführungsbeispiel dargestellten lackierten Kunststoff-Bauteile 2 können insbesondere als Kfz-Außenanbauteile eingesetzt werden, die höchsten Oberflächenanforderungen gerecht werden müssen (Class-A-Oberfläche), beispielsweise als Stoßfänger- oder Spoilerelemente oder dergleichen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012004109 A1 [0004]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN EN ISO 2813 [0008]
- DIN EN ISO 1133-1:2011 [0013]